Cohortes urbanae: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''''cohortes urbanae''''' dienten als permanente Polizeistreitmacht in [[Rom]]. Formell waren sie ein Bestandteil der Armee und dienen als letzte Reserve bei Angriffen auf die Tore der Stadt. Die Einheiten waren dem ''[[praefectus urbi]]'' unterstellt und umfassten 500 Mann je Kohorte. Ihm untersteht für jede [[Cohors|Kohorte]] ein [[Tribunus laticlavius|Tribun]]. Die Kohorten selber sind dann genauso organisiert wie in der [[Legion]], also 6 [[Centuria|Centurien]] zu je 80 Mann. Eine ständige Reiterei unterhalten die Stadtkohorten nicht. Das Hauptquartier der ''cohortes urbanae'' in Rom befand sich in der ''[[castra praetoria]]'', obwohl sie teilweise auch auf verschiedene ''stationes'' in der ganzen Stadt verteilt waren.
 
  
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Die '''''Cohortes urbanae''''' dienten als permanente Polizeistreitmacht in [[Rom]]. Formell waren sie ein Bestandteil des ''[[:Kategorie:Exercitus Romanus|Exercitus romanus]]''  und dienten damit auch als letzte Reserve bei Angriffen auf die Tore der Stadt. Die Einheiten waren dem ''[[Praefectus urbi]]'' unterstellt, der wiederum von einem ''Tribunus'' je Kohorte unterstützt wurde.
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=== Aufstellung und Stärke ===
 
