Irendwo zwischen der Stadt und der Villa Duccia auf einer Lichtung

  • Runa hatte Kaeso an diesen schönen Ort geführt. Eine kleine Lichtung umringt von alten Bäumen, die wohl schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel hatte. Auch wen sie noch nah der Stadt waren, war dieser Ort gier von einer beruhigenden Stillen umgeben. Nichts außer die Stimmen der Natur waren zu hören. Runa sprach deshalb auch sehr leise. „An einen solchen Ort habe ich mich immer zurückgezogen, wenn der Unterricht zu trocken wurde. Ich finde in der Natur kann man den Kopf mal so richtig frei bekommen.“
    Runa stellte den Korb, entnahm eine kleine Decke und bereitete ein kleines Picknick vor.
    „Weißt du Kaeso. Ich habe beschlossen, wir machen heute bei mal keinen Unterricht. Du lebst nun schon so lange bei uns und eigentlich weiß ich immer noch nichts von dir. Wir haben noch nie die zeit gefunden uns mal so richtig kennenzulernen.“ Ja das stimmte. Irgendwie hatte immer die zeit gefehlt oder der richtige Augenblick war nicht da. Natürlich vertraute Runa dem jungen Mann inzwischen, sonst hätte sie wohl schon längst darauf bestanden, dass er das Haus verlässt. Aber sie wusste eigentlich nur, dass er aus Rom kam. Aber sie wusste nichts von seiner Familie, wie viele Geschwister er hatte und warum er überhaupt Rom verlassen hatte. Runa nahm ja inzwischen an, dass es ähnlich wie bei Curio der Vater war, der den Sohn aus dem Haus geschickt hatte, weil er nicht das machen wollte was dem Vater in den Kram passte. „Setze dich doch bitte zu mir und erzähl mir ein bisschen von dir.“

  • Meine Gedanken wirbelten durcheinander während ich hinter Runa her stapfte. Ich verstand einfach nicht was das hier sollte. Zuerst nahm ich ja noch an, wir würde aus mir einem im Moment nicht erklärbaren Grund, Pflanzen sammeln, vielleicht um Alpina zu helfen oder so. Dann jedoch bemerkte ich der Korb war nicht leer, bestimmt ein besonders Anschauungsstück oder so.
    Plötzlich als Runa begann ihre Vorbereitungen auf der Lichtung zu treffen bekam ich ein mulmiges Gefühl. Normalerweise war essen etwas wichtiges für mich aber jetzt konnte ich mich nicht dafür begeistern.
    Mein Gefühl hatte sich als richtig erwiesen, ich kam mir vor wie eine Maus in der Falle. Ich mochte Runa nicht nur, da war noch mehr wenn ich sie so betrachtete, da wurde mir schon mal ganz anders. Doch das hier, da kroch mir wieder einmal die Röte vom Hals an hoch.
    Plötzlich war der zauber des vielleicht des etwas schön werdendes zerstört, jetzt wollte ich lieber in den Gassen Roms untertauchen.
    Ganz vorsichtig, so als ob ich Angst hätte, ich könnte etwas zerbrechen setzte ich mich hin. Verdammt noch mal, was war ich froh gewesen, dass Runa mich bisher nicht weiter gefragt hatte, warum machte sie das? Warum zerstörte sie das? Ich hasste sie. Zorn stieg in mir hoch. Diese Weiber, meine Fäuste ballten sich, wie gerne hätte ich auf etwas eingeschlagen.
    Ich wandte mich ein wenig ab, so dass meine Augen von ihr nicht gesehen wurden, denn ich spürte Tränen in mir aufsteigen, ehe ich mit belegter Stimme anfing.


    "Das ich aus Rom komme weißt du, wir wohnten in der Subura in einer der billigsten Ecken in einem Zimmer. ….Meine Eltern, drei jüngere Schwestern, zwei kleine Brüder und das Baby …... und ein paar Totgeburten.“ Warum ich das Letzte hinzufügte wusste ich nicht. Vielleicht um Runa abzuschrecken.
    „Was mein Vater machte außer trinken wusste ich nicht“.
    Hastig kam ich zum Schluss meiner Geschichte, schnell weiter um das wichtigste zu vergessen zu überspringen, das mit der Gewalt und den Folgen.
    „Mir wurde das alles zu viel und so beschloss ich fort aus Rom zu gehen und fand einen Weg hierher zu kommen“. Mit kaltem Blick drehte ich mich zu Runa. „Den Rest kennst du ja schon.“

