Alexandria: Unterschied zwischen den Versionen

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===Museion===
 
===Museion===
Die Bibliothek wurde von Ptolemaios I. gegründet (Ptolemaios II. gründete eine kleinere Bibliothek); um 250 v. Chr. betrug die Gesamtzahl der Rollen in der Bibliothek bereits 400.000, später sollen hier bis zu 700.000 Schriftrollen Papyri gelagert worden sein. Nach den Berichten ist man sehr raffiniert bei der Wissensbeschaffung vorgegangen. Jedes anlandende Schiff, das Rollen und Schriften beförderte, musste nach der Überlieferung die Rollen abschreiben lassen. Angeblich erhielten sie nur die Kopien zurück.
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Das Museion mit der Bibliothek wurde als Tempel für die Musen von Ptolemaios I. Soter nach dem Vorbild des Lyceums von Aristoteles mit dem Ziel gegründet, die neue Hauptstadt zum Zentrum der hellenistischen Kultur zu machen. Der erste Bibliothekar war Demetrius von Phaleron.
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Über die Lage und den genauen Aufbau des Museions ist relativ wenig bekannt, obwohl neueste archäologische Ausgrabungen angeblich ein Gebäude gefunden haben, das eventuell die alte Bibliothek darstellen könnte. Ebenso wenig wissen wir über die internen Strukturen des Museions.  
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Sicher ist, dass die Bibliothekare von den jeweiligen Herrschern persönlich eingesetzt wurden. Der Bibliothekar war gleichzeitig der Priester der Musen. Anscheinend wurde am Museion ähnlich einer heutigen Universität sowohl geforscht als auch gelehrt. Auch Unterkünfte für Lehrer und Studenten sowie eine Mensa gab es, daneben einen weitläufigen Park und Säulengänge zum Nachdenken und Debattieren. Schreibstuben wurden erst in römischer Zeit eingeführt.  
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Das Museion zog Gelehrte aus aller Welt an, woran neben der Fülle des Materials und der Menge anderer Fachleute vor allem die freizügige Art und Weise, wie in Alexandria mit Wissen umgegangen wurde, ausschlaggebend war. Anders als in anderen vergleichbaren Institutionen dieser Zeit konnte man in Alexandria frei und unabhängig forschen.  
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Das Museion war keiner bestimmten philosophischen Richtung verschrieben, damals eine Seltenheit. Sogar Atheismus oder Kritik der Herrscher und der bestehenden politischen Ordnung durfte hier offen gezeigt werden. (Mit einigen Ausnahmen: Hegesias von Kyrene wurde die Lehrerlaubnis entzogen, da er in seinen (gut besuchten) Vorlesungen den Selbstmord als einzige Lösung des menschlichen Daseins propagierte.)
  
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== Die Bibliothek ==
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Der berühmteste Teil des Museions war wohl zweifellos die Große Bibliothek. Um 250 v. Chr. betrug die Gesamtzahl der Rollen in der Bibliothek bereits 400.000, später sollen hier bis zu 700.000 Schriftrollen Papyri gelagert worden sein. Die Schriftrollen wurden in ''Pinakes'' genannten Katalogen archiviert, die die Werke wahrscheinlich nach Wissensgebieten (Geschichte, Rhetorik, Philosophie, Medizin und Gemischtes), alphabetischer Reihenfolge des Autors, Biographie und Bibliographie des Autors und Standort des Werkes ordneten. Dies war vor allem deswegen wichtig, da die einzelnen Schriftrollen selten zusammenhängende Werke enthielten und oft Ausschnitte verschiedener Werke vermischt beinhalteten. Insgesamt schätzt man die Anzahl der vollständigen Werke in der Bibliothek im ersten Jahrhundert v. Chr. auf zwischen 70.000 und 100.000.
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Ptolemaios II. Philadelphos oder Ptolemaios III. Eugeretes gründete eine Schwesterbliothek mit ca. 40.000 Schriftrollen im Serapeion. Wahrscheinlich war die größere den dort anwesenden Gelehrten vorbehalten, während die kleinere nach ägyptischer Tradition öffentlich zugänglich war.
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Der Inhalt der archivierten Schriften war sehr vielfältig: Den Quellen zufolge enthielt es neben den Werken der im Museion tätigen Philosophen und Wissenschaftler die wichtigsten Schriften der griechischen Poesie, Philosophie und Wissenschaft, einigen Quellen zufolge u.a. den gesamten Corpus des Aristoteles. So wurden zum Beispiel die Verse des Homer hier editiert und erhielten ihre bis heute gültige Nummerierung. Durch die Eroberungen Alexanders und die Hellenisierung der Welt wurden aber auch Schriften fremder Kulturen aufgenommen und ins griechische Übersetzt. Die Bibliothek enthielt ägyptische Schriften und Kommentare zu den Werken des persischen Propheten Zoroaster. Die Septuaginta, die griechische Version des Alten Testamentes, wurde in Alexandria übersetzt und lieferte die Vorlage für die späteren Werke der Kirchenväter.
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Nach den Berichten ist man sehr raffiniert bei der Wissensbeschaffung vorgegangen. Jedes anlandende Schiff, das Rollen und Schriften beförderte, wurde nach der Überlieferung nach Schriftrollen durchsucht, die dann in die kopiert wurden. Die Originale kamen in die Bibliothek. Mit etwas Glück erhielten die "Spender" die Kopien zurück.
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Die neu hinzugekommenen Schriften wurden vorerst in Lagerhäusern am Hafen gelagert, bis sie editiert und in die Hauptbibliothek aufgenommen wurden. Einer Theorie nach handelte es sich beim Brand der Bibliothek durch Cäsar in Wirklichkiet um ein solches Lagerhaus. 
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== Das Schicksal der Bibliothek ==
 
