Via Roma, Via Appia, alle Wege führen nach Rom oder davon weg?

  • Vorbei an den Apennins und die erste Etappe der Reise


    Beruhigend und stetig prasselten die Regentropfen auf das Dach der Sänfte herunter, die keltischen Sklaven trugen sie sanft schaukelnd die Via Roma entlang und in Richtung Mantua. Medeia lag mit halbgeschlossenen Augen auf den weichen Stoffen des Polsters und ließ sich vom trägen Schaukeln einlullen. Es war zwar etwas kühl, doch war sie vor dem prasselnden Regen geschützt. Im Gegensatz zu den Sklaven, die auf dem, mit einer Plane geschützten, Wagen fuhren oder die die Sänfte trugen. Wenn sie sich etwas bewegte, rutschte ab und an mal ihre Palla höher, so dass die leinenweißen Verbände um ihre Arme sichtbar wurden, die sie wegen den Wunden im Magna Mater Tempel trug. Ihre Gedanken schweiften wieder zu jenem Opfer zurück, zum Sühneopfer. Habe ich geträumt, habe ich mir das alles eingebildet? Es muss so sein...wie das mit Quintus! Ein schweres Seufzen löste sich von ihren Lippen und ihre Augen schlossen sich gänzlich. Da sie schon viele, viele Stunden unterwegs waren, schlief sie sogar fast ein, doch ein Ruckeln ließ sie wiederaufschrecken. Sie öffnete die Augen und schob die Vorhänge zur Seite. Prüfend sah sie auf die grauen Regenschlieren, die die Berge nördlich von Rom in einen undeutlichen Dunst hüllten.


    Es dämmerte schon leicht, der Regen verstärkte das Begehren der Nacht schon früh das Land in seinen dunklen Umhang zu schlingen. Immer mal wieder strichen in der Ferne kleinere Häuser, Dörfer oder große bewirtschaftete Felder vorbei. Dort standen nur noch die Reste des Weizens, Stoppeln auf brauner kahler Erde und am Rande bewachsen mit alten und knorrigen Bäumen. Doch auch all dies war nur schwer durch den Schleier zu erkennen. Ein einzelner Baum, der wohl schon vor einigen Jahren von einem Blitz getroffen worden war, stand am Wegesrand. Ein schwarzer Rabe saß auf einem toten Ast, sein Kopf war eingezogen und sein Federkleid hing im Regen niedergeschlagen herunter. Medeia schloss wieder die Vorhänge der Sänfte, es zog auch mittlerweile unangenehm dadurch hinein. Mit kalten Fingerspitzen zog sie wieder die Palla weiter um sich herum und griff auch nach einer der Decken, die dort lagen. „Hoffen wir, dass bald eine Taberna kommt. Es wird schon dunkel draußen!“

  • Eine kleine Taberna am Wegesrand, die erste Nacht auf der Reise


    Der Regen kam inzwischen wie ein kleiner Sturzbach vom Himmel, der Himmelsgott schien die Welt im Wasser ertränken zu wollen. Zwischen den Steinen auf dem Straßenabschnitt bildeten sich kleine Rinnsäle und vereinten sich am Rande zu einem Strom. Die Wolkendecke hatte die Landschaft in ein düsteres Dunkelgrau gehüllt und verlor von Hora zu Hora immer mehr an Helligkeit und Farbe, bis sich schließlich die Nacht über das Land senkte. Just tauchte die Rettung am Wegesrand auf. Eine kleine Taberna, ein weißgekalktes Haus mit einem breiten Stall als Anbau für die Wägen und Reittiere der Gäste, natürlich auch etwaige Sänften. Und so wurde auch die Mietsänfte mit den keltischen Mustern in den dunklen Holzpfählen und den dazu passenden keltischen Sklaven vor die Taberna getragen. Ein einzelner Wagen polterte hinter her. Einer der grimmig schauenden Sänftensklaven, er trug einen langen geflochtenen Zopf, trat vor die Sänfte und öffnete den Vorhang. Medeia schwang sich heraus und verzog leicht das Gesicht als ihr Calceus muliebris in den Matsch hinein trat. Aber überall war die Erde nur noch eine Masse aus Schlamm und Lehm, mit einigen Steinen dazwischen. Medeia musterte kurz die hohe Buche an der Seite des Taberna, die vom Wind gebeutelt, laut rauschte und mit dem dunklen Geäst knarzte.