  • Natürlich ahnte Runa nichts von Kaesos Gefühlslage. Sie schloss aus seinen knappen Erklärungen, dass er keine schöne Kindheit hatte und nicht darüber reden wollte. So nickte sie nur. „Es ist in Ordnung, wenn du nicht darüber reden magst. Man sollte schlechte Erinnerungen wohl vergessen. Diese Dinge gehören der Vergangenheit an.“ Damit war auch für Runa das Thema erledigt. „Wir schauen lieber auf das hier und jetzt und die Zukunft nicht wahr?“ Runa lächelte die Jungen freundlich an. „Es gefällt dir hoffentlich bei uns? Sag was wünscht du dir eigentlich für deine Zukunft? Hast du Pläne? Oder lässt du Fortuna entscheiden, was deine Zukunft angeht?“ Runa selbst hatte ja schon seit frühester Kindheit den Plan verfolgt irgendwann den Göttern zu dienen, aber sie wusste auch, dass einige lieber ihr Schicksal in die Hand der Götter legten. Kaeso war wohl eine Mischung aus beiden. Immerhin machte er eine Ausbildung bei Alpina – aber hatte er wirklich einen konkreten Plan?

  • Ich war nach Runas Antwort doch sichtlich erleichtert. Nicht, dass ich kein Vertrauen zu ihr hatte, ganz im Gegenteil, doch würde ich niemals ein gegebenes Wort, eine Abmachung brechen. Das wäre allen Beteiligten gegenüber unehrlich, eines Römers nicht würdig. So viel stolz besaß ich noch, auch wenn ich sonst oft an mir zweifelte.
    Mir mit den Fingern an den Halsausschnitt greifend, ein wenig nach vorne ziehend, ganz als ob mir auf diese Weise Hitze entweichen müsste, nickte Runa mehrmals sichtlich erleichtert zu, bei ihren Worten über die Zukunft.
    „Nun ja, fing ich an, ich möchte zuerst noch mehr von Alpina lernen, das Wissen über Kräuter und Heilpflanzen birgt noch viele Geheimnissen. Außerdem reizt es mich noch mehr über die Heilkunst zu erfahren. Vielleicht auch über den Beruf des Chirurgicus.“ Letzteres fügte ich verlegen lächelnd hinzu. „Für mich wäre es unvorstellbar, anderen Menschen meine Ware an zu bieten und zu feilschen, ebenso sehe ich mich nicht in Amtsstuben als Scriba. Zum Militär, der Traum meiner Kindheit? Nein ich glaube auch das wäre nichts für mich.“

  • „ Menschen zu helfen ist eine edle Aufgabe. Ich denke du wärst sehr gut darin. Ich freue mich, dass du den Geheimnissen und Wundern der Natur gegenüber aufgeschlossen bist.“ Runa strich fast schon zärtlich über den Boden der Waldlichtung. „Die Natur kann uns so viel geben – so viel lehren. Mehr als du in jeder Schule lernen kannst. Ich bin gern hier und weist du warum?“ Runa sah ihren Schüler fragend an. „Ich fühle mich hier den Göttern am nächsten. Ja hier. Nicht in einem Tempel sondern hier in der Natur wo man die Wunder der Schöpfung der Götter bewundern kann. In jedem Baum, in jeder Pflanzen, in jedem Tier – in allem hier sind sie bei uns und mit uns.“ Runa sah verträumt aus. „Ich weiß nicht ob ich es dir schon einmal gesagt habe, aber ich diene nicht nur den Göttern Roms – ich bin auch für die Götter meiner Ahnen da und bringe ihnen Opfer dar. Zumeist sind Bewohner der umliegenden Dörfer anwesend.“ Ja so ein Opfer war schon sehr anders als diese sauberen manchmal schon steril wirkenden Opfer in den Tempeln. „Und die Germanen haben eine eigene Schrift. Die Runen. Sie haben eine ganz eigenen Kraft. Soll ich dir ein paar davon zeigen?“

  • Verwundert schaute ich Runa an, was sollte das Bedeuten sie diente den Göttern? „Nein das wusste ich nicht. Was soll das heißen du dienst? Du bist die Frau des Aedils, du bist Mutter, du bist Lehrerin. Soll da heißen du bist auch eine Priesterin und dann noch für zwei unterschiedliche Glaubensrichtungen?“


