Besprechung mit dem Procurator a libellis

  • Silanus erster offizieller Termin beim Kaiser in seiner neuen Funktion als Procurator stand auf der Agenda. Noch aus seiner Amtszeit als ab epistulis wusste er, dass regelmäßige Besprechungen und ein reger Austausch zwischen dem Kaiser und seinen Procuratoren fast an jeder Tagesordnung standen. Auch dieser Kaiser handhabte es vermutlich nicht anders als seine Vorgänger. In solchen Besprechungen wurde er schließlich über die neusten Ereignisse und Anfragen aus Rom und dem Reich informiert und hatte die Möglichkeit seinerseits wiederum Weisungen zu erteilen, die im Anschluss binnen kürzester Zeit von den Procuratoren in alle Ecken und Winkel des Reiches ausgegeben wurden.


    Nachdem man Silanus darüber informiert hatte, dass der Kaiser seinen Arbeitstag im Officium Imperatoris begonnen hatte und bereit für die ersten Termine war, machte er sich auf den Weg in den Domus Flaviana. Noch kurz seine Toga zurechtgerückt, klopft er an die schwere und reichverzierte Doppelflügeltüre des kaiserlichen Officiums und trat schließlich ein. Seinen Stapel Unterlagen hatte er dabei fest unter seiner Achsel eingeklemmt und war darauf bedacht nichts davon zu verlieren.


    "Guten Morgen Princeps. Ich hoffe du hattest eine angenehme und erholsame Nachtruhe."


    begann Silanus das Gespräch gleich beim Eintreten, um sich zuallererst nach dem Wohlbefinden des Kaisers zu erkundigen. Seinem Verständnis nach gehörte auch dies zur Aufgabe eines guten obersten Privatsekretärs, schließlich richtete sich danach der Audienzverkehr und das Hofprotokoll des restlichen Tages. Er trat dabei die restlichen Schritte bis an Schreibtisch näher und wartete dann ab, ob der Kaiser ihm anbot sich zu setzen.

  • Jeder Mensch hat so seine Gewohnheiten, die er nicht ablegen möchte, damit sein Tag sich "rund" anfühlt. Cornelius Palma hatte natürlich ebenfalls solche Gewohnheiten, die er sich im Laufe der Jahre zugelegt hatte. Dazu zählten etwas Gymnastik und ein paar Schwimmzüge in einem kalten Becken gleich nach dem Aufstehen. Danach fühlte er sich erfrischt und die altersbedingten Leiden wurden zumindest großteils gelindert. Zum Frühstück noch typisch römisch einen Kanten Brot und etwas Käse und schon konnte der Tag beginnen.


    "Guten Morgen Procurator. Danke, es geht. Setz dich. Konntest du dich schon etwas einarbeiten und dir einen ersten Überblick verschaffen?"


    Angesichts der mitgebrachten Akten schien der Procurator schon ein wenig Zeit in seinem Officium verbracht zu haben.

  • Die Antwort des Kaisers auf Silanus Nachfrage war eher zurückhaltend und ließ nicht wirklich darauf schließen, wie es dem bedeutendsten Mann im Reich heute ging. Silanus konnte sich an seinem ersten Tag auch nicht zu viel Vertrautheit erwarten. Sowohl das Vertrauen zwischen dem Kaiser und seinem Protokollleiter, als auch Silanus Blick und Feingefühl für den Gesundheits- und Gemütszustand des Kaisers musste erst im Laufe der Zeit wachsen. Der Procurator nahm das Angebot sich setzen zu dürfen dankend an und nahm auf einem der Stühle, die vor dem Schreibtisch standen Platz. Seine mitgebrachten Unterlagen legte er dabei selbstverständlich nicht am Schreibtisch des Kaisers ab, sondern platzierte sie auf seinem Schoß.


    "Ich wurde heute Morgen von meinen Primicerii vorerst über das Wichtigste informiert und habe mich auch in einige offene Angelegenheiten eingelesen. Ich habe auch drei Schreiben des Consuls mitgebracht, die ich auf meinem Tisch vorgefunden habe. Womit möchtest du beginnen?"