    Da der Regen mit unveränderter Stärke auf sie herunter prasselte, beeilte Medeia sich in die Taberna zu treten. Der Geruch von gebratenem Speck, Linseneintopf und leicht angekohltem Brot schlug Medeia entgegen als sie in die Taberna hineinkam. Der Lärm einiger Reisende vermischte sich mit der Flöte und der Lyra zweier Wandermusiker, die für eine Nacht im Trockenen und etwas zu Essen in der Taberna aufspielten. Bibbernd schüttelte Medeia ihre nasse Palla aus und trat an einen der wenigen freien Tisch, wo sie sich auf eine Bank sinken ließ. Viel Komfort bot die Taberna nicht wirklich. Ein junges, mageres Mädchen in einer Sklaventunika schob sich an einem dicht besetzten Tisch vorbei, ihre strähnigen Haare hingen ihr am Kopf herunter, ihre Zähne waren etwas schief und ihr Blick unstet und schüchtern. „Herrin?“ Medeia zog ihre Palla von den Schultern und schüttelte sie noch mal aus. Beiläufig meinte sie zu der jungen Frau: „Bring uns Wein und Wasser in einem gesonderten Krug. Außerdem etwas zu Essen für mich und meine Reisebegleitung!“ Pumilus stolperte bei dem Stichpunkt hinter den Anderen in die Taberna hinein und schüttelte sich wie ein nasser Hund. Griesgrämig stapfte er auf den Tisch mit seiner Herrin zu und setzte sich auf einen kleinen Hocker in ihrer Nähe. „Sauwetter!“ murmelte er und machte mit jeder Faser seines Körpers klar, dass er es gar nicht schätze, nicht in der Sänfte reisen zu dürfen.


    Ganz unbemerkt waren die Neuankommenden natürlich nicht geblieben. Die meisten Gäste streiften Medeia, Olympia und die zahlreichen Männer nur mit einem kurzen Blick und widmeten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten. Im Schatten des hell leuchtenden Kamins saßen jedoch mehrere Männer, in dicke Wollumhänge gekleidet, deren Fibeln aus grobem Holz gemacht waren. Einer der Männer, ein großgewachsener Mann mit einem unrasierten Kinn und schulterlangen verfilzten Haaren, starrte unverwandt zu dem Tisch der kleinen Mantuareisegesellschaft. Berechnung, Gier und ein durchdringendes Mustern stand in seinen stahlgrauen Augen, die vom Schatten umwölkt waren, geschrieben. Er murmelte leise etwas zu seinen Kameraden, die auch kurz hinübersahen. Medeia merkte von all dem nichts, war sie doch zu sehr damit beschäftigt, sich die Hände zu reiben.

  • Nass und bibbernd stapfte Claudus direkt hinter Medeia in die Taberna und hinterließ mehrere Fußabdrücke auf dem Boden. "Dummes Sauwetter!", murmelte er vor sich hin und schüttelte sich vereinzeltes Wasser von seiner Peanula. Als Medeia für die recht große Gruppe einen geeigneten Tisch gefunden hatte, nahmen sie Platz. Er setzte sich neben Medeia und neben ihm wiederrum sitzten die Brüder Hektor und Herkules. Allerdings hielten sie etwas Abstand von ihm und man merkte an, dass sie sich nicht direkt neben ihm setzen wollten. "Warscheinlich macht es sie introvertiert, Sklaven zu sein. Schade, so unsymphatisch scheinen die mir nicht zu sein...", flüsterte er zu Medeia. Claudus ließ nicht lange auf sich warten und zog sich den Umhang wieder ab, als ihm warm wurde. Er fühlte sich aber beobachtet und hatte kein gutes Gefühl. Sein Blick schweifte in der Taverna umher. Ja, Manius war eben eine sehr wachsame Person! Man konnte schließlich nie wissen, was einem wiederfahren konnte. Er schaute sich jeden Tisch genau an und beobachtete die Taberna.


