Officium - Aulus Iunius Avianus

  • ~ Officium des Aulus Iunius Avianus ~


    Nun, da er sogar daheim sein eigenes Officium eingerichtet hatte, fühlte Avianus sich endgültig wie ein besserer Scriba, doch zugegebenermaßen genoss er es. Ein kleines bisschen. Selbst wenn er es sich nicht eingestehen wollte. Allerdings war es nicht einmal die Arbeit selbst, die er so genoss, vielmehr das abends nach Hause kommen zu Frau und Kind, seine Privatpost einzusehen, sich um diverse Geschäfte zu kümmern und das letzte bisschen Zeit, das ihm blieb, mit seiner Familie zu verbringen. Im Grunde war es ja sogar nur das zuletzt genannte. Und ausgerechnet ihm erging es so, dem, der damals noch in der Gegenwart seinen ruhiger werdenden Cousins Witze gerissen hatte. Apropos Cousin ... sein Blick fiel auf den Brief, der ihn in den Castra auf Umwegen erreicht hatte. Er durfte nich vergessen, in seiner Antwort davon zu schreiben, dass er seine Privatpost von jetzt an wieder in der Domus empfing und definitiv nicht als Centurio. Ha! Seneca würde die Kinnlade runterfallen, wenn er laß, was sich alles zugetragen hatte, während sein Schreiben im Schnee stecken geblieben war. Mit einem Grinsen im Gesicht öffnete er die Rolle und begann zu lesen, was es neues gab.

  • Da beschwerte er sich erst über Papierkram und Schreibarbeit, und gleich darauf legte er sich ganze drei verfluchte Betriebe zu. Was man nicht alles tat, um Geld für die geliebte Familie zu scheffeln. So fand der Botenjunge, der vom Ianitor auf den Weg geschickt worden war, einen nicht sonderlich fröhlichen, hinterm Schreibtisch hockenden Dominus Avianus vor, der leise seufzend aufsah, als es erst klopfte, anschließend der Junge in den Raum huschte und er dadurch selbstverständlich bei seiner Arbeit unterbrochen wurde.
    "Ein Mann namens Bavius Cratinus zusammen mit einem Iunius ist eben angekommen, Dominus. Sie wollen dringend ein Familienmitglied sprechen", berichtete der junge Sklave.
    Ein weiterer Iunius? Interessant, doch es gab viele Iunii. "Der Name des Iunius?"
    "Weiß ich nicht. Entschuldige, Dominus."
    Ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf Avianus' Gesicht ab. Wenn er es recht bedachte, war unangemeldeter Besuch von irgendeinem Iunius immer noch besser als Einnahmen und Ausgaben zu überprüfen und Steuerabgaben zu berechnen. Er legte also den Stilus beiseite, klappte die Tabula zu und lehnte sich zurück. Vermutlich schadete es nicht, eine kleine Pause einzulegen, und wenn er sich dann noch um Familienangelegenheiten kümmern konnte, umso besser.
    "Bring sie her."

  • Der kurze Weg von der Porta bis zum Officium des Dominus hatte ausgereicht, um Agricola Hunger und Durst schlagartig vergessen zu lassen. Geblieben war nur eine bange Übelkeit, die eher dem Kopf als dem Bauch entsprang. Es war nicht nur die weiträumige, schlicht aber geschmackvoll eingerichtete Domus selbst, die ihn schwindelig machte, obwohl der Kontrast zu der engen mit scheußlichem Zierrat vollgestopften Casa in Cales sofort in’s Auge fiel. Was ihn weit mehr mitnahm, war die Aussicht darauf, gleich einem sehr nahen und doch wildfremden Blutsverwandten entgegen zu treten. Dominus Avianus, hatte der Botenjunge gesagt. Iunius Avianus. Dabei konnte es sich eigentlich nur um den Bruder seines verstorbenen Vaters handeln, seinen Patruus.


    Und da saß er nun, dieser Avianus. Groß, breitschultrig, selbstbewusst, abwartend. Agricola konnte nicht anders, als ihn anzustarren. So also hatte sein Vater ausgesehen. Oder zumindest so ähnlich. Wie ähnlich? Es schickte sich ganz und gar nicht, grußlos vor einen Ehrenmann hinzutreten und ihn anzuglotzen, das war ihm schon klar, aber mehr als ein stummes Nicken brachte er für’s erste nicht zustande. Dafür lief Cratinus, wohl inspiriert durch die eindrucksvollen Räumlichkeiten, zur Hochform auf.
    „Salve, werter und geschätzter Iunius Avianus.“, begann er ölig, „Zuvörderst sei dir Dank ausgesprochen .. für deine großzügige Bereitschaft .. ein paar Augenblicke deiner kostbaren Zeit .. zu erübrigen. Es schickt mich zu dir .. der ehrenwerte Appius Iturius Geta .. beheimatet in Cales. Mein Name ist Bavius Cratinus .. und mein junger Freund hier ..“
    „Ich bin nicht sein Freund.“, brach es plötzlich trotzig aus Agricola heraus. Cratinus’ Freund? Allein bei der Vorstellung kam ihm das Kotzen. „Ich bin Caius Iunius Agricola. Sohn des Manius Iunius Regulus und der Ituria Merenda.“, Etwas zaghafter und kleinlauter ließ er folgen: „Ich grüße dich .. Onkel Avianus.“ Cratinus bedachte ihn mit einem mordlüsternen Blick und fuhr – etwas aus dem Konzept geraten – mit seinem gespreizten Geseier fort. „Ja .. nun .. wie dem auch sei .. jedenfalls hat mein Patron, mich .. seinen treuen Vilicus mit der verantwortungsvollen Aufgabe betraut .. meinen .. euren .. Verwandten .. nach dem Tod seiner .. von allen hoch geschätzten Mutter ..“ Nun kam es Agricola tatsächlich fast hoch. Dieser hündische Speichellecker! Diese verlogene scheinheilige alte Drecksau!
    „Gib ihm das Schreiben.“, presste er mit einem letzten Rest von Haltung hervor, „Du sollst ihm ein Schreiben aushändigen, hast du gesagt. Gib es ihm!“ Der Verwalter zögerte einen Moment, nestelte dann aber schnaubend eine Schriftrolle aus seinem Mantel hervor, löste das Band, entrollte den Brief und hielt ihn mit zittrigen Fingern dem schweigenden Dominus hin. „Nun denn .. bitte. Die Worte meines Patrons.“



    CALES, ANTE DIEM KAL FEB DCCCLXVI A.U.C.


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    Ad
    Gens Iunia
    Domus Iunia
    Roma



    Salve, werte Iunii.


    Es übersendet euch seine Segenswünsche Appius Iturius Geta, Frater der Ituria Merenda, Sororius des Manius Iunius Regulus ergo Avunculus des Caius Iunius Agricola.


    Bedauerlicherweise haben mich sowohl diverse Geschäftstermine als auch die Feierlichkeiten anlässlich der Bestattung meiner kürzlich verstorbenen Schwester Merenda zu sehr in Anspruch genommen, um dem Hause Iunia die Ankunft meines Nepos ex Sorore zu einem früheren Zeitpunkt zu avisieren.


    Wie euch bekannt sein dürfte, haben meine Schwester und ihr Sohn seit der – das will ich nicht beschönigen – unüberlegten Flucht aus Misenum vor gut zwölf Jahren den Schutz und das Gastrecht meines Hauses genossen, nachdem sich Iunius Regulus – und das darf keinesfalls unerwähnt bleiben – auf das Schmählichste seiner Verantwortung entzogen und ohne Rücksicht auf Weib und Kind nach Rom abgesetzt hat. Dennoch möchte ich hier keine Vorwürfe gegen meinen Sororius erheben, sein Tod war der Buße genug getan, und ich spreche euch – wenn auch um Jahre verspätet – mein aufrichtiges Beileid aus. Sehr wohl aber muss ich Klage führen über seine Mutter, eure streitsüchtige Familienfurie Anverwandte Iunia Helia. Obgleich ihr das Schicksal meiner Schwester gewiss völlig gleichgültig war, hat sie mich – einen Geschäftsmann ehrenhaftester Absichten und von tadellosem Ruf – bis zu Merenda’s Tod mit Anfeindungen und Verleumdungen überhäuft, betreffend die Patria Potestas über den kleinen Caius. Ich soll sie widerrechtlich an mich gerissen und den Jungen gar als eine Art Faustpfand betrachtet haben. Das ist erstunken und erlogen entspricht nicht der Wahrheit.


    Allein der mütterliche Wunsch meiner Schwester hat mich dazu bewogen, Caius meine Fürsorge angedeihen zu lassen, als gehöre er zu uns, und das war – warum soll ich es verhehlen – sowohl mit immensen Kosten als auch erheblichem Zeitaufwand verbunden. Dankbarkeit habe ich nie erwartet, lediglich eine – und dies erlaube ich mir, ausdrücklich zu betonen – angemessene Aufwandsentschädigung. Zuzüglich selbstredend einer in derart gelagerten Fällen nicht unüblichen Teilrückerstattung der Mitgift meiner verstoßenen Schwester. Beides wurde mir trotzig verwehrt. Dabei sind sowohl der Schaden an Merendas’ zartem Gemüt als auch die geschäftsschädigende Beschmutzung meines Leumunds nicht annähernd zu beziffern. Nur meine allseits bekannte Großherzigkeit und die Liebe zu meiner Schwester haben mich letztlich über diese Ungerechtigkeit hinwegsehen lassen.


