Zweiter Tag- Am Nachmittag nach den Rennen

  • Nachdem nun die ersten Bilder des Rennens schon verdaut waren, erwartete die Bevölkerung eine neue Überraschung. Die stadteigene Theatergruppe, die so viele Reisen schon hinter sich hatte, würde endlich auch wieder in ihrer Heimatstadt auftreten. Man war schon gespannt was denn aufgeführt werden würde und so versammelte man sich an diesem schon warmen Tage dennoch zahlreich auf den Reihend es Theatrum um sich dieses Schauspiel anzusehen.

  • Warm war wohl die grösste Untertreibung seit Langem..... ich hatte viele Provinzen bereist und viele unterschiedliche Klimazonen erlebt, aber was der gestrige und heutige Tag für uns bereit hielt, wäre für Aegyptus gerade richtig gewesen.


    Dennoch fand auch ich mich wieder in meiner Loge ein, um dem Theater zu fröhnen, auch, wenn mir heiss war und ich mich für solch Schauspiele normalerweise so gar nicht begeistern konnte.


    Aber man hatte ja Verpflichtungen....

  • Wie fast schon gewöhnlich, gehörte auch Venusia zu den ersten Zuschauern, die dem Schauspiel im Theatrum fröhnen wollten. Sicher hätte sie das nicht gemusst, ihr Platz war ihr sicher, aber es war immer ein kleines Erlebnis mit anzuschauen wie sich die Ränge füllten. Natürlich war sie auch neugierig und wollte sehen was ihr Cousin dort aufführen ließ. Es würde sicher so schön wie sonst werden.


    Auf dem Weg zu ihrem Platz, traf sie einige anwohner, die sie kannte und begrüßte diese natürlich genauso freundlich wie sich auch sonst bekannte Anwesende grüßte.

  • Das Publikum füllte sich zur Zufriedenheit der Schauspieler. Lange hatte man diskutiert und dann beschlossen zunächst ein paar Ausschnitte aus Horaz seinen Werken vorzutragen, ehe man zu anderen Dichtern übergehen würde. Es war einmal eine Abwechslung zu den sonst durchzeremonierten Komplettstücken.


    In einer kleinen Ansprache begrüßte der Leiter der Schauspieler die Gäste und wünschte ihnen viel Spaß bei den zukünftigen Oden, Epistolen und Sermones.

  • Du siehst, im Schneeglanz flimmert Soractes Haupt;
    Und horch! Der Wald ächzt, unter der schweren Last
    Erseufzen dumpf die Wipfel; Kälte
    Fesselt die Wasser mit scharfem Hauche.
    Vertreib den Winter! Reichlich den Herd mit Holz
    Versehn! Dann schenke Freund Thaliarchus uns
    Vierjähr'gen Weins, und ja genug, ein
    Aus dem sabinischen Henkelkruge.
    Befiehl der Götter Sorge das übrige!
    Sobald nach ihrem Wink von der Stürme Kampf
    Die Meeresbrandung ruht, so ruhn auch
    Alte Cypressen und Eschen wieder.
    Was morgen sein wird, frage du nicht: Gewinn
    Sei jederTag dir, den das Geschick dir verleiht;
    Und nicht der Liebe Lust, o Knabe,
    Achte gering noch die Reigentänze,
    Solang die Jugend grünet und ferne sind
    Des Alters Launen. Plätze geselliger Lust
    Und nachts der Liebe leises Flüstern
    Suche noch auf zur besprochnen Stunde,
    Und jenes süße Lächeln vom Winkel her,
    Wo das versteckte Mädchen sich selbst verrät
    Und du vom Arm und von dem spröd' sich
    Stellenden Finger das Pfand ihr abziehst.



    Sim-Off:

    1 Vides ut alta stet nive candidum
    2 Soracte nec iam sustineant onus
    3 silvae laborantes geluque
    4 flumina constiterint acuto.
    5 Dissolve frigus ligna super foco
    6 large reponens atque benignius
    7 deprome quadrimum Sabina,
    8 o Thaliarche, merum diota.
    9 Permitte divis cetera, qui simul
    10 stravere ventos aequore fervido
    11 deproeliantis, nec cupressi
    12 nec veteres agitantur orni.
    13 Quid si futurum cras, fuge quaerere, et
    14 quem Fors dierum cumque dabit, lucro
    15 adpone, nec dulcis amores
    16 sperne, puer, neque tu choreas,
    17 donec virenti canities abest
    18 morosa. Nunc et Campus et areae
    19 lenesque sub noctem susurri
    20 conposita repetantur hora,
    21 nunc et latentis proditor intumo
    22 gratus puellae risus ab angulo
    23 pignusque dereptum lacertis
    24 aut digito male pertinaci.

  • Modestus kam wie immer etwas zu spät aber er fand trozdem noch einen annehmbaren Sitzplatz. Er kannte die Theatergruppe schon aus Mantua
    und war deshalb sehr gespannt, denn er wusste was ihn erwartete. Da er den Anfang verpasst hatte fragte er leise seinen Nebensitzer. Da dieser
    noch leißer als Modestus selbst sprach, verstand Modestus nur etwas von Horaz und begnügte sich damit. Dann widmete er seine ganze Aufmerksamkeit
    den Schauspielern.

  • Es folgten zwei Interpretationen seiner Carmina 1,11.



