Mimus: Unterschied zwischen den Versionen

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Der ''mimus'' (griech. ''mimos'') war eine burlesk-realistische [[Komödie]] mit stereotypen Figuren, [[Gesang|Gesangsnummern]] und [[Tanz|Tanzeinlagen]].
 
Der ''mimus'' (griech. ''mimos'') war eine burlesk-realistische [[Komödie]] mit stereotypen Figuren, [[Gesang|Gesangsnummern]] und [[Tanz|Tanzeinlagen]].
  
Wie die meisten Genres des römischen Theaters, so hatte auch der ''mimus'' griechische Wurzeln. Er entwickelte sich im 5. Jh. v. Chr. als Posse mit Handlungen aus dem Alltagsleben oder der Mythologie. Ab dem Ende des 3. Jh. v. Chr. eroberte er dann die römische Theaterszene, nahm im 1. Jh. v. Chr. literarische Form an, verdrängte allmählich die [[fabula Atellana|atellanische Farce]] (lat. ''fabula Atellana'') und erreichte in der Kaiserzeit als volksnahes und volkstümliches Theater enorme Popularität. Das Pendant zu dieser eher einfachen, aber sehr erfolgreichen Form der Komödie, war der dramatische ''[[pantomimus]]'', der nur von einem einzigen [[Schauspieler]] und einzig mithilfe von Gestik und Tanz, aber ohne Worte aufgeführt wurde.  
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Wie die meisten Genres des römischen Theaters, so hatte auch der ''mimus'' griechische Wurzeln. Er entwickelte sich im 5. Jh. v. Chr. in der dorischen Peloponnes und den von [[Dorer]]n bewohnten Städten des griechisch besiedelten [[Sicilia|Siziliens]] und Süditaliens ([[Magna Graecia]]) als Posse mit Handlungen aus dem Alltagsleben oder der Mythologie. Ab dem Ende des 3. Jh. v. Chr. eroberte er dann die römische Theaterszene. ''Mimus''-Aufführungen waren fester Bestandteil der ab 173 v. Chr. alljährlich stattfindenden [[''ludi Florales'']] zu Ehren der Göttin [[Flora]]. Im 1. Jh. v. Chr. nahm der ''mimus'' literarische Form an, wobei die niedergelegten Texte oft nur einen Handlungsrahmen vorgaben und den [[Schauspieler]]n große improvisatorische Freiheiten ließen. Allmählich verdrängte er die [[fabula Atellana|Atellanische Farce]] (lat. ''fabula Atellana'') und erreichte in der Kaiserzeit als volksnahes und volkstümliches Theater enorme Popularität. Das Pendant zu dieser eher einfachen, aber sehr erfolgreichen Form der Komödie, war in dieser Zeit der dramatische ''[[pantomimus]]'', der nur von einem einzigen Schauspieler und einzig mithilfe von Gestik und Tanz, aber ohne Worte aufgeführt wurde.  
  
Im ''mimus'' traten männliche und weibliche Schauspieler als Ensemble auf. Sie trugen bei ihren Auftritten keine Masken, spielten barfuß und sprachen Prosatexte. Sie verkörperten stets wiederkehrende und dem Publikum gut bekannte Figuren, z. B. den Ehemann, seine treulose Frau, deren Liebhaber und das Dienstmädchen. Dazu gab es Tanz- und Gesangseinlagen (lat. ''cantica''), die im Chor gesungen und mit der Flöte (''[[tibia]]'') begleitet wurden. Diese Gesangsstücke erreichten, zumindest unter den städtischen Bevölkerungen, auch außerhalb des [[Theater]]s als populäre Schlager große Bekanntheit.
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Im ''mimus'' traten männliche und weibliche Schauspieler als Ensemble auf. Sie trugen bei ihren Auftritten keine Masken, spielten barfuß und sprachen Prosatexte. Sie verkörperten stets wiederkehrende und dem Publikum gut bekannte Figuren, z. B. den Ehemann, seine treulose Frau, deren Liebhaber und das Dienstmädchen. Dazu gab es Akrobatik, Tanz- und Gesangseinlagen (lat. ''cantica''), die im Chor gesungen und mit der Flöte (''[[tibia]]'') begleitet wurden. Diese Gesangsstücke erreichten, zumindest unter den städtischen Bevölkerungen, auch außerhalb des [[Theater]]s als populäre Schlager große Bekanntheit.
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Gespielt wurde sowohl auf öffentlichen Bühnen, als auch auf Märkten, lokalen Festen oder privaten Feiern. Als Ausstattung wurde lediglich eine erhöhte Plattform benötigt, sowie ein, an einem Holzgerüst aufgehängter Vorhang (lat. ''siparium''), hinter dem die Schauspieler auf ihren Einsatz warteten, ohne vom Publikum gesehen zu werden – neben dem Verzicht auf Masken und dem Umstand, dass Frauen in weiblichen Rollen auftraten, ein typisches Merkmal dieses Genres.
  