  • Auch wenn Cornelius Palma sehr interessiert in die von seinem Procurator angesprochenen offenen Angelegenheiten war, ein Schreiben eines Consuls war in der Tagesordnung nicht nach hinten zu setzen, erst recht nicht, wenn der Consul drei Schriftstücke gesendet hatte. Das konnte man nur machen, wenn einem der Consul persönlich oder politisch sehr unsympathisch war, doch davon waren beide derzeit amtierenden Consuln weit entfernt. Den Absender musste der Kaiser jedoch trotzdem raten.


    "Consul Decimus meinst du? Drei Schreiben gleich hat der Consul geschrieben? Aber nicht alle handeln vom demselben Thema, oder?"


    Womit er indirekt die Frage beantwortet hatte, mit welcher Agenda die heutige Besprechung beginnen solle.

  • "Nein" schmunzelte Silanus. So schlimm war es nun auch wieder nicht um die Administratio bestellt, als das ein amtierender Consul mehrmals Nachrichten schicken musste, um endlich eine Antwort zu erhalten. Auch wenn das eine oder andere gewiss Restrukturierungsbedürftig war, so waren diese Schreiben alle in den letzten Tagen erst eingegangen. Der Iunier zog die Wachstafeln hervor und ging sie der Reihe nach durch, um die Themen vorab kurz für den Kaiser zusammenzufassen.


    "Sie sind von Consul Decimus. Es handelt sich um einen Anfrage bezüglich eines großen öffentlichen Opfers, das er anscheinend bereits mit dir besprochen hat, dann noch ein Terminvorschlag für die kommenden Wahlen des Cursus Honorum und die bitte um eine private Audienz."


    Danach legte er die erste Wachstafel wieder oben auf, um das erste Thema zu vertiefen. Das Schreiben gab inhaltlich nicht viel her, bis auf den Hinweis, das dieses Thema wohl schon näher mit dem Kaiser erörtert worden war, doch hatte Silanus selbstverständlich die Kandidatur seines Patrons verfolgt und war daher ein wenig über dieses Vorhaben informiert.


    "Er hat es in seinem Schreiben nicht weiter vertieft, aber ich gehe davon aus, dass hier jenes Opfer gemeint ist, von dem er bereits bei seiner Kandidatur gesprochen hat. Wenn ich mich richtig erinnere soll es dazu dienen den Göttern die Einigkeit des römischen Volkes und der Wiederherstellung des umfassenden Friedens aufzuzeigen. Für das Opfer schlägt der Consul einen Termin Anfang Februarius vor, möchte sich aber mit der genauen Festlegung eines Tages nach dir richten."


    Zeitgleich zog der Procurator ein großes Stück Pergament hervor, auf dem fein säuberlich die Termine des Kaisers vermerkt waren, und ließ seinen Blick über die tabellarisch angeordnete Auflistung schweifen.


    "Die ersten Tage im Februar sind bereits ziemlich mit Terminen und Audienzen verplant. Ich würde den zweiten, oder noch besser den fünften Tag des Monats vorschlagen, da man die Opfer gleich mit einem Festtag verbinden könnte. Beim ersteren feiern wir das Fest zu Ehren Iunos, wobei wir hier Termine verschieben müssten. Beim fünften Tag handelt sich um den Festtag zu Ehren Concordias. Ein Opfer an die Göttin der Eintracht scheint mir bei diesem Vorhabend passender."


    Danach sah er wieder auf.


    "Welchen Termin soll ich ihm bestätigen?"

  • Er tauchte seine Hand in eine kleine Schüssel mit Rosenwasser und verrieb danach die Flüssigkeit auf seinen beiden Händen, während er seinem Procurator zuhörte. Cornelius Palma brauchte nicht lange, um sich an eben jenes Gespräch zu erinnern, das er mit dem damals noch designierten Konsul führte.


    "Richtig, wir haben über dieses Opfer gesprochen. So schnell verrinnt also die Zeit."