    Du frage nicht - zu wissen wäre Frevel -, was mir, was dir
    als Ziel die Götter gesetzt, Leukonoë, auch nicht babylonische Stern-
    zeichen prüfe! Wieviel besser: was auch geschieht, zu tragen.
    Ob viele Winter noch, ob gewährt hat Jupiter schon den letzten,
    der jetzt an widerstrebenden Klippen bricht das Meer
    Tyrrhenias - weise sei, kläre den Wein, auf kurze Dauer
    langwährende Hoffnung bemiß! Da wir noch sprechen, ist schon entflohen die neidische
    Zeit: greif diesen Tag, nimmer traue dem nächsten !




    Frag nicht - es wissen zu wollen, ist ein Frevel - welches Ende mir, welches
    dir, Leukonoë die Götter bestimmt haben, und versuch auch nicht das
    babylonische Horoskop ! Wahrlich, es ist besser, was immer geschehen wird,
    zu erdulden, ob Jupiter dir noch mehr Winter zugeteilt hat, oder den
    letzten, der nun das Tyrrhenische Meer an den steilen Klippen bricht: Sei
    weise ! Kläre den Wein und beschränke die lange Hoffnung auf eine kurze Zeit !
    Während wir sprechen, wird die knapp bemessene Zeit schon enflohen sein:
    Genieße den Augenblick und verlaß dich so wenig wie möglich auf den folgenden !



    Sim-Off:


    1 Tu ne quaesieris - scire nefas -, quem mihi, quem tibi
    2 finem di dederint, Leuconoë, nec Babylonios
    3 temptaris numeros ! Ut melius, quidquid erit, pati,
    4 seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,
    5 quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare
    6 Tyrrhenum: sapias ! Vina liques et spatio brevi
    7 spem longam reseces ! Dum loquimur, fugerit invida
    8 aetas: carpe diem, quam minimum credula postero !

  • Viel konnte ich mit den Reimen nicht anfangen, doch ich machte gute Mine zum bösen Spiel und versuchte dem Ganzen zu folgen und doch etwas Positives daraus zu gewinnen..... auch wenn es mir nicht gelang.

  • Modestus hustete. Anscheinend wurden heute nur verschiedene Auszüge präsentiert. Er hätte zwar eine gute Komödie bevorzugt,
    aber dennoch gefielen ihm die verschiedenen Interpretationen. Was wohl als nächstes kommen würde ? Er wusste es nicht genau.
    Als er langsam durstig wurde schickte er den Sklaven, der ihn begleitet hatte, los um etwas gewässerten Wein zu kaufen.

  • Wenn der geneigte Zuschauer genauer hingesehen hätte, hätte er nicht nur die Reime gehört, sondern auch die Gestiken, die Aktionen dazu gesehen.



    Nun laßt uns trinken, nun mit beschwingtem Fuß
    Den Reigen stampfen! Endlich erschien der Tag,
    Den Herd der Götter, Freunde, festlich
    Mit Daliarischem Mahl zu schmücken.
    Versünd'gung war's bis heute, zum alternden
    Festwein zu greifen, als noch die Königin
    Dem Capitol vermessnen Umsturz
    Sann und Verderben der Römerherrschaft,
    Sie selbst und ihr bartloser Eunuchenschwarm
    Vom Traum betört wahnsinniger Hoffnungen
    Und blindberauscht von Glück und Wollust;
    Aber den rasenden Taumelscheucht' ihr
    Von Schiff zu Schiff sich wälzend der Flotte Brand,
    Und ihr vom Nilwein schwärmender Geist erbebt'
    Im Schreck ernüchtert, als ihr Cäsar,
    Wie sie von Actiums Strand dahinflog,
    Nachsetzt' auf Ruderschwingen, dem Habicht gleich,
    Der bange Tauben, oder dem Jägersmann,
    Der Hasen scheucht im Thraker Schneefeld -
    Ketten zur Hand für das Weib des Unheils.
    Doch sie, die würdevoller zu sterben sinnt,
    Erbleicht nicht weibisch vor dem gezückten Schwert,
    Noch sucht sie mit beschwingten Segeln
    Fern im veborgenen Hafen Rettung.
    Nein, lächelnd auf die Trümmer der Königsburg
    Voll Ruhe blickt sie, setzt mit verwegner Hand
    Die grausen Schlangen an und läßt sich
    Tödliches Gift in die Adern strömen.
    So trotzt, zumTod entschlossen, sie kühner nur
    Und gönnt es nicht der rohen Liburnerschar,
    Entthront im stolzen Siegstriumphe
    Sie, die Erlauchte, dahinzuführen.



    Sim-Off:

    1 Nunc est bibendum, nunc pede libero
    2 pulsanda tellus, nunc Saliaribus
    3 ornare pulvinar deorum
    4 tempus erat dapibus, sodales.
    5 Antehac nefas depromere Caecubum
    6 cellis avitis, dum Capitolio
    7 regina dementis ruinas
    8 funus et imperio parabat
    9 contaminato cum grege turpium
    10 morbo virorum, quidlibet impotens
    11 sperare fortunaque dulci
    12 ebria. Sed minuit furorem
    13 vix una sospes navis ab ignibus,
    14 mentemque lymphatam Mareotico
    15 redegit in veros timores
    16 Caesar, ab Italia volantem
    17 remis adurgens, accipiter velut
    18 mollis columbas aut leporem citus
    19 venator in campis nivalis
    20 Haemoniae, daret ut catenis
    21 fatale monstrum: Quae generosius
    22 perire quaerens nec muliebriter
    23 expavit ensem nec latentis
    24 classe cita reparavit oras,
    25 ausa et iacentem visere regiam
    26 voltu sereno, fortis et asperas
    27 tractare serpentes, ut atrum
    28 corpore conbiberet venenum,
    29 deliberata morte ferocior:
    30 saevis Liburnis scilicet invidens
    31 privata deduci superbo,
    32 non humilis mulier, triumpho.

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