    Nun aber, da Merenda nicht mehr unter uns weilt, sehe ich – selbst stolzer Vater zweier halbwüchsiger Söhne – mich weder im Stande noch in der Pflicht, dem jungen Iunier auf seinem weiteren Lebensweg angemessen beizustehen. So habe ich also den Überbringer dieses Schreibens, meinen langjährigen Vilicus Bavius Cratinus beauftragt, Caius Iunius Agricloa nach Roma zu geleiten, um ihn in die Obhut der Seinen zu entlassen. Ohne meine Gastfreundschaft loben zu wollen, kann ich doch besten Gewissens versichern, dass es Caius an nichts gefehlt hat. Er ist zwar ein überdrehter Besserwisser mitunter etwas eigenwilliger Junge, aber im Grunde durchaus begabt. Möget ihr selbst herausfinden, wofür. Die unschönen Zwistigkeiten mit Teilen der Iunii betrachte ich mit diesem Vorgang als beigelegt. Das vorgestreckte Reisezehrgeld von fünfzehn Denarii darf gerne an meinen Vilicus entrichtet werden.


    Es grüßt und dankt euch


    Appius Iturius Geta
    Villa Rustica Ituria
    Cales





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    KAUFT WEINE VON DEN VINEAE ITVRIANI.
    BACCHUS ZUR EHRE. DEM GAUMEN ZUR FEIER.


  • Geduldig wartete Avianus ab, bis der Botenjunge die beiden Gäste in seinem Officium ablieferte, und sank derweil tiefer in seinen Sessel, bis die beiden eintraten. Da setzte er sich zügig wieder auf und, ahnungslos, wie er war, grüßte er die beiden einfach mit einem standardmäßigen, schlichten "Salvete", und trug dem Botenjungen auf, in der Küche etwas zu trinken zu organisieren.
    Ebenso wortkarg hörte er sich an, was der Alte zu sagen hatte, wenn er denn endlich mal auf den Punkt kam, und selbst als der Junge ihm ins Wort fiel und seinen Namen nannte, ahnte Avianus noch nichts. Agricola. Seltsam bekannt. Aber dass hier und heute sein Neffe vor ihm stehen würde, auf die Idee käme er im Leben nicht. Nur fiel wenig später Name seines Bruders Regulus und Avianus blieb nichts anderes mehr übrig, als sprachlos aufzusehen. Es musste mehr als zehn Jahre her sein, als er den Jungen das letzte Mal gesehen hatte. Zwölf? Dreizehn? Avianus ertappte sich dabei, wie er nachrechnen musste. Der Bursche war damals noch auf dem Hosenboden herumgerutscht, soviel wusste er noch. Und aus exakt der sabbernden und schreienden Nervensäge war inzwischen ein halber Mann geworden, der nun vor ihm stand. Ehe er die Chance bekam etwas zu sagen, sprach der Alte weiter, was gar nicht mal so schlecht war, denn Avianus wusste ohnehin nicht, wie er antworten sollte. Erst als ihm die Schriftrolle gereicht wurde, rang er sich zu ein paar Worten durch.
    "Danke. Setzt euch doch", bat er die beiden, während er den Brief aufrollte, den er gleich in Augenschein nehmen wollte. Das Schreiben überflog er nur und knirschte dennoch mit den Zähnen. Wie ein Mann, der seine Familie praktisch nicht kannte, über seine Mutter, seinen Bruder, und eigentlich alle Iunii urteilte, hinterließ einen unangenehmen Geschmack auf seiner Zunge. Seine Mutter hatte er stets nur als Frau gekannt, die sich übermäßig um ihn und seinen Bruder gesorgt hatte, vielleicht auch etwas dickköpfig, nie aber war sie eine grundlos kratzbürstige, giftige Furie gewesen. Hin und wieder sah er von der Papyrusrolle auf. Sein Blick haftete dann zumeist an seinem Neffen, und auch, als er den Brief wieder zusammenrollte, vor sich auf dem Schreibtisch ablegte und sich mit einem kräftigen Atemzug wieder zurücklehnte. Der Vater hatte ihn für den Exercitus verlassen, die Mutter war tot und jetzt wurde Agricola bei einem Onkel abgeladen, der es jahrelang nicht einmal für nötig gehalten hatte, sich zu informieren, wie es dem Neffen eigentlich ging. Allerdings war er auch nicht sicher, ob Merenda und ihr Bruder das überhaupt gewollt hätten. Vermutlich nicht, denn die hatten sich auch nicht ein einziges Mal gemeldet. Alles in allem war ihm die Situation dennoch unangenehm, denn eine Entschuldigung war das bei weitem nicht, aber da musste er jetzt durch. Die Sklavin mit den Getränken bewies zum Glück perfektes Timing und trat im selben Moment ins Officium.
    "Kann ich euch verdünnten Wein anbieten?", fragte er deshalb erst seinen Neffen und Cratinus, wollte dann endlich mal zur Sache kommen und wandte sich dabei in erster Linie um Agricola, um den es ja eigentlich ging. "Mein Beileid wegen deiner Mutter. Ich kannte sie zwar nicht sonderlich gut, aber …" Er brach ab. Abschweifen um über irgendwelche familiären Angelegenheiten zu plauschen konnte er später vermutlich auch noch, wenn nicht gerade irgendein alter Vilicus danebenstand. "Naja ... es tut mir leid ... wie auch immer. Wenn du die Domus Iunia dein Zuhause nennen möchtest, bist du hier selbstverständlich gerne willkommen, Agricola. Bestimmt lässt sich ein freies Zimmer für dich finden. Was das Geld für die Reise nach Rom angeht, darüber reden wir gleich noch." Beim letzten Satz wanderte sein Blick zum Vilicus, und schließlich wieder zurück zum Neffen. "Natürlich würdest du dich mit der Geschichte der Iunii und unseren Traditionen bekannt machen müssen, aber das muss ja keinesfalls von heute auf morgen geschehen. Jedenfalls freut es mich, dich in der Domus Iunia begrüßen zu dürfen." Dabei beließ er es erst einmal und wollte vor allem herausfinden, wie Agricola überhaupt zur Familie seines Vaters stand. Wenn er nicht gerade den besten Eindruck von ihr hatte, würde Avianus es ihm nicht einmal übel nehmen.

  • Die Besucher setzten sich. Es wurde still im Raum. Unangenehm still. Avianus studierte das Schreiben, Agricola wiederum studierte die Züge seines Onkels. Viel war da nicht herauszulesen, ein Hauch Erstaunen vielleicht, ein Anflug von Unwillen möglicherweise, jedenfalls kein Anzeichen überbordender Freude. Was zu erwarten war. Viel Schmeichlerisches konnte da nicht drinstehen. Nicht in einem Brief von Iturius Geta, an einen Iunier gerichtet und einen anderen Iunier betreffend Wahrscheinlich lauter Beschwerden, mutmaßte Agricola, über den ach so verstockten Neffen, den treulosen Schwager und die schrecklichen Iunii an sich, das Lieblingsthema des hochfahrenden Ituriers. Man würde ihn wegschicken, das wurde ihm mit jedem Atemzug klarer. Wenn die Iunii auch nur halb so schäbig waren, wie Geta sie zu beschreiben pflegte, würden sie das lästige Anhängsel so schnell wie möglich wieder loswerden wollen. Agricola versuchte, sich darauf vorzubereiten, straffte sich in seinem Stuhl, drückte die Schultern nach hinten, zwang sich zur Haltung bis es zu schmerzen begann. Ein kleines Flämmchen Hoffnung flackerte trotz allen Vorahnungen weiter. Seine Mutter hatte sich nie den Hetztiraden ihres Bruders angeschlossen und zu keiner Zeit Stimmung gegen die Iunier gemacht. Ihre Verachtung war ausschließlich für Iunius Regulus reserviert gewesen. Allerdings war es nun dessen Bruder, der über Agricolas’ Zukunft zu entscheiden hatte. Wie ähnlich sich die beiden wohl wirklich waren?


    Irgendwann kam eine Sklavin herein und brachte Getränke. Agricola nahm sie kaum wahr. Er starrte noch immer forschend auf seinen Onkel. Stumm schluckend nahm er dessen Beileidsbekundung entgegen. Ja, es tat ihm auch leid. Unbeschreiblich leid. Denn ihm Gegensatz zu Avianus hatte er seine Mutter sehr wohl gekannt, sehr gut sogar und sehr lange. Schön, dass es dir leid tut, Onkel Avianus, dachte er bitter, dann sind wir schon zwei. Gerne wäre er jetzt aufgestanden, um sich höflich zu verabschieden, bevor er dazu genötigt wurde, nur hatte Avianus noch nicht zu Ende geredet. Wovon er als nächstes sprach, wollte Agricola zuerst nicht recht in den Schädel. Erst als ihm die Sätze nach und nach in’s Bewusstsein gerieselt waren, begriff er, dass sie ihn nicht fortjagen würden. Von einem Zuhause hatte Avianus gesprochen, von einem Zimmer und davon, dass er hier willkommen sei. Seine Haltung kam ihm abhanden. Das erste mal seit Ewigkeiten, wie ihm schien. Zuhause. Wenn das hier sein Zuhause werden würde, und die Iunii seine Familie, hieß das dann nicht, dass seine Mutter gestorben war? Endgültig? Gewiss, er wollte lernen, er wollte stolz und offen das sein, was ihm in Cales stets als Makel angelastet worden war: Ein Iunius. Aber konnte er das, ohne seine Mutter zu verraten? War es überhaupt ein Verrat? Er konnte sie nicht fragen. Jetzt nicht. Später.
    „Das .. das wäre schön, Onkel.“, hörte er sich schließlich sagen, und als wäre dieser Satz nicht schon albern genug gewesen, rutsche ihm noch ein weiterer hinterher. „Ich bin kein starker Esser.“

