Babyschau

  • Die Augusta hatte absichtlich einen privaten Rahmen gewählt und das Zimmer entsprechend herrichten lassen. So stand nun also der Tisch nah bei den Fenstern, von hier aus hatte man einen schönen Blick über Rom. Da die Sonne heute mal wieder unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel herunter brannte, flimmerte die Luft förmlich über der Stadt.
    Sie hatte also entsprechend auch kühle Getränke bereit stellen lassen. Ganz in der Nähe des Tisches war eine Decke ausgebreitet worden, ein paar Kissen, darüber ein aus Holz gefertigtes Gestell, an welchem bunte Bänder befestigt waren.
    Ja wenn auch noch kinderlos, so wusste sie doch, dass gerade kleine Kinder sich an sich bunten bewegenden Dingen Freude hatten.
    Serena selbst war ob des privaten Termins eher schlich gekleidet, eine einfache leichte Tunika nur an den Rändern war diese mit aufwendigen Stickereien verziert.
    Man hatte ihr gesagt, das die Tiberia eingetroffen war, so erhob sie sich, um ihren Gast entsprechend zu begrüßen.

  • Lucias erster Impuls, als sie von der Augusta eingeladen wurde, war sich herauszuputzen bis zum geht nicht mehr. Dem standen nur zwei Dinge entgegen: Zum einen glaubte Lucia nicht irgendetwas zu besitzen mit dem sie die Augusta beeindrucken konnte, zum anderen hatte sie noch nicht ganz ihre alte Figur zurück und deshalb nicht wirklich eine große Auswahl. Dazu kam noch diese beinahe unerträgliche Hitze bei der jedes Schmuckstück zu viel nur noch eine weitere Quelle für Schweißausbrüche darstellte. Sie trug also eine luftige, hellblaue Tunika, die sie schonmal bei einem Treffen der Factio Veneta anhatte, mit einem buntbestickten Gürtel als Zierde. Sie hatte versucht durch ihre Frisur möglichst jedes Härchen aus dem Nacken zu bekommen, es war einfach zu warm! Seltsamerweise meinten trotzdem alle dass das Baby nicht nackig sein sollte. Lucia hätte es ihrer Süßen nur zu gerne gegönnt, aber jetzt trug sie halt eine goldige, weiße, kleine Tunika über ihrer Windel und schlummerte in den Armen der schwitzenden Amme. Bei den Temperaturen konnte so eine kleine, lebende ‚Wärmflasche‘ den Unterschied zwischen grade noch erträglich und viel zu warm ausmachen, egal wie herzig die ‚Wärmflasche‘ war.


    Sie wurde ins Zimmer der Augusta geführt und wusste nicht wo sie zuerst hinsehen sollte. Licht strömte durch die Fenster und brachte Gläser zum Funkeln. An einem Gestell flatterten bunte Bänder und dann war da natürlich noch die Augusta selbst. Erleichtert stellte Lucia fest, dass sie kaum stärker herausgeschmückt war als die Augusta selbst. Breit lächelnd grüßte Lucia also: „Salve, verehrte Augusta! Vielen Dank für deine Einladung! Ich kann kaum ausdrücken wie sehr ich mich gefreut habe.“ Worte, Worte waren einfach nicht Lucias Stärke, das merkte sie vorallem dann, wenn sie etwas Besonderes ausdrücken wollte.

  • Serana ging der Tiberia entgegen und reichte ihr die Hand zu Begrüßung. „Salve Tiberia, ich freue mich, dich hier begrüßen zu dürfen.“ Sie trat einen Schritt zurück und blickte wohlwollend auf die junge Frau, die zwar immer noch Spuren der Schwangerschaft trug, aber eine schon wieder deutlich bessere Figur hatte. „Wie ich sehe, hast du alles gut überstanden, was mich sehr freut. Und erlaube mir das zu sagen, du siehst wirklich gut aus.“ Ja das sah sie. Junge Mütter hatte ja immer diese besondere Aura. „Und nun möchte ich deine kleine Tochter...“ Serena streckte der Amme die Arme entgegen, damit sie ihr die Kleine gab. „... auch gern begrüßen.“ Serenas Blick wurde ganz weich, als sie das Kind nun auf dem Arm hielt und leise sprach. „Willkommen auf dieser Welt. Die Götter mögen dich beschützen.“ Sie gab der Kleinen einen Kuss auf die Stirn und gab sie dann der Amme wieder. „Wirklich ein wundervolles kleines Mädchen.“ sagte sie dann wieder zu Lucia gewandt. „Wollen wir uns setzen?“ Sie deutete zu dem kleinen Tisch. „Dort...“ sie zeigte auf die Decke und das Gestell mit den bunten Bänder. „.. ist deine Kleine ganz in unserer Nähe.“

