Seit langem der erste wirkliche Besuch

  • Es war lange her, dass ich hierher kam, um zu lernen. Von den Besten, wie man damals noch in allen Provinzen sagte, sollte man hier das lernen, was einem das Überleben im Kampf ermöglichte, den Aufstieg zu Ruhm und Ehre bedeuten konnte und, das war das Allerwichtigste, die Leben der untergebenen Soldaten retten würde!


    Nun also war ich zurück an diesem Ort, der mich damals so sehr beeindruckt hatte, dass ich mit einigen Kollegen aus den Legionen im Hörsaal kleine Katapulte gebaut hatte und Papyrusfetzen damit umhergeschossen hatte.


    Es waren herrliche Zeiten gewesen. Die Erinnerungen liessen auf meinem Gesicht ein verklärtes Lächeln erscheinen.


    Ich war zurück, zurück nicht als Lernender, sondern als einer, von dem die heutige Generation lernen würde. Ich hatte es geschafft, ich war wieder da, wohin nur die Besten zurückkehrten, die Männer, welche es in ihrem Leben, rein militärisch gesehen, zu etwas gebracht hatten.


    Stolz schritt ich durch die Hallen, guckte in die Vorlesungssäle hinein, hörte hier und da einige Sätze mit, bevor ich mich wieder zurückzog und führte auf den Gängen vielerlei kurze und längere Gespräche mit Studenten.


    Sim-Off:

    Bitte: Wer will?

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  • Einer jener Schüler, die in der Akademie sich aufhielten, das war auch Marcus Flavius Aristides, der her gekommen war, um die Prüfungsfragen für das Examen Tertium dieses Mal persönlich abzugeben. Er hatte viele der Fragen sogar dieses Mal eigenhändig gelöst und nicht seinen Sklaven – Hannibal -dafür heran gezogen, wie er es bei den letzten Beiden getan hatte, aber dieses Mal war ihm gar keine andere Wahl geblieben, denn es hieß, es gab noch eine mündliche Runde zu dieser Prüfung und Marcus wollte nicht gänzlich ahnungslos da hinein gehen und sich zum Affen machen. Und da er sie in tagelanger Arbeit nun selber gelöst hatte, wollte Marcus die Schriftrollen auch selber zum officium bringen. So hatte er heute seine Sänfte bereit gemacht und war vor der Akademie aus dieser hervor gestiegen, um sich dann auf Krücken - im Gefolge seinen Leibsklaven – stützend in das Gebäude zu begeben. Immer die Augen auf den Boden gerichtet, damit er nicht über plötzlich auftauchende Treppen stolperte, humpelte Marcus – in einer dunkelroten tunica und einer grauen paenula gekleidet – durch die Gänge. Immer mal wieder mußte er pausieren und Atem schöpfen, denn es war kein leichtes, auf Krücken gestützt sich längere Zeit zu bewegen. Immer noch war Marcus reichlich blaß im Gesicht und mit Bandagen und Verbänden – sowohl unter seiner Tunika als auch an seinem Bein-, so jedenfalls näherte er sich dem Annaeer und sah ihn erst im letzten Augenblick und ehe sein Sklave ihn vor warnen konnte. Bevor Marcus mit Schwung und den Krücken jedoch in Florus hinein stolperte, sah er die Fußspitzen des anderen Mannes und hob seine Augen an.


    „Verzeihung!“
    , meinte Marcus, selbst wenn noch nichts paßiert war. Kannte er den anderen Mann? Sonderlich bekannt kam er ihm nicht vor.
    „Gleichzeitig nach oben schauen und mit den Krücken laufen würde mich wohl überfordern!“
    , gab Marcus mit einem breiten Grinsen zu.

  • Beinahe wurde ich von einem Mann mit Krücken "überrannt". Zum Glück war ich nicht ganz so sehr in meinen Gedanken versunken, wie ich gedacht hatte, so dass es nicht zu einem Zusammenstoss kam.


    Salve! Nichts ist passiert!


    Verwundert war ich ob der Tatsache, dass dieser offensichtlich noch schwer verletzte Mann sich hier in der Academia gleich persönlich zeigte. Obgleich seine Kleidung und Aufmachung ihn als Patrizier kennzeichnete, war dies hier militärisches Gebiet und ich ihm mindestens ebenbürtig, also stellte ich meine Frage.


    Was bringt denn einen Verletzten wie dich in die Academia Militaris? Sicherlich muss es wichtig sein, dass du nicht deinen Sklaven schickst.