    Nicht lange, und schon hatte er die Ursache des "Problems" gefunden. Ein paar merkwürdige und verdächtige Männer, die zu ihnen rüberschauten und etwas daher flüsterten. Er schaute einem aus der Ferne an und dieser erwiderte mit einem breiten, diabolischen Grinsen und einem Blick, wie als ob ihn der Tod persönlich anstarren würde.
    Dann beugte er sich leicht zu Medeia, einen unbehagenen Audruck im Gesicht habend. "Medeia, die Typen da schauen aus, als ob sie was aushecken würden.", flüsterte er ihr zu und blickte kurz in die Richtung der Gestalten, um ihr zu signalisieren, wen sie meinte. "Die hecken was aus, ganz bestimmt!". Dabei wuselte er aufgebracht am Tisch umher und hoffte, dass Medeia die bevorstehende Gefahr erkannte.
    In dem Moment, wo Claudus seinen Satz beendete, schauten auch Hektor, Herkules und Pumilus nach hinten, drehten sich aber rasch um, weil sie nicht auffallen wollten.
    Ich auch nicht haben ein sehr gutes Gefühl, Domina!", sprach Hektor etwas kleinlich in seinem gebrochenen Latein

  • Die hohe Buche rauschte laut als der Wind sie peinigte und wild hin und her schüttelte. Ihr mächtiger Stamm knarzte leise, doch die langen und unbelaubten Zweige peitschten auf das Dach der Taberna, das Geräusch drang bis in den von Menschen gefüllten Schankraum. Doch ihr Lachen, ihre Wortgespräche übertönten den heulenden Wind und die Zweige des Baumes. Das Feuer loderte warm und gelb leuchtend in dem großen steinernen Kamin, erfüllte den Raum mit Wärme, was sich mit dem Dunst der Männer und wenigen Frauen, dem Geruch der Speisen und des Weines mischte. Die beiden Musikanten ließen ihre Finger über die Seiten ihrer Lyra gleiten, entlockten ihnen fröhliche Klänge und einer der beiden Männer hob seine Stimme zum Singen an. Zwar waren Beide keine virtuosen Künstler und doch vermochten sie die Stimmung in der Taberna noch heiterer zu machen.


    Lächelnd sah Medeia zu Claudus als dieser sich setzte. Sie schien bei weitem weniger besorgt zu sein als ihr „Neffe“. „Introvertiert? Ich glaube, sie sind uns Römern gegenüber noch immer sehr misstrauisch. Sie kommen aus Syria und sprechen auch beide sehr schlecht Latein. Versuch es doch lieber auf Griechisch mit den Beiden. Das verstehen sie recht gut.“ Auf ihren Unterarmen zeigte sich eine leichte Gänsehaut, durchdrang doch die Kälte sie immer noch durch und durch. Suchend sah sie sich in der Taberna um. „Wer? Von wem redest Du?“ Medeia sah viele Männer in dem Raum, doch keiner schien ihr irgendwie verdächtiger zu sein als dass sie...einfach da waren.


    Das Frösteln ließ bei Medeia erst nach einigen Minuten nach. Nachdem sie sich ihre Hände warm gerieben hatte ließ sie diese sinken und sah sich in der Taberna um. Ihr Blick blieb auf den Musikanten haften und sie verfolgte für einige Zeit ihrem Spiel. Erst das Mädchen riss sie aus der Betrachtung heraus als diese den Wein- und Wasserkrug auf den Tisch stellte, etwas vom Inhalt schwappte leicht über. Hastig trippelnd verschwand das Mädchen wieder und kam kurz darauf mit großen Schüsseln warmen Eintopfes wieder. Und schon war sie wieder im dichten Gedrängel der Taberna verschwunden. Medeia musterte eine Weile den Eintop, während die Anderen sich schon dem Essen widmeten. Auch Pumilus wollte mit einem Löffel seinen ersten Bissen tun als er die Hand von Medeia an seiner Schulter spürte. Den Mund halb offen, gierig die Speise in sich hinein zu schaufeln, spähte er zu Medeia hoch. „Ja?“ murmelte er abweisend. „Sag dem Mädchen, dass ich noch einen heißen Kräutersud möchte. Und lass sie zwei Räume herrichten, eines für mich und Olympia, eines für Claudus. Und ihr könnt in dem Gemeinschaftsraum der Taberna unterkommen!“