    Er konnte einen kleinen Blick auf das Pergament mit seinen Terminen werfen. Er hatte natürlich gewusst, dass sein Leben mit Besteigung des Thrones ordentlich umgekrempelt wurde, doch hatte er das Ausmaß ein wenig unterschätzt.


    "In dem Fall bestätige ihm den Tag mit dem Festtag der Concordia. Ich nehme an, dass er uns sicher noch den genauen Ablauf bekanntgeben wird."


    Wovon wohl auszugehen war. Bei solch offiziellen Anlässen wurde so gut wie nichts dem Zufall überlassen.

  • "Da wird er nicht drum herum kommen. Schließlich ist auf das Protokoll zu achten."


    Zu Silanus Aufgaben gehörte es auch bei solchen Anlässen das Protokoll festzulegen und dessen Einhaltung zu gewährleisten. Angefangen davon wie der Kaiser überhaupt zum Ort der Veranstaltung und nach dessen Ende wieder zurück in den Palast gelangte, über die Frage wo er saß, wie lange er überhaupt anwesend war und wer sich in diesem Zeitraum in seiner Nähe aufhalten durfte, bis zur Planung der Sicherheitsmaßnahmen und deren Koordination mit den Prätorianergarden. Als Kaiser des römischen Reichs und damit mächtigster Mann der Welt spazierte man nicht einfach so durch Rom und besuchte ein öffentliches Opfer. Auch wenn so mancher Kaiser im Laufe der Geschichte seinen eigenen Weg gefunden hatte, sich heimlich unter das Volk zu mischen. Aber offiziell war dies undenkbar. Es war eine logistische Herausforderung und benötigte dementsprechende Planungen und Vorbereitungen, die zum Aufgabenbereich des Procurators a libellis gehörten. Daher lag es auch nicht alleine bei Decimus Livianus den Ablauf dieser Veranstaltung zu bestimmen, Patron hin oder her.


    "Ich werde Consul Decimus den Termin bestätigen, mit ihm alles Notwendige abstimmen und dich dann über die Ergebnisse in Kenntnis setzen."


    Damit war dieses Thema wohl abgehackt und Silanus ließ die Wachstafel unter dem Stapel auf seinem Schoß verschwinden. Die nächste Tabula des Consuls kam zum Vorschein.


    "Als nächstes wären da die Terminvorschläge für die kommenden Wahlen. Der Consul schlägt als Wahltermin den ANTE DIEM XIV KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (16.2.2014/111 n.Chr.) und den ANTE DIEM XIII KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (17.2.2014/111 n.Chr.) vor."


    Sicherheitshalber hatte sich der Iunier vor seinem Termin beim Kaiser noch einmal über die gesetzlichen Vorgaben der Wahltermine informieren lassen. Da er selbst nicht den Weg des senatorischen Cursus Honorum eingeschlagen hatte, waren sie ihm davor nicht im Detail geläufig gewesen und so wollte er es vermeiden sich vor dem Kaiser, der als zweifacher Consular bestimmt bestens über die Gesetzeslage im Cursus Honorum bescheid wusste, eine Blöße zu geben.


    "Die Bekanntgabe 4 Wochen vor Beginn der Wahlen würde damit den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Als Ernennungstermin für die neuen Magistraten schlägt der Consul den ANTE DIEM VII KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (23.2.2014/111 n.Chr.) oder den KAL MAR DCCCLXIV A.U.C. (1.3.2014/111 n.Chr.) vor. Bei Letzteren hätten wir wohl die Möglichkeit den Beginn der Magistratur mit dem ersten Tag des Monats zu verbinden."


    Zumindest interpretierte Silanus den zweiten Terminvorschlag des Consuls in diese Richtung. Die Entscheidung lag jedoch nun beim Kaiser, der dies als nunmehr Censor und davor jahrzehntelanges Mitglied des Senats wesentlich besser einzuschätzen wusste als der Eques.

