Gespräch mit dem designierten Konsul

  • Beinahe direkt im Anschluss an seine gewonnene Wahl wurde der baldige Consul Marcus Decimus Livianus auch schon zu einem Gespräch geladen. Dem Kaiser war es ein besonderes Anliegen die Ziele seiner Amtszeit durchzugehen.
    Wie immer wuselten einige Sklaven quer durch das Officium um es abermals entsprechend herzurichten, damit es dem höchsten Mann im Staate und dem bald höchsten Mann in der politischen Laufbahn auch an nichts mangele.

  • Er war lange nicht mehr hier gewesen, sehr lange sogar. Zuletzt hatte er den Domus Flaviana wohl noch als Mitglied des Consilium Principes unter seinem Patron Divus Iulianus betreten, soweit er sich erinnern konnte. Doch nicht nur das war bei diesem Besuch anders. Palma war der erste Imperator in Livianus Leben, der kein Ulpier war, sondern aus den Reihen der Senatoren in diesen Rang erhoben wurde. Natürlich brachte er als Patrizier einer Gentes Maior und als zweifacher Consul die nötigen Voraussetzungen mit um als kaiserfähig zu gelten, auch ohne die letztlichen Besiegelung seiner Berufung durch das vorgebrachte Testament. Dennoch war es eine sehr ungewohnte Situation, an die er sich wohl erst gewöhnen musste.


    Als er und sein Scriba Callinus das Officium Palmas erreicht hatten, wies er den Sklaven selbstverständlich an davor zu warten, während ihm selbst die Türen geöffnet wurden und er eintrat.

  • Drinnen erwartete ihn Cornelius Palma hinter seinem Schreibtisch sitzend, wie er die meisten Gäste hier empfing. Immerhin war es diesmal einer, den er nicht lange nicht mehr gesehen hatte, den ein Senator im Wahlkampf war in Rom natürlich immer leicht zu sehen gewesen. Ein Gespräch hatte es aber nicht gegeben zwischen den beiden Männern, was Cornelius Palma durchaus bedauerte.


    "Salve, Consul designatus. Nimm Platz. Schön, dass wir dieses Gespräch so zeitnah einrichten konnten, wo es doch bedauerlicherweise vor der Wahl kein Gespräch gab. Du bist mit dem Wahlergebnis zufrieden?"


    Die Frage war sowohl auf das erzielte Ergebnis des Consuls gemünzt, als auch auf die sonstigen Entscheidungen der Wahl, die darüber Auskunft gaben, mit dem der Decimer nun würde zusammenarbeiten müssen.

  • "Salve Princeps."


    Livianus nickte Palma dankend zu und nahm den ihm angebotenen Platz vor dem Schreibtisch ein. Da aus Palmas Worten nicht herauszuhören war, ob die ausgebliebene Einladung vor der Wahl an ihm selbst oder der Administratio lag, fiel auch die Antwort des Decimers sehr neutral aus.


    "Auch ich bin froh, dass mir endlich ein Audienztermin mitgeteilt wurde. Mein erstes Ansuchen war bereits einige Zeit vor der Wahl, um meine Kandidatur mit dir zu besprechen. Aber anscheinend hat die Administratio keinen freien Termin für mich gefunden. Ich hoffe daher du siehst es mir nach, dass wir uns erst jetzt, nach der Wahl, über mein Consulat unterhalten können. Einen Nutzen hat es schließlich – wir müssen nicht mehr theoretisieren."


    Der Decimer lächelte kurz bei seinen letzten Worten, wurde jedoch gleich darauf wieder ernst, um den Cornelier seine Einschätzung des Wahlergebnisses mitzuteilen.


    "Was den Ausgang der Wahl betrifft, so bin ich weitgehend zufrieden. Das eigene Ergebnis hätte bestimmt besser ausfallen können, doch unter den gegebenen Umständen ist das erreichen einer moderaten Mehrheit durchaus als Erfolg zu sehen. Auch was die anderen gewählten Magistrate betrifft, so denke ich, dass durchwegs eine geeignete und zufriedenstellende Mannschaft zusammengekommen ist. Vor allem, dass wieder sehr viele junge Männer aus angestammten und bewährten Gentes unseres Reiches Interesse für den Cursus Honorum zeigen, hat mein Wohlwollen gefunden. Ein wichtiges Zeichen für die Bürger Roms und ein Lichtblick für den Senat nach diesen schwierigen Zeiten."

  • Den ersten Teil der Erwiderung nahm Cornelius Palma zur Kenntnis, um ihn bei einer Besprechung mit den Kanzleibeamten zur Kenntnis zu bringen. Ihn hier ohne jene zu vertiefen, brachte in seinen Augen dagegen weniger, so dass er sich gleich der Diskussion des Wahlergebnisses zuwandte.


    "Ja, der Zustrom junger Männer ist sehr erfreulich und lässt Gutes für die Zukunft hoffen. Die politische Kultur scheint nicht gebrochen zu sein, sondern vielmehr nach dem Leben zu rufen. So lassen sich wohl auch die anderen Wahlergebnisse deuten, die von lebhafter Diskussion zeugen statt von stumpfer Einstimmigkeit. Wie gedenkst du als Consul damit umzugehen und wie lautet deine Agenda für deine Amtszeit?"

  • "Die politische Kultur ist bestimmt nicht gebrochen. Da kann ich dir zustimmen. Doch einigen Senatoren fehlt es leider an Taktgefühl und vor allem den notwendigen Umgangsformen, die eine solche Position eigentlich voraussetzen sollte, wie mir scheint."


