Contio des Collegium Pontificium

  • Am frühen Nachmittag jenes Tages traf sich das Collegium Pontificium in der Regia auf dem Forum. Den Vorsitz führte - wie seit geraumer Zeit schon - der Rex Sacrorum, Gnaeus Fabius Antistes, der Nachkomme zahlreicher Consulare, der aber leider selbst von jeglicher politischer Tätigkeit ausgeschlossen war.


    Mit einer Stimme, die bereits viele Worte gesprochen hatte - er war immerhin auch nicht mehr der Jüngste - eröffnete er die Sitzung mit einem kleinen, unblutigen Opfer für die Göttertrias. Erst danach nahm er seinen Platz in der Runde der Pontifices, der Flamines und der Pontifices Minores ein. Einige Stühle waren unbesetzt und das war der Grund der Zusammenkunft.


    "Hiermit eröffne ich die Contio Decima diesen Jahres."


    Er sah hinüber zu Valerius Mercurinus, seinem Schreiber, der in einer Ecke saß und alles protokollieren durfte. Dann fuhr er fort.


    "Warum ist der Flamen Dialis nicht anwesend?"


    Er sah auf den verwaisten Platz zu seiner Rechten, wo normalerweise der Flamen mit seiner etwas gewöhnungsbedürftigen Tracht saß. Ein Pontifex Minor, der sich um derartige Dinge kümmerte, meldete sich.


    "Der ehrwürdige Flamen Dialis laboriert an einer Krankheit, Rex. Ebenso darf ich entschuldigen..."


    Er sah auf eine Tabula, die er bei sich hatte.


    "...den Pontifex Maximus aus bekanntem Grund, weiterhin ist der Pontifex Curtius Rufus und Pinarius Dorso aufgrund einer Krankheit verhindert. Schließlich darf ich noch Servilius Macerinus entschuldigen. Er befindet sich auf Dienstreise nach Gallia."


    Das war alles nichts Neues, denn der Flamen war schon längere Zeit krank, mit Postumia Serena, der Gattin des Curtius Rufus hatte der Rex Sacrorum selbst vor einiger Zeit gesprochen - er war einfach langsam etwas alt für diesen Job, der Kaiser...nunja. Jedenfalls war es höchste Zeit, das Collegium zu ergänzen und das war wohl die wichtigste Aufgabe für heute.


    Dennoch begannen die Priester mit den allgemeinen Fragen und Aufgaben des Collegiums, die sich über den letzten Monat angestaut hatten...




  • Nach einer Debatte über einen Tempelbau in einem unbedeutenden Bezirk Roms, der allerdings abgelehnt wurde, kamen sie zu dem Punkt, der dem Rex Sacrorum seit längerer Zeit am Herzen lag.


    "Kommen wir also zu einem wichtigen Problem, das uns alle seit langem beschäftigt. Wie wir sehen, lichten sich die Reihen unseres Collegiums seit geraumer Zeit immer weiter. Manche Plätze wurden seit jenen furchtbaren Geschehnissen vor einigen Jahren nicht mehr besetzt, andere leiden unter dem hohen Alter ihrer Inhaber - nicht, dass ein hohes Alter grundsätzlich schädlich wäre, doch zeigt das Alter auch seine Begleiterscheinungen. Beispielsweise muss unser ehrenwerter Collega Curtius Rufus seit längerem das Bett hüten.


    Aus diesem Grunde bin ich nach einhelliger Beratung mit einigen von euch zu dem Entschluss gekommen, dass wir die Reihen dieses höchst bedeutenden Collegiums wieder zu füllen haben um unseren Pflichten in zufriedenstellendem Maße gerecht zu werden.


    Dies allerdings stellt uns vor die schwierige Frage, durch wen dies geschehen könnte. Wir alle wissen, dass es nicht einmal unter den Senatoren Roms viele gibt, die den hohen Ansprüchen unserer illustren Runde gerecht werden. Ich bitte um Vorschläge."