  • Lucia glaubte tatsächlich etwas rot zu werden bei dem ehrlich wirkenden Kompliment der Augusta. Erfreulicherweise wandte sich Serena rasch der Amme zu und bekam von ihr ohne Zögern Lucias kleinen Augapfel.


    Das Baby schlief, aber nicht besonders tief. So einfach weiter gereicht zu werden verursachte eine süße kleine Folge von scheinbar ärgerlichen Bewegungen im Gesicht des Mädchens. Den Segen ließ sie noch einigermaßen gnädig über sich ergehen, auch den Kuss nahm sie huld an, dann war ihre Geduld aber erschöpft. Ein paar leise, knorzige Laute waren von dem Kind zu hören, doch die Amme verstand ihr Handwerk. Leise summend beruhigte sie das Kind und brachte es dann zu der für sie vorgesehene Decke.


    Gerührt von dem Segen der Augusta hatte Lucia das kleine Schauspiel beobachtet. Sie hatte noch immer eine Hand an den Lippen, als sich Serena wieder zu ihr herumdrehte. "Gerne", antwortete Lucia auf das sitzen. "Dieses Zimmer ist wundervoll und diese bunten Bänder...!" Sie schüttelte begeistert den Kopf. "Du hast an alles gedacht!" Lucia wusste nicht was sie grade noch sagen sollte. Sie wollte ja auch nicht wie ein naives DIng vom Land klingen, das von allem viel zu leicht beeindruckt werden konnte.

  • Serena lächelte, als sie nun Platz nahm.
    „Nur ein paar Kleinigkeiten, damit wir uns ungestört unterhalten können. Man sagte mir Babys mögen so was.“ Sagte sie warf nochmal einen liebevollen Blick zu der Kleinen, bevor sich sich nun ganz der Mutter widmete.
    Sie schenkte sich und der Tiberia ein Glas Wein ein. „Hier den musst du kosten, den hat meine Sklavin auf ihren Marktbesuchen aufgetan. Er ist so erfrischend, gerade bei dieser Hitze.“ Sie lächelte und prostete der Tiberia zu. „Nun erzähl, war die Geburt lang? Und ich hoffe dein Mann ich über eine gesunde Tochter genau so froh wie du?“ Das Lucia das war, konnte man ja kaum übersehen, aber bei ihrem Mann wäre wohl ein Sohn besser angekommen. Männer waren in dieser Hinsicht ja etwas eigen, sie wollten einen Erben. „Und habt dein Mann nun schon konkretere Pläne? Das letzte Mal als wir uns sahen, hast du mir ja erzählt, dass er nun erst mal etwas kürzer treten möchten.“ Natürlich wusste die Kaiserin ob des Gesuches um Versetzung des Ducciers. Aber es konnte ja sein, dass er seiner Frau noch nichts davon gesagt hatte, solang es noch nicht wirklich feststand. Aber Serena wollte nun schon gern wissen, wohin es diese Frau hier vor ihr in Zukunft verschlagen sollte, denn die Tiberia war ihr nicht unsympathisch.
    Und wenn dies umgekehrt genau so der Fall sein sollte – so hoffte zumindest die Kaiserin – dann hätte sie in Germanien eine Vertraute, die ihr Informationen aus der Provinz aus erster Hand zukommen lassen konnte. Aber so weit war es ja noch nicht, So schob sich die Augusta auch zunächst eine Weintraube in den Mund und schaute Lucia erwartungsvoll an.