    Hier in Germanien war wirklich alles anders. Manchmal dachte ich, hier würde einem die ganze Welt zu Verfügung stehen.
    „Bitte erzähle mir etwas von deinem dienen und opfern. Ja und natürlich würde ich mich freuen wenn du mir einige Runen zeigst. Bestimmt kann ich das Wissen dann noch verwenden.“

  • "Nein Priesterin bin ich nicht noch nicht. Noch nicht Ich bin Aeditua im Tempel ebenso wie Curio. Auf der anderen Seite bin ich aber so etwas wie eine Priesterin. In Germanien nennt man diese Gode. Und es hat sich irgendwie so eingebürgert, dass viele Einheimische zu mir kommen, weil ich – so wie sie sagen einen speziellen Draht zu den Göttern habe.“ Runa lächelte fast schon verlegen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn du mich zu einem Blot begleitest. Ich möchte dir gern diesen Teil meines Lebens zeigen.“

    Dann nahm sie eine Wachstafel aus dem mitgebrachten Korb.
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    „Schau das ist deine Namensrune man nennt sie Algiz.
    Algiz schützt vor Feinden und Bösem, gibt Erhabenheit, Glück und Lebenskraft und symbolisiert glückliches Gelingen. Die Rune symbolisiert Offenheit und hilft der Versuchung zu widerstehen. Algiz ist ein universelles Schutzzeichen. Es hilft dir, dich selbst und andere zu beschützen. Algiz symbolisiert Bewahren und Festigen.“
    Runa sprach leise fast schön beschwörerisch während sie die Rune auf die mitgebrachte Wachstafel malten. Ja sie malte sie. Sie schrieb sie nicht sondern ihre Bewegungen waren ganz anders als sonst. Fast schon ehrfürchtig strich sie sanft über ihr Werk, bevor sie es Kaeso reichte.

  • Aufmerksam hörte und schaute ich Runa zu während sie die Rune malte. Obwohl ich nicht von meinem Platz aus genau erkennen konnte was sie da machte, so erkannte ich aber mit welcher Hingabe sie es machte. Sie wirkte für mich in diesem Augenblick wie in einer anderen Welt lebend.
    Fragen über Fragen stürzten auf mich ein. Was wenn es Runa zu viel wurde? Nein bestimmt nicht redete ich mir selber zu. Es ihre wahre Berufung.
    Fast zögerlich meinte ich, „ich habe ein paar Fragen, hoffentlich wird es dir nicht zu viel. Also was ist ein Blot? Natürlich werde ich dich begleiten.
    Ist es nicht schwer in zwei Götterwelten zu leben. Alpina hat mir schon erklärt das es eine Unmenge an Götter gibt, in verschiedenen Stämmen und Völkern. Trotzdem stelle ich mir es schwer vor zwei Gottheiten zu dienen.“

    Ich konnte mir nicht helfen, ich fand Runa gehörte in die Germanische Welt.
    „Zeigst du mir auch deine Namens Rune und die von Alpina?
    Algiz“,
    sprach ich dann leise während ich die Rune auf der Wachstafel betrachtet und mir einprägte. „Ich danke dir, damit hast du mir etwas sehr schönes geschenkt.“

  • „Nun das Blot ist das germansiche Opfer, also eine den germanischen Göttern gewidmete Kulthandlung. Es ist ein alter Begriff und bedeutet so wie mit Blut weihen. Es ist also ein blutiges Opfer. Ähnlich derer die die aus den Tempeln kennst. Nur werden sie im freien an heiligen Plätzen – den Hainen – abgehalten.“ Runa versuchte es Kaeso so verständlich wie möglich zu erklären. „Natürlich gern.“ Runa griff nach der Tafel und malte ihre Runa neben die von Kaeso.
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    „Das ist die Thurisaz. Sie symbolisiert reaktive Kraft, Konfliktbereitschaft und instinktives Vorgehen. Es ist ein Zeichen für Vitalität und kann Veränderungen ankündigen. Thurisaz steht auch für Katharsis, Säuberung, reinigendes Feuer und Fruchtbarkeit. Sie steht für folgende Symbole Hammer, Dorn, Schutz, Torweg, Unwetter, zielgerichtete zerstörende Macht, Schmiedekunst, Vernichtung lebensfeindlicher Kräfte und Verteidigung, Blitz des Erwachens, Phallussymbol, Macht, Überwindung von Hindernissen. Das ist meine Rune.“