    Ein Blick auf sein Essen geworfen, dann nickte Pumilus resigniert und stand auf. Seine kurzen Beine trugen ihn flink durch den Raum, schließlich wollte er schnell zu seinem Essen zurückkehren. Ruppig drängte er sich an einigen orientalisch anmutenden Männern vorbei und konnte gerade die kurze Tunika von dem dürren Mädchen erwischen. Schnell trug er seine Aufträge vor und seufzte erleichtert. Doch just als er sich umdrehen wollte, legte sich eine raue Hand auf seine Schulter. „Na, kleiner Mann, ist das Dein Eheweib dort, dass sie Dich so herumschicken darf?“ Pumilus spähte nach oben. Fast hätte er geschluckt als er in das wildaussehende Gesicht des Mannes schaute, der so verfilzte Haare hatte. „Eheweib...? Nein, das ist meine Herrin dort. Eheweib...ach, das wäre schön...obwohl...nein, lieber nicht. Die ist manchmal zu garstig...ups...ähm, ich hab nichts gesagt!“ Der Mann lachte kehlig und schüttelte seinen Kopf. „Keine Sorge, kleiner Mann. Wo geht’s denn hin?“ Pumilus zuckte mit der Schulter. „Nur nach Mantua, aber ich muss mal wieder. Meine Domina wartet schon. Bis ein ander Mal...“


    Und schon marschierte der arglose Pumilus wieder zurück an den Tisch. Der Mann sah ihm kurz hinter her, nachdenklich und mit einem schiefen Grinsen. Erst dann begab er sich zu dem Tisch mit seinen Kumpanen zurück. Bei der Reisegesellschaft lehnte sich Medeia zurück und schien das Essen nicht mit einem Blick würdigen zu wollen. „Es wird noch ein paar Tage dauern, bis wir in Mantua sind, Manius. Hoffentlich wird es mit dem Wetter besser werden!“ Sie lächelte und sah ihn nachdenklich an. „Möchtest Du eigentlich eine Weile in Italia bleiben? Hast Du Dir da schon Gedanken gemacht?“

  • Claudus wollte sich eigentlich gerade dem Essen zuwenden, als Medeia in ansprach. "In Italia?", er grinste leicht. "Ich will nie wieder woanders hin, als in Italia. Die anderen Gegenden sind schrecklich. Diese Kälte und Umstände dort...". Dann verschwand sein Grinsen und er gab einen etwas angewiderten Gesichtsaudruck von sich. Man sah sofort, dass ihn der Gedanke an die anderen Gegenden in Rom abscheulich vorkamen. Dann riss er sich jedoch zusammen und lächelte Medeia wieder an. "Auf jeden Fall bleibe ich!"
    Unauffällig schielte er hinter sich her und behielt die in Dunkel gekleideten Männer im Auge. Es war zudem noch unangenehm, dass er seinen Dolch im Gepäch liegen gelassen hatte! Und alleine raus konnte er ganz sicher nicht. Sie würden ihm auflauern und mit Sicherheit erstechen oder sonstwas! Seine Panik wuchs jeher, als er miterlebte, wie sie versuchten, sich an Pumilus ran zu machen und noch mehr, als er erfuhr, dass er alleine in einem Zimmer schlafen musste. So viel zur Nachtruhe...


    Medeia schien wohl nicht zu verstehen, von wem Claudus redete. Also wartete er auf einen unachtsamen Moment. Und gerade als sie wegschauten, klopfte er ihr auf die Schulter. "Da! Die Typen dort, die in Dunkel gekleidet sind!". Dann drehte er sich hastig wieder um und tat so, als ob nichts geschehen wäre. "Hast du die gesehen? Die haben irgend etwas vor...".
    Während er versuchte, Medeia die Gefahr vor Augen zu führen, wurde Claudus´ Essen immer kälter. "Hmpf... ich glaube, ich esse lieber, solange das Essen noch schmackhaft ist". Man sah Manius an, dass seine Nerven strapaziert waren, und er selbst wunderte sich, dass er überhaupt noch Appetit hatte.