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  • Von der Anstrengung waren Marcus' Wangen gerötet, die Humpelei hatte ihm etwas Schweiß auf die Stirn getrieben. Marcus lehnte sich auf die rechte Krücke und ließ sich von seinem Sklaven, der ihm auf den Fuß folgte, ein Tuch reichen, womit er sich die Stirn abwischte. Herrje, wenn man so humpelte und stolperte, sich anstrengte, konnte man zwar leicht mal die Höflichkeit vergeßen, aber ganz und gar, das ging ja nicht an, so befand Marcus – und hätte sicherlich auch seine Mutter, die bei solchen Gelegenheiten nur eine minimale Bewegung mit den Augenbrauen machte, dennoch damit gekonnt ihre Mißbilligung ausgedrückt hätte über Marcus Verhalten, bzw. dem mangelnden Gruß. Er reichte das Tuch an seinen Sklaven zurück.


    Salve!“
    , holte Marcus nun den Gruß nach. Das war eine gute Frage, die Florus stellte, denn eigentlich war es ja völlig hirnverbrannt von Marcus gewesen, jetzt schon die villa zu verlaßen, aber er hatte die Ergebnisse selber bringen müßen, so zufrieden war er damit, selber Hand angelegt zu haben. Aus dem Grund glomm auch prompt der Stolz über das eigenhändige Lösen der Fragen in Marcus auf, seine Augen blitzten – trotz der Verletzung! - vergnügt und er lächelte breit.
    „Oh, ich habe gerade das dritte Examen gelöst und möchte unbedingt selber die Antworten abgeben!“
    Marcus Lächeln wurde zu einem schiefen Grinsen.
    „Ich will mal hoffen, daß die Antworten auch richtig sind!“
    Aber das würde er erst in einiger Weile erfahren, wenn derjenige, der dafür zuständig war – und das wußte Marcus nicht so genau, wer das tat! - die Antworten korrigiert hatte.
    „Aber wenn ich mich vorstellen darf? Ich bin Flavius Aristides, centurio der legio Prima!“

  • Ein ganzer Schwarm an Sklaven schien diesen Patrizier zu umgeben und dennoch humpelte er durch die Gänge, ein wahrlich sonderbares Bild war dies. Ich musterte den Mann genauer. Sonst fiel mir nicht gerade viel an ihm auf.


    Als er mir den Grund seines Kommens nannte, zog ich die Augenbrauen hoch. Na DAS musste ja mal etwas ganz Neues sein, wenn einer die Fragen wirklich alleine löste, vorallem ein Patrizier, aber das konnte ich ihm ja nicht gerade so unter die Nase reiben.


    Flavius Aristides, Centurio der Legio Prima. Soso! Erneut musterte ich den Mann bevor ich weiter sprach.


    Mein Name ist Annaeus Florus, Praefectus der römischen Flotte und stellvertretender Kommandant der Academia. stellte ich mich nun ebenfalls vor. Die Höflichkeit gebot dies, auch wenn ich den Patrizier gerne noch etwas im Unklaren über mich gelassen hätte. Ich hatte nichts gegen Patrizier, ganz im Gegenteil, doch war es manchmal schwer zu erkennen, ob man nun einen solchen vor sich hatte, der auch arbeiten konnte, oder einen, der sich nur am seinem Status ausruhte.


    Das Examen Tertium also. Dann will ich hoffen, dass du es wirklich selbst gelöst hast, denn deinen Sklaven würde das Wissen nichts nutzen. Du jedoch wirst dieses hoffentlich in der Legio I nutzen können, damit die Verluste bald behoben sind und sich in Zukunft noch enger in Grenzen halten.


    Die Parther haben euch dort im Osten ja wirklich hart zugesetzt, auch wenn man nicht jedes Gerücht glaubt, das sich hier in Rom verbreitet.


    Das war nun auch als Frage zu verstehen, denn schliesslich hatte ich hier einen Rückkehrer vor mir, glaubte ich mindestens.