    Nun malte sie die Rune von Alpina.
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    „Das ist Naudhiz. Naudhiz symbolisiert Störung, Widerstand der Kräfte weckt, Innovation, Verwirrung, Streit, und der feste Wille alle Not zu überwinden. Die Rune bedeutet auch Leidensfähigkeit und Vorbestimmung. Das Schicksal annehmen. Der Furcht ins Auge blicken. Das ist Alpinas Rune.“


    Wieder sprach Runa leise und wirkte wohl auf Kaeso als wäre sie dieser Welt ein Stück entrückt während sie die Runa malte und ihre Bedeutung erklärte. Als sie fertig war und ihm die Tafel reichte, hatte ihre Augen einen ganz anderen Glanz als sonst. Ja ihre Augen funkelten förmlich.

  • Wieder saß ich da und lauschte auf Runas Worte und wagte kaum zu Atmen, um das nicht zu zerstören was da gerade vor sich ging.
    Ich hatte ihre Augen gesehen und verstand es nicht. Es war als ob sie der Welt entrückte und ein sonderbarer tiefer Glanz glomm in ihnen auf.


    In Rom hatte ich an den den zahlreichen Tempeln oft gläubige Menschen gesehen, manchmal je nach ihren Opfergaben auch mit kindlicher Neugierde länger beobachtet, so etwas wie hier war mir dort aber nie begegnet. Dabei war Runa noch nicht einmal bei einer Opferhandlung und malte nur ein paar Runen auf.


    Die Bedeutung der Runen für die beiden Frauen hatte ich verstanden. Ich kannte sie noch nicht lange, wusste nur einen winzigen Teil von ihrem bisherigen Leben. Ein wenig aus Beobachtungen und aus kurzen Äußerungen, Ich wollte mir nicht zu viel Anmaßen und dennoch schloss ich aus der Bedeutung von Runas Rune, sie würde zu ihr passen. Mir tat es fast Leid, das ich noch zu jung aber auch zu unbedeutend war, ich hätte sie gerne näher kennen gelernt und dabei spürte ich sogar etwas Eifersucht auf Curio in mir aufkommen. Darüber wollte ich jetzt aber nicht weiter nachdenken und schob es verärgert zur Seite um mich auf die Bedeutung von Alpinas Rune zu konzentrieren.
    Was ich dabei hörte machte mich traurig. Eine Frau die soviel zu geben hatte, musste soviel in ihren Leben kämpfen. Sie sagte mir aber auch was ich immer vermutet hatte, sie war eine starke Frau und ich hatte das Glück sie kennen gelernt zu haben.


    Es hatte wohl eine Weile gedauert in der ich mit der Bedeutung der Runen beschäftigt war. Als ich nun zu Runa schaute sah ich noch immer ein wenig von diesem sonderbaren Glanz in ihren Augen. Spontan fragte ich, den ich konnte nicht wirklich glauben, dass sie auch zu dem Glauben der Römer stand. „Hast du nicht Angst die Götterwelt von uns Römern dir zürnt. Verzeih aber ich denke da gehörst du nicht hin.“ Jetzt erst merkte ich wie anmaßend ich war und fügte verlegen hinzu, „verzeih mir, das steht mir nicht zu.“

  • Runa überlegte eine Weile, legte den Kopf dabei etwas zur Seite und knabberte an ihrer Lippe. „Nun – nein ich glaube nicht das sie mir zürnen. Ich diene ihnen ja. Und Außerdem schlage ich ja eine Brücke zwischen den Götterwelten. Weißt du Kaeso.“ Nun sah Runa den jungen Mann direkt an. „Die Götter sind gar nicht so verschieden wie man zunächst glaubt. Es gibt viele Parallelen. Die Opfer, ja sie unterscheiden sich voneinander. Aber die Opfergaben sind die selben. Und auch die Wünsche der Menschen sind die Selben. Ob nun Römer oder Germane, die Bitten an die Götter gleichen sich – trotz all der Unterschiede der Menschen. Ist das nicht erstaunlich Kaeso. Also die Menschen welche in Rom leben und den Götter opfern und die Germanen hier haben die gleichen Bitten an die Götter. Sie sind also gar nicht so unterschiedlich wie man es uns immer weiß machen will. Und genau diese Gemeinsamkeiten sind es die mich auch darin bestärken, dass ich beiden Seiten dienen kann. Wenn ich mich jedoch entscheiden müsse – ich glaube dann würde ich die germanischen Götter wählen. Ich fühle mich einfach bei einem Opfer hier in der Natur wohler als in einem der sterilen Tempel.“ Dann lächelte sie Kaeso an. "Schon gut, es gibt nichts zu verzeihen. Ich finde es sogar gut, wenn du deine Meinung äußerst. Hier wird dich nie jemand wegen dem was du denkst verurteilen. Ich finde es auch wichtig, das wir ehrlich zueinader sind. Und anregende Diskussionen gerade über die Götter sind doch wünscheswert findest du nicht?"