  • So langsam musste Lucia aufpassen. Natürlich musste sie von dem Wein kosten, den die Augusta hier anbot und natürlich musste sie einiges trinken, wo die Augusta selbst doch so begeistert davon schien. Aber Lucia war nur allzu bereit das zu tun. Seit sie beinahe neun Monate darauf hatte verzichten müssen, fiel es ihr schwer zu irgendeinem guten Schlückchen nein zu sagen. So langsam bemerkte sie selbst, dass sie es mit dem Genuss vielleicht irgendwann mal auch zu weit treiben konnte. Aber diese Gedanken gehörten nicht hierher! Der Wein war tatsächlich erfrischend und wohlschmeckend, da wollte sie sich den Genuss nun wirklich nicht verderben mit irgendwelchen Ängsten, dass sie eventuell irgendwann, wenn sie nicht aufpasste, als eine Säuferin gelten könnte. Außerdem war er ja verdünnt und sie würde sich hüten mehr als die Augusta selbst zu trinken, also pscht! Lucia ließ den ersten Schluck genüsslich über ihre Zunge rollen. „Ah! Köstlich! Darf ich fragen, woher der Wein kommt?“


    Natürlich war die Frage nach der Geburt keine neue. Zwar war Lucia bei noch nicht all zu vielen Feiern oder sonstigen Treffen gewesen, aber ihre Freundinnen Manlia, Flaminina und Calena hatten sie natürlich genau besucht. Erstere wollte Lucias Erfahrungen unbedingt mit ihren eigenen vergleichen, letztere waren neugierig auf eine weitere Version eines Ereignisses, das doch nur all zu häufig zu einer Horrorgeschichte werden konnte. Zwar doch immer mal wieder mit Happy-End, aber das war ja eben nicht garantiert. Dementsprechend routiniert, konnte lucia auf die Fragen der Augusta eingehen: „Die Geburt war erträglich. Ich möchte mich nicht beschweren, da mir versichert wurde, dass ich es im Vergleich zu anderen noch gut hatte. Mir wurde sogar bescheinigt, dass es beinahe wie die Geburt des zweiten Kindes abgelaufen wäre. Wenn ich das richtig verstanden hab, bedeutet das eine erheblich leichtere und schnellere Geburt als es für das erste Kind üblich wäre. Dennoch habe ich, obwohl die Wehen in der Nacht anfingen, erst am Nachmittag meinen kleinen Schatz auf die Welt gebracht. Aber Parca und Nona waren mir anscheinend gnädig und ich möchte mich nicht beschweren.“ Lucia lächelte schief. Zwar verblasste die Erinnerung immer mehr, aber angenehm war es absolut nicht gewesen! „Levana sei Dank, freut sich Vala tatsächlich über seine Tochter, fast so als ob sie ein Sohn wäre.“, konnte sie dann noch glücklicherweise bestätigen. Sie hatte ja nicht mitbekommen, wie lange Vala um das Kind herumgeschlichen war, ehe er es aufhob und jetzt himmelte er die Kleine ja genauso an, wie Lucia es tat.


    Als die Sprache auf die Pläne ihres Mannes kam, konnte Lucia nicht anders als das Gesicht zu verziehen. Jahre der Übung in der Kontrolle ihrer Gefühle hatten keine Chance gegen die große Abneigung die Lucia gegen ihre bevorstehende Zukunft empfand. Sie bemühte sich ihre Reaktion hinter dem Weinglas zu verstecken und brachte ihr Minenspiel wieder unter Kontrolle. „Er hat konkrete Pläne, ja. Aber es ist noch nichts sicher und vielleicht kommt es ja ganz anders.“ Gegen Ende klang Lucia hoffnungsvoll. „Aber er scheint Legatus Augusti Pro Praetore werden zu wollen.“ Sie konnte einfach nicht aussprechen, wohin es Vala offensichtlich zog. Das würde es viel zu wirklich machen! Vielleicht kam es ja tatsächlich noch ganz anders und Lucia würde, wenn sie schon aus ihrem geliebten Rom wegmüsste, zumindest nicht in den kalten, stinkigen Norden müssen.