    Natürlich wäre es naiv gewesen zu glauben Palma wäre nicht genauestens über die Vorgänge im Senat unterrichtet. Doch wenn dem so war, wusste er dann auch nur zu gut, bei wem das Problem lag. Livianus hielt seine Aussagen vorerst sehr allgemein, denn vielleicht hatte der eine oder andere Senator ja nicht aus Eigeninteresse so gehandelt, wie er es getan hatte.


    "Es kommt mir vor, als würden im Senat derzeit die alten Gräben zwischen Patriziern und Plebejern wieder Aufreißen, die wir lange vor dem Bürgerkrieg bereits überwunden glaubten. Und sehr oft sind dieselben Personen darin involviert. Man könnte fast meinen es stecke eine Absicht dahinter. Aber unter Umständen könnte sich das auch sehr schnell ändern, wenn man etwa dem einen oder anderen Senatsmitglied, vielleicht im Kreise des gleichen gesellschaftlichen Standes, noch einmal den Sinn der Institution Senat erklären und sie zu mehr Weitblick auffordern würde. Denn das letzte, was Rom und das Volk derzeit brauchen ist ein zerstrittener Senat bei dem nur Standesdünkel im Vordergrund stehen."


    Mit ziemlicher Sicherheit wusste Palma, welche seiner Standeskollegen Livianus meinte. Doch um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, denn immerhin konnte das schlechte Verhalten eines Klienten auch irgendwann auf den Patron zurückfallen, verzichtete er darauf Namen zu nennen.


    "Ich habe in jedem Fall vor als Consul und Princeps Senatus, wie es das Gesetzt vorsieht, für den Erhalt von Moral, Ordnung und Disziplin im Senat zu sorgen und werde wenn notwendig hart durchgreifen. Zu diesem Zwecke möchte ich auch die internen Senatsrichtlinien überarbeiten und in explizierter Form, vielleicht auch gesetzlich verankert, niederschreiben lassen. Doch bis dahin liegt noch einiges an Arbeit vor mir.


    Was meine sonstige Agenda betrifft, so möchte ich dich nicht mit Details langweilen, sondern nur einige Punkte herausgreifen, die mir wichtig erscheinen. Zum einen ist es der Wunsch einiger Senatoren, das Ulpianum endlich fertigstellen zu lassen, um es im Anschluss mit einem Festakt seiner Bestimmung zuzuführen. Des Weiteren habe ich vor ein augurium salutis in Auftrag zu geben, sowie ein großes Opfer gemeinsam mit dem gesamten Senat und den Magistraten des Cursus Honorum im Beisein des römischen Volkes darzubringen. Auch unseren Göttern gegenüber sollten wir Einigkeit demonstrieren und zeigen, dass wir nach diesem Bürgerkrieg alle Feindseligkeiten abgelegt haben und der umfassende Friede im Römischen Reich wieder hergestellt ist. Es wäre daher ein wichtiges Zeichen für unser Volk, wenn auch du diesem Opfer beiwohnen würdest, sofern es deine Zustimmung findet."

  • Cornelius Palma hörte sich sowohl die Klagen über das Betragen im Senat als auch die Pläne für die Amtszeit aufmerksam an. Auch wenn er über die Geschehnisse in der Curia zumindest über die Senatsprotokolle tatsächlich gut informiert war, sah er keine Notwendigkeit, sich hier einen Schuh anzuziehen, der auf einen seinen Klienten gemünzt sein könnte, aber genauso gut auch auf andere Senatoren passte, die bei ihm vorgesprochen hatten. Stattdessen nickte er nur zustimmend, denn die allgemeinen Worte konnte er genauso allgemein befürworten.


    "Das würde ich sehr befürworten, wenn diese Gräben nicht wieder neu geöffnet werden. Es gibt wichtigere Konflikte zu besprechen als jene, die auf Abstammung beruhen, auch wenn die Ehre eines jedes Einzelnen zweifellos ein unantastbares Gut ist. Vielleicht ist es eine hilfreiche Information für dich, dass ich hörte, dass es Bestrebungen geben könnte, die Steuerfreiheit für Patrizier wieder einmal im Senat zu thematisieren. Im Sinne jener Gräben zweifellos ein heikles Thema, das dein ganzes Fingerspitzengefühl fordern könnte, sollte es dazu kommen."


    Ob es tatsächlich dazu kam, hing jedoch keineswegs von Cornelius Palma ab, zumal er an solchen von Standesdünkel getriebenen Debatten eben wenig Interesse hatte. Entsprechend aufmerksam hatte er auch das politische Programm des Decimus Livianus verfolgt, das jedoch wenig Anlass zu diesbezüglichen Bedenken bot.


    "Ein Consulat der Konsolidierung und der Rückbesinnung also. Ich denke, dies ist eine angemessene Wahl. Ganz buchstäblich ist es vielleicht wirklich nicht die schlechteste Wahl, erst offene Baustellen zu beenden, bevor man neue beginnt. Gibt es schon Termine, die du für die Opfer ins Auge fasst?"


    Auf die Frage nach einem Bericht über den Stand des Ulpianus verzichtete Cornelius Palma dagegen erst einmal ganz bewusst, denn sehr wahrscheinlich musste sich der Consul dort ja selber erst einarbeiten.

  • Die Steuerfreiheit für Patrizier also. Livianus konnte sich gut vorstellen dass sie nun nach dem Ende der vescularischen Herrschaft so schnell wie möglich versuchen wollten, sich ihre verlorengegangenen Sonderrechte erneut zu sichern. Doch so wie die Lage im Senat derzeit schien, war ein Vorstoß in diese Richtung nur schwer vorstellbar. Durch das unnötige Geplänkel während der Wahlen war der Scherbenhaufen zusätzlich angewachsen, vor dem der Senat in vielen Bereichen stand. Er nickte Palma daher dankend zu, als ihn dieser darüber informierte und war bereits gespannt, ob dieses Thema tatsächlich noch während seines Consulats zur Abstimmung gebracht werden würde. Auch das Programm des Decimers und das geplante Opfer schienen bei Palma auf Wohlwollen zu stoßen.