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  • Die Krücke, auf die sich Marcus lehnte, bot ihm immerhin einen guten Halt, vorsichtig setzte er die Ferse seines verletzten Beines ab, ganz sachte, damit die Erschütterung nicht den Schmerz durch sein gebrochenes Bein hinauf jagen ließ und ihn womöglich zu unwillkürlichen Schmerzenslauten animiert hätte, nein, das wäre der dignitas wahrlich abträglich, selbst wenn Marcus eigentlich sonst wenig darauf gab. Mit einem zustimmenden Nicken und einem gutmütigen Lächeln ließ er geduldig die Musterung über sich ergehen, seinerseits betrachtete er Florus und fragte sich, ob er wohl auch einer Einheit in Italia diente oder von weiter her kam; die Ahnung, ebenfalls einen Soldaten vor sich zu haben, war auch nicht ganz abwegig, schließlich befanden sie sich in der Militärakademie und nicht auf dem forum romanum, selbst wenn sich in der Akademie erstaunlich viele Zivilisten tummelten, um mit den Examen einen Hauch von militärischen Ruhm zu erhalten oder einfach, weil sie diese für ihre Karriere brauchten, was ja bei Marcus auch nicht anders war, selbst wenn es noch rein hypothetisch war, wofür er die Examen eines Tages gebrauchen könnte. Annaeus Florus? Der Name sagte ihm auf Anhieb erst mal nichts, außer daß der Name der gens Annaea natürlich sehr berühmt war und auch einige bedeutende Männer aus diesem Geschlecht hervor gegangen sind, gerade im letzten Examen hatte Marcus einen Namen mehrmals gelesen, einer, der wohl maßgeblich auch die Geschichte und die Geschicke des Imperiums gelenkt hatte – Seneca. Ob die Beiden wohl miteinander verwandt waren?


    Stellvertretender Kommandant der Akademie? Aber hoppla, noch mal Glück gehabt, denn Marcus hätte sonst wohl – so war nun mal sein lockeres Mundwerk – gleich aus dem Nähkästchen geplaudert, wie er beim zweiten Examen geschummelt hatte, indem natürlich sein Sklave die Fragen gelöst hat und Marcus sie noch mal abgeschrieben hat. Womöglich hätte Marcus auch noch gestanden, wie nervös er vor diesem Kolloquium war und sich sicher war, dort nicht wirklich eine gute Figur machen zu können, dafür war er immer viel zu kopflos, wenn ihm Fragen gestellt wurde, so nervenschwach, daß sein Geist wie ein leeres papyrus war. Verblüfft blinzelte Marcus dann doch als Florus so meßerscharf darauf schloß, was Marcus eher unter den Tisch fallen gelaßen hätte, da er nun mal doch dann jemanden vor sich erkannte, der ihn leichterhands durchfallen laßen konnte. Herrje!


    „Öhm...“
    , murmelte Marcus ein wenig ertappt, aber er riß sich dann doch zusammen.
    „Die Fragen habe ich schon selber gelöst...“
    Dieses Mal! Aber das erwähnte Marcus nicht, dennoch war er so verlegen, daß sein Nacken etwas an Röte gewann, sein Gesicht wurde immerhin gut von der starken Bräune getarnt, daß er in all den Monaten und dem langen Feldzug unter der orientalischen Sonne gewonnen hatte. Dignitas, Marcus, dignitas. Marcus lächelte schief.
    „Doch, es war schon interessant sich mit den Fragen zu beschäftigen, doch ehrlich gesagt, glaube ich weniger, daß diese Fragen mir sehr viel für meinen täglichen Dienst nützlich sein werden, die vorigen Examen waren doch sehr viel mehr Praxisbezogen, schließlich wird mich kaum einer meiner Soldaten nach der Geschichte der Kaiser fragen, mehr, nach den Dingen, die das Lagerleben oder gar den Krieg betreffen.“


    Ob er es wagen konnte, dezent oder gar dreist und offen zu fragen, was denn bei diesem Kolloquium wohl behandelt wird? Vielleicht später! Marcus nickte auf die Frage oder die Aussage von Florus, der subtile Unterschied entging Marcus in dieser Hinsicht völlig.
    „Es war ein harter und oftmals bitterer Feldzug, aber wir haben den Parthern doch zeigen können, daß sie römisches Territorium und die Freunde des Imperiums nicht ungestraft angreifen können, sie werden sich auch erst mal in ihr Gebiet zurück ziehen und das römische Land unbehelligt laßen. Sonst müßen wir wohl noch mal Krieg gegen sie führen!“


    Gleich in den nächsten Tagen würde er zu den Göttern beten, daß sie die Parther erst mal in ihrem Land hielten. Selbst wenn es nicht der Krieg war, den Marcus fürchtete, es war mehr die Aussicht, noch mal die lange Zeit in diesen Ländern verbringen zu müßen.
    „Präfekt bei der Flotte?“
    Marcus Augen blitzten auf, denn er liebte die Schiffahrt über alle Maßen, in einem anderen Leben, in weit entfernter Zukunft hätte Marcus gewiß einen blauen Waffenrock gewählt und hätte bei einer ganz bestimmten Seeflotte gedient.
    „Gehört die Flotte von Ravenna auch dazu? Ich muß sagen, die Flotte, die uns nach Antiochia gebracht und auch abgeholt hat, das waren wirklich vorbildliche Seeleute. Es lief alles reibungslos und das bei so vielen Schiffen, das stelle ich mir ungeheuer kompliziert vor, das zu koordinieren. Zudem...ach ja, Schiffsfahrten sind doch wundervoll, hm?“

