Thermae

Aus Theoria Romana
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Als thermae (dt. Thermen; die Verwendung des Singular ist im Lateinischen unüblich) werden die römischen Badeanlagen bezeichnet, die ein wichtiger Bestandteil des römischen Alltagslebens und des typischen Stadtbildes einer römischen Stadt waren.

Größe und Aufbau

Thermen gab es in römischen Städten in allen erdenklichen Größen. Kleine, privat betriebene Thermenanlagen bedeckten kaum mehr als die Grundfläche eines normalen Hauses einer insula in einem Wohngebiet, während städtische Thermen gleich mehrere solcher Wohnblocks bedecken konnten. Für die Errichtung der verschiedenen von Kaisern gestifteten Thermen in Rom wurden ganze Stadtviertel eingeebnet, um den benötigten Baugrund zu schaffen.

Das Caldarium der römischen Therme in Bath

Der Besuch der Thermen folgte einem bestimmten Schema, an dem sich die Grundrisse orientierten. Grundsätzlich durchquerte man beim Thermenbesuch nacheinander mehrere Räume, die entweder so angeordnet waren, dass man vom letzten Raum wieder in den ersten gelangen konnte (Ringtypus) oder dass man die Räume auf dem Rückweg in umgekehrter Reihenfolge durchlief (Reihentypus). Wichtigster Bestandteil einer Therme war ihre Heizung. Je näher ein Raum an der Befeuerung lag, desto heißer war das Wasser in den Becken und umso stärker war der Raum selbst durch die Fußbodenheizung (hypocaustum) und Heizrohre in der Wand (tubuli) beheizt.

Vom Eingangsbereich gelangte man zunächst in das apoditerium, den Umkleideraum. Dieser enthielt Nischen in den Wänden oder Regale, in denen man seine Kleidung ablegen konnte. Ein Wasserbecken konnte dazu dienen, den Straßenstaub von den Füßen zu waschen, bevor man die weiteren Räume betrat. Dies war zunächst das mäßig warme tepidarium, in dem man sich an verschiedenen Becken waschen konnte. Außerdem konnten sich die Besucher in diesen Räumen massieren und salben lassen. Der darauf folgende Raum war das warme caldarium. In größeren Becken, die meist in großen Nischen in der Wand eingelassen waren, konnte man hier längere Zeit sitzen und entspannen. Gesteigert wurde dies noch im sudatorium, dem Schwitzbad oder Dampfbad, welches der heißeste Raum der Thermen war. Dieser Raum war meist klein und gut nach außen isoliert, um möglichst wenig an Temperatur zu verlieren. Hier saßen die Besucher auf Bänken um ein dampfendes Becken herum. Den Abschluss des Badeganges bildete ein Besuch im frigidarium, dem unbeheizten Kaltwasserbad. Häufig hatte dieser Raum das größte Becken der Anlage, in dem am ehesten noch Schwimmübungen möglich waren.

Während kleine Thermen nur je einen Raum jeden Typs anboten, konnten große Anlagen von einigen Typen mehrere Räume aufweisen. Insbesondere mehrere tepidaria sind häufiger anzutreffen.

Je größer die Thermen insgesamt waren, konnten weitere Räumlichkeiten dazugehören. Latrinen und Verkaufsstände für Speisen und Getränke hatten praktische Funktionen, Wandelhallen, Vortragssäle und sogar Bibliotheken luden zur weiteren Entspannung ein. Sportliche Betätigung war auf einer zu den Thermen gehörenden palaestra möglich, die man vor dem Badegang besuchte. In einigen Thermen gab es in der palaestra auch ein Außenschwimmbecken (piscina).

Bedeutung des Badens

Der Besuch in den römischen Thermen kann nicht mit dem heutigen Besuch eines modernen Schwimmbades gleichgesetzt werden. Orientalische Dampfbäder geben eine deutlich bessere Vorstellung davon, wie man sich die Bedeutung des Bades in römischer Zeit vorstellen muss.

Hygenische Funktion

Nur wenige Haushalte in römischen Städten verfügten über einen privaten Wasseranschluss und eigene Baderäume. Die meisten Einwohner mussten sich mit einer Waschschale und Wasser aus einer Zisterne oder einem Brunnen als häusliche Waschgelegenheit begnügen. Für eine gründliche Körperwäsche war daher der regelmäßige Besuch einer öffentlichen Badeanlage unverzichtbar. Gleiches gilt für den Besuch der Toilettenanlagen, die zu den Thermen gehörten und eine hygienischere Alternative zum häuslichen Nachttopf boten. Auch die sonstige Körperpflege konnte in den thermae vermutlich meist besser durchgeführt oder an geschulte Sklaven abgegeben werden, als zu Hause.

Gesellschaftliche Funktion

Römische Bademode für Frauen

Während auf den Sportanlagen im Außenbereich der thermae körperliche Betätigung im Vordergrund stand, diente der Besuch im Inneren der Anlage vor allem der Entspannung und bot damit die Möglichkeit zum zwanglosen Gespräch mit Verwandten, Freunden, Parteigängern, Klienten und Geschäftspartnern. Dementsprechend konnten Aufenthalte in den Thermen mehrere Stunden dauern. Auch Schriftsteller und Dichter nutzten den Besuch in den Thermen, um den anderen Badegästen ihre Werke vorzutragen, was nicht unbedingt immer auf die ungeteilte Begeisterung der Zuhörer stieß.