    "Ich denke es wäre gut die Saturnalien abzuwarten und dann Ende Ianuarius, Anfang Februarius einen Termin zu finden. Einen genauen Tag werde ich mit den Priestern abstimmen, sofern diese Zeitspanne auch deine Zustimmung findet."

  • Auch Schweigen konnte eine Antwort sein und so registrierte Cornelius Palma, dass der kommende Consul auf die angekündigtren Pläne nicht weiter einging. Dementsprechend ging er selber auch nicht weiter darauf ein,. sondern bleib beim anderen Thema


    "Das klingt nach einer guten Überlegung. Man muss ja auch nicht gleich alles zu Beginn der Amtszeit erledigen. Aber auch, wenn du mich nicht langweilen magst, interessiert es mich dennoch, welche weiteren Punkte du auf der Agenda hast, auch wenn es sich um wenig aufregende Projekte handeln sollte."


    Zumindest nahm Cornelius Palma nicht an, dass sich das Programm tatsächlich in einem Bauvorhaben und einem Opfer erschöpfte, auch wenn beides zweifellos sehr prestigeträchtige Punkte waren, die typischerweise auch lange mit den Namen des verantwortlichen Consuls in Verbindung gebracht wurden.

  • "Der erste Punkt betrifft die Abläufe im Senat. Ich wollte erst mit einigen Senatoren über meine Ideen sprechen, aber wie gesagt habe ich vor die internen Senatsrichtlinien zu überarbeiten und im Zuge dessen expliziter auszuformulieren. Die letzten Sitzungen haben mir gezeigt, dass es bestimmt nicht schadet eine Zusammenfassung aller Verfahrensregelungen zu haben, nach denen Sitzungen und Versammlungen des Senats abzulaufen haben. Die bisher festgeschriebenen internen Senatsrichtlinien erscheinen mir diesbezüglich doch sehr lückenhaft und unfertig. Auch der Codex Universalis geht nur sehr allgemein auf die Aufgaben des Princeps Senatus ein, aber nicht mit welchen Mitteln er diese umsetzen kann.


    Ich hätte angedacht den Princeps Senatus zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Verlaufs einer Sitzung auch konkrete Mittel zur Verfügung zu stellen, die er dazu einsetzen kann. Manches gehört bereits zum Gewohnheitsrecht, jedoch wurde es bisher noch nie niedergeschrieben. Ich denke da an Mittel wie beispielsweise einen Ordnungsruf, dem Entzug des Wortes, die Unterbrechung oder die Vertagung einer Senatssitzung.


    Andererseits sollte den Senatoren die Möglichkeit eingeräumt werden auch selbst in diese Richtung aktiv zu werden und während der laufenden Sitzung Anträge einbringen zu können. Etwa um von ihnen aus eine Vertagung oder einer Unterbrechung einer Sitzung zu beantragen. Oder um zu einem Tagesordnungspunkt das Ende einer Debatte, die Durchführung einer Abstimmung oder die Bildung einer gesonderten Kommission zu beantragen.


    Dies in Verbindung mit einer im Anschluss vorgeschriebenen kurzen Abstimmung zu dem jeweiligen Antrag, die einen festgesetzten Prozentanteil an Zustimmung erreichen muss, sichert die demokratische Vorgehensweise im Senat. Wichtig dabei ist auch sicherzustellen, dass es kein Ungleichgewicht zwischen dem Vorsitzenden und dem Gremium gibt. Das sind nur einige Grundgedanken zu diesem Thema und sie gehören natürlich aufbereitetet und dem Senat präsentiert. Ich rechne daher nicht damit, dass diese Verfahrensregeln noch während meiner Amtszeit zum Einsatz kommen sofern es im Senat auf Zustimmung trifft und selbst dann stellt sich auch noch die Frage, ob es die internen Senatsrichtlinien erweitert oder in den Codex Universalis einfließt. Ich denke also, da liegt noch einiges an Arbeit vor mir, doch ich bin zuversichtlich, dass dem Senat geregelte Abläufe und festgeschriebene Verfahrensregelungen sehr gut tun würden.


    Ein weiterer, aus meiner Sicht nicht unwichtiger Punkt ist die Aufarbeitung der Jahre unter Salinators Einfluss. Dies betrifft nicht ausschließlich die Zeit seiner Herrschaft als Imperator sondern auch die Zeit davor, als er bereits als Praefectus Urbi, in Abwesenheit des Princeps, sehr viel Einfluss auf den Senat nehmen konnte. Ich möchte mir zu diesem Zwecke die Senatsprotokolle dieser Zeit ausheben und von einigen Schreibern und Rechtsgelehrten durcharbeiten lassen. Vielleicht gibt es ja Auffälligkeiten oder Altlasten, mit denen sich der Senat beschäftigen sollte, wie etwa die vorhin angesprochene Aufhebung der Steuerfreiheit für Patrizier.