  • Schön? Sagte sein Neffe das aus purer Höflichkeit, weil ihm gar nichts anderes übrig blieb oder weil er es wirklich so meinte? Aber wenigstens protestierte der Bursche nicht, noch zeigte er auf andere Weise Ablehnung. Was Agricola danach sagte, ließ auf Avianus' Zügen sogar ein leichtes Lächeln erscheinen, wobei er sich gar nicht sicher war, ob Agricola überhaupt einen Scherz hatte machen wollen. "Das kriegen wir schon hin. Wir haben eine gute Köchin", witzelte er dennoch.
    In seinen Augen war der Junge ja nicht das Problem, sondern eher das Opfer. Der hatte sich das Aufwachsen bei den Ituriern nicht ausgesucht und mit dem Streit zwischen der Familie des Vaters und jener der Mutter nichts zu tun, keinesfalls würde er also seinen Neffen fortschicken, wenn er bleiben wollte. Außerdem war er schließlich der Sohn seines eigenen Bruders, ganz egal wie gut oder schlecht er ihn kannte.
    "Gut. Dann hätten wir das schonmal geklärt. Meine Mutter hat lange genug versucht, dich bei den Iunii aufwachsen zu lassen. Wieso sollten wir dich also jetzt vor die Tür setzen", bemerkte er und wollte damit auch indirekt die Iturier kritisieren, die aus irgendeinem Grund beschlossen hatten, dass sie das Kind, welches sie zuerst krampfhaft bei sich behalten hatten, doch nicht mehr haben wollten.
    Er winkte die Sklavin näher zu sich und gab ihr ein Zeichen, dass sie ihm, Agricola und dem alten Vilicus Wein einschenken sollte.
    Dann war da noch das Geld. Da musste Avianus eigentlich gar nicht lange überlegen. So weit käme es noch, dass er Geld nach Cales schickte. Seine Entscheidung hatte rein gar nichts mit Agricola zu tun, ganz im Gegenteil, sondern einzig und allein mit dessen anderem Onkel. Pah, erst um jeden Preis das Kind wollen und sich dann bei jenen ständig über die Kosten beschweren, die es ohne Murren bei sich aufgenommen hätten ohne anschließend andere anzupumpen ... Wofür sollte er also bezahlen? Dafür, dass einem Iunius das Aufwachsen als solcher verwehrt geblieben war? Lieber dafür, dass der Iturius seine Mutter Helia regelmäßig zur Weißglut getrieben hatte? Oder vielleicht dafür, dass Iturius Geta seinen Neffen jetzt, nach mehr als zehn Jahren, vollkommen unangekündigt bei ihnen abladen wollte? Avianus gönnte sich einen Schluck Wein und ließ den Blick wieder zum Vilicus gleiten.
    "Was das Reisezehrgeld angeht, darfst du deinem Patron ausrichten, dass er von mir kein As bekommt. Aber wenn es dir lieber ist, kann ich dir diese Botschaft auch gerne schriftlich mitgeben", stellte er klar und bereitete sich gleichzeitig auf eventuelle Widerworte vor. Warum eigentlich? Das hier war immer noch sein Officium im Haus der Iunii. Wer ihm nicht in den Kram passte, wurde fand sich eben vor der Tür wieder.

  • So einfach war das? Kein Abwiegeln? Kein angewiderter Blick? Kein geseufztes: Also gut, in der Götter Namen, dann nehmen wir dich eben auf? Eine Entscheidung des Dominus, die wie selbstverständlich klang, und alles war, wie Avianus es ausdrückte, geklärt? Agricola sank in sich zusammen, wurde immer kleiner. Von weit her brüllte eine trotzige Knabenstimme wie durch dicken Nebel: Haltung, Caius! Haltung! Aber mit seiner Haltung war es vorbei. Da konnte er sich noch so recken und strecken, er schrumpfte und schrumpfte. Mit Ablehnung hatte er umzugehen gelernt, das war für ihn sicheres Terrain. Gegen Schmähung und Herabsetzung konnte er sich wehren, durch eine Maske aus Gleichmut und Haltung. Darauf aber, dass ihm plötzlich so etwas wie Wärme entgegen drang aus einer Richtung, die man ihm Zeit seines jungen Lebens als zerklüftete Eiswüste beschrieben hatte, war er nicht vorbereitet.
    Bevor er zu winzig wurde, um einen Becher heben zu können, griff er schnell danach, hielt sich daran fest und blinzelte mit mahlenden Kiefern hinein. Nach Avianus’ Aussage war das verdünnter Wein. Agricola musste es ihm glauben. Sehen konnte er nicht, was drin war. Es hätte alles möglich sein können, er sah kaum den Becher durch den wässrigen Schleier auf seinen Augen. Vielleicht sollte ich jetzt einfach mal trinken, sagte er sich, oder irgend etwas sagen. Zum Beispiel, dass ich Avianus dankbar bin. Aber Trinken ging nicht, dafür war ihm die Kehle viel zu eng, und für ein Wort des Dankes fehlte ihm die Stimme. Also glotzte er lieber weiter in die salzigen Schlieren und hörte zu, was sein Onkel sonst noch zu sagen hatte.


    Als Avianus ein Reisezehrgeld erwähnte, fuhren Agicola schlagartig die Lebensgeister zurück in die Glieder. Ach, so war das! Geta wollte Geld! Wieviel mochte er wohl verlangen für den lästigen Dorn, der ihm endlich aus dem Auge gezogen war? Zehn Asse? Zwanzig? Der nasse Schimmer in Agricolas' Augenwinkeln wurde zunehmend heißer. Reisezehrgeld? Blödsinn! Verkaufen wollte man ihn! Mit frisch aufgeflammtem Zorn starrte er zu Cratinus hinüber, der sich auf seinem Stuhl zu winden begann als hätte er die Krätze am Rücken. Dass der Iunier sich nicht auf diesen niederträchtigen Schacher einließ, entfachte einen Jubel des Triumphs in der Brust seines Neffen. Dem Alten dagegen schien das ganz und gar nicht zu schmecken.
    „Aber .. es .. sind Kosten entstanden ..“, versuchte er die Forderung mit unsicherer Stimme zu rechtfertigen, „.. schon allein für Unterkunft und Bewirtung .. immerhin waren wir mehrere Tage ..“
    „Bewirtung?“ fiel ihm Agricola aufgebracht in’s Wort. Endlich wuchs er wieder, langsam zwar, aber stetig. „Gerstenbrei mit Grieben! Dünnbier! Klamme Strohhaufen! Dunkle Stallecken! Und das soll mein Patruus bezahlen? Du bist .. so ein .. so ein ..“ Es wollten ihm keine passenden Kraftausdrücke einfallen, keine zumindest, die er sich hier im Officium seines Onkels auszusprechen getraut hätte. Weiter nach adäquaten Beschimpfungen zu suchen, erwies sich jedoch als müßig, der Verwalter knickte ein. „Nun .. in diesem Fall .. werter Iunius Avianus ..“, keuchte er angestrengt in Richtung des Hausherren, ohne ihn dabei anzublicken, „ .. wird es keiner schriftlichen Form bedürfen .. meinem Patron genügt das Wort seines Vilicus.“ Dann zwang er sich den Wein hinunter als wäre er mit Schirling versetzt und erhob sich ächzend. „Wenn du mich nun .. entschuldigen würdest. Meine Sella wartet draußen .. das kann teuer werden. Ich danke dir .. für die Gastfreundschaft, Iunius Avianus. Möge dir .. der Götter Segen zuteil werden .. und du, Kleiner .. mach’s gut. Valete.“


    Es brauchte seine Zeit, bis der alte Osker seine morschen Knochen sortiert und sich davon geschleppt hatte. Fast hätte er Agricola leid getan, gebrechlich und geknickt wie er von dannen schlich. Aber der würde sich schnell wieder erholen. Ratten waren zähe Viecher. „Ich wette, der hat dieses Wegzehrgeld selber eingesteckt.“ murmelte Agricola etwas verschüchtert zu seinem Onkel hinüber. Und wieder wurde es still. Diesmal aber hatte die Stille nichts Bedrückendes mehr. Agricola schnappte sich den Becher, kippte einen Spritzer auf den Boden und trank. Die Kehle war immer noch eng, aber der Wein passte schon durch. Auf einen Rülpser verzichtete er vorsichtshalber, so ganz wohl war ihm noch immer nicht. Stattdessen atmete er dreimal tief durch und blickte dann mit so viel Haltung, wie er sich aufzwingen konnte den breitschultrigen Iunier an. „Danke, Onkel Avianus.“