    Unter den Pontifices brach verhaltenes Murmeln aus. Die älteren und einflussreicheren wussten bereits um diese Pläne und hatten unter ihren Günstlingen sicher schon den ein oder anderen ausgesucht, andere wurden soeben zum ersten Male mit diesem Umstand konfrontiert.


    Ein älterer Pontifex meldete sich als erster zu Wort.


    "Ich schlage Caius Iulius Quadratus Bassus vor. Er hat bereits die Praetur absolviert und ist daher ein honorabler Mann."


    Ein anderer meldete sich zu Wort.


    "Iulius Quadratus Bassus hat sich aber noch nie besonders für den Cultus Deorum stark gemacht. Ich bin gegen ihn."

  • Eine ganze Zeit lang wurden Namen in den Raum geworfen, wieder abgelehnt oder auf die Liste gesetzt. Man wollte mehrere zur Auswahl haben um am Ende noch einmal eine Zusammenschau zu machen.


    Nach einiger Zeit bemerkte ein anderer älterer Pontifex


    "Mir fällt gerade ein weiterer Kandidat ein: Sicher erinnert ihr euch an Tiberia Claudia. Einer ihrer Verwandten amtiert doch als Augur. Er scheint auch ein tadelloses, würdiges Leben zu führen und man munkelt, er wolle zum Praetor kandidieren. Außerdem scheint der Kaiser ihn zu mögen..."


    Auch hier kam natürlich sofort die Gegenmeinung eines anderen, nämlich des Flamen Quirinalis:


    "Aber aus was für einer Familie stammt er? Sein Vater war nicht einmal Senator! Tiberius...tss! So jemanden kann man gerade so in ein einfaches Collegium wählen, aber hierher?"


    Der Vorredner meldete sich noch einmal zu Wort, sodass der Rex Sacrorum nur dazusitzen und zuzuhören brauchte. Irgendwie kam ihm der Name 'Tiberius' bekannt vor...


    "Seine Familie ist durchaus ehrenhaft. Sein Cousin - übrigens der Bruder jener verstorbenen Tiberia Claudia - sitzt ebenfalls im Senat. Außerdem ist seine Familie vor Jahrhunderten schon einmal nicht unbedeutend gewesen."


    Plötzlich kam Fabius Antistes darauf, woher er den Namen 'Tiberius' kannte. Sein Bruder hatte von diesem Mann erzählt. Ein offensichtlich honorabler Mann. Außerdem, wenn Quintus jemanden mochte, dann musste es ein ordentlicher Bursche sein.


    "Ich denke, wir setzen ihn noch einmal auf die Liste und suchen vorerst nach weiteren Kandidaten."


    "Was ist mit Flavius Gracchus? Ich erinnere mich wohlwollend an sein Auftreten bei diversen Festtagen. Insbesondere die Saturnalien letzten Jahres sind mir gut in Erinnerung! Er hat seine Priester-Pflichten stets gut erfüllt und entstammt einer honorablen Familie."


    Die meisten Pontifices und Flamines schienen zuzustimmen, sodass auch er auf die Liste gelangte. Es wurden noch einige Zeit weitere Namen vorgeschlagen, diskutiert, verworfen. Am Ende hatten sie schließlich zehn Namen beisammen. Nun ergab ein weiteres Problem, denn die eigentliche Zahl war ja bereits fünfzehn und so viele Plätze waren auch wieder nicht frei. Außerdem waren viele Namen noch immer heiß umstritten.


    "Nun stellt sich die Frage, wie viele weitere Pontifices wir überhaupt aufnehmen wollen. Ich persönlich tendiere zu zweien, denn langfristig müssen wir Kontinuität in dieses Collegium bringen. Aus demselben Grund beantrage ich, alle potentiellen Bewerber, die das fünfzigste Lebensjahr überschritten haben, auszuschließen."