    Weiters sollte man sich wohl auch näher mit den Personen beschäftigen, die während dieser Zeit im Cursus Honorum tätig waren oder in den Senat berufen wurden. Die meisten Anhänger Salinators sind zwar kurz nach seinem Sturz untergetaucht oder geflohen, doch unter Umständen gibt es noch den einen oder anderen, der unauffällig bleiben konnte und vielleicht noch unserer Aufmerksamkeit bedarf. Es gehört zudem die Rechtmäßigkeit der Abläufe in dieser Zeitspanne geprüft. Erfüllen beispielsweise die in diesem Zeitraum ernannten Senatoren alle Voraussetzungen für ihr Amt oder wurden sie von Salinator begünstigt, haben sie ihre Eide geleistet, gibt es Ungereimtheiten bei Entscheidungen der Magistrate, insbesondere der Prätoren, und so weiter. Es ist nicht abzusehen ob etwas Wesentliches dabei herauskommt, aber es kann bestimmt auch nicht schaden einen Blick darauf zu werfen.


    Und zu guter Letzt die für ein Consulat fast schon obligatorische Durchsicht und Überarbeitung der verschiedenen Gesetzestexte. Es gibt immer noch die eine oder andere Stelle im Codex, die bestimmte Handlungen vorschreibt, allerdings keine Konsequenzen vorsieht, wenn diese unterlassen wird. Es wäre also nicht verkehrt den Codex noch einmal auf solche Lücken zu durchforsten und sie gegebenenfalls auszuräumen."


    Livianus räusperte sich, da er durch diesen etwas längeren Monolog einen trockenen Hals bekommen hatte. Die wesentlichsten Vorhaben des Decimers waren wohl vorerst genannt, auch wenn er immer noch überlegte, ob er etwas vergessen hatte. Da während einer Amtszeit ohnehin bestimmt auch der eine oder andere auftretende Punkte die Agenda erweitern würde, war es wichtig etwas Platz nach oben zu lassen, auch wenn aus seiner Sicht die Agenda bereits jetzt sehr ambitioniert war.

  • Die Ausführungen zu den weiteren Plänen fielen länger aus, als Conrelius Palma das erwartet hatte, aber er nahm es äußerst positiv auf. Es war gut zu wissen, dass ein Consul detaillierte Pläne hatte und es war ihm lieber, wenn es eine Idee zuviel gab, die auf später verschoben werden musste, als wenn aus Ideenmangel auch absurden Plänen viel Zeit eingeräumt wurde. Daher nickte er mehrfach zustimmend zu den Plänen.


    "Das ist in der Tat ein umfangreiches Programm. Bezüglich der Senatsrichtlinien kann ich mir denken, dass dies auch ein längerer Umsetzungsprozess wird, denn schließlich sind dort tatsächlich die Interessen aller Senatoren betroffen. Ich würde mir allerdings wünschen, die Verfahren nicht zu kompliziert werden zu lassen, um einen lebendigen Austausch im Senat zu ermöglichen. Formelle Vorschriften haben wir schon in verschiedenen anderen Lebensbereichen in großen Mengen."


    Vor allem dachte er da gerade an den Cultus Deorum, bei dem es zahlreiche Regeln für die verschiedenen Kulthandlungen gab, aber auch in anderen Bereichen galt dies sicher ähnlich. Der Cultus Deorum passt aber auch zum nächsten Gedanken, denn auch im Collegium Pontificium war eine Aufarbeitung der Vergangenheit unter Vescularius Salinator schon im Gange.


    "Bei der Aufarbeitung der Vergangenheit unter der Herrschaft des Vescularius Salinator kann ich dich der vollen Unterstützung des Palastes versichern. Ich lasse schon selber Untersuchungen verschiedener Dinge anstellen und werde dies auch in Zukunft noch weiter veranlassen. Wir sollten diesbezüglich in regelmäßiger Abstimmung bleiben, um doppelte Arbeit zu vermeiden und Ergebnisse auszutauschen. Zweifellos lassen sich nur Teile der relevanten Informationen aus den Senatsprotokollen gewinnen, während andere Informationen hier in der Kanzlei zu finden sind."


    Cornelius Palma war sich sogar sehr sicher, dass er die meisten Dinge eher im Palast als an anderer Stelle würde finden können, aber trotzdem konnte es ja nur hilfreich sein, wenn ihm der Consul dabei Arbeit abnahm.

  • "Ich verstehe dich, denke aber die Sorgen vor zu komplizierten Verfahren sind unbegründet. Da der Senat ohnehin seine Zustimmung geben muss, werden die Senatoren bestimmt sehr genau darauf achten, sich in ihren Rechten nicht selbst zu sehr zu beschneiden. Ich gehe davon aus man wird zu einen guten Konsens finden.


    Was die Aufarbeitung der kurzen Ära des Vesculariers betrifft so danke ich dir für deine Unterstützung. Ich werde deiner Kanzlei selbstverständlich etwaige Ergebnisberichte aus den Untersuchungen immer umgehend übermitteln lassen. So sollte doppelte Arbeit vermieden werden."


    Es folgte eine kurze Gedankenpause des Decimers, ehe er sich erneut räusperte und ruhig und sachlich weitersprach.


    "Wo wir gerade bei diesem Thema sind….. Auch was mich und meine Familie betrifft sehe ich einen gewissen Klärungsbedarf. Wie du weißt waren nicht alle Senatoren mit meiner Kandidatur einverstanden und haben die Rolle meiner Familie während dieser Zeit massiv verurteilt. Was mich persönlich betrifft, so musste auch ich mir mittlerweile eingestehen, dass es ein Fehler war, mich damals nach diversen Konfrontationen mit Salinator und dem Senat stur von Roma abzuwenden und den Geschehnissen einfach ihren Lauf zu lassen. Es war nicht so, dass ich tatenlos zugesehen habe. Es war eher so, dass ich allen Informationen aus dem Weg gegangen bin, die dieses Thema und die Vorgänge in Rom betrafen. Hätte ich damals anders auf die Anfeindungen des Vesculariers reagiert, hätte womöglich auch die nähere Geschichte meiner Familie einen anderen Verlauf genommen.