  • Da! Widerworte. War ja klar. Avianus blickte den Vilicus über den Schreibtisch hinweg unbeeindruckt an und wollte ihn ausreden lassen, was der auch immer für einen Schwachsinn verzapfen würde. Gäste waren schließlich immer noch Gäste. Und gleich anschließend würde er ihm dann an den Kopf hauen, wie lächerlich die Idee des Ituriers war, den Iuniern Geld abzuknöpfen für einen Jungen, der seit jeher bei den Iunii hätte leben sollen. Merendas Bruder hatte nicht wirklich geglaubt, sein Plan würde aufgehen, oder? Während Avianus abwartete, was der Alte zu sagen hatte, machte sich aber Agricola, der sonst nur still herumgesessen und in seinen Becher hinab gestiert hatte, ganz plötzlich lautstark bemerkbar. Avianus zog leicht überrascht die Brauen hoch. Ein wenig Temperament steckte also doch in dem Burschen und es reichte sogar aus, um den Alten zu verscheuchen. So schnell, wie der sich auf einmal davonmachte, konnte Avianus gar nicht anders als davon auszugehen, dass sein Neffe die Wahrheit sagte. Auch sonst hätte er sich nicht von Iturius Geta abzocken lassen, aber so war es ihm sogar noch lieber.
    "Ich danke dir, Bavius Cratinus, und wünsche dir eine gute Rückreise", sagte er der Höflichkeit halber und hatte alldem ansonsten nichts mehr hinzuzufügen. "Vale."
    Der Sklavin, die die Getränke eingeschenkt hatte, gab er ein Zeichen, damit sie den Vilicus nach draußen brachte. Die beiden verließen den Raum, die Tür schloss sich hinter dem Mädchen und er war mit seinem Neffen allein. Stille wollte sich ausbreiten, aber Agricola hinderte sie vorerst daran – gut so, denn dessen Onkel hatte nicht den blassesten Schimmer, worüber er mit dem wiedergefundenen Iunius sprechen sollte. Nur wenig später hielt sie dennoch Einzug, während Avianus stumm seinen Becher anstarrte und der Junge trank. Peinliches Schweigen, so fand Avianus, als er Agricola gegenübersaß, von dem er kaum mehr als den Namen kannte, lediglich mit der Erinnerung an dieses plärrende, kleine Ding im Kopf, das ohne fremde Hilfe nicht einmal auf den eigenen Beinen stehen konnte.
    Dann ein Danke, das erneut die Stille verscheuchte. "Gern geschehen", brach Avianus sein Schweigen. So selbstverständlich es für ihn auch war, dem Sohn seines Bruders ein Dach über dem Kopf zu gewähren, breitete sich dennoch ein flüchtiges Lächeln auf seinen Zügen aus. Er hatte eine Freigelassene geheiratet, um sein Kind annehmen zu können, da würde er seinen Neffen bestimmt nicht abweisen, ganz egal wie sehr oder wenig sein Bruder Regulus sich für seinen Nachwuchs interessiert hatte. Das hatte mit ihm nichts zu tun.
    "Die Kosten der Iturier gehen mich nichts an. Damit, dass ein Kind Geld kostet, hätte er rechnen müssen und hätte Iturius Geta das nicht gewollt, hätte er dich bei den Iunii aufwachsen lassen können", erklärte er dann, den Kopf aus Verständnislosigkeit leicht schüttelnd, trank erneut einen Schluck und stellte den Becher ab. "Aber lassen wir das. Ich muss zugeben, ich bin doch ein wenig überrascht. Naja … dass ich dich irgendwann noch einmal sehen würde ... das hätte ich nicht gedacht. Wie ist es dir in Cales ergangen? Und ganz so schlimm war die Reise hoffentlich nicht …?" Na also. Ging doch irgendwie. Zumindest wenn Agricola mit ihm über derlei Dinge sprechen wollte.

  • Nun, da er mit seinem Onkel allein war, entspannte sich Agricola nach und nach. Noch immer trieb ihn die Frage um, wie ähnlich Avianus seinem toten Vater Regulus wohl sein mochte und wie ähnlich er selbst ihm war, aber direkt danach zu fragen, erschien ihm albern. Trotzdem sollte einer von beiden wohl damit anfangen, irgend etwas Sinnvolles zu sagen, fand er. Dass Avianus das übernahm, beruhigte ihn ungemein. Was sein Onkel über die Kosten eines Kindes sagte, versetzte Agricola zwar einen leichten Stich, verdenken konnte er es ihm aber nicht. Schließlich hatte alles seinen Preis. Weit mehr beschäftigte ihn die angebliche Bereitschaft der Iunii, ihn bei sich aufwachsen zu lassen. Diese Version war ihm neu. Er hatte bislang nur eine Version gekannt, die nämlich, dass die Iunii mit seiner Mutter Merenda auch ihn verstoßen hatten, und mit ihrem Ansinnen, ihn dann doch zu sich zu nehmen, lediglich die Iturier brüskieren wollten. Sich mit dieser neuen Fassung auseinanderzusetzen, würde wohl noch etwas Zeit brauchen.


    Agricola war nicht gerade unglücklich darüber, dass Avianus im Moment nicht weiter darauf einging und stattdessen fragte, wie es ihm ergangen war, und der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass die Reise nicht ganz so schlimm gewesen war. Was sollte er darauf sagen? Ganz so schlimm? So schlimm wie was? fragte er sich. So schlimm wie der plötzliche Tod seiner Mutter? So schlimm wie die Tatsache, dass man ihn nur Tage später vom Ort seiner Kindheit vertrieben hatte wie einen räudigen Köter? Nein, ganz so schlimm wie das waren die dumpfen Tage mit dem verhassten Vilicus nicht gewesen, bei weitem nicht, da konnte er seinen Onkel beruhigen. „Aber nein, Onkel, interessant.“, beeilte er sich zu versichern, „Die Reise war interessant. War ja meine erste.“ Es war wohl unklug gewesen, sich über die kargen Mahlzeiten und die schäbigen Unterkünfte zu ereifern. Avianus musste ihn für einen verwöhnten Hänfling halten, und bei Iuno, das war er nun wirklich nicht. „Nicht, dass du jetzt glaubst, ich sei anspruchsvoll. Bin ich gar nicht. Ich hab nichts gegen Gerstenbrei oder ein improvisiertes Nachtlager. Nur, von dir auch noch Geld dafür zu verlangen, war .. einfach vulgär.“ So viel zur Reise. Und wie war es ihm ergangen? Was erwartete Avianus? Ein schlichtes: Gut, danke? Wohl eher nicht. Soweit konnte er seinen Onkel bereits einschätzen, um zu spüren, dass er sich nicht mit leeren Floskeln zufrieden hab. Kein unsympathischer Zug.


    „Eigentlich ist es mir recht gut gegangen in Cales. So lange Mutter noch da war.“ Nun ja, ganz so verhielt es sich freilich nicht, tatsächlich war sie schon lange vor ihrem Tod nicht mehr da gewesen. „Also, so lange sie noch gesund war.“ Das traf es schon eher. Obwohl er nicht einmal mit Sicherheit sagen konnte, ob sie das jemals gewesen war, gesund. Aber danach hatte Avianus den Göttern sei Dank auch nicht gefragt. „Die Iturier haben da ein ziemlich großes Weingut.“, fuhr Agricola in unverfänglichem Tonfall fort. „Mit vielen Sklaven und auch Tieren. Schweine, ein paar Rinder, Ziegen, Hühner und so. Onkel Geta besitzt sogar drei sehr schöne Pferde. Und ich hatte eine Ziege. Ein kluges Tier war das. Hat sich allerlei Kunsttücke beibringen lassen. Ich hab sie Fundula genannt, nach der Frau von Onkel Geta, weil sie so dürr und hässlich gewesen ist.“ Ein brüchiges fast quiekendes Lachen entfuhr ihm. Agricola hasste es, wenn das passierte, und es passierte ihm ständig in letzter Zeit. Wenn er sich nicht bei jedem Satz zusammenriss, glitt ihm die Stimme davon. Also riss er sich zusammen.


    „Ich hatte aber auch richtige Freunde. Meine Vetter Manius und Appius. Die waren ganz anders als ihr Vater. Die mochten mich. Meistens. Mit Onkel Geta hatte ich nicht viel zu tun. Der hat so gut wie nie mit mir geredet. Nur über mich. Auch wenn ich dabei war. Der konnte mich nicht leiden. Was weiß ich, warum. Wahrscheinlich wegen meinem Vater. Obwohl .. einmal hab ich ihn sagen hören, dass das alles gar nicht weiter verwunderlich sei, weil Verräter immer nur neue Verräter zeugen. Keine Ahnung, was er gemeint hat. Klar hab ich Mutter gefragt, aber die ist nicht darauf eingegangen. Meine Amme Locusta hat mir allerdings mal erzählt, dass es da wohl um uralte Geschichten geht, die passiert sein sollen, lange bevor mein Vater überhaupt auf der Welt war. Ich komm da nicht mit, das ist mir alles zu hoch.“ Kaum war der letzte Satz ausgesprochen, verfluchte er sich bereits dafür. Wunderbar, jetzt hatte er sich auch noch als beschränkter Einfaltspinsel präsentiert, der lieber mutmaßte als zu denken.


    „Natürlich habe ich auch Unterricht erhalten.“, schickte er schnell hinterher, „Onkel Geta hat extra zwei Hauslehrer für meine Vetter angestellt, den Grammticus Agron und Potitius Carus, einen ehemaligen Optio der Septima Claudia. Agron hat uns eine Menge beigebracht. Lesen und Schreiben selbstverständlich, aber auch so einiges über die Geschichte Roms und die hellenischen Denker. Bei den militärischen Übungen hätte ich eigentlich nur zuschauen dürfen, weil mein Onkel nicht wollte, dass ich da mitmache. Carus hat mich trotzdem unterwiesen. Anfangs immer nur, wenn Manius und Appius nicht mehr konnten. Aber nach drei Monaten oder so, hat er sich bei Geta durchgesetzt und mich offiziell mit unterrichtet. War ein ganz schöner Sturkopf, der Potitier.“ Ein versonnenes Lächeln kräuselte seine Lippen. Auch Carus hatte ihn gemocht, mehr als seine beiden Vetter. Warum auch immer. Aber Carus war aus seinem Leben verschwunden. Wie Manius und Appius, wie seine Amme Locusta, wie seine Ziege Fundula. Agricola schnappte sich den Becher und leerte ihn.