  • Da bin ich doch einmal wirklich erfreut! antwortete ich auf die Ansage, dass der Flavier die Fragen alleine gelöst hätte. Es war sicherlich nicht ungewöhnlich, doch traten eben leider in der letzten Zeit immer häufiger Fälle ein, in welchen Kandidaten bei Gesprächen sonderbar wenig Ahnung der Materie hatten, welche eigentlich schon in den ersten Prüfungen hätte gelernt werden sollen.


    Was die Alltagsbezogenheit der Fragen angeht, welche dir im Examen Tertium gestellt wurden, so kann ich dir sicherlich Recht geben. Sie beziehen sich weniger auf den Alltag, als auf die Hintergründe unserer Grösse, die Errungenschaften unserer Vorfahren und das Wissen, welches uns, dir, deinen Kollegen, die Fähigkeit geben soll, aus der Geschichte heraus die richtigen Entscheidungen zu treffen.


    Was die Parther angeht, so ist gerade in dieser Hinsicht die Geschichte sicherlich sehr hilfreich! Lernt man aus diesem Feldzug nichts für die Zukunft, fragt man in 20 Jahren die Kandidaten nicht nach den Erfahrungen welche ihr dort drüben gemacht habt, dann ist die Chance gross, dass die nächste Generation dieselben bitteren Erfahrungen erneut machen muss. Das war nun mein voller Ernst und meine Mimik liessen dies auch erkennen.


    Die Flotte von Ravenna hat ihren eigenen Präfekten, doch genoss mein Wort in den Ohren des verstorbenen Kaisers mehr Gewicht. Das war übrigens ebenfalls im Verlauf der Geschichte immer schon so. Die 2 Präfekten von Ravenna und Misenum sind zwar gleichgestellt, doch den eigentlichen Oberbefehl über die gesamte Flotte hat der Präfekt von Misenum.


    Danke für das Lob. Ich werde zusehen, dass es die richtigen Männer erhalten!

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  • „Du gestattest?“


    Marcus deutete auf eine Bank aus Stein, die direkt in ihrer Nähe war, aber lange auf den Krücken zu stehen, das wurde Marcus doch wiederum zu ungemütlich, Legionsleben hin oder her, und zu den wirklich durch trainierten Soldaten gehörte Marcus auch nicht mehr, nicht, seitdem er centurio war und ein komfortableres Leben genoß, selbst wenn er immer noch trainierter war als manch ein alter Senator, der gewiß keine sechzig Herzschläge in einem richtigen Gefecht und Scharmützel durchhalten würde, das konnte Marcus bei weitem länger und mußte er auch, um eben den Soldaten seiner Einheit ein Vorbild zu sein. Aus dem Grund hatte sich Marcus auch die eine oder andere Narbe in seiner Laufbahn eingehandelt, aber besser, als als Feigling verschrien zu sein. Mit drei Schritten war Marcus jedenfalls an die Bank gehumpelt und nahm mit einem leisen Ächzen darauf Platz, sein Bein legte er vorsichtig ab, selbst wenn ein kurzer Schmerz durch seine Wade zuckte, so war das doch allemal besser als es die ganze Zeit hoch zu halten. Einen Moment dachte Marcus über die Worte von Florus nach, natürlich war es nicht das erste Mal, daß er die Aussage hörte: Aus der Geschichte lernt man für die Zukunft. Nein, schon sein paedagogus – nur welcher von den vielen alten Griechen? - hatte das schon mal zu ihm gesagt; als Marcus darauf hinwies, daß Geschichte langweilig sei und man sowieso nichts mehr daran ändern konnte, warum sich dann mit den alten Kamellen langweilen. Ja, um die Lernmoral war es in Marcus' Kindheit und Jugend nicht zum Besten gestellt gewesen. Langsam jedoch begriff Marcus, wie viel ihm dadurch entgangen war; aber das Lesen, wie auch das Schreiben, fiel Marcus einfach ungemein schwer, er mit seiner Leseschwäche, die er sich nie eingestehen wollte.