  • Mit der Bestätigung war das erste Thema auch zur Zufriedenheit von Cornelius Palma behandelt, so dass er sich dem nächsten widmen konnte. Bei der Bestätigung der Wahltermine handelte es sich jedoch vor allem um eine Formalität, bei der seine Einflussmöglichkeit gering war und bei der es auch wenig Interessen gab, für die er sich einsetzen konnte. Dass die gesetzlichen Fristen der Ankündigung eingehalten werden sollten empfahl sich schließlich von selbst.


    "Ich habe keine Einwände gegen diese Termine. Sie liegen etwas spät im Wahljahr, aber das lässt sich nun einmal nicht mehr ändern. Er kann sie schlecht zurückziehen und früher mit anderen Terminen wiederkommen. Umso wichtiger ist es, dass sie nun zügig veröffentlicht werdern."


    Nachdem er das gesagt hatte, machte sich Cornelius Palma auf seiner persönlichen Notitztafel auf dem Schreibtisch einen Vermerk, dass er in naher Zukunft darüber nachdenken sollte, ob er eigene Favoriten für eine Kandidatur ermuntern sollte.

  • Silanus nickte und machte sich ebenfalls eine entsprechende Notiz gleich direkt auf der Tabula des Consuls, dass der Kaiser die Termine bestätigt hatte. Im Anschluss verschwand diese Wachstafel ebenfalls wie die Vorhergehende unter dem Stapel und die Nächste kam zum Vorschein.


    "Zu guter Letzt ersucht der Consul um eine private Audienz, um mit dir über die Zukunft seines Sohnes Serpaio zu sprechen. Soll ich dem Gesuch entsprechen und einen freien Termin für die Audienz vergeben?"


    Vorausschauend auf die vermutlich positive Antwort des Kaisers nahm der Procurator wieder den Terminkalender zur Hand.

  • Gespräche mit Beamten und Amtsträgern des Cursus Honorum waren etwas selbstverständliches, auch private Audienzen, um die eigene Zukunft oder die der Verwandten zu erörtern. Daher war der Wunsch des Consuls an sich nichts ungewöhnliches. Doch leider erinnerte sich Cornelius Palma nur zu gut an das unerfreuliche Gespräch mit dem besagten Sohn.


    "Ja, aber räume dem Termin nicht mehr als eine Stunde ein."


    Er hoffte es zwar nicht, aber wenn die Audienz unerfreulich werden sollte, gab es zumindest eine zeitliche Beschränkung.

  • Das vorgegebene Zeitlimit machte es Silanus einfacher einen freien Termin in den nächsten Tagen zu finden. Er nickte daher und machte sich eine entsprechende Notiz in den Terminkalender.


    "Wie du wünscht Augustus. In 2 Tagen ist ein Termin möglich. Ich werde dem Decimer eine dementsprechende Einladung zukommen lassen. Damit hätten wir die Schreiben des Consuls durch."


    Danach ließ er auch diese Tabula unter dem Stapel verschwinden. Damit waren die Schreiben des Consuls erledigt und die beiden Männer konnten sich anderen Themen widmen. Eine neue Tabula kam zum Vorschein, auf der sich der Iunier bereits vor Beginn der Besprechung einige Notizen gemacht hatte. Gleich der erste Punkt auf dieser Liste war eine sehr persönliche Frage an den Augustus, die Silanus bereits vor Beginn dieser Besprechung ein wenig Unwohlsein bereitet hatte. Die Bediensteten des kaiserlichen Haushalts, allen voran dessen Vorsteher der Maiordomus, fragten sich schon seit längerer Zeit, wann mit der Ankunft der Augusta in Rom zu rechnen war. Es wurde zwar viel gemunkelt, aber keiner im Palast genau wusste, wie es nun um den Kaiser und seine Frau stand, von der man seit der Rückeroberung Roms nichts offizielles gehört hatte. Da sich bisher aber alle davor gescheut hatten den Kaiser diese Frage selbst zu stellen, hatten sie nun den offiziellen Weg über eine Anfrage im Büro des Procurator a libellis genommen, die eine Genehmigung für Renovierungsarbeiten im Domus Augustana betrafen und nun hatte Silanus diese Frage am Hals. Er räusperte sich daher und überlegte noch einmal die Formulierung der Fragestellung, ehe er weitersprach.