    Sofort erhob sich jemand. Ein alter und zugleich noch rüstiger Pontifex:


    "Wir können diese Ehre doch nicht vom Alter abhängig machen! Wir sollten allein nach ihrer Dignitas entscheiden. Eine derartiges Abschätzen ist nicht mit der Würde dieses Amtes vereinbar."


    Der Rex Sacrorum erhob sich nicht, dennoch wurde seine Stimme schärfer.


    "Nein, es ist nicht verantwortbar, dieses Collegium so zu besetzen, dass es absehbar ist, dass die neu Hinzugewählten das Collegium wieder verlassen, ehe sie die notwendige Erfahrung erlangt haben. Die Weisheit und Würde des Alters in allen Ehren, aber so können wir nicht vorgehen."


    Schließlich bekam der Rex Sacrorum seinen Willen und fünf Namen wurden von der Liste getilgt. Ein weiterer ob seines jugendlichen Alters, sodass letztendlich nur noch vier Kandidaten für die beiden freien Ämter möglich wurden.


    Über die letzten vier Kandidaten entbrannte ein weiterer Streit, bis man sich schließlich einigen konnte und beschloss, das Ergebnis dem Senat vorzulegen.

  • Man hatte sich trotz einiger Widerstände für Manius Tiberius Durus entschieden. Obwohl der Flamen Quirinalis nicht sehr begeistert war, hatten andere Stimmen ihn ausgewählt.
    Bei Flavius Gracchus war die Wahl einfacher gefallen. Er stammte aus tadelloser Familie, war standesgemäß verheiratet - einzig der Senatssitz fehlte ihm, um ihn zum idealen Kandidaten zu machen.


    Da es jedoch sinnvoll war, nicht über die Köpfe genannter Herren hinweg zu entscheiden, beschloss man, den fleißigen Scriba loszuschicken. So ging Fabius Antistes nach der Sitzung direkt zu Mercurinus.


    "Valerius, du wirst beide Kandidaten besuchen. Entrichte ihnen unsere Grüße. Ich werde dir ein Schreiben mitgeben, das du ihnen überreichst. Aber du wirst auch gleich die Antwort mitnehmen."


    Immerhin war es eindrucksvoller, einen Brief vom Rex Sacrorum zu erhalten als einen geschwätzigen Scriba geschickt zu bekommen, der die Plätze mündlich anpries.

  • Valerius Mercurinus hatte der gesamten, ewig erscheinenden Sitzung zugehört und alle Ergebnisse und wichtigen Einwände notiert. Als er gerade noch einmal alles durchging, kam sein Dienstherr direkt auf ihn zu. Schweigend nahm er die Anweisungen entgegen und beschloss, gleich nach Archivierung des Sitzungsprotokolls den Fabier aufzusuchen und die Briefe entgegenzunehmen.

  • Wieder einmal war jener Tag, an dem die Pontifices pflegten, gemeinsam in der Regia zusammenzukommen und die Probleme und Visionen des Cultus Deorum zu besprechen. Auf seinem curulischen Stuhl saß der Rex Sacrorum Gnaeus Fabius Antistes, neben ihm war der Flamen Dialis nicht erschienen. Auch ein paar andere Plätze waren unbesetzt.


    Bis alle erschienen waren, plauderte Antistes ein wenig mit dem Flamen Martialis, dem Traum zahlreicher junger Frauen...