=== Aufstellung und Stärke ===
Zunächst wurden unter Kaiser [[Augustus]] drei Kohorten zeitgleich mit der Einführung der neun ''[[cohortes praetoriae]]'' aufgestellt und aus praktischen Gründen mit diesen fortlaufend mit den Nummern X bis XII nummeriert. Bis [[Nero]] wurden sechs weitere Kohorten aufgestellt, von denen zwei in Rom blieben und drei in [[Ostia]], [[Puetoli]] und [[Carthago]] den Getreidenachschub sicherten sowie eine in  [[Lugdunum]] die dortige Münzprägeanstalt.
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Zunächst wurden unter Kaiser [[Augustus]] drei Kohorten zu je 500 Mann (''cohors quingenaria'') aufgestellt und aus praktischen Gründen fortlaufend der [[Prätorianer]]kohorten (I bis IX) mit den Zahlen X bis XII und der Benennung ''„urbana“'' (zum Beispiel ''Cohors X urbana'') gekennzeichnet. Gemäß dem Vorbild der Prätorianerkohorten waren sie auch organisiert. Die einzelnen ''Cohortes'' wurden von Tribunen geführt und waren wiederum in sechs ''Centurien'' unterteilt. Die ''[[Centuria]]'' als administrative Einheit, in der jeder Soldat eingeschrieben war, wurde nach dem jeweiligen ''[[Centurio]]'' benannt (zum Beispiel „centuria Nigrini“). Die ''[[Principalis|Principales]]'' kamen neben den ''Centurien'' auch in den ''[[Officium|Officia]]'' des Kommandostabes zum Einsatz (siehe Tabelle).
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Unter den Kaisern des [[Vierkaiserjahr]]es wurde die Anzahl der in Rom stationierten Kohorten schließlich auf vier erhöht, welche aber im Laufe des Bürgerkriegs der Jahre 68 und 69 in den verschiedenen Gefechten fast vollständig aufgerieben wurden. Kaiser [[Vespasian]] stellte danach vier neue Kohorten (X, XI, XII und XIV) auf. [[Konstantin]] reduzierte die Anzahl schließlich wieder auf die ursprünglichen drei stadtrömischen Kohorten.
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Die in der obigen Aufzählung fehlende ''cohors'' XIII tat ihren Dienst traditionell außerhalb der Hauptstadt, seit der flavischen Zeit zunächst in ''[[Carthago]]'' und anschließend in ''[[Lugdunum]]'' (Lyon). So sicherten die ''Cohortes urbanae'' im Laufe der Zeit ebenso den Getreidenachschub in ''[[Ostia]]'', ''[[Puteoli]]'' und ''Carthago'', wie auch die Münzprägeanstalt in ''Lugdunum''. Diese unterstanden jedoch nicht dem Befehl des ''Praefectus urbi''.
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Unter [[Septimius Severus]] wurde die Mannschaftsstärke der ''Cohortes urbanae'' schließlich von den anfänglichen 500 auf 1500 Mann erhöht. Damit unterstanden dem Stadtpräfekten zur Durchführung seiner Aufgaben in der iulisch-claudischen Ära insgesamt 1500, seit der flavischen Zeit 2000 und ab [[Septimius Severus]] 6000 ''Urbaniciani'' (umgangssprachliche Bezeichnung für Soldaten der ''Cohortes urbanae'').
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=== Stationierung ===
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Zu Lebzeiten [[Augustus]] waren die Soldaten der neu aufgestellten ''Cohortes urbanae'' noch über die Landstädte in der Nähe Roms verstreut stationiert. Seit seinem Nachfolger [[Tiberius]] bis zur Zeit [[Aurelian]]s befand sich das Hauptquartier der ''Cohortes urbanae'' in Rom in den um 23 n. Chr. auf dem [[Viminal]] errichteten ''[[Castra praetoria]]''. Aurelian ließ schließlich für die Stadtkohorten am ''Campus Agrippae'' eine eigene ''Castra urbana'' errichten.
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Ab dem ausgehenden 2. Jahrhundert n. Chr. kann davon ausgegangen werden, dass an besonders gefährdeten Stellen in der Stadt permanente ''Stationes'' eingerichtet wurden.
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=== Status und Aufgaben ===
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Der Dienst in den ''Cohortes urbanae'' war ähnlich prestigeträchtig wie der Dienst als [[Prätorianer]], wenngleich er nicht so repräsentativ war und weniger gut bezahlt. Jedoch lag der Sold immer noch anderthalbfach über dem der [[Legion]]en. Da die ''Cohortes urbanae'' nach den ''Cohortes praetoriae'' an zweiter Stelle in der Truppenhierarchie des Römischen Reiches standen, musste ein Soldat, der aus einer rangtieferen Truppe in die Stadtkohorten versetzt wurde, einen höheren Dienstgrad in der rangtieferen Truppe bekleidet haben. Nicht selten diente der Dienst bei den Stadtkohorten auch als Sprungbrett zu den Prätorianern.
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Die [[Dienstzeit]] betrug ebenfalls 20 Jahre, aber an dessem Ende erhielten die ''Urbaniciani'', im Gegensatz zu den Soldaten der Legion, ein Militärdiplom, das für den Veteranen gewisse Vorteile mit sich brachte. Wie bei den Legionen war auch das [[Bürgerrecht]] Voraussetzung und in der Regel wurden nur Bewohner aus [[Italia]] rekrutiert.
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Gemeinsam mit den Prätorianern sind die ''Cohortes urbanae'' die einzige Einheit, die innerhalb der Stadt [[Rom]] Waffen tragen durfte. In ihrer Ausrüstung unterschieden sich die Stadtkohorten kaum von den Legionen im Feld. Die einzige wichtige Ausnahme stellte der Verzicht auf das ''[[Pilum]]'' dar, welches ausschließlich für den Einsatz in der Feldschlacht konzipiert ist. An seine Stelle trat die Lanze, wie es vermutlich auch bei Legionären auf Straßenposten üblich war.
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Das Einsatzgebiet der ''Cohortes urbanae'' in Rom war die Stadt Rom selbst und das Umland im Umkreis von ca. 100 Meilen, wo sie mit Patrouillen die innere und äußere Sicherheit der Stadt gewährleisteten.
  
Die ursprüngliche Polizeifunktion weitete sich aus und im Bürgerkrieg der Jahre 68 und 69 wurden die Stadtkohorten in den verschiedenen Gefechten fast vollständig aufgerieben. Kaiser [[Vespasian]] stellte danach vier neue Kohorten für Rom auf, dazu eine für Carthago und eine zur Bewachung der Münzstätte in Lugdunum.
 