    "Der Maiordomus des Domus Augustana möchte einige Räume der kaiserlichen Gemächer neu ausmalen lassen. Vor allem die Räume der Augusta wären renovierungsbedürftig. Allerdings würden diese einige Wochen in Anspruch nehmen und so wollte man vorher klären, ob in der nächsten Zeit mit der Ankunft der Augusta in Rom zu rechnen ist."

  • Jetzt, wo der Procurator das Fernbleiben seiner Frau ansprach, bemerkte Cornelius Palma erst, wie sehr es ihn verwunderte, dass der Iunius der erste war, der dies tat. Ob die Herrschaft des Vescularius Salinator solche Furcht in die Beamten gesät hatte?


    "Meine Frau wird vermutlich nicht vor dem Frühjahr hier eintreffen. Es ist Winter, und bekanntlich sind Seereisen in dieser Jahreszeit sehr gefährlich. Der Maiordomus sollte also genug Zeit haben, die Gemächer ordentlich herzurichten."


    Wobei es jedoch gut sein konnte, dass seine Frau wieder alles umdekorierte.

  • "Ich verstehe und werde dem Maiordomus bescheid geben." sagte Silanus und machte sich eine dementsprechende Notiz.


    "Das bringt mich auch gleich zum nächsten Punkt. Soweit ich den Aufzeichnungen meiner Abteilung entnehmen konnte, war die bisherige Ausrichtung des Palastes seit deiner Amtsübernahme eher passiver Natur. Dies war gewiss eine Zeit lang notwendig, um sich eine Übersicht zu verschaffen, wieder eine gewisse Routine in die Arbeit der Administratio zu bekommen und natürlich um dir eine weitgehend störungsfreie Eingewöhnungsphase in dieses schwere Amt zu ermöglichen, dass dir die Götter aufgebürdet haben."


    Natürlich waren Audienzen an der Tagesordnung und es war nicht so, dass der Kaiser sich in seinen Palastmauern abschottete, doch es war nichts Öffentlichkeitswirksames dabei. Eine Gelegenheit bei dem der Pöbel ihrem geliebten Herrscher zujubeln konnte oder zumindest einen positiven Anlass, worüber das Volk tratschen konnte. Der Auftritt bei diesem öffentlichen Opfer des Consuls war ein guter Anfang, doch Silanus Gedanken waren da bereits einen Schritt weiter. Vorausgesetzt natürlich, dass es auch das Wohlwollen des Kaisers fand. Dazu war es nun auch notwendig die passenden Worte zu finden, schließlich konnte der Procurator seinem Kaiser schwer auftragen sich mehr in der Öffentlichkeit blicken zu lassen. Er begann daher eher vorsichtig mit der Formulierung seiner Vorschläge.


    "Ich würde anraten diesen Kurs nun zu überdenken. Versteh mich bitte nicht falsch mein Kaiser, aber wenn ich richtig informiert bin, war dein letzter öffentlicher Auftritt bei der feierlichen Übernahme der Kaiserwürde. Nach den nächsten Wahlen sollten beispielsweise die früher obligatorischen Audienzen der neugewählten Magistrate wieder aufgenommen werden. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass wir einen passenden Anlass nutzen könnten, um ein Fest für die Honoratioren und der römischen Oberschicht zu veranstalten. Beispielsweise ein kaiserlicher Empfang im Frühjahr, um die Ankunft der Augusta zu feiern. Und wie wäre es mit Spielen? Spiele waren und sind immer beliebt beim Volk, ganz gleich aus welchem Stand man kommt. Die Einweihung eines Tempels oder eines anderen Prunkbau würde bestimmt auch für einiges Aufsehen sorgen. Ich habe gehört der Consul lässt die Bauarbeiten am Ulpianum fortsetzen. Die Fertigstellung würde eine gute Gelegenheit bieten."