  • Ein leichter Dunstschleier hing zwischen den Hügeln der ewigen Stadt und somit auch über dem Forum Romanum, auf welchem die kleine Regia des Cultus Deorum stand, ein im Vergleich zu den gewaltigen Häusern, Curien und Tempeln um sie herum eher kleines Gebäude, was jedoch nichts über die Bedeutung der dort getroffenen Entscheidungen aussagte, welche durchaus von signifikanter Relevanz für das Imperium Romanum konnten sein. Ein wenig eingeschüchtert ob dieser Bedeutung, ob der Bedeutsamkeit des Gremiums, welchem er seit kurzem angehörte, doch in besten Absichten, die zugehörige Pflicht mit vollstem Eifer zu erfüllen, trat Gracchus über die Schwelle der Halle, in welcher das Collegium Pontificium tagte. Er grüßte die bereits anwesenden Priester, welche ihm durchgehend namentlich, darüber hinaus jedoch zumeist bisher nicht näher bekannt waren, und nahm den Platz ein, welchen man ihm zuwies.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Durus war wie immer das kurze Stück vom Porticus Liviae zum Forum mit der Sänfte gereist und dabei ständig irgendwelche Passanten beobachtet. Heute würde er zum ersten Mal an einer richtigen Sitzung des Collegium Pontificium teilnehmen - wenn auch ohne den Pontifex Maximus!


    Vor der Regia entstieg er seinem Gefährt und sah sich kurz um. Das Forum war wie immer zu dieser Zeit relativ belebt - trotz des leichten Dunstschleiers. Doch der Tiberier achtete nicht auf die anderen Menschen, sondern marschierte zielstrebig in den Raum, in dem die Sitzung stattfinden würde.


    Wie er feststellte, waren schon einige anwesend...

  • Langsam trudelten alle Pontifices, Flamines etc. ein, sodass es schließlich klar wurde, dass wohl niemand mehr kommen würde. Daher beendete Antistes sein Gespräch mit dem Flamen und sah in die Runde. Wieder waren mehrere Plätze verwaist - unerfreulicherweise! Mit einer überaus würdevollen Miene ordnete er seine Toga und begann


    "Hiermit eröffne ich die Contio Undecima des Collegium Pontificium."


    Noch einmal sah er in die Runde und sein Blick blieb bei den beiden neuesten Mitgliedern hängen. Sein Blick wurde freundlich, fast ein Lächeln.


    "Ich begrüße besonders unsere beiden neuen Mitglieder, Manius Flavius Gracchus und Manius Tiberius Durus."


    Einige Pontifices murmelten sofort los und insbesondere der Flamen Quirinalis schien auch ablehnende Worte an seinen Nachbarn zu richten. Ungeachtet dessen sah der Rex Sacrorum zum Pontifex Minor, der die Entschuldigungen verwaltete. Mit etwas gelangweilter Stimme begann dieser prompt.


    "Ich muss den Flamen Dialis, den Pontifex Curtius Rufus und Servilius Macerinus entschuldigen. Letzterer ist offensichtlich auf der Heimreise aus Gallien erkrankt. Den Pontifex Maximus muss ich wohl nicht explizit erwähnen...


    Allerdings gibt es noch eine schlimme Meldung: Volturnius Leto, der sich bisher als Pontifex Minor hauptsächlich um die Verwaltung der Tempel gekümmert hat, ist letzte Woche im Alter von XCI Jahren verstorben."


    Natürlich wusste jeder, dass der Kaiser in Parthia weilte. Aber das war nicht Gegenstand dieser Sitzung, daher fuhr Fabius Antistes mit einer etwas bedenklichen Miene fort.


    "Eine schlimme Neuigkeit. Es ist also wieder unsere Aufgabe, ein neues Mitglied in unser Gremium zu kooptieren und dem Pontifex Maximus vorzuschlagen. Ich bitte daher gleich als ersten Tagesordnungspunkt um Vorschläge."


    Wenn er diese Sache jetzt bereits erledigte, würde sich die Sitzung vielleicht nicht so lange ziehen...