  • Die Augusta lächelte. „Natürlich darfst du. Nun nach Aussagen meines Sklavin handelt es sich um Caecuber-Wein. Dieser Senator, den du ja auch kennst Annaeus Modestus verkauft ihn wohl. Er ist anders findest du nicht auch?“
    Dann lauschte sie den Erzählungen über die Geburt. „Nun ich freue mich für dich, dass die Geburt relativ einfach war. Und du hast da wirklich ein entzückendes Mädchen bekommen. Dein Mann wäre auch töricht, wenn er die Kleine nicht lieben würde.“ Sagte Serena mit einem sanften Lächeln aber ihr Tonfall ließ keinen Zweifel, dass sie das ernst meinte.
    „Nun, ich weiß von den Plänen deines Mannes. Und ich finde es verständlich, dass er meinen Mann gebeten hat in seine Heimat zurück zukehren.“ fing sie nun also an. „Ich kann mir denken, dass du nicht davon begeistert bis?“ Ja diese rhetorischen Fragen immer. „Nun aber uns Frauen bleib wohl nichts anderes übrig als unseren Männer zu folgen.“ Damit stellte sie wohl klar, dass sie von Lucia nichts anderes erwartete, als dass sie ihrem Mann natürlich begleiten würde.
    „Nun so ein Umzug auf Zeit kann ja auch spannend sein, findest du nicht auch? Ich muss gestehen, dass ich nur wenig über Germanien weiß.“ Sagte Serena, bevor sie einen Schluck Wein nahm und Lucia eingehend ansah. „Nun du warst auf der Hochzeit recht offen und ehrlich zu mir, dass hat mir imponiert. Und ich würde begrüßen, wenn wir diese Offenheit in Zukunft auch beibehalten könnten. Was meinst du? Wäre es möglich, dass du mich an deinen Erfahrungen, die du sicherlich machen wirst dort oben im Norden, teilhaben lässt?“ Ja das war doch eine recht nette Umschreibung dafür, das die Auguste Lucia als Informationsquelle wollte. Und um der Tiberia die Entscheidungsfindung zu erleichtern setzte die Kaiserin noch eins drauf. „Ich würde dich soweit es geht unterstützen und um dir diese Unterstützung auch im vollem Umfang gewähren zu können, würde ich dir gern anbieten, das ich deine Patronin werde.“
    Nun ruhte der Blick der Augusta erwartungsvoll. auf der Tiberia.

  • Der Wein war von Valas Verbündetem hier in Rom? Der Mann, der jetzt eine Duccia geheiratet hatte? Lucia nickte anerkennend und machte sich eine gedankliche Notiz, dass sie ein paar Flaschen dieses Weines selbst erwerben wollte. „Er ist viel leichter, als ich es gewohnt bin und irgendwie… ich finde kein anderes Wort: frisch.“, bestätigte Lucia. „Genau das richtige für einen heißen Sommertag wie heute.“


    Während die beiden Frauen über die kleine Duccia sprachen, verachtete die jede für sie getroffenen Vorbereitungen und schlief selig. Die Fingerchen waren zu lockeren Fäusten geschlossenen und ruhten rechts und links neben dem Kopf des Kindes, der leicht zur Seite geneigt war. Die Amme hatte es zu ihrer Aufgabe gemacht ihrem Schützling frische Luft zuzufächeln, welche die so sträflich ignorierten, bunten Bänder sanft bewegte. Wenn Lucia ihren Engel so ansah vergas sie endgültig, dass sie sich nicht beschweren sollte, obwohl sie es eigentlich wollte. Es war die Sache wert gewesen.