  • Cornelius Palma hatte, als er den Thron bestieg, natürlich gewusst, dass seine Pflichten als Kaiser und Imperator mehr sein würden als das bloße Regieren und das Abhalten von Audienzen. Jeder, der irgendwo an der Spitze stand, sei es ein Dorf, eine Stadt oder eine ganze Provinz, war sich dessen bewusst. Und natürlich hatte auch Palma in seinen Tagen als Proconsul oder Legatus Augusti pro Praetore solche öffentlichen Termine wahrgenommen.


    "Hm, du hast recht. Ich sollte mich mehr in der Öffentlichkeit zeigen. Das sind gute Ideen, Iunius. Doch Feste oder Empfänge möchte ich erst dann geben, wenn meine Frau hier ist. Was die anderen Sachen anbelangen, kannst du gerne ein paar Vorschläge machen. Und weil du es gerade auch angesprochen hast: weißt du zufällig, wann das Ulpianum fertig sein wird?"


    Von der Fortsetzung der Bauarbeiten hatte Palma schon gehört, doch bisher keine Gelegenheit gefunden, nähere Informationen einzuholen.

  • Silanus nickte zufrieden und war froh, dass der Kaiser seine Vorschläge mit wohlwollen aufgenommen hatte. Repräsentative Aufgaben waren zweifellos nicht immer die angenehmsten, die Männer in derartigen Machtpositionen wahrnehmen musste, doch gerade für einen Herrscher waren sie das um und auf, um sich die Gunst und die Huldigungen seiner Untertanen zu sichern. Im Laufe seiner langen und herausragenden Karriere hatte der Cornelier fraglos verstanden dieses Instrument zu seinem Vorteil zu nutzen und damit umzugehen, doch hatte er mittlerweile wohl auch einen Lebensabschnitt erreicht, wo man eine gewisse private Ruhe der rastlosen und oft sehr anstrengenden Öffentlichkeitsarbeit bevorzugte. Und genau hier sah Silanus einen Anknüpfpunkt seiner Arbeit als Procurator a libellis - den Kaiser dabei zu unterstützen einen ausgewogenen Alltag zwischen dem Privatmann Palma und dem Imperator Caesar Augustus des römischen Reiches zu ermöglichen.


    "Ganz wie du wünscht mein Kaiser. Ich werde dies mit meinen Primicerii besprechen und dir die Vorschläge dann im Detail unterbreiten. Zum Ulpianum ist meinem Wissen nach kein genauer Termin bekannt, aber soweit man hört ist der Consul sehr darum bemüht eine Fertigstellung noch während seiner Amtszeit zu bewerkstelligen. Zumindest ist dies so aus den Senatsprotokollen herausgegangen, die ich für dich gesichtet habe. Ob ihm dies auch gelingt kann aber derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Ich werde jedoch genauere Informationen einholen."


    Der Iunier machte sich eine Notiz darüber, dass der Kaiser über den Baufortschritt des Ulpianums nähere Informationen wünschte und kam schließlich zum nächsten und aus seiner Sicht letzten Punkt des heutigen Arbeitsgesprächs. Der Kaiser hatte aus verständlichen Gründen keine Zeit, neben seinen zahlreichen Verpflichtungen die täglichen Sitzungen des Senats regelmäßig zu besuchen. Ganz im Gegenteil kam es sehr selten vor, dass er von seinem Recht als Beisitzender dieses Gremiums gebrauch machte. Dennoch war es ihm ein großes Anliegen auf dem Laufenden zu bleiben und so hatte Silanus die derzeit wichtigsten Diskussionspunkte zusammengefasst.