  • Wie tausend Stimmen von den Geistern der Unterwelt tobte und toste der Wind mittlerweile um das kleine Gasthaus herum, das ungeschützt dem Wind und Wetter am Rande der Strasse ausgeliefert war. Die Buche neigte sich gebeutelt zur Seite, schlug immer heftiger mit ihren Zweigen auf das Dach der Taberna. Als ob sie all jene in dem Haus eindringlich warnen wollte. Doch jene beachteten ihre Zeichen nicht, lachten weiter, genossen die Wärme im Haus. Ebenso Medeia, die zu den dunklen Gestalten, wie sie Claudus genannt hatte, hinübersah. Da kam schon das Mädchen mit einem dampfenden Becher zurück, den sie vor Medeia hinstellte, die auch den Blick von den Männern abwandte. „Die sollen etwas vorhaben? Das sind doch auch sicherlich nur Reisende!“ Seufzend griff Medeia nach dem heißen Becher und wärmte ihre eisigen Fingerspitzen daran. Lächelnd beobachtete sie, wie Claudus mit doch gesundem Appetit aß. „Ich freue mich, dass Du wieder den Weg heim zu der Familie gefunden hast. Schließlich ist die Familie das Einzige worauf man sich wirklich verlassen kann.“ In jenem Moment brandete Applaus auf als die beiden Musiker ihr Stück beendet hatten und sich an einen Tisch setzten, um ihren Lohn zu sich zu nehmen, ein Topf mit dicker Suppe und Brot dazu.


    In dem Moment standen die für Claudus so verdächtigen Männer auf, warfen einige Münzen auf den Tisch und bahnten sich einen Weg nach draußen. Regen klatschte in die Taberna, die Öllampen flackerten heftig als sie die Tür öffneten und das Gasthaus verließen. Protestierend heulte der Wind durch die Taberna, die Flammen im Kamin wurden kleiner und loderten wieder hoch als die Tür geschlossen wurde. Medeia sah den Männern noch hinterher und lächelte dann zu Claudus. „Scheinbar haben sie wohl doch nichts vor! Ich glaube, ich ziehe mich jetzt zurück. Ich lasse Dir Hektor da.“ Nur die Hälfte des Bechers hatte Medeia leer getrunken, den Rest ließ sie stehen als sie aufstand und ihre Palla wieder hochzog. „Olympia, Herkules, kommt. Und Herkules? Hol bitte die kleine Kiste vom Wagen.“ Dann wandte sich Medeia noch mal Claudus zu. „Eine erholsame Nachtruhe wünsche ich Dir, Manius!“ Herkules verschwand in Richtung Stall und Medeia schritt zu den angemieteten Räumen und verschwand hinter einer Tür, die zum Obergeschoss führte. Das Lärmen der Taberna war immer noch laut, das Rauschen des Sturmes ließ ebenso wenig nach.

  • "Danke Medeia, gute Nacht!", rief Manius, als sie hinter einer der vielen Zimmertüren verschwand. Dann wandte er sich an Hektor, der still schweigend da saß und sprach zu ihm in gebrochenen Griechisch: "Sag mal, waren dir die Typen geheuer?"
    Als er sein letztes Wort sprach, ertönte von draußen ein ohrenbetäubender Blitz. Ob die Götter vielleicht zornig waren...?
    Er beschloss sich trotzdem, sich noch ein kleines Vinum zu gönnen und rief die Frau, die unbeschäftigt umherirrte. "Hey, du! Ein Vinum bitte!", und schon tippelte sie mit ihren dünnen Beinen davon, während Claudus besorgt darüber nachdachte, was die Gestalten vor hatten. Er war sich sicher, dass es noch nicht vorbei war. In seinen Gedanken versunken hörte er ebenfalls auf, Hektor wahr zu nehmen, der aber direkt neben ihm saß und ihn verwirrt anstarrte.


    Wenig später schon kam die Frau mit einem halben Becher Wein zurück. "Tut mir leid, mehr war nicht übrig!", erklärte sie in einer auch für eine Frau recht hohen Stimme. Er nickte und ließ sie weiter arbeiten. Er sorgte sich darüber, ob ihn vielleicht die Männer im Schlaf auflauern würden und ihn so überwältigen wollten. Er beschloss deshalb, diese Nacht lieber nicht zu schlafen...