    Die Augusta wusste um Valas Pläne? Sie bekam für diese Offenbarung einen forschenden Blick von Lucia. Hatte die Frau sie nur testen wollen, ob sie von ihrem Mann eingeweiht wurde? Na, ein Glück, hatte sich Lucia so vage ausgedrückt und scheinbar doch den Eindruck erweckt, dass Vala ihr irgendwas von seinen Plänen freiwillig erzählte. In seine Heimat zurückkehren… so konnte man es auch ausdrücken und nein, natürlich war sie nicht begeistert, das konnte man an den kurz nach unten gehenden Mundwinkeln leicht ablesen. Die Kaiserin hatte gut reden, sie war ihrem Mann schließlich hierher gefolgt, aber als echte Römerin konnte Lucia ihr natürlich nicht widersprechen. Sie hielt sich grade noch so davon ab zu seufzen, aber ihr Brustkorb hob und senkte sich merklich, nur der Ton fehlte. Die Augusta wollte lUcia offensichlich trösten, dass dieser Weg nun vor ihr lag und Lucia nahm die Worte mit einem dankbaren Lächeln an. Je weiter Serena jedoch sprach umso ungläubiger wurde Lucias Lächeln. Sie sollte der Kaiserin berichten?! Das war eine unglaubliche Macht, die ihr hier in den Schoß gelegt wurde! Wenn nur genug Leute davon mitbekamen, würde ihr Aufenthalt dort… Die Augusta wollte was?! Lucia blinzelte wie die Kuh auf der Weide. Patronin. Die Augusta wollte Lucias Patronin werden. Lucia würde Klientin der mächtigsten Frau im Reich? Sie öffnete und schloss ihren Mund wie ein Fisch. Lucia schien bestrebt die komplette Fauna nachzuahmen. Sie räusperte sich und brachte endlich Worte über ihre Lippen: „Es wäre mir eine Ehre! Ich weiß garnicht was ich sagen soll! Natürlich werde ich dir gerne berichten… und nie hätte ich gewagt daran zu denken… Es wäre mir eine große Ehre!“ Noch immer wirkte Lucia, als hätte sie es noch nicht ganz begriffen. „Danke!“, das Wort kam aus tiefstem Herzen.

  • Serean klatschte innerlich Beifall, äußerlich jedoch nahm sie die Zustimmung der Tiberia mit einem Nicken und Lächeln hin. Ja die Augusta mochte es wenn ein Plan funktionierte. Zwar war sie erst alles andere als begeistert gewesen, als sie mitbekommen hatte, dass der Duccier plan seine Frau nach Germanien zu "verschleppen". Schließlich hatte eben die seit der Begegnung auf der Hochzeit den Respekt der Augusta sicher, denn nicht jeder hätte sich wohl ihr gegenüber so offen geäußert. Dass hatte Serena wirklich imponiert.
    Seit sie nun wusste, das die Tiberia nach Germanien sollte, war ihr der Gedanke gekommen, dass es doch durchaus sehr nützlich sein konnte dort oben jemanden zu haben, dem man vertrauen konnte, der einem vielleicht auch von Dingen berichten konnte, die nicht in den offiziellen Berichten standen. Eben diese Dinge, die man Rom gern verheimlichen würde. Um so mehr sie darüber nachgedacht hatte, um so mehr gefiel ihr ihr eigener Plan, den sie nun schließlich heute in die tat umgesetzt hatte.
    Und das Patronat war ja nur noch das berühmte Tüpfelchen auf dem „i“ den so konnte Serena wohl auch sicherstellen, dass sich die junge Frau ihr gegenüber auch wirklich verpflichtet fühlte. Und schließlich würde Lucia ja auch davon profitieren. Als war es doch genau das was man später einmal einen „Win-Win-Situation“ nennen würde.
    Sie hob ihr Glas und stieß mit der Tiberia an „Auf eine gute Zusammenarbeit und solltest du meine Hilfe benötigen, so zögere nicht es mich wissen zu lassen.“
    Serena stellte ihr Glas wieder auf den Tisch. „Was weißt du eigentlich über Germanien? Hat dein Mann dir schon etwas von seiner Heimat erzählt? Ich weiß nicht viel mehr, als das die Winter dort kalt sein sollen und ein Großteil der Bevölkerung – nun ja Barbaren sein sollen. Die Familie deine Mannes ist ja – den Göttern sei dank – schon sehr angepasst. Oder?“ Ja sie fing auch so gleich mal damit an abzuklopfen, was den Wissensstand ihrer Klientin anging, so konnte sie Lucia auch ein Bild machen, was die Kaiserin gern wissen wollte und das war unter anderem halt auch, ob man sich auf die Lokalität der Duccier verlassen konnte. Sie war gespannt in wie weit die Tiberia dazu jetzt schon was sagen konnte.