  • Obgleich er eines der jüngsten Mitglieder des Collegium war, so wollte Gracchus denn nicht schweigen, so denn er zu den angesprochenen Themen etwas konnte beitragen, denn die Zahl der Pontifices war zu gering, als dass einer unter ihnen konnte es sich erlauben, ein Schläfer zu sein. Doch jene Causa ob der Neubesetzung eines Pontificates durch einen Pontifex Minor war nicht dazu angetan, sein Wort zu locken, wollte Gracchus doch niemand in den Sinn gelangen, der für solcherlei opportun würde sein. Natürlich würde beizeiten er versuchen, den angestrebten Weg seines Vetters und seines Bruders im Cultus Deorum zu ebnen, doch das Amt eines Pontifex Minor war keinem Patrizier angemessen, so dass jene hierfür nicht in Frage kamen, obgleich die notwendigen Voraussetzungen wären gegeben. So schwieg Gracchus vorerst.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Auch Durus sah etwas ratlos in die Runde. Er als neuester der Pontifices wollte sich nicht als frech erweisen, indem er das Wort ergriff. Abgesehen davon waren seine Verwandten nicht gerade geeignet, um ein Pontifikat anzutreten - oder zumindest nicht interessiert.


    Folglich schwieg auch er.

  • Nach einigem drückenden Schweigen erhob ein älterer Pontifex die Stimme - wer sich noch erinnerte: Es war jener, der Tiberius Durus vorgeschlagen hatte. Dieser meinte mit leicht nachdenklichem Unterton


    "Ich würde einen jüngeren Bewerber vorschlagen...vielleicht auch eine Frau...wo es doch so viele weibliche Sacerdotes gibt und kaum eine Pontifex..."


    Es war bekannt, dass dieser Pontifex von großer Modernität war, während allerdings auch bekannt war, dass ein anderer Pontifex aus erhabenem Geschlechte dies ganz und garnicht war.


    "Was? Eine Frau? Frauen sollen sich lieber heiraten lassen als in der großen Politik mitzumischen!"


    Der andere meldete sich wieder zu Wort. Diesmal wirkte er jedoch eher beleidigt.


    "Der Pontifex Maximus selbst hat Frauen ausdrücklich erlaubt, als Priesterinnen zu arbeiten. Der Cultus Deorum kann froh sein, dass es so viele Frauen gibt, die dieser Tätigkeit nachgehen - wer Frauen hier ausschließen will, stellt sich damit praktisch über die Auctoritas des Kaisers!"

  • Durus hatte sich zurückgelehnt und verfolgte schweigend den Disput. Offensichtlich gab es auch hier die Konservativen und die Moderneren. Er selbst zählte sich zwar zu ersteren, aber dennoch war er sich nicht sicher, ob es nicht vernünftig war, auch die ein oder andere Frau im Cultus Deorum tätig sein zu lassen...immerhin war es um diesen nicht übermäßig gut bestellt...


    Da er unter den Anwesenden keine einzige Frau sah, war es vielleicht schon sinnvoll, wenigstens pro forma eine solche ins Collegium zu kooptieren...

  • Noch weiter entbrannte der Streit, bis sich ein älterer Herr erhob und ansetzte zu einer kurzen Rede:


    "Meine geschätzten Collegae! Ich muss euch doch schon sehr bitten! Wir sollten die sache mit unserer ratio betrachten und dann entscheiden!


    Es ist usus im Cultus Deorum, dass Frauen ebenso wie Männer - wenn auch in geringerem Maße - den Göttern voller Hingabe dienen. Sie opfern, beten und verwalten die Tempel.


    Andererseits sind von alters her den Männern die würdigsten Posten innerhalb des Reiches vorbehalten. Nun hat der Princeps und Pontifex Maximus jedoch in seiner Weisheit beschlossen, dass es erlaubt sein solle, in das Collegium der Pontifices vorzurücken, während es ihnen in den übrigen Collegia aus verständlichen Gründen untersagt ist.


    Aber ich denke, es wäre sinnvoll, ein Zeichen zu setzen. Wir wissen, in welch desolatem Zustand sich weite Teile des Cultus befinden, wie wenig die Quiriten sich um die Götter kümmern. Daher ist es immer mehr vonnöten, dass man jene, die sich dem Cultus Deorum verschrieben haben, ermutigt, dies weiterhin zu tun. Folglich sollten auch die Frauen bei der Besetzung höherer Posten bedacht werden."