    Auch wenn die Rollen meiner Nichte und vor allem die meines Adoptivsohnes Serapio in diesem Zeitraum eine sehr kritische Betrachtungsweise erfordert, so hat der Großteil des Senats dennoch meine persönliche Integrität nicht angezweifelt und mir sein Vertrauen ausgesprochen. Die Decimer, vor allem meine Generation, gehörten seit jeher zu den engsten Anhängern und Vertrauten des ulpianischen Kaiserhauses und auch wenn wir nicht dem Stand der Patrizier entstammen, so war ich bisher der Meinung, dass wir uns über einen langen Zeitraum einen herausgehobenen Stellenwert im Reich erarbeitet haben, auf den nur eine Hand voll anderer Gentes zurückblicken können. Ich möchte daher auch dich offen Fragen wie du zu mir und meiner Familie stehst?"

  • Mit seiner Frage schnitt der designierte Consul ein Thema an, das Cornelius Palma nicht gerade gerne erörterte, aber auch nicht verdrängen konnte. Gerade für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Spitze des Senates war es wohl sogar nötig, es möglichst früh zu führen. Trotzdem räusperte sich Cornelius Palma erst nach einem kurzen Moment des Nachdenkens, bevor er zu sprechen begann.


    "Ich führte nach meiner Ankunft in Rom und meiner Bestätigung durch den Senat Gespräche sowohl mit Decimus Serapio als auch mit Decima Seiana. Beide haben den Palast als freie Menschen verlassen, wenn auch aus verschiedenen Gründen. In Summe betrachtet, haben die Gespräche das Ansehen deiner Familie allerdings auch nicht gemehrt. Ich hege keinen Groll, aber ich habe auch keinen Grund, euch mehr zu vertrauen als vielen anderen im Senat. Beantwortet dies deine Frage?"


    Ein fester aber zugleich fragender Blick ruhte auf Decimus Livianus, nachdem Cornelius Palma gesprochen hatte.

  • Livianus strich sich kurz durch seinen Bart und wägte seine Worte ab, ehe er weitersprach. Seine Stimme blieb dabei sachlich und ruhig, so dass die folgenden Worte wie eine trockene Feststellung über das Wetter klangen. Er erwiderte dabei Palmas Blick und sah den Cornelier direkt und sehr ernst an, der die tatsächlichen Geschehnisse in seiner Antwort mehr als nur heruntergespielt hatte.


    "Ich danke dir für deine offenen Worte. Auch ich möchte dir diese Offenheit entgegenbringen. Ich bin froh, beide wieder sicher innerhalb der Mauern unserer Casa zu wissen, kann aber die Verhaftung meiner Nichte und den Zustand, in dem mein Adoptivsohn aus dem Kerker entlassen wurde keinesfalls gutheißen. Meine Nichte ist mir gegenüber sehr verschlossen was ihre Haft betrifft und ich kann nur erahnen, was sie durchmachen musste, weggesperrt in einer finsteren Zelle und der Willkür einfacher Soldaten ausgeliefert, die in ihr nicht mehr als einen Staatsfeind sahen. Mit meinem Adoptivsohn Serapio konnte ich jedoch mittlerweile ein ausführlicheres Gespräch führen. Über die Gefangenschaft und auch über seine Arbeit als Praefectus Praetorio."


    Der Decimer ließ den letzten Satz kurz im Raum stehen und ließ offen, wie weit seine Informationen mittlerweile tatsächlich reichten. Alles in allem war ihm dieses Thema wohl ebenso unangenehm wie vermutlich dem Cornelier selbst, doch es gehörte ein für alle Mal aus der Welt geräumt, wenn es wieder eine aussichtsreiche Zukunft für die Decimi geben sollte. Als designierter Consul war er zudem in der Position, seine Meinung vor Palma ohne Angst vor Repressalien oder schwerwiegender Folgen aussprechen zu können. Es ging daher hier wohl eher darum Fronten abzustecken. Nachdem Palma seinen Standpunkt klar gemacht hatte, war es auch an Livianus, offen seine Gedanken auszusprechen.


    "Anders als mein Sohn bin ich jedoch politisch erfahren genug und in einem Alter, wo man manche Vorgänge pragmatischer sieht, wie verwerflich und niederträchtig sie auch sein mögen und auch offener dafür ist dem Friedens willen Kompromisse einzugehen.


    Ich habe gehört, dass du seit dem Ende des Bürgerkriegs bemüht bist moderater und nachsichtiger mit den Anhängern des Vesculariers umzugehen. Auch wenn es sehr bedauerlich ist, dass dies nicht bereits für meine Familie gegolten hat, so denke ich, dass es ist im Sinne aller Beteiligten und vor allem der Stabilität des Reiches dienlich ist, wenn ich auch in diesem Falle Kompromissbereit bin.


    Wie ich unter Beweis gestellt habe, bin ich durchaus noch selbst in der Lage für das Ansehen meiner Familie zu sorgen und die Sache mit dem Vertrauen…. die wird wohl beide Seiten noch lange belasten. Was ich mir jedoch wünsche…. "


    Livianus ballte dabei seine Hände zu Fäusten um zu zeigen wie wichtig ihm dieser Punkt war und seinen nachfolgenden Worten Nachdruck zu verleihen. Er dachte dabei an seine Kandidatur im Senat, wo die Patrizier, allen voran Aurelius Lupus, der Klient Palmas, wie ein Rudel hungriger Wölfe über ihn hergefallen waren. Es war nun an Palma seine Jagdhunde zurückzupfeifen, wenn er tatsächlich einen funktionierenden und stabilen Senat wollte.


