Zum Hügel Quirinal

  • Es war Abend. Wie in Hispania kühlte der Boden der Straßen nur langsam ab und in meinem Cubiculum war es heute nicht sonderlich erfrischend. So stand ich wieder am Fenster , berührte mit der rechten Hand meinen anderen Arm und spürte wie wam meine Haut doch war. Ich trug eine türkise Tunika und ich lehnte es ab eine Palla für diesen Spaziergang zu tragen. Noch ein letztes Mal korrigierte ich meine Kleidung und fasste den Entschluss Constantius entgegen zu gehen. So öffnete ich die Tür meines Cubiculum und erreichte den Flur. Es war angenehm ruhig. Vaters Anwesenheit fehlte mir jetzt schon. In Germania wäre er auch nicht immer bei mir, doch die Entfernung wäre beiweiten nicht so groß wie hier in Roma. Ich erreichte das Cubiculum meines Cousins und dachte dran, mit was er gerade wohl beschäftigt war und ich hoffte das er nicht tot müde im Bett lag. Vorsichtig klopfte ich.


    "Caius? Caius, kann ich reinkommen?"

  • Am Ende des Tages hatte sich Constantius tatsächlich in sein Cubiculum zurückgezogen. Doch nicht um sich wie in den Tagen seiner Grundausbildung von den körperlichen Strapazen der Ausbildung zu erholen. Lag nicht heimlich auf seinen Bett und versuchte einen Moment Entspannung zu finden, um später seinen angegriffenen Zustand besser verbergen zu können. Jedenfalls nicht in diesem Moment.
    Auch stand er nicht gedankenverloren an seinem Fenster und spähte sehnsüchtig in die Abenddämmerung. Jedenfalls stand er nicht dort, als es an seiner Tür klopfte. Hätte Livillia ein paar Minuten vorher in zu erreichen versucht, hätte sie ihn wohl in seiner sinnierenden Pose am Fenster erwischt. Aber so wollte es der Zufall, dass er über einem Pergament gebeugt an einem Tisch dasaß und dieses eindringlich studierte. Ein Pergament seiner Ahnen. Eine Rede des wohl bedeutendsten Ahnen, den sich seine Familie rühmen konnte. Eine Rede des Gaius Iulius Caesar.
    Erst als die Stimme Livillas gedämpft hinter der hölzernen Tür erklang, wurde Constantius gewahr, dass jemand ihn zu erreichen versuchte. Behutsam schob er das kostbare Schriftwerk zur Seite und blickte sich um. Als er sich von seinem Stuhl erhob, trat ein Lächeln auf seine Züge. Er war sichtlich erfreut über diese Unterbrechung


    "Komm nur herein, Livilla.", rief er ihr freundlich entgegen.


    Als sie schließlich die Tür öffnete, offenbarte sich ein kleines Chaos in seinem Zimmer. Ein Haufen Pergamente und kostbare Bücher stapelte sich auf dem einzigen Tisch in seinem Raum. Seine Uniform lag zwar ordentlich gefaltet auf dem Bett, doch das Bett erweckte den Eindruck, als ob ein müder Miles vor nicht langer Zeit darauf gelegen hatte. Constantius selbst jedoch bot keinen zu sehr erschöpften Anblick. Eine eher gräulich als weiße Tunika tragend, schien er durchaus aufgeweckt und aufmerksam. Mit einem Lächeln auf seinen Lippen blickte er Livilla freundlich an.


    "Es ist schön dich zu sehen, Livilla. Kann ich etwas für dich tun?"

  • Leise schloss ich die Türe hinter mir bis ich mich an Constanius wendete. Die Unordnung in seinem Cubiculum registriete ich zwar und vielleicht sollte ich ihn ermahnen, doch etwas ordenlicher zu sein, aber schon immer stören mich diese Kleinigkeiten nicht. So hatte ich dadurch den Vorteil, meine Zimmer auch nicht immer ordenlich halten zu müssen, obwohl es die Aufgabe der Sklaven wäre, denen ich das nicht zumuten wollte. Und seine Tätigkeit der er gerade nachgegangen war schien mich gar nicht so zu überraschen. Was immer er auch gerade gelesen hatte, hatte ich das Gefühl ihn gestört zu haben.


    "Ich wollte dich nicht stören, sollte jetzt meine Gesellschaft unpassend sein, da komme ich später wieder...wenn......."