    „Da magst Du durchaus Recht haben!“
    , gab Marcus zu, selbst wenn ihm heute noch nicht klar war, was an den Fragen ihn bei zukünftigen Entscheidungen helfen würde. Aber die Examina waren eindeutig für Männer gemacht, die eines Tages selber führen wollten und auch höhere Ränge bekleiden sollten, da war eine gründliche Ausbildung bestimmt ganz gut. Und womöglich erkannte Marcus die Weisheit hinter jenen Worten dann und in der fernen Zukunft, wie oft, wenn ihm kluge Dinge gesagt wurden.
    „Aber es ist natürlich interessant, wenn ich darüber nachdenke, daß in einer Generation womöglich die Männer daraus lernen, was wir in der Fremde getan haben.“
    Marcus lächelte, selbst wenn keiner von jenen Männern an einen Flavius Aristides dabei denken würden, wenn sie von dem Krieg sprechen würden, so fühlte sich Marcus dennoch ein Teil von dem Großen und Ganzen.


    Das Gespräch auf die Flotte zu lenken, das behagte Marcus durchaus, denn - wie schon erwähnt! - hegte Marcus eine innige Liebe zum Meer und allem, was dazu gehörte. Er stellte es herrlich vor, Kommandant eines Schiffes zu sein, ein Teil von ihm sehnte sich danach. Ein Dienst auf dem wogenden, blauen Meer um Italia oder gar unbekannte Gefilden.
    „Die Flotte in Misenum, ich muß sagen, ich habe sie immer in guter Erinnerung. Ich bin in Baiae aufgewachsen und fand es immer wundervoll einen Ausflug nach Misenum zu machen und dort all die Schiffe in der Umgrenzung der Hafenmole zu betrachten, einfach wundervoll. Aber auch, wenn die Schiffe an unserem Küstenabschnitt vorbei gesegelt sind, war das immer ein erhebender Anblick.“
    Er lächelte breit und versonnen.
    „Ich bin jedoch erst mit der Überfahrt nach Syria dazu gekommen auf einem solchen Kriegsschiff mitzufahren. Wie ist das, praefectus, begleitest Du öfters die Flotte auf dem Meer?“

  • Ein Nicken meinerseits zeigte erst einmal an, dass ich nichts dagegen hatte, wenn wir uns setzten. Ich setzte mich also neben ihn, als er seinen lädierten Körper richtig platziert hatte.


    Nun, die Arbeit als Praefectus ist eher diejenige eines Stubentigers, als eines Frontsoldaten. Ich komme nur äusserst selten dazu, selbst zu trainieren und noch seltener bin ich auf den Manövern dabei. Die meiste Zeit verbringe ich hier in Roma, mit der Koordination aller notwendiger Dinge.


    Für die Führung der Castella sind die Nauarchen zuständig.

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  • Es tat doch gut zu sitzen, schon nach einem kurzen Moment tat sein Bein viel weniger weh und das Kribbeln an seinen Zehen verschwand wieder, nur ein unangenehmes Jucken, was er öfters mal verspürte, tauchte unter dem Verband auf, eine Stelle, wo er natürlich nicht allzu gut heran kam, Marcus verzog einen Moment das Gesicht und tastete vorsichtig über den Verband hinweg, aber der Schmerz, der darauf hin kam, war schlimmer als das Jucken, darum lehnte sich Marcus wieder zurück und suchte danach, sich mit dem Gespräch von der kleinen Unannehmlichkeit abzulenken. Ein Stubentiger? Marcus mußte bei der Wortwahl grinsen, ein Soldat in der Verwaltung, da erschien ihm der Ausdruck durchaus paßend zu sein, obwohl...wenn Marcus darüber nachdachte, hieß es noch lange nicht, daß Florus ein richtiger Soldat war, womöglich ein Mann, der als Ritter sich zu dem Posten hoch gedient hatte und noch nie im Felde gestanden hatte, aber Marcus wußte es einfach nicht.


    „Das erscheint mir bedauerlich zu sein, hm? Schließlich hat es doch auch etwas für sich, wenn man ab und an auch raus kommt und sich nicht nur mit Schriftkram und Verwaltungsorganisation abplagen muß, oder?“
    Zumindest würde es Marcus so gehen, einen Posten in einer Schreibbude, das wäre nichts für ihn und auch nichts für die Mitarbeiter und die Nachwelt, die seine Sauklaue hätte entziffern müßen.
    „Aber immerhin, Rom ist eine prachtvolle Stadt, ich denke, manch ein Kommandant beneidet Dich sicherlich um die Gelegenheiten, die Du hier, mit und am Rande Deiner Arbeit hast.“
    Zumindest ging es Marcus so, selbst wenn er nur Kommandant im Kleinen war, nämlich von 160 Mann – die im Moment nicht 160 Mann waren, des Krieges wegen!