    "Neben dem bereits angesprochenen wiederaufgenommenen Bau des Ulpianums sind derzeit auch einige andere Diskussionen im Gange die dich interessieren könnten. Senator Duccius Vala hat Vorschläge für die Reform der Schola Atheniensis eingebracht über die in den nächsten Tagen noch diskutiert werden soll. Der Consul möchte eine Inquisitio Senatus damit beauftragen, die Aufarbeitung der letzte Jahre zu leiten. Es geht dabei anscheinend um die Überprüfung der Seantsprotokolle, sowie eine nachträgliche Kontrolle der stattgefundenen Wahlen, der Ernennungen und Arbeit der Magistraten des Cursus Honorum und der Rechtmäßigkeit aller erlassenen Gesetze während der Herrschaft des Usurpators. Weiters wird derzeit auch eine Überarbeitung oder explizitere Ausformulierung der internen Senatsrichtlinien und neuer möglichen Formen des Res Gestae der Magistrate diskutiert."

  • Als er seinem Procurator zuhörte, konnte Cornelius Palma nicht umhin zu bemerken, dass die ruhigen, oder besser ereignislosen Zeiten im Senat der Vergangenheit angehörten. Eine Entwicklung, die es sich definitiv zu beobachten lohnte.


    "Der Consul Decimus scheint sehr bemüht, etwas zu schaffen, was vor ihm noch keinem gelungen ist, stimmts? Halte mich auf dem laufenden, was das Ulpianum anbelangt."


    "Auch die anderen Themen klingen sehr interessant. In die senatsinternen Belange möchte ich mich nicht einmischen, daher reichen mir da auch Berichte über den Verlauf der Diskussion. Die Reform der Schola jedoch... wie soll diese aussehen?"

  • Nach all dem was Silanus zu Ohren gekommen war, konnte die Fertigstellung des Ulpianums das einzige sein, dass vom Consulat des Decimers über blieb. Alle anderen Projekte von denen der Iunier dem Kaiser eben berichtet hatte, waren aufgrund der immer noch sehr zurückhaltenden Einstellung der Mehrzahl der Senatoren wohl eher zum scheitern verurteilt. Wem wunderte es also, dass der Decimer solch eine Zielstrebigkeit an den Tag legte, was das Ulpianum betraf. Doch um seinen Patron nicht vor dem Kaiser zu kompromittieren, behielt er diese persönliche Meinung für sich und nickte nur zustimmend, auf die Frage des Kaisers.


    "In der Tat ist es bisher keinen Consul gelungen dieses Monsterprojekt zu einem Ende zu bringen und in den letzten Jahren ist das Bauvorhaben vollkommen zum Stillstand gekommen. Man sagt sogar, dass es während des Bürgerkriegs als Steinbruch herhalten musste. Es bleibt also abzuwarten, ob es Consul Decimus tatsächlich schafft eine Fertigstellung zu erwirken. Ich werde jemanden losschicken der sich auf der Baustelle umsieht und uns Bericht erstattet."


    Erneut machte sich der Procurator eine kurze Notiz zu diesem Punkt und nahm dann jenes Senatsprotokoll zur Hand, das sich mit der Reform der Schola befasste. Natürlich hatte er es bereits gelesen, doch um sicher zu gehen, dass er dem Kaiser keine falschen oder halben Informationen weitergab, überflog er es erneut kurz, während er die von Senator Duccius vorgestellten Pläne für den Kaiser kurz zusammenfasste.


    "Wenn ich die Vorschläge des Ducciers richtig verstanden habe, so möchte er die Schola Atheniensis in ihrer jetzigen Form auflösen und zurück zu einer traditionellen Art der freien Schule kehren. Die Lehrer der Schola sollen alle entlassen werden und als Selbstständige für ihren Unterhalt sorgen. Die Bibliothek der Schola soll jedoch erhalten bleiben und als eigenständige Institution weiterbestehen. Die Rectrix Decima Seiana steht anscheinend hinter dem Vorschlag. Über die Stimmung im Senat kann man noch nichts sagen. Dazu sind die Diskussionen zu diesem Thema noch nicht fortgeschritten genug."

  • Bezüglich der Bauarbeiten war aus Sicht von Cornelius Palma nun alles gesagt, denn mangels familiärer Bande zum Geschelcht der Ulpier war dieses Gebäude für ihn von geringerem Belang. Andererseits konnte seine Fertigstellung kaum seinem eigenen Ansehen schaden, so dass er auch diesbezüglich keine Vorkehrungen treffen musste.