    „Naja, und dann ist Mutter so .. krank .. geworden. Das war für alle nicht einfach. Ich glaub’, ab da haben wir so richtig gestört auf dem Gut. Vielleicht, wenn es ihr irgendwann wieder ein bisschen besser gegangen wäre ..“ Er hörte zwar, was er da sagte, glaubte aber selbst nicht daran. Nicht mehr. Eine Besserung ihres Zustandes war schon immer reines Wunschdenken gewesen, nur hatte er das lange nicht wahrhaben wollen. „Aber sie ist ja dann gestorben.“ Erfroren. Unter einer Pinie. Splitterfasernackt. Mit derartigen Details hatte man ihm gegenüber wahrlich nicht gegeizt. Er griff erneut zum Becher, fand ihn leer, setzte ihn wieder ab.
    „Weißt du, eigentlich bin ich gar nicht so verwundert darüber, dass man mich weggeschickt hat. Wenn ich es mir recht überlege, habe ich schon lange damit gerechnet. Nur nicht so rasch nach Mutter’s Tod. Das war .. eben unerwartet. Auch die Reise nach Rom war unerwartet. Ich dachte immer, ich müsste eines Tages zurück nach Misenum. Ehrlich gesagt war ich sogar ein klein wenig neugierig darauf. denn ich kann mich nicht mehr an Misenum erinnern. Auch an dich nicht, Onkel. Tut mir leid. Nicht einmal an meinen Vater kann ich mich erinnern, so angestrengt ich es auch versuche. Ich weiß nur das über ihn, was Mutter mir erzählt hat, und das ist weder besonders viel noch sonderlich schmeichelhaft.“ Alles andere als das. Begriffe wie Ehrloser Lump und herzloser Saukerl waren da noch die harmlosesten gewesen und er konnte das alles nur glauben oder verwerfen, ignorieren konnte er es nicht. „Alles in allem hätte es mir bedeutend schlechter ergehen können.“, fasste er mit einem müden Achselzucken zusammen und blickte seinen Onkel dann etwas ratlos an. „Was soll denn nun werden?“

  • Während Agricola von seiner Reise erzählte, lächelte Avianus wieder nur dünn. Also wirklich nur Gerstenbrei und Strohhaufen. Für mehr hatte die Familie der Mutter mit ihrem Weingut, ihren zahlreichen Sklaven und ihrem Vieh, wie er gleich darauf erfahren würde, nicht bezahlen wollen. Ganz im Gegenteil, sie wollte von ihm noch 15 Denare oben drauf. Avianus behielt die wahre Summe, die man von ihm hatte kassieren wollen, vorerst für sich. Sein Neffe war schon verärgert genug, weil er glaubte, Geta hätte von ihm die paar Kröten für die Reise verlangt. Da musste er nicht noch Öl ins Feuer gießen, blieb lieber wieder stumm und hörte interessiert zu.
    Er konnte gar nicht anders als leise aufzulachen, als Agricola von seiner Ziege erzählte, nur zur Hälfte weil sich dessen Stimme beim Lachen überschlug. Schlecht war es ihm in Cales zumindest nicht ergangen. Bis vor kurzem zumindest. Avianus wusste ja selbst, wie schön es war, abseits des Lärms und der Enge der Stadt aufzuwachsen. Etwas Besseres konnte es für Kinder kaum geben. Erst als das Wort Verräter fiel, verblasste Avianus' Lächeln für einen Moment und von Lachen war erst recht keine Spur mehr. Es war einfach unfassbar, wie lange seiner Gens angelastet wurde, was ein einziger Mann getan hatte, oder auch zwei, wenn man Decimus Iunius Brutus Albinus dazuzählte, und wie schnell dabei vergessen wurde, wie viel die Iunii bereits für das Reich geleistet hatten. Er ließ den Jungen weitersprechen, biss die Zähne zusammen, trank erneut einen Schluck, um den Ärger hinunterzuspülen und konzentrierte sich einfach darauf, was Agricola noch zu erzählen hatte. Dennoch wollte er das Thema im Hinterkopf behalten, um es ihm später zu erklären, wenn es sonst niemand tat. Wenigstens hatte man sich ansonsten um Bildung und Erziehung und körperliche Ertüchtigung – und die war für den Sohn einer Soldatenfamilie eindeutig ein Muss – gekümmert. Der Rest der Geschichte war dann leider weniger erbaulich, doch jetzt war sein Neffe hier und hatte wenigstens etwas Abstand zur Vergangenheit und genug Ablenkung, das half meistens.
    "Dass du dich an nichts erinnerst, das wundert mich nicht, dafür warst du noch zu klein. Ich erinnere mich auch nicht an meinen Vater oder an die Zeit vor Misenum. Was deinen Vater angeht … deine Großmutter Helia wollte meinen Bruder und mich nicht wie unseren Vater an den Exercitus verlieren. Deswegen die Eheschließung mit deiner Mutter", erzählte er ein wenig von der iunischen Seite der Geschichte und beugte sich über den Schreibtisch um seinem Neffen ein paar Schlucke nachzuschenken, "Ich sagte schon, ich kannte sie nicht besonders gut. Wir haben nie besonders viel miteinander gesprochen. Aber ich weiß, dass unsere Mutter Regulus eine gute Frau gesucht hat. Etwas anderes wäre ihr nicht ins Haus gekommen und sonst wäre mein Bruder die Ehe erst recht nicht eingegangen. Nur war es eben nie wirklich das, was er gewollt hat. Am Ende hat bei der ganzen Sache jeder verloren: Mein Bruder hat geheiratet, obwohl er es eigentlich nicht wollte, deine Mutter stand allein da, als er euch verließ, und unsere Mutter musste trotzdem zusehen, wie es Regulus zu den Cohortes Urbanae zog, und mich später auch. Dass dein Vater gegangen ist, hatte nicht wirklich etwas mit dir oder deiner Mutter zu tun." Und ein Verräter war er auch nicht, jedenfalls nicht in Avianus' Augen. Allerhöchstens sich selbst hatte Regulus verraten, als er den Ehevertrag unterschrieben hatte, als Opfer einer Mutter, die ihre Kinder hüten wollte wie eine Glucke ihre Brut. Avianus hieß nicht gut, was sein Bruder getan hatte, aber man hätte zumindest damit rechnen müssen, dass die Geschichte nicht gut ausgehen würde.
    "Und was dein Onkel Geta meinte, als er von Verrätern sprach … nun, das war der Mord an Iulius Caesar. An der Verschwörung waren auch zwei Iunier beteiligt. Es ist nicht das erste Mal, dass jemand deren Taten nutzt, um unseren Namen durch den Dreck zu ziehen, jeder mit ein bisschen Verstand dürfte aber die Lächerlichkeit dahinter begreifen, und wenn jemand auf mehr als hundert Jahre alte Verbrechen zurückgreifen muss, beweist das nur, dass es im Grunde keine berechtigten Vorwürfe gegen uns heutige Iunier gibt", erklärte er, wollte sich aber nicht weiter in das Thema reinsteigern, denn das hatte er schon viel zu oft getan und er wusste, er würde sich damit nur selbst verrückt machen. Was kam also als nächstes? Agricola zog in die Domus ein, was sonst.
    "Da du von jetzt an hier wohnen wirst, wirst du ein Zimmer brauchen. Ich werde dafür sorgen, dass eines für dich vorbereitet wird, dann kannst du deine Sachen dort unterbringen. Du kannst dich waschen, essen, dich einrichten, den Rest der Familie und die Stadt kennenlernen … was auch immer du möchtest. Und dir Gedanken darüber machen, wo dein weiterer Weg dich hinführen soll, falls du das nicht schon getan hast." Natürlich würde Avianus ihm das Militär ans Herz legen, aber vorschreiben konnte er ihm nichts und sein Neffe kam langsam in ein Alter, das ihn dazu fähig machte, seine Möglichkeiten abzuwägen und Entscheidungen selbst zu treffen.