  • Ja, ich bin absolut froh, dass ich nicht mein ganzes Leben lang in einer Schreibstube gedient habe. Meine Erfahrungen im Felde haben mir immer geholfen und mir immer den Respekt der Männer gesichert. Ich kann es nur jedem hohen Offizier und jedem Patrizier empfehlen, sich eine Einheit für seinen Dienst zu suchen, in welcher er auch zum Einsatz kommt, sei es auf Wache oder in der Ausbildung. Krieg muss es ja nicht immer sein, darauf hätte auch ich manchmal gerne verzichtet, doch es gibt keinen besseren Lehrer.


    Einige Bilder kamen wieder in mir hoch, von gekreuzigten Römern und gnadenlos abgeschossenen Zivilisten, von belagerten und brennenden Städten, von Hispania und Germania. Ich schloss die Augen und versuchte mir das angenehme Leben in Misenum vorzustellen.


    Da ist meine jetzige Position wirklich viel angenehmer. Und nach dem Kaiser bin ich momentan in Italia ja faktisch sogar der mächtigste Mann, das ist auch nicht ganz ohne Reiz.

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  • Schon seit einiger Zeit hatte es in Marcus zu dämmern begonnen, irgendwann im Krieg war es gewesen, daß er ahnte, wie sehr ihn die Legion verändert hatte, Welten schienen zwischen dem Mann zu liegen, der er einst war, vergnügungssüchtig, ohne Sinn für die Pflichten und die damit verbundenen Arbeiten, die ein Römer für das Imperium zu leisten hatte, nein, damals war das Einzige, was er vollbracht hatte, das Geld seiner Mutter zu verjubeln und das Erbe, was ihm sein Vater hinterlaßen hatte, doch das Leben als Soldat, der sich vom probatus hoch gedient hatte, hatte ihn auch geprägt; womöglich war das auch der Grund gewesen, weswegen ihn seine Mutter zum Dienst in der Legion genötigt hatte, besaß sie doch meist mehr weise Voraussicht als es Marcus tat. Selbst wenn Marcus immer noch ein Hedonist war, so war die Erkenntnis in ihm gereift, daß so ein Dienst einen wichtigen Sinn für ihn und sein Leben besaß und nicht nur eine unnötige Pflicht war. Somit konnte er Florus – also doch ein Soldat, kein reiner Stubenhocker – beipflichten mit einem marginalen Nicken seines Kopfes.


    „Da muß ich Dir Recht geben, viele verstehen wohl, wenn sie es nicht selber einmal erlebt haben, was es heißt Soldat zu sein – insbesondere in den Krieg zu ziehen!“


    Marcus' Gesicht verdüsterte sich ein wenig.
    „Der Krieg...mir scheint, hier in Rom sind die Menschen nur zufrieden, wenn die Soldaten einen Sieg nach dem Anderen herein bringen, sie verlangen schier unmögliches von den Soldaten, wollen, daß wir die Siege erbringen, die schon so vielen Feldherrn vor unserer Zeit verwehrt blieben!“


    Seine Augen fixierten einen Herzschlag lang grimmig den Marmorboden vor seinem verletzten Fuß, ehe sich seine Züge wieder glätteten und er auf sah.
    „Verzeih', ich habe nur einen Artikel der acta, den ich gerade heute morgen mit vor...ähm...gelesen hatte, vor Augen. Darin verunglimpfen sie uns – die heimgekehrten Soldaten-, während sie über eine andere Zeitung her ziehen. Daran merkt man den Unterschied zwischen einem Zivilisten und einem Soldaten, der ahnt, was man im Krieg erlebt und was es bedeutet, in die Heimat zurück zu kehren.“


    Der düstere Ausdruck verschwand aus Marcus' Gesicht, so schnell wie er gekommen war, als er an die letzten Worte von Florus dachte.
    „Das kann ich mir vorstellen! Bist Du auch dem praefectus urbi weisungsbefugt?“

  • Ja, die Zivilisten und der Krieg, das wird wohl nie ein wirklich gutes Gespann werden. Du solltest die Zeitungen schreiben lassen, was sie wollen. Nach der Sache in Germania schrieben sie auch nicht nur Gutes und dennoch kamen wir zu einem Triumph und ich zu einer persönlichen Ehrung durch den Kaiser.


    Kurz waren meine Gesichtszüge verklärt, als ich an diesen Moment zurückdachte und mir klar wurde, wie alt ich seither geworden war, dass dieser Kaiser nun tot war und sein Nachfolger auf dem Wege nach Rom, dass ich nicht mehr der junge, dynamische Mann von damals war, und, und, und.