    Der Fall der Reform der Schola war dagegen von deutlich höherem Interesse. Die Ausführungen des a libellis deckten sich dabei mit dem, was ihm bereits früher vorgelegt worden war. An den Plänen hatte sich also bisher nichts geändert, aber Conrelius Palma wollte die Angelegenheit dennoch mit einiger Aufmerksamkeit verfolgen.


    "Mit der Rectrix Decima sprach ich sogar vor einiger Zeit schon darüber, ebenso mit Senator Duccius Vala. Sobald die Diskussion im Senat weiter fortgeschritten ist, werde ich möglicherweise selber an einer Sitzung teilnehmen und mich über den Stand der Pläne informieren wollen. Stelle daher sicher, dass ich darüber informiert bin, wann das Thema auf der Tagesordnung steht."

  • Es kam nicht von Ungefähr, dass Silanus im Laufe des Gespräches das Gefühl beschlichen hatte, der Kaiser war im Moment noch bei den meisten Themen besser informiert als er selbst. Doch das war kein Wunder an seinem ersten Arbeitstag. In jedem Fall zeigte es dem Iunier sehr deutlich, dass dem Kaiser sehr viel daran lag gut informiert zu sein und ziemlich genau zu wissen, was in seinem Reich vor sich ging. Es würde seine neue Arbeit als Procurator also deutlich erleichtern, dem Kaiser die wichtigsten Informationen bei allen Gelegenheiten direkt und sehr genau liefern zu können. Zu diesem Zweck war es durchaus überlegenswert ein geeignetes Netzwerk aufzubauen, das den Procurator ständig mit Neuigkeiten versorgte. Doch darüber würde er sich später noch Gedanken machen. Vorerst machte er sich eine weitere Notitz betreffend der Reform der Schola.


    "Natürlich mein Kaiser. Von meiner Seite aus wäre das im Moment alles. Eine letzte Frage hätte ich noch bezüglich einiger noch unklarer Befugnisse als dein Procurator a libellis. Ich würde gerne abklären in wie weit ich bei gewissen Themen selbst Entscheidungen treffen und ab wann du darüber informiert werden möchtest. Etwa das eigenverantwortliche Ablehnen oder Annehmen von Audienzanfragen oder die Einstellung neuer Kanzleimitarbeiter und Primicerii. Auch die Frage in wie weit es mir gestattet ist, für verdiente Bürger oder Mitarbeiter des Palastes selbstständig zivile Auszeichnungen in deinem Namen zu verleihen."

  • Cornelius Palma kam es sehr gelegen, dass sein neuer a libellis solche Fragen stellte, denn es machte es ihm leicht, seine diesbezüglichen Wünsche zu äußern. Es war wohl eine gute Entscheidung gewesen, diesen Mann einzustellen, soweit sich dies nach so kurzer Zeit schon beurteilen ließ.


    "Audienzen ohne vorherige Rücksprache mit mir erhalten ausschließlich die amtierenden Consuln sowie meine wichtigsten Klienten und Vertrauten. Ich gebe dir eine Liste, wen dies betrifft. Alle anderen Ansuchen sind so zu behandeln, dass sie entweder im Rahmen einer Generalaudienz abgehandelt werden oder aber die Kanzlei eine Einladung zu einer persönlichen Audienz ausspricht. Es soll nicht der Eindruck entstehen, ich würde den ganzen Tag nur im Officium sitzen und auf Besucher warten."


    De facto war es zwar wohl so, dass Cornelius Palma einen guten Teil seiner Arbeit ausschließlich reaktiv zu erledigen hatte, indem er auf Anfragen antwortete und eben auch Bitten entgegennahm, aber man musste ja trotzdem nicht den Eindruck erwecken, der Kaiserpalast böte rund um die Uhr eine Sprechstunde mit dem Chef an.


    "Vorschläge für Einstellungen und Auszeichnungen mitsamt Begründung legst du mir vor, so wie es auch die Statthalter und Kommandeure mit militärischen Auszeichnungen machen sollten."

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