  • Düstere Schatten und ein Schrei in der Nacht


    Stunden später war das Feuer im Kamin heruntergebrannt, die verkohlten Holzscheite glühten leichten, ließen ein rötlicher Schimmer auf das Gesicht des jungen und schlafenden Claudus fallen. Die junge Frau in der Taberna hatte leise um ihn herum das Geschirr abgeräumt, ansonsten ließ sie ihn schlafen, Hektor war schon recht früh aus dem Tabernenraum in den Stall verschwunden. Immer noch prasselte der Regen auf das Dach der Taberna, monoton und mit ungebrochener Stärke. Genauso umwehte der Wind das kleine Haus am Rande der Via. Leise knarzte die Tür zum Stall, eine schattenhafte Gestalt schlüpfte in den Raum. Seine Lederrüstung gab leise Geräusche von sich, doch zu leise um den Wind und den Regen zu übertönen. Langsam schlich die Gestalt durch den Schankraum und verharrte abrupt als sie Claudus am Tisch ausmachen konnte. Düster beschien die rote Glut sein Gesicht, zeigte die hagere Gestalt nur undeutlich. Ein Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht als er erkannte, dass der Mann dort schlief, alleine und selig. Eine Reflexion! Ein Dolch wurde gezogen, doch in jenem Augenblick schlüpfte eine weitere Gestalt in den Raum, sein Schemen war fast nicht auszumachen, seine schwarze Haut schien das wenige Licht in der Taberna zu verschlucken. Gerade als der Erste mit dem Dolch vortreten wollte, um Claudus die Kehle im Schlaf zu durchschneiden, berührte ihn der zweite Eindringling an der Schulter. Mit der Gier nach Blut sah der Erste auf Claudus hinab, folgte dann mit einem und einem zweiten Schritt seinem Kumpanen, der eiligst nach oben ging. Die Treppen knarzten bei ihren Schritten leise, doch wieder verschluckte das Heulen des Windes diese verräterischen Töne.


    Leise und doch schnell dabei huschten die beiden Männer durch den schmalen Gang des Hauses, die meisten Türen der Gästezimmer waren leicht geöffnet und leer. Vor einer verschlossenen Tür blieben sie stehen, sie nickten sich zu und der Erste griff nach der Türklinge, leise drückte er diese herunter und zog die Tür langsam auf. Sein Blick ging spähend durch den Türspalt hinein, nichts. Auch jenes Zimmer war leer. Die Zweige peitschten draußen laut auf das Dach. Die nächste Tür! Langsam ging sie auf, der Duft nach ätherischen Ölen drangen den Männer an die Nasen, der etwas hagere Mann nickte langsam und deutet hinein, langsam öffnete er weiter die Tür, sie gab ein leises metallisches Stöhnen von sich, doch schon war der Mann einen Schritt im Zimmer. Die Fensterläden waren geschlossen, nur zwischen schmalen Schlitzen drang weniger düstere Finsternis in den Raum hinein, doch kein Sternen- oder Mondlicht erhellte das kleine Gästezimmer.


    Doch die Augen des Eindringlings hatten sich schon an die Dunkelheit gewöhnt. Prüfend musterte er die in Decken zusammengerollten Gestalten auf dem mit Stroh gefüllten Bett. Langsam, abermals knarzten die Bohlen unter seinen Füßen, kam er an das Bett heran, sein Kumpan folgte ihm still und stumm. Der scharfe Dolch durchschnitt lautlos die Luft und senkte sich bedrohlich auf die beiden Schlafenden herunter. Gleichzeitig beugten sich beide Männer herunter und packten die Ahnungslosen im Bett. Der hagere Mann spürte unter seinen Händen einen Frauenkörper, drückte die Klinge an ihren zarten Hals und presste gleichzeitig mit der anderen Hand ihren Mund zu. „Still oder Du stirbst!“ raunte er leise. Er spürte wie sich der Körper erschrocken gegen ihn zu wehren versuchte und sofort erstarrte als sie die Worte hörte. Der Dunkelhäutige war mit seiner Hand jedoch nicht all zu flink an dem Mund der anderen Frau heran, diese riss die Augen auf, sah einen riesigen Schemen über sich und öffnete ihren Mund. Ein gellender Schrei entfleuchte Olympia, sie versuchte mit Händen und Füßen um sich zu schlagen, wurde gleich darauf grob gepackt und ihr Schreien mit einer riesigen Pranke erstickt.


    Doch der erste Schrei hallte durch die ganze Taberna und direkt zu Claudus.