  • Agricola lauschte den Worten seines Onkels aufmerksam, und er lauschte ihnen gern. So wie Avianus das Geschehene beschrieb, machte es durchaus Sinn, einen völlig anderen Sinn als die unzähligen gehässigen Andeutungen, Getas’, aus denen er sich selbst eine sehr trübselige Sicht der Dinge hatte zusammen basteln müssen. Es war schön, zu hören, dass seine Großmutter Helia nicht das kaltherzige Biest war, als das man sie ihm immer beschrieben hatte. Sehr schön. Zu schön fast, um wirklich wahr zu sein. Allzu lange hatte das Bild der berechnenden Matrone Zeit gehabt, sich in seinem Kopf zu verfestigen. Aber er war bereit, es sich in Ruhe noch einmal zu anzusehen, und die neuen Farbtöne hinzuzufügen, die sich aus den Schilderung seines Onkels ergaben. Er versuchte, die Eheschließung seiner Eltern aus der Sicht Helia’s zu betrachten und begann sich sogar auszumalen, wie seine Kindheit im Kreise der Iunii verlaufen wäre.
    Als Avianus dann aber auf Iulius Caesar und die Iunier zu sprechen kam, die an seiner Ermordung beteiligt gewesen sein sollte, schreckte er hoch. Also doch alles nur Lüge? Das konnte so nicht stimmen. Davon hätte er Kenntnis haben müssen. Natürlich kannte er Iulius Caesar, wie hätte er ihn nicht kennen können, starrte doch im Atrium der Casa Ituria sein bronzenes Abbild seit jeher anklagend von seinem Sockel. Aber von einer iunischen Verwicklung in Caesar’s Tod war ihm nie auch nur eine Silbe zu Ohren gekommen. Sein Lehrer Argon hätte ihm – gerade ihm – doch ganz gewiss davon erzählt. So ziemlich alles, was er über Rom’s Vergangenheit wusste, wusste er von Argon, und Argon wiederum wusste nahezu alles, was es zu wissen gab. Was Avianus da ansprach, konnte gar nicht der Wahrheit entsprechen. Agricola wusste es besser.


    So? Und wie kommt es, dass ich von alldem nichts weiß? wollte er trotzig fragen, wurde aber im selben Augenblick von einer niederschmetternden Erkenntnis heimgesucht. Argon war seine einzige Informationsquelle gewesen. Allein aus ihr hatte er sein Wissen geschöpft und jeden Schluck für reinste Wahrheit gehalten. In Wirklichkeit wusste er so gut wie gar nichts. Schlimmer noch. Er wusste nur, was andere ihm an Wissen zugestanden hatten. Was er für Gewissheit gehalten hatte, war letztlich nichts weiter als ein wohldosierter Dämmertrunk, den Geta und Argon ihm aus Halbwahrheiten und einseitigen Interpretationen zusammengerührt hatten. Aber warum? Was den Lehrer betraf, war die Antwort frustrierend banal: Für Lohn und Brot. Argon hatte schlicht das getan, wofür er von seinem Dienstherren bezahlt worden war. Warum aber hatte sich Geta die Genugtuung versagt, seinen ungeliebten Neffen mit den zweifelhaften Persönlichkeiten aus dessen Familiengeschichte zu konfrontieren? Es hätte dem Iturius doch das reinste Vergnügen bereiten müssen, ihm die vermeintlichen Untaten seiner Ahnen unter die Nase zu reiben. Warum also hatte sein Onkel das nicht getan? Nach kurzem Nachdenken wurde ihm auch das plötzlich klar. Weil Geta damit gleichzeitig hätte zugegen müssen, dass es in den Reihen der Iunii bedeutende Persönlichkeiten gegeben hatte, und seine liebevoll kultivierte Mär von der unbedeutenden Bauerngens somit in’s Wanken geraten wäre.


    Agricola fühlte sich wie eine Lumpenpuppe in der Hand eines Pilarius. Ausgehöhlt, benutzt, fremdbestimmt und auch schuldig. Zumindest mitschuldig. Hatte er nicht alles mehr oder minder bereitwillig geschluckt, was ihm eingeträufelt worden war? Warum war ihm nicht früher aufgegangen, dass Wissen und Unwissen ein- und dasselbe sein konnten? Und jetzt? Warum erschien es ihm jetzt so verlockend, Avianus’ Lesart zu folgen? Weil sie plausibel klang? Weil sie ihm wohl tat und sich wie Balsam auf alte Schwären legte? Oder weil ihm der Bruder seines Vaters schon nach der kurzen Zeit, die sie zusammensaßen als ungleich ehrenhafter und aufrichtiger erschien als der Bruder seiner Mutter? Was, wenn der Iunier ihm auch nur Gespinste in den Kopf blasen wollte? Was, wenn er gerade im Begriff war, eine Unwahrheit durch eine andere zu ersetzen? Andererseits, warum sollte er das tun? Nur, um das unfertige Weltbild eines unbedarften jungen Bengels zu manipulieren? Er hätte die Iunii in den leuchtendsten Farben darstellen können, als blütenreine altehrwürdige Gens ohne Fehl und Tadel. Aber das tat er nicht. Er ließ sich auch nicht dazu hinreißen, einseitig gegen die Iturii zu polemisieren, obgleich ihm der Ärger über deren Ansichten und Handlungen anzumerken war. Nein, Avianus zeigte Verständnis für beide Seiten. Anders konnte man sich der Wahrheit wohl nicht annähern. Irgendetwas musste Agricola schließlich glauben. Wenn er künftig alles und jeden in Frage stellte, würde ihn das auf kurz oder lang in den Wahnsinn treiben. Die Vorstellung ließ ihm das Blut gefrieren. Nur nicht das. Nur nicht verloren gehen zwischen Zweifeln und Grübeln, nicht der Welt schleichend abhanden kommen wie seine Mutter. Meinungen konnten revidiert werden, Wissen erweitert und Wahrheiten erforscht, oder etwa nicht?


    „Ich verstehe, Onkel.“ sagte er mit einem nachdenklich Nicken als Avianus geendet hatte. „Besser gesagt .. ich glaube, dass ich so langsam beginne, zu verstehen.“ Dankbar griff er zum nachgefüllten Becher und gönnte sich einen herzhaften Schluck. „Ich fürchte bloß, du bist gerade dabei, dir einen argen Hohlkopf in’s Haus zu holen.“ Obwohl das nicht im geringsten scherzhaft gemeint war, ertappte sich Agricola doch bei einem Lächeln. „Ich seh’ schon, man hat mich dumm gehalten. Wo andere ihre Traditionen und die Geschichte ihrer Ahnen mit sich rumtragen, klafft bei mir nur ein zugiges Loch. Aber alles, was ich tun kann, um dieses Loch zu stopfen, werde ich tun. Das versichere ich dir. Tatsächlich hab’ ich schon einige Male darüber nachgedacht, was mal aus mir werden soll. Auf jeden Fall was Anständiges, dachte ich mir. Kein ausgetrockneter alter Sesterzendreher, der sein Leben über Abrechnungen und Münzschatullen verplempert. Egal, was ich machen werde, jedenfalls soll sich kein künftiger Iunius jemals dafür schämen müssen, mich in seiner Ahnenreihe zu haben, auch nicht in hundert Jahren oder so.“ Zur Bekräftigung seiner Worte nickte er seinem Onkel noch einmal zu und erhob dann den Becher. „Naja, das Wichtigste an meiner Zukunft ist, glaub ich, dass ich überhaupt eine habe. Ich kann dir nur nochmals danken, Onkel Avianus.“ Dann trank er. Mit langen genüsslichen Zügen, die durch seine Kehle rauschten, als wäre sie nie enger gewesen als jetzt. Er fühlte sich erfrischt und gleichzeitig dreckig. Mehr als dreckig. Völlig verkrustet von galligem alten Auswurf. Das klebrige Zeug musste runter, ein für allemal. Noch nie hatte er ein solch unwiderstehliches Bedürfnis verspürt, sich zu waschen. Es fühlte sich fast so an, als müsse er eine Larve abstreifen.