  • Ob die Diskussionen wünschenswert waren, wusste ich nicht, denn bis heute hatte ich mir darüber auch noch nie Gedanken gemacht. „Ich weiß es nicht, du musst wissen, über die Götter habe ich mir bisher nur wenig Gedanken gemacht. In Rom sind jede Menge Tempel, ich bin einigen auch nahe gekommen, bei meinen Streifzügen durch die Stadt, doch in einem Tempel war ich noch nie. Opfergabe und Gebete, gab es in unserer Familie, so viel ich weiß nicht. Es kann sein, dass meine Mutter die Götter um Beistand gebeten hat.
    Vielleicht , das der Grund warum es uns so schlecht ging, ich meine weil uns der Schutz der Götter fehlte.
    Leider muss ich gestehen, bis heute hat mich das auch wenig interessiert. Kann sein, dass wenn ich einem Blot beiwohne, die Dinge anders sehe.“


    Nach einer Pause fuhr ich fort, „dein Mann ist Römer und du bist Germanin, wohin führt ihr euer Kind? Wird dein Mann akzeptieren, wenn du euren Sohn im germanischen Glauben unterweist? Für dich hat er es akzeptiert, da konnte er nur wenig ändern, doch hier kann er doch bestimmen wohin der Weg geht.“

  • „Nun ich glaube nicht, dass die Götter euch den Schutz verwehrt haben. Es ist nur so, dass es die Menschen sind, die grausam zueinander sind. Dies ist nicht die Schuld der Götter sondern liegt imme rnur an den Menschen. Leider konnte deine Mutter dem wohl nicht entfliehen, aber du.. du hast es geschafft. Also waren die Götter doch an deiner Seite, immerhin haben sie dich hierher geführt. Und wer weiß, vielleicht führen sie dich eines Tages zurück nach Rom und du kannst deine Mutter aus ihrem Elend befreien.“ Ja eigentlich war Runa sich da sicher. Es gab immer einen Plan. „Schau, du warst doch noch viel zu jung... als das du ihr hättest helfen können. Es ist also wohl der Plan der Götter, dass du hier lernst – über dich – über deine Stärken.“ Ja und das tat der jungen Mann wohl. Runa war sehr wohl aufgefallen, dass der schüchterne Junge immer mehr an Selbstbewusstsein tankte und das war auch gut so. Hier übertrug man ihm Aufgaben. Er wurde in die Familie eingebunden. Ja er wurde gebraucht und dieses Gefühl wurde ihm jeden Tag vermittelt. Hier konnte er seine Fähigkeiten wohl am besten entwickeln.
    Runa legte sich in das Gras und blickte zu den Wolken. „Nun ich denke, dass wir dies unserem Sohn überlassen. Wir werden ihm beide Werte vermitteln und wenn er alt genug ist soll er sich selber entscheiden. Bei mir war es ja genau so. Meine Mutter war Römerin... mein Vater Germane. Sie ließen mir die Wahl. Es war mein Vater der mich mit beiden Kulten vertraut gemacht hat. So richtig entscheiden konnte ich mich bisher nie. Auch wenn ich gestehen muss, dass mein Herz mehr für die germanische Seite in mir schlägt.“

  • Lächelnd schaute ich auf Runa hinunter, es war ein schönes Bild wie sie da vor mir lag und zu den Wolken empor schaute. Sie hatte etwas ganz besonderes an sich. Vom Stand her war sie weit über mir, was sich auch in ihrem ganzen Auftreten wieder spiegelte und dennoch war sie von so einer natürlichen Einfachheit, dass ihr jeder nur den ihr gebotenen Respekt zollen konnte. Ein winziger Hauch von Eifersucht überkam mich. Ich neidete dem Aedil seine wunderbare Frau.