    "….wirklich wünsche.…ist, dass mein Sohn und meine Nichte von dir rehabilitiert werden. Erst dann, so hoffe ich, werden die Anfeindungen deiner Anhänger und Klienten gegen mich und meine Familie endlich ein Ende finden."

  • Es hätte Cornelius Palma überrascht, wenn Decimus Livianus sich nicht auch bei seinen Angehörigen schon informiert hätte. Daher nickte er nur, als Decimus Livianus die Gespräche erwähnte. Tatsächlich war die Situation während der Gefangenschaft für ihn nicht gerade ein Thema, bei dem er sich gegen jede Kritik verteidigen wollte, so dass er hier sogar zustimmen konnte.


    "Der Umgang mit den Gefangenen war zweifellos nicht immer dem Stand angemessen. Einige der Truppen, die die Stadt zuerst erreichten, haben hier zweifellos an einigen Stellen etwas Fingerspitzengefühl vermissen lassen. Etwas weniger Kerker und etwas mehr Hausarrest hätte es in einigen Situationen auch getan, möchte ich meinen. Wobei nun auch wieder einige der Gefangenen mehr oder weniger dafür getan haben, ihre Lage zu verbessern. Oder sie eben auch zu verschlimmern."


    Auf wen das in welchem Maße zutraf, wollte Cornelius Palma schon deshalb nicht vertiefen, weil er davon auch nur aus Berichten wusste sowie vom Augenschein seiner Gesprächspartner. Nur den Selbstmordversuch vonD ecimus Serapio konnte man wohl nicht unerwähnt lassen.


    "Ich nehme an, dein Adoptivsohn hat dich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er versuchte, sich in der Gefangenschaft das Leben zu nehmen. Einer meiner Offiziere unterbrach ihn dabei. Eine richtige Entscheidung, wie ich finde. Wie ich sagte, hege ich keine Groll, wenn ich mal über sein unpassendes Verhalten im Gespräch mit ihm übersehe, und es gibt und gab keine förmliche Anklage gegen deinen Adoptivsohn. Die Möglichkeit einer förmlichen Rehabilitation ist damit praktisch nicht gegeben. Ich führte das Gespräch mit ihm, um persönlich zu entscheiden, ob es zu einer Anklage kommen soll oder nicht. Wie du weißt, ist letzteres der Fall. Gleiches gilt für Decima Seiana."


    Daher war Cornelius Palma hier auch ein wenig ratlos, was es da noch zu rehabilitieren gäbe. Als Gefangener zum Kaiser gebracht zu werden und als freie Person wieder zu gehen war ja schon ein enormer Schritt.

  • Die Erklärung des Cornelier klang natürlich mehr als einleuchtend, auch wenn sie für Livianus kein Grund war Palma von seiner Mitverantwortung frei zu sprechen. Er selbst war lange genug Offizier gewesen um es nachvollziehen zu können wie schwer es in Kriegszeiten war, die eigenen Truppen unter Kontrolle zu halten, selbst dann, wenn wie in diesem Bürgerkrieg Römer gegen Römer kämpfte. Doch in diesem Fall war seine Familie betroffen und er konnte daher nicht unvoreingenommen darüber hinwegsehen. Er glaubte auch, dass Serapios Temperament und seine Sturheit nicht gerade dazu beigetragen hatte seine Situation zu verbessern. Bestimmt wollte Palma darauf hinaus, als er die Gefangenen erwähnte, die sich weniger kooperativ gezeigt hatten. Doch was Seiana als schwache und schutzlose Frau durchmachen musste, war damit nicht zu rechtfertigen.


    Was er jedoch kurz darauf hörte, schnürte ihn für einige Momente den Atem ab und machte ihn sichtlich betroffen. Sein Sohn wollte sich in der Gefangenschaft selbst töten? Wie es Livianus mittlerweile leid war von einer Überraschung in die nächste zu stapfen. Selbst wenn er das Gefühl hatte mittlerweile allumfassend über diverse Themen informiert und vorbereitet zu sein, so kam letztendlich doch immer noch ein Ereignis oder eine Tatsache hinzu, die man ihm vorenthalten hatte. In diesem Fall hatte Serapio wohl gute Gründe gehabt seinem Vater diese Begebenheit zu verschweigen, dennoch machte es Livianus nicht wirklich glücklich, dass er sich vor Palma nun eine derartige Blöße geben musste. Auch wenn man ihm vermutlich ansah, dass ihm diese Nachricht innerlich aufwühlte, was sich anhand seiner kurz wechselnden Gesichtsfarbe auch zeigte, entschied er weder zu behaupten, dass er davon gewusst hatte, noch seine vollkommene Unwissenheit preiszugeben. Stattdessen griff er, fast froh und erleichtert über diese Möglichkeit, die augenscheinliche Kompromissbereitschaft des Corneliers auf.


    "Es bedeutet mir viel dies noch einmal in dieser Deutlichkeit aus deinem Mund zu hören. Dann bleibt mir in diesem Zusammenhang lediglich die Bitte, dies auch deinen Klienten und Standeskollegen in selber Deutlichkeit klar zu machen. Dies würde nicht nur meiner Familie, sondern auch mir in meiner zukünftigen Tätigkeit als Consul eine wesentliche Erleichterung verschaffen."