 
In der Kaiserzeit wurde die leichte und häufig auf aktuelle Ereignisse Bezug nehmende Unterhaltung von den Herrschenden durchaus gefördert, sicherlich auch, um inhaltlich Einfluss zu nehmen.
 
In der Kaiserzeit wurde die leichte und häufig auf aktuelle Ereignisse Bezug nehmende Unterhaltung von den Herrschenden durchaus gefördert, sicherlich auch, um inhaltlich Einfluss zu nehmen.
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M. C. Howatson (Hrsg.), ''Reclams Lexikon der Antike'', ergänzte Ausgabe 2006
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M. C. Howatson (Hrsg.), ''Reclams Lexikon der Antike'', ergänzte Ausgabe 2006 <br>
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Bernd Seidensticker, ''Das antike Theater'', 2010

Version vom 6. November 2010, 12:39 Uhr

Der mimus (griech. mimos) war eine burlesk-realistische Komödie mit stereotypen Figuren, Gesangsnummern und Tanzeinlagen.

Wie die meisten Genres des römischen Theaters, so hatte auch der mimus griechische Wurzeln. Er entwickelte sich im 5. Jh. v. Chr. in der dorischen Peloponnes und den von Dorern bewohnten Städten des griechisch besiedelten Siziliens und Süditaliens (Magna Graecia) als Posse mit Handlungen aus dem Alltagsleben oder der Mythologie. Ab dem Ende des 3. Jh. v. Chr. eroberte er dann die römische Theaterszene. Mimus-Aufführungen waren fester Bestandteil der ab 173 v. Chr. alljährlich stattfindenden ''ludi Florales'' zu Ehren der Göttin Flora. Im 1. Jh. v. Chr. nahm der mimus literarische Form an, wobei die niedergelegten Texte oft nur einen Handlungsrahmen vorgaben und den Schauspielern große improvisatorische Freiheiten ließen. Allmählich verdrängte er die Atellanische Farce (lat. fabula Atellana) und erreichte in der Kaiserzeit als volksnahes und volkstümliches Theater enorme Popularität. Das Pendant zu dieser eher einfachen, aber sehr erfolgreichen Form der Komödie, war in dieser Zeit der dramatische pantomimus, der nur von einem einzigen Schauspieler und einzig mithilfe von Gestik und Tanz, aber ohne Worte aufgeführt wurde.

Im mimus traten männliche und weibliche Schauspieler als Ensemble auf. Sie trugen bei ihren Auftritten keine Masken, spielten barfuß und sprachen Prosatexte. Sie verkörperten stets wiederkehrende und dem Publikum gut bekannte Figuren, z. B. den Ehemann, seine treulose Frau, deren Liebhaber und das Dienstmädchen. Dazu gab es Akrobatik, Tanz- und Gesangseinlagen (lat. cantica), die im Chor gesungen und mit der Flöte (tibia) begleitet wurden. Diese Gesangsstücke erreichten, zumindest unter den städtischen Bevölkerungen, auch außerhalb des Theaters als populäre Schlager große Bekanntheit. Gespielt wurde sowohl auf öffentlichen Bühnen, als auch auf Märkten, lokalen Festen oder privaten Feiern. Als Ausstattung wurde lediglich eine erhöhte Plattform benötigt, sowie ein, an einem Holzgerüst aufgehängter Vorhang (lat. siparium), hinter dem die Schauspieler auf ihren Einsatz warteten, ohne vom Publikum gesehen zu werden – neben dem Verzicht auf Masken und dem Umstand, dass Frauen in weiblichen Rollen auftraten, ein typisches Merkmal dieses Genres.

In der Kaiserzeit wurde die leichte und häufig auf aktuelle Ereignisse Bezug nehmende Unterhaltung von den Herrschenden durchaus gefördert, sicherlich auch, um inhaltlich Einfluss zu nehmen. Die bekanntesten Autoren des mimus-Theaters waren Decimus Laberius (* 105 v. Chr., † 43 v. Chr.) und sein Zeitgenosse und Rivale Publilius Syrus.


Literatur:
M. C. Howatson (Hrsg.), Reclams Lexikon der Antike, ergänzte Ausgabe 2006
Bernd Seidensticker, Das antike Theater, 2010