    Was sie erzählte von ihrer Familie und ihrer eigenen Verbundenheit mit den Göttern klang einleuchtend. Vielleicht war es auch diese Verbundenheit mit ihren Göttern, die sie zu einer einzigartigen Frau machte. Ich für meinen Teil konnte nur hoffen, dass ich auch einmal so in mir selber ruhen würde. Bestimmt würde es mir hilfreich für meine Zukunftspläne sein.


    Ich wollte das Bild was sich mir bot nicht zerstören, doch eine Frage beschäftigte mich schon die ganze Zeit und wieder zurück in der Casa hätte ich nicht gewusst wen ich Fragen sollte. Runa war eine Frau voller Wissbegierde aber nicht aufdringlich neugierig, sie akzeptierte nicht nur wenn man über etwas nicht sprechen wollte, sie spürte es auch.
    „Es gibt da etwas was mich interessiert auch wenn es scheinbar nicht zu dem bisher besprochenen passt“ fing ich an. "Du hast doch bestimmt Erfahrung mit den einfachen Aufgaben des Lebens. Kennt du eine Möglichkeit wie man kleine Holzstücke oder kleine Aststücke fest mit einander verbindet?“
    Bestimmt dachte Runa jetzt ich wäre nach wie vor ein sonderbarer Kauz, nach der lange Zeit des Schweigens nun eine solche merkwürdige Frage zu stellen, als wäre die Antwort von außerordentlicher Lebenswichtigkeit.

  • Runa setzte sich auf und blickte Kaeso an. Er wollte was?
    Einen Moment brauchte sie um sich zu sammeln. „Nun es gibt verschiedene Möglichkeiten, es kommt ganz darauf an, was du machen willst. Schau du kannst sie so verbinden....“ Runa nahm zwei kleine Äste. Vorsichtig löste sie die weiche Rinde und diese wurde in schmale Streifen gerissen. Dann schlag sie die Rinde um die Äste, so das sie ein Kreuz bildeten. „Oder du schnitzt in jeden Ast eine Kerbe, so das sie genau in einander passen. Den Übergang kannst du dann mit Baumharz füllen, wenn dieser getrocknet ist hält dies auch ganz gut.“ Runa fischte ein kleines Messer aus dem mitgebrachten Korb und zeigte Kaeso was sie meinte. Mit geschickten Handgriffen schnitzte sie in jeden der Stöcke eine Kerbe. Hier und da wurde noch dran gepfeilt, bis sie schlussendlich zusammenpassten. Dann zeigte sie auf eine nahestehende Fischte. „Wenn du den Baum dort leicht anritzt kommt das Harz hervor.“ Sie reichte Kaeso das Messer. „Geh und versuche es.“ sagte sie aufmunternde zu ihm. „Ritze in schräg an von oben na unten, dann kannst du das Harz mit einem Blatt auffangen.“

  • Genauso wie ich es befürchtet hatte war es geschehen. Das schöne Bild vor mir hatte ich selber zerstört. Die Stimmung war ganz profanem gewichen, einem in den praktischen Dingen des Lebens, in der freien Natur unbeholfenem Städter, einfache Sachkenntnisse zu vermitteln, hatte Runa sich bestimmt nicht vorgestellt, zu Beginn des Unterrichts.
    Aufmerksam, nein das wäre zu simpel ausgedrückt, bewundernd hörte ich Runa zu. Sie hatte bestimmt auf jede Frage mindestens ein Antwort.
    Ich nahm ihr Messer, stand auf und ging zu dem Baum, um das Harz zu entdecken. So wie von Runa erklärt ritze ich den Baum an und wirklich, es sickerte langsam eine träge Masse hervor. Schnell bückte ich mich um ein Blatt auf zu nehmen und hielt es unter dem Harz. „Das ist dann der Lebenssaft des Baumes?“ Fragte ich Runa über die Schulter hinweg.
    Mir kam eine Idee, ich hatte da auf dem Boden kleine Kugel ähnliche Früchte, bestimmt vom letzten Herbst gesehen. Diese und ein paar kleine Ästchen und ein Zweigende nahm ich auf, und das Blatt mit dem Harz. Wieder auf unserer Decke versuchte ich aus den gesammelten Teilen ein Tier ähnliches Gebilde zusammen zu kleben. Das Ergebnis war nicht gerade berauschend, zeigte mir aber es funktionierte. Lachend reichte ich es Runa. „Bitte sehr, das Ergebnis dieser Lektion.“

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