    Der Praefectus Urbi? nahm ich die Frage auf. Weisungsbefugt bin ich ihm nicht gerade, nein, doch wenn ich ein Anliegen habe, oder eine andere Meinung, dann besprechen wir das zusammen, weil es nicht gut wäre, wir würden auf unterschiedlichen Seiten stehen. Er hört mir zu und ich höre ihm zu. Da ist keine gegenseitige Befehlsgewalt, aber eine grosse Portion Menschenverstand und vorallem das Bewusstsein darüber, was eine Auseinandersetzung zwischen uns für Italia bedeuten könnte.

  • So viele Jahre war es gar nicht her gewesen, daß Marcus selber mal ein Zivilist gewesen war, der sich keine Vorstellung hätte machen können, was man als Soldat alles leisten und erdulden mußte, in seinem Kopf war damals nur die ominöse Vorstellung gewesen, daß Soldaten in den Krieg zogen und wenn sie keinen Krieg führten, eben Straßen und Häuser zu bauen hatten, doch nun konnte er sich nicht mal mehr vorstellen, daß man nicht sich mit dem Soldatenleben auskannte. Er nickte auf die Worte von Florus hin, ja, das klang sehr einleuchtend, was er da sagte, aber ob der neue Kaiser wirklich viel von ihren Taten in Parthia halten würde? Schließlich war sein Vater dort gestorben, im Herzen des Lagers und inmitten vieler Soldaten. Marcus seufzte leise und versuchte die Hoffnung nicht aufzugeben.


    „Da hast Du wohl Recht!“
    , meinte er zu Florus und lehnte sich ein wenig zurück, bis er die Wand am Rücken spürte. Gegenseitige Befehlsgewalt? Das klang auch recht schlau, Marcus hatte von solchen Dingen leider noch keine Ahnung, seine Welt beschränkte sich dann doch mehr auf die Legion und seine Einheit; er nickte jedoch und lauschte Florus aufmerksam, wer wußte schon, ob er das Wißen nicht eines Tages gebrauchen könnte, vielleicht für das vierte Examen.
    „Ah so, so ist das. Gut zu wißen, praefectus! Aber man lernt nie aus.“
    Leider, wie Marcus befand. Den Spruch, daß man sein ganzes Leben lang lernte, den erfuhr er immer mehr am eigenen Leibe, aber eigentlich hatte er gehofft, daß er irgendwann genug für das Leben gelernt hätte. Noch war es jedoch nicht so weit.
    „Darf ich fragen, was Dich heute zur Akademie führt? Ist es Deine Tätigkeit als stellvertretender Kommandant hier?“

  • Zur Hälfte sicher. Ausserdem wollte ich einfach wieder einmal hier sein. Es ist lange her, seit ich die abschliessenden Arbeiten der letzten Kurse hier geschrieben und abgegeben habe.


    Das die Zahl der Männer, welche alle Kurse belegt und bestanden hatten noch recht klein war, das rieb ich dem Mann nun nicht unter die Nase, auch nicht, dass ich stolz darauf war, dazu zu gehören.

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  • Zur Hälfte sicher? Marcus grübelte noch über die Worte nach, die ihm nicht ganz einleuchtend erklärten, warum jetzt Florus an der Akademie war, aber wahrscheinlich waren das höchst vertrauliche Angelegenheiten. In geheimer Mission womöglich, streng geheim, mit einem dicken Stempel auf der Akte, zumindest einem dicken, roten Siegel, das nicht gebrochen werden durfte. Aber schon die nächsten Worte riefen Fragen in Marcus wach, die er auch gleich stellte.


    „Abschließende Arbeiten? Meinst Du das vierte Examen? Ist das auch eine Prüfung wie die Drei zuvor? Und gibt es dort auch ein Kolla...ähm...Kol-lo-qui-um?“
    , fragte Marcus, nicht ohne Hintergedanken, ob es nicht mal für ihn wichtig werden würde. Schließlich war er schon am Dritten dran, da war die Überlegung, das Vierte hinter her zu machen, nicht ganz abwegig.

  • Das Reglement für das Examen Quartum legt der Kommandant fest. Damals war es eine Arbeit, welche in den Nachschlagewerken für angehende Kommandeure verankert wurde. Jeder Bewerber schrieb über eine Einheit. Möglichst umfassend und genau, von der Gründung bis in die heutige Zeit.


    Desweiteren habe ich eine militärisch historische Doktorarbeit an der Schola Atheniensis geschrieben, welche mir auch hier angerechnet wurde, respektive sicherlich ein Teil meiner Ernennung zum stellvertretenden Kommandanten war.