    Ich unterbrach meinen Satz und ging auf Constanius zu, das Pergament auf seinen Tisch weckte meine Interesse.


    "Was zieht dich so in den Bann, dass du an diesen bezaubernden Abend in deinem Cubiculum sitzt?"


    So stand ich schon neben ihm und blickte ihn fragend an, danach wendete ich meinen Blick dem Pergament zu und erwiderte sein hübsches Lächeln.


  • Constantius schüttelte lächelnd den Kopf.


    „Livilla. Du weißt doch, dass du mich niemals stören wirst. Ganz im Gegenteil. Deine Gesellschaft ist mir weitaus angenehmer als diese trockenen Schriftstücke.“


    Kurz verlor das Lächeln des jungen Mannes an Intensität. Veränderte sich zu einem nachdenklichen Lächeln, denn Constantius war sich einen Moment nicht sicher, ob seine Worte so vorteilhaft geklungen hatten, wie er sie gemeint hatte. Hoffte jedoch, dass Livilla es richtig verstehen würde und ließ sein Lächeln wieder erstrahlen.


    „Es ist nur eine Rede von Gaius Iulius Caesar vor dem Senat. Seine Redekunst ist beeindruckend. Ich wünschte ich hätte nur einen Bruchteil seiner Gabe. Ich hoffe nun, dass ich wenigstens einen Teil erlernen kann, wenn ich seine Reden studiere.“


    Etwas verlegend zu Livilla aufblickend fügte er an.
    „Manchmal glaube ich, dass ich nichts von der Redekunst der Iulier geerbt habe. Doch verrate du mir, warum du dich an so einem schönen Abend in das…“
    Er ließ seinen Blick durch den Raum gleiten
    „..das etwas unordentliche Zimmer eines einfachen Miles begibst. Wäre es nicht schöner diesen wundervollen Abend zu genießen?“

  • Aus einen leichten Grinsen wurde ein Lachen, über Constantius Geständnis. Doch fast wäre durch eine zu schnellen Bewegung der Stappel Pergamente auf den Boden gefallen, konnte ich ihn mit Mühe, noch mit beiden Händen davor hindern. Es tat gut zu lachen und vorallem schwärmte ich von den Gelegenheiten mit Constantius ein bisschen Zeit zu verbringen. Auch verstand ich, das er behauptete das Pergament wäre ihm unangehnmer, sicherlich wollte er mir nur schmeicheln und es als schlecht beurteilen, weil er von mir dachte, das mir daran das Interesse fehlte.


    "Gaius Iulius Caesar, ja seine Redekunst ist beeindruckend, denn seine Worte existieren bestimmt bis in die Ewigkeit, wie auch Roma. Vielleicht übertreibe ich auch ein wenig."


    Zwar lächelte ich, doch mein Blick war ganz auf das Pergament fixiert. Spürte ich dennoch wie Constantius mich beobachtete und sofort wendete ich mich wieder ihm zu.


    "Diese Rede versucht einen förmlich zu verschlingen. Nun, du fragest, weshalb ich dich aufsuche. Hast es denn schon vergessen, was wir vorhatten?"

  • Ein glückliches Gefühl beschlich Constantius als er Livillas heiteres, ungezwungenes Lachen vernahm. Es war schon eine Weile her, dass diesem Raum ein derartiges Geschenk zu Teil wurde. Meist vernahmen die geduldigen, kalten Wände des cubiculums nur das müde Schnarchen eines noch erschöpfteren Soldaten.
    Er ließ seinen Blick einen Moment auf Livillas Antlitz ruhen. War froh darüber, dass sie einen Moment lang wieder so heiter wie damals in Hispanien erschien und bemerkte erst, dass der Stapel Pergamente fast zu Boden gefallen wäre, als Livilla ihn bereits wieder aufgefangen hatte.


    „Ja er und seine Taten, seine Redkunst wird die Ewigkeit überdauern. Keine meiner Taten wird jemals auch nur annähernd aus seinem Schatten treten können. Alles was ich vermag ist seinen Taten keine Schande zu machen“
    Seine Stimme klang nicht verbittert, eher etwas nachdenklich, als hätte er eine wichtige Erkenntnis gemacht und fast akzeptiert.


    Doch seine Augen, kurz ermattet von dieser Erkenntnis sollten erneut freudig aufblitzen, als Livilla sich wieder ihm zuwendete.