Die strenge römische Gesetzgebung sah ein gemeinsames Baden von Männern und Frauen nicht vor. Thermen hatten daher entweder getrennte Badetrakte für Männer und Frauen oder boten verschiedene Öffnungszeiten an. Im Verlauf der Kaiserzeit weichte dieses Verbot aber genauso wie andere strenge Sittengesetze immer mehr auf. Ohne Zweifel stand die Freude am Baden im Mittelpunkt des römischen Badelebens der Kaiserzeit. Es wurde sogar von einer regelrechten Badesucht gesprochen.

Medizinische Zwecke

Es waren die Griechen, Kriegsgefangene oder Sklaven, die die Heilkunst des Hippokrates verbreiteten. Ihm wird die Einführung der warmen Bäder in der Medizin zugeschrieben. Er war es auch der die kalten Güsse anwandte. Mit großen Muscheln oder Krügen wurden die Kranken übergossen. Später wurden an den Wänden der Baderäume hochgelegene Rohre angebracht, aus denen sich dann der kalte Wasserstrahl über die Kranken ergoß. Zur Therapie der in Rom praktizierenden Ärzte gehörten auch Dampf- und Heißluftbäder, Sand- und Schlammbäder, Kuren mit Wein und nicht zuletzt das Schwimmen. Nunidier Caelius Aurelianus, praktizierender Arzt in Rom, wollte Lahmen das Schwimmen beibringen. Um Erleichterung beim Schwimmen zu erlangen, sollten Blasen an die kranken Glieder der Patienten befestigt werden. Schwimmen wurde auch gegen Gelenkentzündung eingesetzt. Gegen Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Schnupfen, ja sogar gegen Epilepsie, bei Lebererkrankungen und Milzbeschwerden. Antonius Musa eröffnete in Rom eine Praxis als Kaltwasserarzt. Und wie sich später herausstellte, war diese Arztpraxis sehr einträglich. Kaiser Augustus hatte sich auf einem seiner Feldzüge ein Leberleiden zugezogen. Bei keinem Arzt fand er Heilung. Antonius Musa gelang es, den Kaiser mit seiner Kaltwasserkur und Zusätzen von Kräutern zu heilen.

Große Bedeutung hatten von alters her die vielen Quellenbäder an der italienischen Küste. Die Orte mit warmen und heißen Quellen (aquae) standen in besonderem Ansehen. Auch kalte Quellen wurden von den Römern besonders in der warmen Jahreszeit sehr geschätzt. Dort erholten sie sich von den Übeln des Stadtlebens. Von allen Bädern des großen römischen Reiches war das am Golf von Neapel gelegene Baiae, als Aquae Cumauae bekannt, am beliebtesten. Schon zu jener Zeit war es wegen seines milden Klimas und seiner Schwefelquellen berühmt. Die heißen Schwefeldämpfe wurden als Schwitzbäder genutzt.

Personal

Das Aufsichts- und Badepersonal in den Bädern muss man von den verschiedenen Funktionsebenen der einzelnen Personen her betrachten. An oberster Stelle stand der Aedil. Er hatte Kraft seiner cura urbis (Sorge um die Stadt) die oberste Aufsicht über den ordnungsgemäßen Zustand der Bäder.

Die Aufsicht innerhalb der Bäder führte der Badebetriebsleiter (balneator). Bei kleineren Bädern übernahm diese Arbeit meistens der Pächter oder es wurde ein Sklave eingesetzt, der dann beim Verkauf als Inventar mit veräußert wurde. Der neue Besitzer mußte ihn dann wieder als Bademeister einsetzen. Die Tätigkeit des balneators beschränkte sich nicht nur auf die Aufsichtspflicht, sondern er hatte nebenbei noch die Aufgabe die Badegäste zu salben, zu rasieren und ähnliches. Er zupfte ihnen die Haare, schabte die Schuppen ab und glättete die Haut mit Bimsstein, frisierte sie, nahm die alte Schminke ab und legte neue auf und massierte sie. In größeren Thermen übernahmen diese Aufgaben Sklaven. Für die Beaufsichtigung der Kleidung und des Geldes wurden ebenfalls Sklaven eingesetzt. Sie nannten sich Kapsel- oder Geldkasettenträger. Für diesen Zweck gab es einen seperaten Raum, der meistens dem apoditerium angegliedert war. Handtücher und Badesandalen konnten gegen ein kleines Entgelt ausgeliehen werden. Reiche Besucher brachten ihre eigenen Sklaven mit, die dann die diversen Dienstleistungen übernahmen. Da Eintrittsgelder erhoben wurden, versteht es sich von selbst, dass jedes Bad einen captuarius (Kassierer) hatte. Bei Lucius Annaeus Seneca sind beispielsweise Eintrittspreise von 1/4 As für Pachtbäder und etwas höhere Preise in den großen Thermenanlagen überliefert. Auch gab es in einigen Bädern Eintrittsmarken. Privilegierte Personen erhielten solche Marken für freien Eintritt.

Aufsichtspersonal gab es nicht nur innerhalb eines Bades, sondern auch außerhalb. Nämlich für die Sportanlagen und Grünflächen, da Sport zu der Zeit immer noch einen hohen Stellenwert hatte. Neben diesem sichtbar wirkendem Personal gab es noch ein Heer von Sklaven, die die Funktionstüchtigkeit des Bades gewährleisteten. Dieses Personal bekam der Badbesucher im Regelfall nie oder kaum zu sehen. Insgesamt arbeiteten im Durchschnitt in den großen Thermen wie Traians-, Caracalla- oder Diokletians-Thermen ca. 3.000 Sklaven. In den kleineren Thermen ca. 1.000 Sklaven. Der Durchschnitt des stadtrömischen Badewesens wird auf ca. 50 Bäder geschätzt, d.h. es arbeiteten ca. 60.000 Sklaven in den Bädern.