    Ehe jemand etwas einwerfen konnte, hob er beschwichtigend die Hände.


    "Mir ist durchaus bewusst, dass der Mann stets das Haupt der Familie und auch der res publica sein muss. Jedoch ist eine Belohnung für diese treuen Frauen doch ein Zeichen, das viele ermutigen würde.


    Außerdem ist das Amt eines Pontifex Minor zwar durchaus mit großen Ehren verbunden, aber steht es noch immer unter dem des Pontifex. Ich denke, dass gerade ein solches Amt sehr gut zu einer Frau passt. So würde eine Frau auch hier - wie die Matrona innerhalb der Familie - eine führende, aber nicht die leitende Position innehaben."


    Er nahm wieder Platz und ließ Raum für Äußerungen, Meinungen und Anmerkungen.

  • Unmerklich schob sich Gracchus' rechte Augenbraue ein Stück weit auf seiner Stirne empor bei dem Vorschlag seines Amtskollegen, eine Frau in das Collegium Pontificium aufzunehmen. Es war nicht, dass er von jener längst überholten, konservativen Art war, welche den Platz einer Frau einzig im Schlafgemach der heimischen Villa sah - gegenteilig, er war meist überaus froh, seine Gemahlin dort nicht vorzufinden - er begrüßte durchaus weibliches Engagement, wie es bisweilen die Senatorinnen Aelia Adria oder Tiberia Livia hatten gezeigt, und gerade im Cultus Deorum war Frauen ein durchaus weitreichendes Betätigungsfeld gegeben, in welchem viele von ihnen brillierten. Hätte man noch vor einigen Monaten ihn nach seiner Anschauung in Hinsicht auf weibliche Pontifices gefragt, so hätte vermutlich er sich in positiver Weise geäußert, schlussendlich war auch die Tiberia Claudia ein ehrenwertes Mitglied des Collegium gewesen. Doch nun war er selbst Pontifex, er war in diesem derzeit überaus maskulinen Collegium, um sich mit all seinem Schaffen und Elan einzubringen, doch dies würde ihm kaum noch möglich sein in Anwesenheit einer Frau, so befürchtete er. Er verstand sie nicht, die Frauen, sie waren ihm ein Rätsel, sie führten zu Faszination und Furcht gleichermaßen in seinem Innersten. Er hatte nicht gelernt, mit ihnen umzugehen, hatte nicht versucht, sie zu ergründen wie seine Vettern, hatte sich stets mit Männern umgeben, sich mit den Hinweisen der Literatur begnügt, auf welche Art und Weise eine Frau durch ein beiläufiges Kompliment zu erfreuen war - und selbst daran scheiterte er nur allzu oft, besonders hinsichtlich seiner Gattin. Die nähere Konfrontation mit einem weiblichen Wesen und seiner überaus immensen Emotionalität warf ihn stets aus den gewohnten Bahnen der Contenance, nicht nur Antonia gab immer wieder zu solcherlei den Anstoß, auch die ungestüme Art weiblicher Verwandtschaft. Obgleich solch emotionale Explosionen kaum im Rahmen des Collegium Pontificium würden vonstatten gehen, verspürte Gracchus dennoch innere Unruhe und Ablehnung ob eines Aufnahme der holden Weiblichkeit, welche vermutlich die unterste Schwelle der ihm immanenten Furcht war, was er jedoch nicht einmal sich selbst gegenüber würde eingestehen. Obgleich all dieser Gedanken erhob er sich schlussendlich, denn persönliche Präferenzen und Ängste durften niemals über Wohl und Gedeihen des Imperium Romanum entscheiden, geschweige denn Verstand und Geist zurück drängen.
    "Werte Collegae, wäre nicht ein geeigneter Ansatzpunkt zur Besetzung eines solchen Amtes adäquate Kandidaten aufzuzeigen, welche die notwendigen Voraussetzungen erfüllen - welche, wie sicherlich nicht erwähnt werden muss, weder von ihrem Stand, noch ihrer Herkunft, noch ihrem Geschlecht dependieren. Selbst jene Verfechter, welche sich für die Besetzung eines Pontificates durch eine Frau aussprechen, werden sicherlich zustimmen, dass eine Frau nicht Einzug in das Collegium sollte finden, um der Weiblichkeit willen, sondern einzig ob ihrer Verdienste, ihrer Bemühungen, ihrer Eignung und Untadeligkeit wegen."