    „Wie könnte ich das vergessen. Ich war mir nur nicht sicher, ob du nach dem anstrengenden Mittag noch mit mir den weiten Weg bis auf den Hügel antreten möchtest. Ich hätte es mehr als verstanden, wenn du stattdessen lieber hier geblieben wärest.“


    Er erhob sich schmunzelnd, blieb dicht vor Livilla stehen und blickte sie sanft fragend an.


    „Aber der Ausblick wird dich für den langen Weg entschädigen. Vor allem in der heutigen klaren Nacht wird es wundervoll sein. Also wenn du noch magst, ich wäre mehr als bereit.“

  • "Ach Caius., bitte in meiner Anwesenheit brauchst du dich selbst nicht so kränken. Politiker kennen doch kein anderes Thema, finden sie selten den Frieden auf dem Hügel Quirinal. Ich würde es nicht ertragen, wenn du deine Rede dort üben würdest und mich bittest sie zu notieren. Doch hast du andere Stärken Iulius Caesars geerbt da bin ich mir ganz sicher."


    Hoffnungsvoll, meine Worte würden ihn vielleicht ein bisschen aufmuntern lächelte ich ihm entgegen. Die eine Hand noch auf dem Stappel Pergamente, damit diese nicht wieder versuchten mir zu entgleiten.


    "Glaubst du wirklich ich bin so zerbrechlich, das ich nach diesem Spaziergang heute Mittag nicht mehr den Hügel zumuten könnte? Nein, das lass ich mir nicht entgehen. Ich bin bereit, wenn du es auch bist, liebster Cousin!"


    Ungeduldig nah mich seine Hand und zog ihn näher zu mir. Es galt mehr einer Aufforderung entlich zu gehen und dieses unaufgeräumte Zimmer hinter uns zu lassen. Vaters Abwesenheit hatte auch seine Vorteile, so musste ich ihm nicht um Erlaubnis bitten und Helena hatte auch nie von mir verlangt ihr meine Ausgänge zu berichten. Obwohl meine Tunika hauchdünn war, lehnte ich dennoch eine Palla ab.

  • Es lag ein dankbarer, warmer Ausdruck in seinen Augen, als er er Livillas gut gemeinten Worte vernahm. Ja vielleicht hatte er andere Stärken. Stärken, die dennoch vielleicht nicht ausreichend waren, um ihrer gens das Ansehen wiederzubringen, dass sie verdiente. Lächelnd und leise, da die Distanz zwischen den beiden bereits sehr gering war, antwortete er ihr schließlich.
    „Einmal mehr sehe ich, dass ich das Talent der Redkunst nicht als Gabe von den Göttern erhalten habe, doch dafür bist du damit gesegnet worden, liebste Livilla.“


    Als hätte er wirklich befürchtet, dass sie nach dem Mittagsspaziergang vielleicht keine Lust mehr zu einem noch längeren Spaziergang am Abend haben könnte, lächelte er glücklich, als Livilla seine Hand ergriff.


    „Nein zerbrechlich bist du gewiss nicht. Nur manchmal gibt es eben einen angenehmren Zeitvertreib als einen einfachen Miles auf einen Hügel zu begleiten.“


    Kurz wanderte sein Blick in die Richtung, wo seine Uniform und die entsprechende Ausrüstung lag. War es ratsam den abendlichen Spaziergang vielleicht uniformiert anzutreten? Es wäre ein Verstoß gegen die Dienstvorschrift und würde ihm durchaus Ärger einbringen können. Aber es würde vielleicht auch so manchen Halunken abschrecken. Sein Gedankengang sollte jedoch kein Ergebnis erlangen, als er seinen Blick gen Livilla richtete und in ihre Augen blickte. Sekundenlang verharrte er still in die ihre schauend. Der Glanz in ihren Augen erfreute Constantius, ließ ihn glücklich lächen, denn scheinbar freute sie sich wirklich auf den doch recht langen Spaziergang. Ohne weitere Gedanken zu verschwenden drückte er behutsam ihre hand und zog sie hinter sich her.


    „Dann lass uns besser sofort losgehen. Sonst ist die Sonne bereits untergegangen, bevor ich dir dieses Schauspiel zeigen konnte“


    Es dauerte nicht lange, bis Cousin und Cousine die Casa verlassen hatten und sich auf den Weg zum Hügel Quirinal machten.

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