  • Natürlich griff Lucia ebenfalls nach ihrem Glas, als die Augusta ihres erhob. Passierte das grade wirklich? Die Gläser trafen sich mit einem hellen ‚Pling‘. Sie war die Klientin der Augusta! Während der frische Wein über Lucias Zunge rollte, begann so langsam das Verstehen der Situation. „Du hast mir schon sehr geholfen!“, bekannte Lucia frei heraus. „Du hast mir für meine Zeit dort im Norden eine Aufgabe gegeben. Das ist mehr…“ Lucia brach verlegen ab. „Das bedeutet mir sehr viel.“ Nichts war schlimmer als keinen Sinn in etwas zu sehen. Jetzt konnte Lucia nicht nur die Hoffnung haben irgendwann nach Rom zurückzukehren, nein, sie würde steten Kontakt zu ihrer Heimat haben. Sie würde der mächtigsten Frau des Landes dienlich sein können. Und keinesfalls wollte sie die subtile Macht vergessen, welche die Augusta ihr hier in die Hand gelegt hatte. Sie hatte endlich ein Druckmittel auf ihrer Seite. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie von sich aus, für sich selbst und nur durch ihre eigene Entscheidung ein Druckmittel gegen andere. Es mochte für manche als nicht all zu viel erscheinen, doch Lucia war sich sicher, dass es ihr Leben in Germanien grundlegend veränderte. Sie war Klientin der Augusta!


    „Die hier in Rom lebenden Familienmitglieder sind es eindeutig.“, bestätigte Lucia die Angepasstheit der Duccier. „Nun habe ich die Verwandten in Germanien natürlich noch nicht kennengelernt, aber ich erwarte kaum weniger von ihnen. Der Tiro meines Mannes, Duccius Callistus, ist erst vor kurzem nach Rom gekommen und irgendwo muss er es ja herhaben.“ Lucia konnte es sich tatsächlich nicht anders vorstellen. Natürlich hatten sie diese komischen Spitznamen, mit denen sie sich anredeten und konnten auch noch ihre alte Sprache, aber das war noch verzeihbar. Auch wollte sie die Familie ihres Mannes nicht gleich im ersten Gespräch mit der Augusta verunglimpfen. „Ich habe mich schon eingehender mit ihren Göttern befasst.“ Zumindest hatte sie schon ein Gespräch mit Callistus darüber gehabt, wenigstens etwas. „Sie scheinen recht ähnlich zu unseren zu sein. Beinahe wie die griechischen und römischen Götter. So war Donar Zeus ähnlich und eine gewisse Freya schien Venus zu entsprechen.“ Mehr wollten Lucia grade nicht einfallen, aber das genügte hoffentlich als Beispiele. „Ich kenne außerdem einige Städte“ genaugenommen zwei… „Und habe natürlich die üblichen Gerüchte gehört. Die Menschen des Nordens sollen im Durchschnitt ja auch größer sein, als wir Römer.“, gab sie dann noch ihr Halbwissen zum Besten. Zumindest an ihrem Mann konnte sie dieses Gerücht bestätigt finden.

  • Serena nickte wohlwollend. Wiedereinmal bestätigte sich schon der Eindruck, den sie auf der Hochzeit gewinnen konnte. Lucia hätte das ganze hier problemlos nutzen können um ihr irgendwas zu erzählen, aber sie sagte nur das was sie selbst wusste oder gehört hatte. Ja die Augusta schätze genau das an der Tiberia. „Nun dann wird es wohl nicht so schwer, dass du dich dort eingewöhnst und ich zweifle auch nicht daran, dass du der Familie deines Mannes den letzten römischen Schliff verpasst.“ Serena zwinkerte ihrer Klientin zu. „Ich denke, dass du mir schon bald mehr aus Germanien berichten kannst. Das mit den Götter finde ich interessant. Viellicht, also wenn unsere Götter sich so ähnlich sind.. nun vielleicht sind wir uns dann ja ähnlicher als wir denken. Was meinst du?“ Ja die Kaiserin dachte gerade laut. Es konnte ja wirklich sein, denn wenn man doch fast an das Selbe glaubte, warum sollte man sich dann in anderen Dingen nicht auch gleich sein. Immerhin bewiesen die Germanen die hier in Rom lebten ja durchaus,m dass ein Zusammenleben möglich war. Aber egal wie loyal sie waren, so war Serana doch froh, dass mit der Tiberia eine wirkliche Römerin da sein würde, denn auf deren Loyalität würde sie sich mehr verlassen, als auf die eines angepassten Germanen. Denen konnte man nicht immer trauen, dass hatte die Geschichte bewiesen.