    Für Livianus war dies ein Abschluss mit dem er zu diesem Thema gut leben konnte. Vor allem, da er nach der überraschenden Nachricht über den Selbstmordversuch seines Sohnes ohnehin keine großes Interesse mehr hatte, diese Angelegenheiten noch mehr zu vertiefen und sich damit vielleicht erneut der Gefahr einer unpassenden und schwach wirkenden Gefühlsregung auszusetzen. Er nutzte daher die Möglichkeit das Thema zu wechseln.


    "Ein Punkt den ich bei dieser Gelegenheit noch ansprechen wollte ist die Neu- und Nachbesetzung nach wie vor vakanter Senatorenposten im römischen Verwaltungsapparat. Ich möchte mich keinesfalls in die Vergabe der Posten einmischen. Nur um dies gleich Klarzustellen, bevor es zu Missverständnissen kommt. Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang zu bedenken geben, dass es ein wichtiges Zeichen für die Senatoren, aber auch für die Bürger wäre, wenn man diese Ämter endlich nachbesetzt. Dein Praefectus Urbi zeigt diesbezüglich leider sehr wenig Neigung diese Lücken endlich mit fähigen Männern aufzufüllen. Einige Senatoren haben unter Salinator ihr Amt verloren und es wäre mehr als eine anerkennende Geste, sie wieder einzusetzen. Es würde vielmehr ein deutliches Zeichen setzen und deinem Wunsch Rechnung tragen, den Senat wiedererstarken zu lassen."





    CIVIS
    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

  • Auch wenn Cornelius Palma seinen Gegenüber nicht übertrieben genau beobachtet hatte, war kaum zu übersehen, dass dieser die Nachricht vom Selbstmordversuch mit einiger Überraschung aufnahm. Da er in seiner Antwort jedoch mit keiner Silbe darauf einging, verzichtete Cornelius Palma ebenfalls auf eine Nachfrage oder Vertiefung des Themas. Allerdings konnte er mit dem nochmaligen Verweis auf seine Klienten und deren Verhalten auch nicht viel anfangen und verzichtete seinerseits darauf, diese Aufforderung mit einer Silbe zu quittieren. Stattdessen griff er den Themenwechsel auf, zumal dieser zum Ausgangspunkt des Gesprächs und die Zukunft des Senats trefflich passte.


    "Hast du bestimmte Posten des Verwaltrungsapparats im Auge? Curatoren, nehme ich an, wenn du den Praefectus Urbi erwähnst?"

  • "Auch" nickt Livianus zustimmend.


    "Ganz allgemein betrachtet sind die Senatoren, die seit deiner Inthronisierung auf einen militärischen Posten oder in ein senatorisches Verwaltungsamt berufen wurden doch sehr übersichtlich. Wenn meine Informationen richtig sind, so ist in Rom im Moment kein einziges senatorisches Curatorenamt besetzt und auch wichtige Schlüsselpositionen im Reich wie die Legaten der Legio I und II, als auch die des Statthalters von Germania Superior sind vakant."


    Auch einige vakante Ritterämter waren dem Decimer bekannt. Doch dies war kein Thema, für das er sich zuständig fühlte oder das er anzusprechen gedachte. Ihm ging es darum den Senatorenstand wieder zu seinem früheren Stellenwert zu verhelfen - als eine der wesentlichen Säulen des römischen Reiches und dessen fast unüberschaubaren Verwaltungsapparates, der dahinterstand.


    "Ich kann deine Zurückhaltung durchaus verstehen Cornelius. Es waren schwierige Zeiten und vieles muss sich erst der neuen Ordnung unterwerfen bis der normale Alltag auch wieder in die Köpfe der Leute einkehren kann. Allerdings wäre mein bescheidener Vorschlag in dieser Angelegenheit von Seiten des Palastes etwas mehr in die Offensive und auf in diesem speziellen Fall auf die Senatorenschaft zuzugehen. Auch wenn du als zweifacher Consular jedem Senator schon vor deiner Thronbesteigung zweifellos ein Begriff warst, so darfst du deine lange Abwesenheit aus Rom nicht unterschätzen. Viele aus unseren Reihen haben keine direkten oder auch indirekten Kontakte mehr in den Kaiserpalast geschweige denn zu dir persönlich. Ich denke das traditionelle System der Patronage hat durch den Bürgerkrieg einen starken Kahlschnitt erlebt und muss sich erst langsam wieder erholen. Die Zurückhaltung vieler, auch ranghoher Männer ist daher sehr verständlich. Auch ich muss gestehen, hätte ich nicht den Weg des Cursus Honorum gewählt, hätte ich derzeit trotz eines dreifachen Consulars als Patron wohl niemanden vorzuweisen, der dir so nahe stehen würde, um mich bei dir für ein senatorisches Amt ins Gespräch zu bringen. Und so geht es derzeit wohl den meisten."


    Livianus hoffte, dass Palma seinen Gedankengängen folgen konnte und letzten Endes Verstand, worauf der designierte Consul hinaus wollte. Er wollte dabei weder belehrend noch fordernd wirken. Sein Anliegen war lediglich ein wenig die derzeitige Lage aufzuzeigen, sofern Palma diese nicht schon längst selbst erkannt hatte, und diesbezüglich seine Vorschläge vorbringen.


    "Mein Vorschlag wäre daher, dass der Palast in Anbetracht dieser besonderen Umstände aktiver auf Senatoren zugeht, die sich bereits bewiesen haben oder die den Anforderungen der vakanten Posten entsprechen. Mir ist durchaus bewusst, dass die von dir bereits angesprochene Vertrauensfrage dabei eine große Rolle spielt. Dieses Vertrauen wird jedoch auf beiden Seiten neu erwachsen müssen und kann durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch dazu muss man dem Ganzen erst einmal eine Chance geben."