  • Dass da eine gewaltige Wissenslücke bestand, darauf wäre Avianus auch von allein gekommen, wo doch praktisch jeder von Marcus Iunius Brutus wusste, der gemeinsam mit Cassius Longinus die Verschwörung angeführt hatte, und den meisten war der Name des Mannes verhasst. Avianus, selbst Vollblutiunius, hatte schon oft versucht, die damalige Situation aus der Sicht der Verschwörer zu sehen. Iulius Caesar hatte sich zum Alleinherrscher aufgeschwungen, einem König gleich, und sein Verwandter hatte getan, was er für das beste gehalten hatte. Zumindest wollte Avianus das glauben. Das machte den Mord an Caesar nicht viel besser, doch es war zumindest eine Erklärung, für die er Verständnis aufbringen konnte. Das schien ihm aber ein Thema für einen anderen Tag, denn Agricola sollte erst einmal die Hintergründe verstehen, bevor er mit seinem Onkel über Absichten der Mörder philosophierte. Und der Zeitpunkt, über solche Dinge zu reden, schien ihm zudem gerade ein denkbar schlechter. Sein Neffe sah sich als Hohlkopf und dumm, lächelnd zwar, aber dennoch, sprach davon etwas Anständiges machen zu wollen und hing im Anschluss am Weinbecher wie ein müdes Rennpferd am Wassertrog. Avianus lächelte milde zurück. Der Junge mochte bei Ituriern aufgewachsen sein, war aber nicht zu einem von denen geworden. Es bestand also noch Hoffnung, dass aus ihm ein passabler Iunius zu machen war, und zu irgendwas musste der Junge ja mal werden, warum dann nicht gleich das, wozu er ohnehin geboren war.
    "Das ist natürlich schade. Unsere Gens hat eine sehr bewegte Vergangenheit, über die jeder Iunius Bescheid wissen sollte. Andererseits dürfte es nicht allzu schwer sein, diese Lücke zu füllen solange du Interesse daran hast, und keine Sorge, das wirst du nicht allein tun müssen", meinte er zuversichtlich. Agricola würde von jetzt an in einem Haus voller Iunier leben und sich dadurch wohl den Großteil des nötigen Wissens ganz von allein aneignen. "Und es wird bestimmt nicht schaden, dich auch in anderen Bereichen weiterbildest, je nachdem welche Karriere du später einschlägst. Der Gang ins Militär hat bei uns Tradition. Dein Großvater hat bei der Legio I gedient, ein paar deiner Großonkel waren ebenfalls beim Militär und ich bin wie dein Vater bei den Cohortes Urbanae beigetreten und habe mich ex caligae zum Tribunus hochgearbeitet. Ein etwas entfernterer Onkel von dir, der seine Karriere auch als einfacher Soldat begonnen hat, Iunius Seneca, dient derzeit in Germania als Praefectus Alae …", zählte er seinem Neffen auf, um ihm die Familientradition schmackhaft zu machen, und kam zu dem Schluss, dass es wohl einfacher wäre, diejenigen Iunii aufzuzählen, die nicht im Exercitus gedient hatten. Irgendein Beamter, der den lieben langen Tag in einer kleinen Kammer hinter seinem Schreibtisch saß, brauchte aus Agricola jedenfalls ganz bestimmt nicht zu werden, wenn er nicht wollte, und Avianus konnte seinen Neffen da gut verstehen. Er hatte sich mit seiner neuen Arbeit ja auch nur deswegen angefreundet, weil damit ein höherer Stand einherging und es für Sibel und das Kind um einiges besser war, nicht weil es ihm besondere Freude bereitete. "Naja, das Militär wäre auf jeden Fall etwas Anständiges. Es gibt natürlich auch noch andere Möglichkeiten. Ein anderer Verwandter, Iunius Silanus, hat als Procurator a libellis am Kaiserhof gearbeitet. Schade, dass er aus gesundheitlichen Gründen zurzeit nicht in Rom lebt, sonst könnte er dir sicher ein paar Dinge darüber erzählen."
    Andererseits hatte Agricola noch ein paar Jahre Zeit und brauchte sich weder heute noch morgen zu entscheiden. Bis zu dem Tag, an dem er einen Karriereweg einschlagen sollte, hatte er bestimmt genug Gelegenheiten sich mit seinen Möglichkeiten vertraut zu machen. Dass er einen anständigen Weg wählte, darauf würde sein Onkel ein Auge haben. Der hob zum Schluss seinen Becher und prostete dem Neffen zu. "Dann also auf deine Zukunft." Der Rest des Weines floss die Kehle hinab, der Becher wurde auf dem Schreibtisch abgestellt und ein Stück weit weggeschoben und Avianus atmete tief durch. Er sah davon ab, erneut nachzuschenken, Agricola war noch jung – wie jung eigentlich? Dreizehn? Vierzehn? Er müsste mal danach fragen, was allerdings wenig peinlich war. Und er selbst trank von allen Bewohnern der Domus sowieso am meisten Wein.
    Es klopfte an der Tür des Officiums und die junge Sklavin, die den Vilicus zur Porta begleitet hatte, trat wieder in den Raum. "Braucht ihr noch etwas, Dominus?", fragte sie und hoffte, damit niemanden zu unterbrechen.
    "Danke, wir haben alles. Es sei denn mein Neffe hat irgendwelche Wünsche. Ah richtig, und ein Zimmer sollte für ihn hergerichtet werden", anwortete Avianus, bevor er sich an Agricola richtete: "Benötigst du sonst noch etwas?"

  • Zu Agricola’s großer Erleichterung blieb sein Onkel weiter freundlich und ging mit keiner Silbe auf die unüberlegte Bemerkung über den Sesterzendreher ein. Die Zunge hätte er sich abbeißen können. Noch bevor der allerletzte Weintropfen seinen Hals passiert hatte, war ihm schlagartig klar geworden, dass er keine blasse Ahnung davon hatte, wie Avianus seinen Lebensunterhalt bestritt. Saßen sie hier etwa nicht in einem Officium? Lagen da nicht Listen und Bilanzen auf dem Tisch? Kaum, dass er begriffen hatte, auf welche Abwege eingebildetes Wissen führen konnte, war er schon wieder in die nächste selbstgegrabene Fallgrube geplumpst. Natürlich hatte er Männer wie Geta damit gemeint, verkniffene Raffzähne mit ungesunder Hautfarbe und schlechten Augen. Zu dem agilen Iunier, der ihm gegenüber saß, passte eine derartige Tätigkeit wie ein Ochsenkarren zu einem Rennpferd. Aber nur, weil sich ein vorlauter Naseweis nicht vorstellen konnte, dass dieser Kerl seine Tage hinter dem Schreibpult verbrachte, hieß das noch lange nicht, dass dem nicht so war. Den Göttern sei Dank hatte sein Onkel keinerlei Reaktion gezeigt. Trotzdem sollte er sich besser schnellstens angewöhnen, zuerst die Oberhälfte des Kopfes zu benutzen, bevor er die untere gewähren ließ.


    Seine Erleichterung steigerte sich schier in’s Maßlose, als Avianus ihn über die Militärtradition der Familie aufklärte. Na bitte! Sein Bauchgefühl hatte ihn doch nicht getrogen. Die Iunii waren kein dürrer Haufen blutleerer Krämerseelen, sondern eine pflichtbewusste Gens aufrechter Soldaten. Agricola war entzückt. Gewiss, es gab durchaus den einen oder anderen blasierten Trottel, der mit Geringschätzung auf die Angehörigen des Exercitus hinabsah und den einfachen Munifex lediglich als eine Art Nutztier betrachtete, aber jeder freie Römer, der auch nur annähernd bei Sinnen war, wusste sehr wohl, was Rom seinen Truppen zu verdanken hatte. Sogar Geta wusste das. Das einzig gute Haar, das der jemals an seinem Schwager gelassen hatte, war das Zugeständnis, dass Iunius Regulus Frau und Kind wenigstens für eine Militärkarriere verlassen hatte und nicht für eine – nach seinen Worten – tropfende Schlampe oder einen polierten Knabenarsch.


    Agricola gefiel, was er hörte. Erst recht gefiel es ihm, zu erfahren, dass da ein waschechter Tribunus zu ihm sprach. Tribun zu werden, fand er, passte gar nicht so schlecht zu seiner Definition von etwas Anständigem. Oder vielleicht gar Praefectus? Warum nicht gleich Legatus? General. Feldherr. Bejubelt von den Massen. Angebetet vom Volk. Ruhm. Ehre. Größe. Blödsinn! Das musste der Wein sein. Was für ein Schwachsinn. Letzten Herbst erst hatte er sich die ersten krausen Härchen vom Kinn schaben müssen, sein Gladius war noch ungeschliffen und seiner stetig schrumpfenden Tunika nach zu urteilen, dehnten sich seine Glieder noch immer in alle möglichen und unmöglichen Richtungen aus. Legatus. Ein Witz. Erst einmal musste er herausfinden, wer er war. Dann, was er werden wollte. Anschließend, wie er werden konnte, was er werden wollte. Und erst danach, wenn sich die trüben Dampfwolken in seinem Kopf geklärt hatten konnte er daran gehen, zu werden. Zuallererst aber musste er sauber werden. Vorher ging gar nichts.
    Als die Sklavin plötzlich im Raum stand, erschrak er zwar ein wenig, war aber zugleich ganz dankbar für die Störung. Er hätte Avianus noch stundenlang zuhören können, hatte aber mittlerweile das Gefühl, vor Dreck zu starren und zu müffeln wie seine Ziege Fundula. Der Frage seines Onkels, ob er noch einen Wunsch habe, setzte er ein dankbares Lächeln entgegen. „Aber nein, Onkel. Ich hab’ mehr als ich brauche, vielen Dank. Allerdings .. wenn es keine Umstände macht .. ich würde mich wirklich sehr gerne waschen .. eine Waschschüssel und ein Tuch reichen schon.“ War das nun unhöflich? Agricola war sich nicht sicher. Aber ob unhöflich oder nicht, es war nötig. Dringend nötig.

  • Nein, ganz und gar nicht hatte er etwas dagegen wenn der Neffe sich wusch. Mal abgesehen davon, dass Agricola seine Reise anzusehen war, wurde sich Avianus außerdem dessen bewusst, dass er heute zu gar nichts mehr käme, wenn er nicht endlich seine Arbeit hier im Officium zu Ende brachte. Wenigstens ein bisschen wollte er den Abend noch genießen können. Nicht dass er sein Gespräch mit dem Agricola nicht als angenehm empfunden hätte, bei den Göttern, ganz und gar nicht, er fand sogar, dass es verglichen mit seinen anfänglichen Erwartungen grandios verlaufen war. Aber sein Neffe war weder seine Frau noch der Säugling im Nebenzimmer seines Cubiculums. Aber er hatte nun einmal am besten überall gleichzeitig zu sein, so kam es ihm in letzter Zeit vor. Er jammerte auf hohem Niveau, soviel war auch ihm klar. Andere besaßen weder Familie noch Arbeit und er beschwerte sich, von beidem zu viel zu haben.
    "Natürlich. Wir können gerne später weiterreden. Nach einer Reise von Cales nach Rom darf es aber auch ein richtiges Bad sein, meinst du nicht?" Avianus musste schief lächeln. Wollte ihn sein Neffe mit aller Kraft davon überzeugen, wie genügsam er war? Während der Reise waren Gerstenbrei, Fußmarsch und Ställe genug gewesen, hier tat's eine Schüssel Wasser und nachher vermutlich etwas trockenes Brot mit Moretum. Schön und gut, aber in der Domus musste man sich wirklich nicht zurücknehmen. Der Junge war immer noch Iunius und man hatte ja nicht umsonst ein großes Baleum, gutes Essen und warme Betten.
    "Lass meinem Neffen Agricola ein Bad ein", sagte Avianus deshalb zu der Sklavin, ohne überhaupt Agricolas Antwort abzuwarten.
    "Wenn du im Balneum fertig bist, sollte auch dein Zimmer vorbereitet sein. Wir haben hier in der Domus einen gewissen Lebenstandard und mein Neffe braucht sich nicht mit weniger zu begnügen. Die Cena hatten wir bereits, wenn du also noch etwas essen möchtest sagst du ihr Bescheid", erklärte Avianus dem Jungen, bevor er der Sklavin zunickte, damit sie ihn ins Balneum führte.
    "Natürlich Dominus. Dann folge mir, Iunius Agricola", sagte diese und öffnete ihm die Tür des Officiums.

