Am Hafen von Misenum

  • Lange waren sie gereist, die beiden. Zuerst mit der Sänfte nach Ostia, wo Piso die Sklaven hieß, anzuhalten und sie aussteigen zu lassen. Der Ort, wo die kleine Karawane halt gemacht hatte, war direkt am Hafen, und Piso lotste Caerellia über den belebten Hafen, welcher eine seltsam orientalische Atmosphäre hatte. Händler priesen ihre Waren an (welche überproportional viele Gewürze beinhalteten), Redner krakelten über diverse komische Kulte, stark geschminkte Prostituierte wollten sich an Piso ranmachen. Der Flavier schaffte es, diese komische Welt hinter sich zu lassen und das Schiff zu erreichen.
    Er hatte kein eigenes Schiff (auch wenn er sich eine Anschaffung schon lange überlegt hatte), sondern ließ sich zusammen mit der baldigen Vestalin auf einem Handelsschiff mitführen. Es dauerte ein paar Tage, eintönige Tage am Bord eines eintönigen Schiffes, bis endlich Misenum erreicht war.
    Piso hatte Misenum schon lange nicht mehr gesehen. Das letzte Mal hatte er es gesehen, als er damals von Verus eingeladen worden war. Ach, der gute Verus. Irgendwann hatte er das Gerücht gehört, der Decimer sei gestorben, doch das glaubte Piso nicht recht. Er würde sich halt wieder abgesetzt haben, in die Weiten Germaniens.
    Er ging voraus, als es daran ging, aus dem Schiff zu steigen. Mit einem Winken bedeutete er Caerellia zu folgen. Den Wink wandelte er ab in eine Geste, mittels derer er nach links zeigte.
    “Schau, Tiberia, schau dir das mal an. Das ist eine Trireme der Flotte des Kaisers.“
    Tatsächlich stand dort ein gewaltiges Schiff. Es war so, dass das Schiff des Flaviers und der Tiberierin am Rand des Handelshafens von Misenum, direkt bei der Abzäunung zum Militärhafen angelegt hatte.
    Kurz blickte er auf das Schiff, erinnerte sich an die guten alten Zeiten, und wandte sich dann wieder an Tiberia.
    “Wir suchen nun unsere Unterkunft auf. Und morgen, ja, morgen gehen wir zum Tempel der capitolinischen Trias hier in Misenum. Dort wird die Captio vollzogen werden.“
    Während Piso das Mädchen weitergeleitete zu ihrer Taverne, dachte er schon mit Vorfreude auf die religiöse Angelegenheit morgen.

  • Ganz am Anfang hatte sie sich kaum getraut, den Mund zu öffnen. Sie wusste nicht, was sie bei dem Flavier sagen durfte und was nicht, was unangebracht war und was nicht. Immerhin hatte sie Onkel Manius ihr Wort gegeben, der Familie größte Ehre zu bereiten.
    Nachdem es auf das Schiff ging, überwog dann aber die Aufgeregtheit und sie konnte kaum ein paar Sekunden den Mund halten. Sie hatte so unendlich viele Fragen gehabt: Wieso schwimmt ein Schiff? Wie groß ist das Meer? Was gibt es für Fische? Wie groß werden Fische? Wie bewegt sich ein Schiff? Warum sind Wellen auf dem Wasser? Wo sind die Sirenen? Und so weiter und so fort. Es war kein Wunder, dass sie diese Fragen irgendwann nicht mehr dem Flavier stellen konnte, denn er schien ihr auszuweichen. Verständlicherweise. Aber es gab ja noch den Kapitän und ein paar wenige Händler. Die komische Welt vor der Schifffahrt ging an der kleinen Caerellia völlig vorbei. Diese Welt, die sie so sehr fasziniert hatte, als sie nach Rom gekommen war. Von der sie nicht genug kriegen konnte. Die Luft schmeckte sehr salzig.
    Erst am Ende des zweiten Tages wurde es Caerellia furchtbar langweilig. Die Fragen waren ihr ausgegangen, Spielzeug machte alleine auch nur bedingt Spaß. Der Flavier schien selbst furchtbar gelangweilt zu sein und wollte nicht einmal verstecken spielen. Gemeinheit. Aber gedrängelt hatte sie nicht, den guten Eindruck wollte sie wahren.
    Dann aber wurde alles wieder aufregender, denn Piso ergriff wieder erklärend das Wort, als sie sich dem Festland wieder näherten. Seekrank war sie nicht einmal gewesen, obwohl das Schiff furchtbar ungewohnt für ihre Füße war. "Wahnsinn! Die ist ja riesig." staunte das kleine Mädchen und versuchte jeden Quadradmilimeter zu erhaschen - freilich bei der Genauigkeit in der kurzen Zeit ein hoffnungsloses Unterfangen.
    Sie tappste hinter Piso her, wobei sie aber bemüht war, auch durchaus neben ihm zu laufen. Aber manchmal waren seine Beine eben doch zu lang und schnell. Die Nacht schlief sie sehr unruhig. Sie träumte vom Töten von Tieren, von Blut, von Jubel und Trauer. Eine seltsame Mischung.

  • Ein Mann hastete durch die Straßen Misenums. Sein Ziel der Hafen. " Heee, Heeee, Korintus du alte Krake." begrüßte er einen Mann mit Wetter gegerbten Gesicht. Der Alte sah ihn abschätzig, fast angewidert an. " Was willst du Sextinus. " Er mochte den Mann nicht, eine Ratte in seinen Augen. Das einzige was ihn davon abhielt ihm eins mit der Planke überzuziehen, er brachte immer die neusten Informationen. Nie hatte er ihn belogen. " Heute musst du mindestens 2 Dinare rausrücken. Dann erzähle ich dir was, das macht dich vielleicht bald zu einem reichen Mann, wenn du es richtig anstellst." Ein hinterlistiges Lächeln und Händereiben, er wusste was er wusste. Was waren für einen Kapitän wie Korintus 2 Dinare und heute hatte er seine Spendierhosen an. " 1 Dinare gleich, den zweiten nach deinem Gefasel." Sextinus überlegte nur kurz. Es dauerte nicht mehr lange und die Information war keinen Sesterz mehr wert. " Hör zu, hör zu....der Kaiser ist Tod samt seiner Sippe, ermordet. Das lässt die Prätorianer blass aussehen, was?" Korintus starrte ihn ungläubig an. " Du lügst nicht?" er kniff die Augen zusammen. Sextinus wedelte entrüstet mit den Armen und wurde laut. " Habe ich dich jemals belogen??" Kornitus hielt ihm angewidert den Mund zu und hielt ihm 2 Dinare hin. Sofort war Sextinus ruhig, schnappte sich die 2 Dinare und verschwand. Korintus wischte seine Hand angewidert an einem Getreidesack ab. Nachdenklich rieb er sich den Bart und grinste. Es gab sicher einige, die es eilig hatten aus der Stadt zu kommen, weit, weit weg von Italia. Die Aussichten auf extra Dinare ließen seine Augen aufblitzen.


    Keine Stunde später machte es die Runde in den Hafenkneipen und verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. Der Kaiser ist Tod, der Kaiser ist Tod!

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