    CIVIS
    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

  • Im Wesentlichen konnte und musste Cornelius Palma zustimmen, auch wenn er die Lage nicht so dramatisch sah, wie sie zumindest in seinen Ohren dem Unterton nach klang. Daher nickte er immer wieder zustimmend während der Ausführungen.


    "Zumindest für einige der genannten Posten wird sich schon bald eine Lösung ergeben. Die offenen Posten sind mir selbstverständlich nicht unbekannt und an einer Besetzung wird gearbeitet. So wie das Vertrauen wachsen muss, möchte ich allerdings auch eine Besetzung nicht überall über's Knie brechen und gleich überall den erstbesten Kandidaten nehmen, der sich anzubieten scheint. Von daher kann es sogar von Vorteil sein, dass alte, ausgetretene Pfade alter Patronate nun nicht mehr existieren und beide Seiten neue Wege beschreiten müssen. Das gibt auch frischen, unverbrauchten Männern die Chance, sich zu empfehlen, denn sie müssen keinen Rückstand aufholen. Gleichwohl möchte ich es vermeiden, zu Beginn meiner Amtszeit Sonderwege zu ermöglichen, die später wieder versperrt wegen. Das könnte viel Unsicherheit und auch Neid mit sich bringen."


    Cornelius Palma schien zumindest sehr darauf bedacht zu sein, nicht durch schnelle Maßnahmen Maßstäbe zu setzen, an denen er sich später messen lassen musste. Und er schien wirklich interessiert daran, dies zu erklären, denn er sprach nach einer kurzen Pause gleich weiter.


    "Ich sehe auch das als Teil vertrauensbildender Maßnahmen. Ich möchte gleich von Anfang an erkennbar machen, welche Anforderungen an ein jeweiliges Amt gestellt werden und wie die Besetzung abläuft. Vetternwirtschaft hat es zuletzt genug gegeben und auch diesbezüglich kann es ein Vorteil sein, wenn alte Patronate nicht mehr existieren. Trotzdem wäre es auch wenig hilfreich, Ämter jetzt auf eine Weise zu besetzen, die in Zukunft ausscheiden wird, denn so erhält niemand Orientierung und der Willkür ist eine neue Tür geöffnet."

  • Das Palma Einsicht zeigte und auch in Aussicht stellte, vakante Ämter in näherer Zukunft nach zu besetzen, stimmte Livianus zuversichtlich. Ganz bestimmt war es eine Aufwertung des Ordo Senatorius, wenn die Bürger Roms Senatoren nicht nur beim Betreten und Verlassen der Curia Iulia beobachten konnten, sondern sie auch im alltäglichen öffentlichen Leben in den unterschiedlichsten Funktionen warnahmen. Der Decimer konnte dem Princeps durchaus zustimmen, dass es nicht hilfreich war die Erstbesten auf die derzeit vakanten Ämter zu setzen, doch vielen ihm auf Anhieb einige gute und unbescholtene Senatoren ein, die sich für den einen oder anderen Posten eigneten. Doch wie bereits im Laufe des Gesprächs festgestellt, konnte und wollte er sich nicht direkt in die Vergabe der Ämter einmischen. Ganz anderer Meinung war er jedoch im Bezug darauf, wie diese Männer zu solchen Ämtern kommen konnten und es war ihm unklar, wie sich Palma dies genau vorstellte. Doch Nachfragen kostete bekanntlich nichts.


    "Das System der Patronage hat sich seit Jahrhunderten bewährt und es ist die ureigene Aufgabe eines Patrons für seine Anhängerschaft einzutreten und sie, wenn möglich, auch in solchen Belangen zu fördern und zu unterstützen. Es als einfache Vetternwirtschaft abzutun, halte ich für verkehrt. Natürlich sollte man bei der Besetzung von Ämtern und Posten in erster Linie auf die Eignung des jeweiligen Kandidaten achten. Doch wie sollte es überhaupt erst zu Verschlägen kommen, wenn nicht durch einen Patron, der sich für seinen treuen Klienten einsetzt und seinen Namen, auf welchem Weg auch immer, auf eine Liste möglicher Kandidaten bringt. Es kann doch nicht darauf hinauslaufen, dass sich ranghohe Eques und Senatoren in Zukunft persönlich im Kaiserpalast um ein Amt bewerben müssen? Ich bin daher sehr neugierig darauf, wie diese neuen Wege aussehen werden. Wie werden Besetzungen von Ämtern und militärischen Posten in Zukunft ablaufen?"


    Bewerbungen waren zweifellos ein neuer, interessanter Ansatz, doch es würde das traditionelle System der Patronage vollkommen auf den Kopf stellen und in weiterer Folge wohl dazu führen, dass sich ranghöhere oder wohlhabende Klienten die Frage stellen musste, wozu sie überhaupt noch einen Patron brauchten, wenn dieser nicht mehr im Stande war ihre Karriere zu fördern oder ihren Namen auf eine Besetzungsliste für diverse Ämter und Posten zu bringen. Andererseits war vielleicht genau das in Palmas Sinne. Der Einfluss vieler ranghoher Persönlichkeiten des Reiches baute auf ihre Anhängerschaft, die sie sich mitunter mühsam über Jahrzehnte hinweg aufgebaut hatten. Die Klienten wiederrum vertrauten darauf, das ihr Patron auch weiterhin für sie eintrat und ihrer Karriere förderte. Konnte der Patron dies nicht mehr, so verlor er schlimmsten Falls seine Klienten und damit auch seinen Einfluss. Livianus war gespannt zu hören, wie sich Palma den Ablauf derartige Besetzungen in Zukunft vorstellte.





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