  • Sergius? Sergius Plautus? Sagte ihm der Name was? Nicht wirklich. Viel wichtiger: Sollte ihm der Name was sagen? Gute Frage. Um geschäftliche Dinge ging es, hatte der Sklavenjunge an ihn weitergeleitet. Erst hatte Avianus leicht verwundert die Stirn gerunzelt, die sich aber nur wenig später wieder geglättet hatte. Wenn man bedachte, dass er inzwischen ganze drei Betriebe sein Eigen nannte, war es vermutlich gar nicht so verwunderlich, dass sich irgendwer mal wegen irgendwelcher Geschäfte bei ihm meldete. Hoffentlich ging es nicht um irgendwelche Beschwerden. Damit wollte er sich nicht auch noch herumschlagen müssen.
    Er bequemte sich in sein Officium - unten war ihm in letzter Zeit zu viel los - und ließ den Mann zu sich bringen. Eine Sklavin stellte zwei Becher und verdünnten Wein bereit, und als der junge Sklave den Sergius ins Officium führte, winkte er ihn heran.
    "Salve, setz dich doch", forderte er ihn auf, noch immer ein wenig skeptisch, da er ja noch nicht den geringsten Schimmer hatte, worum es ging, und nebenbei kam ihm das Gesicht des Mannes seltsam bekannt vor. Nur woher, da war er sich nicht sicher. Ach, richtig! Bei den Gerichtsverhandlungen war er damals anwesend gewesen. Und davor hatte er mal die quintilischen Zwillinge blöd angequatscht. Seltsamer Kerl. Aber zumindest kein vollkommen unbekanntes Gesicht. "Sergius Plautus, richtig?"

  • "Salve Tribunus Iunius, der bin ich. Danke, dass Du Dir Zeit genommen hast", sagte Plautus und setzte sich.


    "Ich will deshalb Deine Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen und komme gleich zur Sache. Als Sodalis minor der Germanitas Quadrivii habe ich den Auftrag, mich um die Pflege der Schreine an den Straßenkreuzungen zu kümmern. Im Besonderen geht es mir um den Schrein der Lares Compitales an der Via Flaminia unweit der Basilica Ulpia. Vielleicht bist Du da schon mal vorbeigekommen und hast gesehen, dass der Schrein in einem erbärmlichen Zustand ist. Wir wollen daher den Schrein wieder restaurieren und um wenige Fuß versetzen. Der Grund, warum ich zu Dir komme, ist der, dass Du einen Steinbruch betreibst und einen Betrieb führst, in dem Altäre hergestellt werden. Du verfügst somit, wie ich annehme, über Handwerker mit den entsprechenden Fähigkeiten. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du uns diese Handwerker für unser Vorhaben bereitstellen könntest."


    Plautus hielt kurz inne, um einen Schluck aus dem Becher des angebotenen Weins zu nehmen. "Ich werde nebenbei dafür Sorge tragen, dass ein wohlhabender Spender die Geldmittel für das Vorhaben zur Verfügung stellt, sodass Dir keine Nachteile entstehen".


    Sim-Off:

    Eine Abrechnung über WiSim ist nicht vorgesehen.

  • Dass der Sergier nicht lange fackelte, war Avianus ganz recht. Er hatte schließlich auch nicht übermäßig viel Zeit.
    "Nunja, der ist kaum zu übersehen, würde ich meinen", antwortete er. Als langjähriger Urbaner kannte er ja die meisten Ecken der Stadt recht gut, und die Via Flaminia natürlich erst recht. "Ich halte es für sehr lobenswert, dass sich jemand um den Schrein kümmern will. Ein heruntergekommener, verwahrloster Schrein ist schließlich nicht sehr viel besser als gar keiner." Er trank ebenfalls einen Schluck und spielte tatsächlich mit dem Gedanken dem Sergius bei seinem Vorhaben zu helfen. Warum auch nicht? Ein von seinem Betrieb auf Vordermann gebrachter Schrein direkt an der Via Flaminia war wohl die beste Werbung, die es gab. Noch dazu würde es ihm keine wirklichen Nachteile bringen, da seine Handwerker derzeit unter akutem Arbeitsmangel litten, weil seine bisherigen Kunden ihn wohl oder übel jeweils nur einmal beehrten - was zwar für die Qualität seiner Ware sprach, ihm aber beim Gewinn machen nicht direkt half.
    "Mit Steinbruch meinst du Marmor, nehme ich an? Ja, den Marmor, den ich benötige beziehe ich aus meinem eigenen Marmorbruch. Handwerker mit einiger Erfahrung im Bearbeiten von Stein kann ich ebenfalls erübrigen." - Wobei er zugegebenermaßen nicht sicher war, wie gut sie mit dem Versetzen von größeren Schreinen bewandert waren. Sollte es aber zu Problemen kommen, könnte er sicher seine Cousine, oder besser gesagt ihren Architekten, um Rat fragen, also ließ er dieses Thema vorerst unter den Tisch fallen. "Am besten würde ich wohl mal jemanden hinschicken, der sich die Sache genauer ansieht. Und einer könnte sich auch mit dir treffen und genau absprechen, was gemacht werden soll. Ich bin der Idee also nicht abgeneigt. Habt ihr denn bereits einen Spender in Aussicht?"

  • Plautus winkte ab. "Es müssen nur zwei Steinplatten versetzt werden. Mit vier kräftigen Sklaven und einem Flaschenzug dürfte das katzenleicht sein. In Deinem Steinbruch kommt sowas doch sicher jeden Tag mal vor. Das Altärchen davor mauern wir neu auf. Einzig der Opferstein müsste neu angefertigt werden, der ist nämlich zerbrochen und aus Tuff. Wir könnten natürlich auch Marmor nehmen."


    Nachdem er sich nachdenklich am Hinterkopf gekratzt hatte, meinte er: "Ja, schick einfach mal einen Deiner Leute hin, ich kann ihm das dann alles erklären."


    Sim-Off:

    Das brauchen wir nicht extra auszuspielen, guck einfach mal da und da.


    Plautus lächelte hintergründig: "Bei den Spendern bin ich noch ganz am Anfang. Ich hab mir als Ersten den Senator Pugitius Macer vorgenommen."

  • "Natürlich sind die Leute in meinem Steinbruch erfahren in solchen Dingen. Die sind nur leider ein ganzes Stück im Norden in der Nähe von Luca", meinte Avianus und lachte leise, "Wenn also meine Leute hier in Rom das allein schaffen, werde ich darauf verzichten, Arbeiter aus meinem Steinbruch abzuziehen, wenn es nicht sein muss. Ich bezweifle, dass es zu großen Problemen kommen wird. Meine Handwerker hier mussten schon mehr als einmal Altäre aus Marmor schlagen und die bewegen sich im Anschluss nicht von selbst. Es wird einfach jemand sehen, was zu tun ist und wen oder was wir dafür brauchen, und ich werde entsprechendes organisieren."
    Beim Vorschlag des Sergiers, doch einfach Marmor für den Opferstein zu verwenden, nickte Avianus. Wenn nicht nur seine Arbeiter die Restauration übernamen, sondern auch noch der eigene, feine Marmor benutzt würde, käme ihm das natürlich seh gelegen. "Marmor für den Opferstein könnte ich günstig liefern. Für anderen Stein hätte ich Lieferanten, aber das wird dann vermutlich nicht viel billiger werden, als wenn wir gleich den Marmor verwenden, den ich euch zu einem Preis anbieten könnte, mit dem zumindest meine Kosten wären. Mein Vorschlag wäre also, wir bedienen uns einfach an den Materialien, die ich problemlos liefern kann", riet Avianus dem Sergius. Man musste die Sache ja nicht komplizierter gestalten als nötig.
    "Ich würde meinen, da einer meiner Handwerker alles Nötige mit dir besprechen wird, setzt du dich einfach noch einmal mit ihm in Verbindung, sobald der finanzielle Teil geklärt ist und im Anschluss wird mit der Arbeit begonnen. Denn natürlich wäre es mir recht, wenn du beim Beginn der Arbeiten bereits bereitwillige Spender auf deiner Seite hast."

  • Plautus nickte zu den Ausführungen des Iuniers: "Das sieht ja gar nicht übel aus. Ich denke auch, dass ein Gespräch mit einem Deiner Handwerker vor Ort ganz gut wäre. Ich werde ohnedies öfter die Baustelle besuchen. Von mir aus gar kein Problem, denn ich habe ja die meisten Aquädukte am Hals und da passiert auch so Einiges, eh man sich umguckt. Baustellen bin ich also gewohnt."


    "Ach ja, das liebe Geld," Plautus lachte, "das ist eine ganz besondere Baustelle. Ja, ich arbeite daran. Ich sag Dir Bescheid, wenn ich die Kröten beieinander habe."

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