  
=== Status und Aufgaben ===
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Die Aufgaben der ''Cohortes urbanae'' waren eng mit denen des ''Praefectus urbi'' verbunden. So unterstützen die Stadtkohorten ihren Kommandeur bei der Verwaltung Roms und kamen neben ihrem vorwiegend polizeilichen Auftrag zur Aufrechterhaltung der Ordnung auch bei der Aufsicht der Märkte und im Verwaltungsbereich der ''Praefectura urbis'' zum Einsatz. Ihre Offiziere konnten sogar für juristische Aufgaben herangezogen werden. (Für Details siehe unter „Die Verwaltung Roms“ im Artikel [[Praefectus urbi]].)
Der Dienst in den ''cohortes urbanae'' war ähnlich prestigeträchtig wie der Dienst als Prätorianer, wenn gleich er nicht so repräsentativ war und weniger gut bezahlt. Die Dienstzeit war mit 16 Jahren länger als bei den Prätorianern, aber kürzer als in der Legion. Wie bei den Legionen war das [[Bürgerrecht]] Voraussetzung und in der Regel wurden nur Bewohner aus [[Italia]] rekrutiert.
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Werner Eck: Urbanae cohortes. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 1030.
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Helmut Freis: Die cohortes urbanae (= Epigraphische Studien 2, ISSN 0071-0989 = Bonner Jahrbücher. Beihefte 21). Böhlau, Köln u. a. 1967.
  
Gemeinsam mit den Prätorianern sind die ''cohortes urbanae'' die einzige Einheit, die innerhalb der Stadt Rom Waffen tragen durfte. In ihrer Ausrüstung unterschieden sich die Stadtkohorten kaum von den Legionen im Feld. Die einzige wichtige Ausnahme stellte der Verzicht auf das [[Pilum]] dar, welches ausschließlich für den Einsatz in der Feldschlacht konzipiert ist. An seine Stelle trat die Lanze, wie es vermutlich auch bei Legionären auf Straßenposten üblich war.
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Fred Charles Mench: The cohortes urbanae of imperial Rome. An epigraphic study. Diss. Yale Univ. 1968.
  
Das Einsatzgebiet der ''cohortes urbanae'' in Rom war die Stadt Rom selber und das Umland im Umkreis von ca. 100 Meilen, wo sie mit Patrouillen die innere und äußere Sicherheit der Stadt gewährleisteten. Im Auftrag der [[Aedil|Aedilen]] waren die Soldaten zudem für Ermittlungen auf den Märkten und für die Sicherheit der Spiele verantwortlich.
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Katharina Wojciech: Die Stadtpräfektur im Prinzipat (= Antiquitas. 1, 57). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2010, ISBN 978-3-7749-3690-4

Aktuelle Version vom 20. Mai 2014, 22:29 Uhr


Die Cohortes urbanae dienten als permanente Polizeistreitmacht in Rom. Formell waren sie ein Bestandteil des Exercitus romanus und dienten damit auch als letzte Reserve bei Angriffen auf die Tore der Stadt. Die Einheiten waren dem Praefectus urbi unterstellt, der wiederum von einem Tribunus je Kohorte unterstützt wurde.

Aufstellung und Stärke

Principales CU.png
Nummerierung: Rangverhältnisse nach Funktionen (Domaszewski)

Zunächst wurden unter Kaiser Augustus drei Kohorten zu je 500 Mann (cohors quingenaria) aufgestellt und aus praktischen Gründen fortlaufend der Prätorianerkohorten (I bis IX) mit den Zahlen X bis XII und der Benennung „urbana“ (zum Beispiel Cohors X urbana) gekennzeichnet. Gemäß dem Vorbild der Prätorianerkohorten waren sie auch organisiert. Die einzelnen Cohortes wurden von Tribunen geführt und waren wiederum in sechs Centurien unterteilt. Die Centuria als administrative Einheit, in der jeder Soldat eingeschrieben war, wurde nach dem jeweiligen Centurio benannt (zum Beispiel „centuria Nigrini“). Die Principales kamen neben den Centurien auch in den Officia des Kommandostabes zum Einsatz (siehe Tabelle).

Unter den Kaisern des Vierkaiserjahres wurde die Anzahl der in Rom stationierten Kohorten schließlich auf vier erhöht, welche aber im Laufe des Bürgerkriegs der Jahre 68 und 69 in den verschiedenen Gefechten fast vollständig aufgerieben wurden. Kaiser Vespasian stellte danach vier neue Kohorten (X, XI, XII und XIV) auf. Konstantin reduzierte die Anzahl schließlich wieder auf die ursprünglichen drei stadtrömischen Kohorten.

Die in der obigen Aufzählung fehlende cohors XIII tat ihren Dienst traditionell außerhalb der Hauptstadt, seit der flavischen Zeit zunächst in Carthago und anschließend in Lugdunum (Lyon). So sicherten die Cohortes urbanae im Laufe der Zeit ebenso den Getreidenachschub in Ostia, Puteoli und Carthago, wie auch die Münzprägeanstalt in Lugdunum. Diese unterstanden jedoch nicht dem Befehl des Praefectus urbi.