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Durus sah die Sache weniger ideell als Gracchus. Zwar war es sicher gut und wichtig, dass nur fähige Menschen ins Collegium kamen, doch letztendlich war er zu sehr Politiker, um wirklich daran zu glauben. Man musste eben bei der Leitung jeder Gruppe Politik betreiben, um ein gutes Bild nach außen, aber auch Motivation im Innern zu erhalten. Auch in den Senat wurden oft Menschen aus den Provinzen aufgenommen, um die Bevölkerung dieser glücklicher zu machen und fester an Rom zu binden - und dass jemand komplett unfähiges es tatsächlich in ein solches Gremium schaffte, war praktisch ausgeschlossen.


    "Ich denke, wir sollten natürlich stets auf die Würdigkeit achten, aber dennoch auch darauf, dass wir Frauen nicht von vornherein ausschließen."


    meinte er daher schließlich. Danach war er jedoch selbst überrascht, dass er tatsächlich eine Lanze für Frauen in Priestercollegia gebrochen hatte. Aber andererseits hatte er ja auch genug weibliche Verwandtschaft, die man so fördern konnte...

  • Noch geraume Zeit diskutierte das Collegium und entschied sich schließlich für eine ältere Priesterin namens Quinta Ocellina, die durch ihren langjährigen Dienst und ihre große Treue und Tüchtigkeit zur Pontifex Minor gemacht werden sollte. Man beschloss, diesen Punkt weiter dem Imperator zu überlassen und ging zum nächsten über.

    Sim-Off:

    Hat sich ja erledigt


    Als nächstes trug der Rex Sacrorum eine ebenfalls bedeutende Sache vor.


    "Als weiteres haben wir die Sanierung des Tempel des Mars Ultor auf dem Forum Augustum auf der Tagesordnung. Neben großzügigen Spenden - unter anderem von der Gens Octavia - haben wir nun endlich auch einen Architekten gefunden. Medicus Germanicus Avarus ist vorstellig geworden. Aber Caius Volturnius Leto kann sicher mehr dazu sagen."


    Er deutete auf den Pontifex Minor, der unter anderem für die Cura Aedium Sacrarum zuständig war. Dieser erhob sich und begann mit schnarrender Stimme


    "Der Tempel des Mars Ultor benötigt seit Monaten und Jahren eine ordentliche Sanierung. Er wurde zuletzt vor Jahren renoviert und wer sich den Tempel in letzter Zeit angesehen hat, wird feststellen, dass es einigen Renovierungsbedarf gibt. Unter anderem zeigen sich Abnutzungserscheinungen an der Fassade und die einem Pferd der Quadriga des göttlichen Augustus auf dem Vorplatz fehlt ein Ohr.


    Das Collegium hat ja bereits einen Architekten ausgeschrieben und einzig der allseits bekannte Medicus Germanicus Avarus, Magister Architecturae, hat sich bereit erklärt, die Renovierung zu übernehmen. Er würde sich sogar für eine unentgeltliche Arbeit bereit erklären, wenn er im Gegenzug eine Ehreninschrift über dem Tempeleingang erhält. Dafür müsste eine Eingabe an den Senat gemacht werden.
    Alternativ würde ein Gehalt von zwei- bis viertausend Sesterzen verlangen."


