• Die Männer sahen sich um. Der Winter war hart gewesen. Sehr hart. Und viele hatten ihn nicht überstanden. Irgendwie hatten sie ihn überlebt, aber auch wenn der Frühling nun endlich voll da war, litten sie noch immer Hunger. Das waren sie leid. Sie hatten eine Idee, der sie nun folgten. Schon Tage saßen sie in ihren Verstecken und beobachteten nur. Auch wenn der Hunger sie trieb endlich zu handeln, wussten sie, dass ein überstürztes Handeln ihnen nur den sofortigen Tod oder die Sklaverei einbringen würde. Also übten sie sich in Geduld, was ihnen nicht leicht fiel. Aber heute, heute waren sie sich sicher das richtige Ziel gefunden zu haben. Ein kleines Frachtschiff der Classis, nicht zu schwer bewacht und garantiert mit genügend Waren für sie bestückt. Der Zeitpunkt war nicht so günstig, die Sonne stand hoch am Himmel, aber sie wollten, sie mussten es wagen.
    Minuten später stürmten sie auf das Schiff zu, dass an der Stelle geankert hatte. Warum, war ihnen egal, hauptsache es war da. Die Männer auf dem Schiff waren überrascht, aber nur für einen Moment. Sie griffen zu ihren Waffen und setzten sich zur Wehr, doch war die Überzahl des Gegners, trotz seiner Schwäche zu hoch und sie hatten keine Chance. Das Schiff wurde geplündert. Jeder der überlebenden Angreifer nahm mit, was er tragen konnte und eilte wieder zurück in den Schutz der freien Lande. Die letzten jedoch entzündeten Fackeln und steckten das Schiff in Brand. Wer nicht als Leiche über Bord gegangen war und nun den Rhenus hinuntertrieb, ging zusammen mit dem Schiff in Flammen auf.
    Eine Stunde später erinnerte nur noch das ausgebrannte Gerippe, dass langsam den Fluss hinuntertrieb an ein Schiff der Classis und dessen Männer darauf. Von den Angreifern war schon lange nichts mehr zu sehen.

  • Der Rhenus lag am nächsten Tag wieder ruhig da. Keiner, der am vorherigen Nachmittag das Schauspiel mitbekommen hatte, hätte gedacht, dass hier zuvor noch Mord und Totschlag stattgefunden hatte. Die Angreifer waren längst weit weg, denn sie wussten, dass die Classis den Überfall auf eines ihrer Schiffe nicht einfach tatenlos hinnehmen oder die Angreifer gar großartig für loben würden. Ihr Dorf, dass bereits im Winter immer verwaister wurde, weil die Menschen entweder wie die Fliegen starben oder einfach fort gingen um zu versuchen woanders zu überleben, war nun völlig leer. Keine Menschenseele war mehr zu sehen, nur noch leere Gebäude und die eindeutigen Anzeichen von vielen Toten im Laufe des Winters.
    Wo die Überlebenden sich hingewandt hatten, konnte niemand sagen. Der starke Platzregen an diesem Morgen, in dieser Region, hatte alles im Umkreis der Lichtung in ein einziges Matschreservoir verwandelt.

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