Unter Septimius Severus wurde die Mannschaftsstärke der Cohortes urbanae schließlich von den anfänglichen 500 auf 1500 Mann erhöht. Damit unterstanden dem Stadtpräfekten zur Durchführung seiner Aufgaben in der iulisch-claudischen Ära insgesamt 1500, seit der flavischen Zeit 2000 und ab Septimius Severus 6000 Urbaniciani (umgangssprachliche Bezeichnung für Soldaten der Cohortes urbanae).

Stationierung

Zu Lebzeiten Augustus waren die Soldaten der neu aufgestellten Cohortes urbanae noch über die Landstädte in der Nähe Roms verstreut stationiert. Seit seinem Nachfolger Tiberius bis zur Zeit Aurelians befand sich das Hauptquartier der Cohortes urbanae in Rom in den um 23 n. Chr. auf dem Viminal errichteten Castra praetoria. Aurelian ließ schließlich für die Stadtkohorten am Campus Agrippae eine eigene Castra urbana errichten.

Ab dem ausgehenden 2. Jahrhundert n. Chr. kann davon ausgegangen werden, dass an besonders gefährdeten Stellen in der Stadt permanente Stationes eingerichtet wurden.

Status und Aufgaben

Der Dienst in den Cohortes urbanae war ähnlich prestigeträchtig wie der Dienst als Prätorianer, wenngleich er nicht so repräsentativ war und weniger gut bezahlt. Jedoch lag der Sold immer noch anderthalbfach über dem der Legionen. Da die Cohortes urbanae nach den Cohortes praetoriae an zweiter Stelle in der Truppenhierarchie des Römischen Reiches standen, musste ein Soldat, der aus einer rangtieferen Truppe in die Stadtkohorten versetzt wurde, einen höheren Dienstgrad in der rangtieferen Truppe bekleidet haben. Nicht selten diente der Dienst bei den Stadtkohorten auch als Sprungbrett zu den Prätorianern.

Die Dienstzeit betrug ebenfalls 20 Jahre, aber an dessem Ende erhielten die Urbaniciani, im Gegensatz zu den Soldaten der Legion, ein Militärdiplom, das für den Veteranen gewisse Vorteile mit sich brachte. Wie bei den Legionen war auch das Bürgerrecht Voraussetzung und in der Regel wurden nur Bewohner aus Italia rekrutiert.

Gemeinsam mit den Prätorianern sind die Cohortes urbanae die einzige Einheit, die innerhalb der Stadt Rom Waffen tragen durfte. In ihrer Ausrüstung unterschieden sich die Stadtkohorten kaum von den Legionen im Feld. Die einzige wichtige Ausnahme stellte der Verzicht auf das Pilum dar, welches ausschließlich für den Einsatz in der Feldschlacht konzipiert ist. An seine Stelle trat die Lanze, wie es vermutlich auch bei Legionären auf Straßenposten üblich war.

Das Einsatzgebiet der Cohortes urbanae in Rom war die Stadt Rom selbst und das Umland im Umkreis von ca. 100 Meilen, wo sie mit Patrouillen die innere und äußere Sicherheit der Stadt gewährleisteten.


Die Aufgaben der Cohortes urbanae waren eng mit denen des Praefectus urbi verbunden. So unterstützen die Stadtkohorten ihren Kommandeur bei der Verwaltung Roms und kamen neben ihrem vorwiegend polizeilichen Auftrag zur Aufrechterhaltung der Ordnung auch bei der Aufsicht der Märkte und im Verwaltungsbereich der Praefectura urbis zum Einsatz. Ihre Offiziere konnten sogar für juristische Aufgaben herangezogen werden. (Für Details siehe unter „Die Verwaltung Roms“ im Artikel Praefectus urbi.)



Literatur:

Werner Eck: Urbanae cohortes. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 1030.

Helmut Freis: Die cohortes urbanae (= Epigraphische Studien 2, ISSN 0071-0989 = Bonner Jahrbücher. Beihefte 21). Böhlau, Köln u. a. 1967.

Fred Charles Mench: The cohortes urbanae of imperial Rome. An epigraphic study. Diss. Yale Univ. 1968.

Katharina Wojciech: Die Stadtpräfektur im Prinzipat (= Antiquitas. 1, 57). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2010, ISBN 978-3-7749-3690-4