    „Ich hoffe, dass es mir bald möglich sein wird, dich in deiner neuen Heimat zu besuchen. Bis dahin hoffe ich dann auf regelmäßige Berichte von dir, damit ich mir ein Bild von dieser Gegend des römischen Reiches machen kann.“ Natürlich könnte sie Berichte lesen oder die Schriftstücke der Vergangenheit. Aber was waren schon solche Schreiben, vor allem wenn man eine viel bessere direktere Quelle hatte.

  • Dass die Germanen nur aufgrund ihrer Götter eine größere Ähnlichkeit mit den Römern haben sollten, bezweifelte Lucia doch stark. Doch so extrem wollte sie das jetzt keinesfalls formulieren, immerhin war es die Augusta, die diese Theorie hervorgebracht hatte. Normalerweise würde Lucia in so einer Situation einfach schweigen… aber das ging hier eindeutig nicht. Die Augusta erwartete eine Antwort. „Danke, ich werde mein Bestes tun.“, ging sie daher erstmal mit einem schiefen Lächeln auf die vorherigen Worte ein, um sich ein wenig Zeit zum Denken zu verschaffen. Doch so wirklich wollte ihr keine diplomatische Ablehnung einfallen. Da blieb ihr wohl kaum etwas anderes übrig: „Ich hoffe es. Manche der Gerüchte sind doch sehr angsteinflößend. Da ist dieser Gedanke tröstlich.“ Sie hoffte trotzdem im Norden einige ehrliche Römer und Römerinnen zu treffen, an die sie sich halten konnte. Da wäre sie doch auf der Sicheren Seite. Wahrscheinlich waren die Eltern von Callistus auch annehmbar, immerhin hatten sie einen sympathischen Sohn erzogen, sie würde sich einfach darauf einlassen und abwarten müssen.


    Nun kündigte die Kaiserin quasi einen Besuch an, zwar mit keinem festen Termin, aber auf absehbare Zeit. Das heiterte Lucia extrem auf. Wenn sogar irgendwann die Kaiserin dorthin reisen wollte, konnte es so schlimm nicht sein, oder? Und wenn sie kam, würde Lucia alles daran setzen so viel Zeit wie nur irgend möglich mit ihr zu verbringen! Denn wer war denn bitte römischer als die Augusta? Das war noch ein Punkt auf den sich Lucia freuen konnte. Die Kaiserin machte ihr den Abschied aus Rom zwar nicht leicht, aber sie machte ihn innerhalb weniger Minuten einigermaßen erträglich. Lucia lächelte dankbar. „Es wird mir eine Ehre sein dich dort willkommen zu heißen!“
    Nach kurzem Überlegen hatte Lucia aber noch eine Frage zu den von der Augusta verlangten berichten. „Hast du irgendwelche besonderen Interessen, was Germanien anbelangt? Soll ich mir irgendetwas im speziellen genauer ansehen?“ Es könnte ja sein, dass sie vollkommen unterschiedliche Dinge als wichtig empfanden.