Das Schicksal der Großen Bibliothek ist umstritten; einige antike Quellen sprechen von einem Feuer bei [[Caesar]]s Eroberung der Stadt 48-47 v. Chr.. Wie jedoch Edward Parsons in seiner Quellenanalyse nachweist, stützen nur 6 von 16 Quellen über das Alexandria der Zeit diese Hypothese, die erste dieser Quellen wurde ca. 100 Jahre nach dem angeblichen Vorfall geschrieben, und die Zahl der angeblich verlorenen Bücher schwankt von 40.000 (die erste Quelle) bis 700.000, also der kompletten Bibliothek (Aulus Gellius), die letzte Quelle (Paulus Orosius) spricht wieder von 40.000 Büchern.
 
Das Schicksal der Großen Bibliothek ist umstritten; einige antike Quellen sprechen von einem Feuer bei [[Caesar]]s Eroberung der Stadt 48-47 v. Chr.. Wie jedoch Edward Parsons in seiner Quellenanalyse nachweist, stützen nur 6 von 16 Quellen über das Alexandria der Zeit diese Hypothese, die erste dieser Quellen wurde ca. 100 Jahre nach dem angeblichen Vorfall geschrieben, und die Zahl der angeblich verlorenen Bücher schwankt von 40.000 (die erste Quelle) bis 700.000, also der kompletten Bibliothek (Aulus Gellius), die letzte Quelle (Paulus Orosius) spricht wieder von 40.000 Büchern.
  
 
Das Museum von Alexandria, an das die Bibliothek angegliedert war, existierte mit Sicherheit weiterhin, da mehrere Leiter des Museums aus nachchristlicher Zeit bekannt sind, und [[Plutarch]] schreibt von einem Geschenk von 200.000 Schriftrollen aus der Bibliothek von Pergamon an [[Cäsar]]. Der letzte bekannte Leiter des Museums war Theon von Alexandria (ca. 335-405). Im Jahre 391 ließ auf Befehl des christlichen [[Kaiser]]s [[Theodosius I.|Theodosius]] des Großen der Patriarch Theophilus von Alexandria alle heidnischen Tempel in Alexandria zerstören. Mit Sicherheit war darunter das Serapeum, das die Tochterbibliothek beinhaltete; ob auch das Museum (der "Tempel der Musen", und damit aller Wahrscheinlichkeit nach die Bibliothek) zu diesem Zeitpunkt zerstört wurde, ist unbekannt, es kann jedoch nicht wesentlich früher oder später geschehen sein. Im Jahre 415 wurde Theons Tochter, die Philosophin und Wissenschaftlerin Hypatia, von einem christlichen Mob ermordet und damit "das letzte Überbleibsel der Ketzerei aus der Stadt entfernt", wie der christliche Autor Johannes von Nikiu später schrieb. Der zeitgenössische christliche Historiker Sokrates schrieb dagegen: "Mit Sicherheit kann nichts weiter entfernt sein vom Geist des Christentums, als das Zulassen von Massakern, Gewalttaten und Misshandlungen dieser Art."
 
Das Museum von Alexandria, an das die Bibliothek angegliedert war, existierte mit Sicherheit weiterhin, da mehrere Leiter des Museums aus nachchristlicher Zeit bekannt sind, und [[Plutarch]] schreibt von einem Geschenk von 200.000 Schriftrollen aus der Bibliothek von Pergamon an [[Cäsar]]. Der letzte bekannte Leiter des Museums war Theon von Alexandria (ca. 335-405). Im Jahre 391 ließ auf Befehl des christlichen [[Kaiser]]s [[Theodosius I.|Theodosius]] des Großen der Patriarch Theophilus von Alexandria alle heidnischen Tempel in Alexandria zerstören. Mit Sicherheit war darunter das Serapeum, das die Tochterbibliothek beinhaltete; ob auch das Museum (der "Tempel der Musen", und damit aller Wahrscheinlichkeit nach die Bibliothek) zu diesem Zeitpunkt zerstört wurde, ist unbekannt, es kann jedoch nicht wesentlich früher oder später geschehen sein. Im Jahre 415 wurde Theons Tochter, die Philosophin und Wissenschaftlerin Hypatia, von einem christlichen Mob ermordet und damit "das letzte Überbleibsel der Ketzerei aus der Stadt entfernt", wie der christliche Autor Johannes von Nikiu später schrieb. Der zeitgenössische christliche Historiker Sokrates schrieb dagegen: "Mit Sicherheit kann nichts weiter entfernt sein vom Geist des Christentums, als das Zulassen von Massakern, Gewalttaten und Misshandlungen dieser Art."
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Version vom 8. Januar 2007, 20:54 Uhr