    Er nahm wieder Platz und hüstelte. Währenddessen erhob sich der Rex Sacrorum erneut und sah in die Runde.


    "Meinungen?"




  • Es war allgemein bekannt, dass Durus den genannten Senatoren nicht mochte, aber dadurch, dass es diesem irgendwie gelungen war, alle anderen Architekten von der Aufgabe abzuhalten. Aber eines konnte er niemals zulassen: Dass man ihn auf dem Mars-Ultor-Tempel über dem Eingang ein Denkmal setzte. Ihm, der die Söhne des Gottes als Banditenhauptmänner bezeichnet hatte!


    "Ich denke, man sollte möglicherweise noch ein wenig abwarten, ob sich nicht doch noch jemand meldet."


    meinte er schließlich zögerlich, obwohl er natürlich wusste, dass diese Sache wenig bis keinen Aufschub erlaubte.

  • Die Renovierung des Tempels des Mars Ultor war eine Thematik, welche den Cultus Deorum bereits seit längerer Zeit verfolgte, so schien es Gracchus, denn ihn selbst hatte dies bereits während seiner Ausbildung bei dem damaligen Sacerdos Valerius tangiert, was zugegebenermaßen doch bereits länger zurücklag als er sich diesen Zeitraum wollte eingestehen. Dennoch war er mehr als überzeugt, dass sich an der bereits damals zur Genüge gesicherten Finanzierung kaum etwas durfte geändert haben, gegenteilig, die verfügbare Summe noch angewachsen mochte sein, denn auch die regelmäßig durchgeführten kleineren Ausbesserungsarbeiten und neuen Anstriche des Tempels würden dem nicht Mittel in übermäßiger Höhe entzogen haben, während Spenden sicherlich des Öfteren getätigt wurden.
    "Wurde nicht bereits schon viel zu lange gewartet? Obgleich das aedes nicht jeden Augenblick in sich zusammenzustürzen droht, so hat doch der erste Tempel des Mars im Reich, sein prächtigstes Haus und einer der bedeutendsten Tempel dieser Stadt und des gesamten Imperium Romanum doch längstens eine Sanierung verdient. Es sollte kaum an Geldern mangeln, welche eine angemessene Vergütung der Arbeit zulassen. Hat Senator Germanicus eine Aussage über die von ihm präferierte Größe der potentiellen Inschrift getroffen? Sollte er sich mit der üblichen Nennung seines Namens in einem der Steine Zufrieden geben, so sehe ich nichts, was gegen dies würde sprechen. Indes halte ich einen größeren, exzeptionellen Schriftzug für vermessen, denn jenes Bauwerk künftig als Tempel des Mars Ultor, gestiftet 752 ab urbe condita durch Imperator Caesar Divi filius Augustus, Pater patriae, in Stand gesetzt 857 ab urbe condita durch Senator Medicus Germanicus Avarus, Magister Architecturae, zu betiteln, erscheint mir kaum der Bedeutung angemessen."

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Durus hatte befürchtet, dass andere anderer Meinung waren und andererseits würde dieser Gauuner wohl auch kaum zulassen, dass ein unbedarfter, wohl geeigneterer Architekt ihm diesen Auftrag wegnahm.


    "Die Bewilligung einer Inschrift obliegt dem Senat, wie der ehrenwerte Pontifex Minor bereits bemerkte. Daher sollten wir lieber grundsätzlich über das 'ob' und nicht über das 'wie entlohnt' entscheiden. Sollten wir uns für ihn entscheiden, kann der Senat das immer noch entscheiden."


    Durus hoffte, dass die Senatoren Avarus besser kannten und dem Magister Architecturae bereitwilliger Geld in den Rachen warfen als ihm ewigen Ruhm durch eine Inschrift bewilligten.

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