  • Serena nickte und freute sich jetzt schon auf den Besuch im Norden.
    „Nun weißt du ich bin vor allem an jenen Dingen interessiert, die nicht in den offiziellen Berichten stehen. Da werden die Sachen doch gern besser dargestellt, als sie wirklich sind.
    Was mich natürlich in erster Linie interessiert, dass wirst du sicher verstehen, ist wie loyal die dort oben meinem Mann gegenüber sind. Mein Mann hat sich das große Ziel gesetzt das reich wieder zu einen, den Riss den der Bürgerkrieg hinterlassen hat zu schließen. Und mein Mann hat da meine volle Unterstützung. Nun und da interessiert es mich natürlich, ob und welche Strömungen es dort gibt. Sollte es jemanden geben, der alte Dinge nicht ruhen lassen kann und diese Versöhnung nicht wollen, so wird man wohl schauen müssen was zu tun ist. Ich erwarte also von dir, dass du mir schreibst, sobald du so was bemerken solltest. Und natürlich auch sonst alles von Interesse, aber da vertraue ich ganz auf deine Intuiotion, du wirst schon wissen was Frauen von unserem Stand so interessiert.“
    bei den letzten Worten zwinkerte sie Lucia zu.

  • Lucia hörte aufmerksam zu und nickte gelegentlich. Sie hatte das volle Ausmaß der Teilung des Reiches verdrängt. Für sie hatte es nur einen Gewinner gegeben, dank dem ihre Familia aus der Verbannung zurück konnte und der sich gegenüber der verlierenden Seite mehr als großzügig gezeigt hatte. Das war jetzt natürlich schon wieder Vergangenheit und es war schön zu hören, dass der neue Kaiser die alten Wunden endgültig heilen wollte. „Ich verstehe.“, antwortete Lucia auf den letzten Satz der Augusta mit einem leicht anzüglichen Grinsen. Aber natürlich war sie sich im Klaren, dass es hier nicht um den üblichen Klatsch und Tratsch ging. „Ich bin mir sicher, ich werde einiges zu berichten haben. Wenn sich nicht zumindest die Hälfte der Gerüchte um die Andersartigkeit des Landes dort im Norden bestätigen, bin ich enttäuscht.“, verkündete Lucia grinsend. Erwachte da etwa tatsächlich so etwas wie Abenteuerlust in ihr? Oder überkam es sie grad einfach nur mit Tatendrang, weil sie der Augusta so gerne gefallen wollte? Sie wusste es selbst nicht so genau.


    Im Hintergrund war offensichtlich die kleine Prinzessin aus ihrem Schönheitsschlaf erwacht. Man konnte leises gluckern und knörzen vernehmen und die Amme wirkte mit einem Mal um einiges weniger entspannt. Noch schien sich die Kleine nicht dafür entschieden zu haben ein großes Geschrei anzuzetteln, aber in den Augen der verantwortlichen Frau konnte es jeden Moment losgehen. Rasch nahm sie das Kind auf den Arm und versuchte es durch wiegende Bewegungen zu beruhigen.


    Lucia beobachtete kurz mit verliebten Blick ihre Kleine, da kam ihr etwas: „Oh, du musst mich ja für schrecklich unhöflich halten! Ich hab mich noch garnicht für die entzückende Wiege bedankt, die du mir gesandt hast!“ Tatsächlich ein wenig von sich selbst enttäuscht schlug Lucia eine Hand vor den Mund.

  • Nach dem nun alles geklärt war, lehnte sie Serena entspannt zurück und winkte ab. „Keine Sorge. Ich kann mir schon denken, dass so ein Kind dein bisheriges Leben schon irgendwie auf den Kopf stellt. Ich hoffe, dass ich dir und deiner Tochter mit meinem Geschenk eine kleine Freude machen konnte.“ Ein sanftes Lächeln umspielte den Mund der Kaiserin.
    Die Kleine wurde immer unruhiger und läutete damit dann wohl auch das Ende dieses nachmittags ein. „Deine Kleine verlangt wohl nach ihrem recht. Ich denke wir haben soweit alles geklärt und ich möchte auch nicht, das dein Kind zu kurz kommt. Wir werden uns vor deiner Abreise bestimmt nochmal sehen, spätestens jedoch bei der Entsendung deines Mannes.“ Ja das würde sich die Kaiserin nicht entgehen lassen, die Tiberia noch mal vor ihrer Abreise persönlich zu verabschieden. Die Augusta erhob sich und läutete damit wohl dann auch das Ende des Besuches ein.

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