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  • Respektive? Das klang sehr schlau das Wort, Marcus kannte es nicht und hatte keine Ahnung, was Florus damit meinte, aber Marcus nahm sich vor, das bei seinem Vetter Gracchus in der villa mal nachzufragen, sofern er sich bis nach Hause das Wort überhaupt merken konnte, er nannte es drei, vier Mal in seinem Geiste, bis er glaubte, es wenigstens eine hora zu behalten und nickte, selbst wenn er auch nicht schlaues zu dem Gesagten beitragen konnte, insbesondere was die Geschichte der Militärakademie anging. Marcus rutschte auf der Steinbank etwas hin und her, hätte dabei beinahe eine Krücke auf den Boden geworfen, und sah Florus kurz grübelnd an; sollte er es wagen? Ach, warum nicht? Mehr als Durchfallen konnte er bei dem nächsten Examen dadurch auch nicht, wenn er sich jetzt so ahnungslos offenbaren würde, womöglich half es ihm jedoch beim Kolloqium, wenn er sich jetzt schon nützliches Wissen aneignete – auch wenn er bestimmt die Hälfte davon wieder vergaß.


    „Nachschlagewerk für Kommandanten? Was ist das genau, wenn ich fragen darf? Eine Schriftensammlung? Alles, was ein Kommandant wißen muß?“
    Was sehr praktisch wäre, so ein kleines Handbüchlein für das richtige Kommandieren, zumindest für Marcus wäre es das, selbst wenn er es sich immer vorlesen laßen müßte, die Kopfschmerzen beim langen Lesen waren einfach für ihn zu unerträglich.
    „Und zur Geschichte...die Schola...die Militärakademie gehört aber nicht dazu, hm? Und ist die Schola denn schon alt?“

  • Also eine Schriftrolle mit Befehlen oder so ist das nicht, falls du dir das so vorgestellt haben solltest. Das wäre ja auch zu einfach, wenn ein richtiger Krieg sich mit Buchrollen gewinnen lassen würde!


    Nein, vielmehr geht es um gesammelte Artikel welche hier in der Academia in der Bibliothek liegen und den angehenden Kommandanten für ihre Studien zur Verfügung stehen.

    Sim-Off:

    Konkret: Artikel im Wiki :D


    Was die Schola angeht, so ist sie gänzlich unabhängig von der Academia und es gibt sie doch schon so lange ich mich erinnern kann.

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  • Wenn sich ein Krieg mit Buchrollen gewinnen ließe, dann wäre wohl sein Vetter Gracchus schon längst Kaiser von Rom, so viel, wie sich dieser damit und solchen Dingen beschäftigte; Marcus' Mundwinkel zuckten bei der Vorstellung, doch, sein Vetter würde bestimmt ein guter Kaiser sein können, aber Marcus bezweifelte, daß jener auch solche Ambitionen nur im entferntesten Sinne hegte. Zustimmend nickte Marcus, selbst wenn er doch ein wenig enttäuscht war, daß es nicht so eine Art Handbuch gab, womit das Kommandieren doch leichter wurde, selbst wenn Kriege damit nicht geschlagen werden konnten. Marcus streckte sich ein wenig und versuchte seine Zehen unter dem Verband zu bewegen, was einen scharfen Schmerz durch sein Bein schickte.


    „Hmh, da hast Du wohl Recht, selbst wenn Schriftrollen bei der Kriegsführung bestimmt helfen können!“
    Wobei Marcus da keine konkrete Vorstellung hatte, er hatte weder ein größeres Kommando geführt, noch sich im Krieg mit Schriftrollen beschäftigt.
    „Klingt auf jeden Fall sehr interessant!“
    , meinte Marcus diplomatisch; denn im Grunde interessierte sich Marcus nicht für solche Dinge wie Abhandlungen, etc., dafür war er doch zu lesefaul, aber vielleicht konnte sein Sklave für ihn alles lesen und dann zusammen faßen.
    „Ah so ist das!“
    Marcus nickte bei der Antwort von Florus. Wirklich Ahnung von der Geschichte hatte Marcus ja – wie schon erwähnt – nicht wirklich.
    „Ich hoffe, ich halte Dich nicht von einer wichtigen Aufgabe ab?“
    , fragte Marcus. Denn jemand, der in Italia an ziemlich oberster Spitze vom Rang stand, zudem noch in der Militärakademie viel zu sagen hatte, der mußte bestimmt schwer beschäftigt sein, im Gegensatz zu einem einfachen centurio, der gerade seinen Krankenurlaub hatte.

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