  • Auf einem Tisch in der Taberna eingeschlafen! Wie als ob das nicht schon in einem Gästezimmer fürchterlich genug gewesen wäre, konnte Manius sich nicht mehr halten und schlief in so einem unsicheren Teil des Gebäudes ein, wo ihn jeder Exbeliebige erstechen könnte. Vom Rascheln der Bäume und von den Blitzen und den Regentropfen, die auf das Dach peitschten ließ er sich nicht aufwecken. Doch seine Augen sprangen ganz schnell auf, als er ein Schreien vernahm. Seinen Augen folgte der Körper, der sich langsam und schwerfällig erhob und Claudus musste zuerst analysieren, dass es wirklich ein Schrei war und kein Traum. "Was beim Jupitter ist denn los?!", dachte er sich. Hektor, den Medeia ihm da ließ, war auch verschwunden. Er schaut sich aufgeregt um und dachte, dass er wohl in seinem Zimmer sei. Doch dann durchfuhr ihm ein Geistesblitz! Der Schrei warwirklich kein Traum, sondern echt.
    Mit einem Hechtsprung schwang er sich hinter den kleinen Tresen, wo das Personal arbeitete, aber zurzeit nicht da war. Er durchwühlte alle Schubladen auf der suche nach einem Gegenstand, welchen er als Waffe zweckentfremden konnte. Er sah zwar noch etwas verschwommen vom Schlaf, aber er hatte keine Zeit, sich damit aufzuhalten. Dann fand er ein großes, scharfes Messer, welches normalerweise Fleischer für hartnäckige Fleischkolben verwendeten. "Wird wohl reichen müssen.".
    Schnell schwang er sich zurück in den Raum und rannte mit großen Schritten in einen kleinen Flur zwischen Hauptteil und Gästezimmern der Taberna und suchte nach dem Raum, aus dem er meinte, das Geschrei vernommen zu haben. Er schaute zuerst in den Raum, dessen Tür am weitesten offen stand - nichts. Dann schaute er eben in einen Anderen - nichts!
    Dann huschte er zum dritten Raum und spähte über eine Ecke vor der Tür. Er sah die zwei Gestalten von selbigem Abend, wie sie einer Frau ein Messer an die Kehle hielten. Er konnte nur nicht ausmachen, welche Frau es war.


    Das war jedoch ohne Bedeutung, fur Claudus zählte viel eher, was er jetzt tun sollte. Er konnte jetzt sein Leben auf´s Spiel setzen und helfen oder Hilfe holen, mit dem Risiko, dass es zu spät sein könnte. So beobachtete er erstmal die zwei Männer und überlegte, was er tun sollte...

  • Stille herrschte in dem fast finsteren Raum, nur sehr schwierig waren die Konturen von Gestalten auszumachen. Ein würgender Laut durchbrach die Ruhe und schließlich ein: „Halt!“ Eine rauhe Männerstimme knurrte das Wort kehlig und mit drohendem Unterton. „Ein Schritt näher und die beiden Frauen sind tot und kurz danach Du...“ Langsam näherten sich die beiden Gestalten der Tür als dort ein Licht auftauchte. Eine Öllampe leuchtete in den Raum hinein und am Eingang stand das junge Mädchen des Schankraums. Um ihr linnenes Nachthemd hatte sie ein dunkles Wolltuch gezogen. Verwirrt leuchtete sie mit der Öllampe in den Raum hinein. Die Strahlen fielen auf den großen, dunkelhäutigen Eindringling. Er hatte die Hand vor den Mund von Olympia gepresst, die sich immer noch gegen den Mann wehrte, selbst mit dem schartigen Messer an ihrer Kehle. Weniger aufmüpfig schien Medeia zu sein, die von der hageren Gestalt gehalten wurde. Der Hagere starrte zu Claudus und grinste schief. „Bürschchen, lass’ mal ganz schnell Dein Messerchen fallen, sonst zieh ich meinen Dolch hier durch. Du willst doch nicht so ein Weibchen auf dem Gewissen haben, Junge!“


    Das junge Mädchen starrte die Männer an und wandte sich schnell um. „Hilfee...Hilfe...!“ schrie sie, doch in dem Moment als sie die Treppen hinunterstürzen wollte, wurde sie von einem weiteren Eindringling gepackt. „Hoha, was haben wir denn hier? Hey, Dercus, pass mal besser auf beim nächsten Mal.“ Ein dicklicher und sehr groß gewachsener Mann trat auf die Tür zu, grinste hinein und hielt das erschreckte Mädchen am Arm fest, die ihn jetzt stumm und leichenblass anstarrte. Der Dicke warf auch Claudus einen flüchtigen Blick zu. „Kommt jetzt, wir wollen wieder weg. Wir haben das Meiste aus dem Stall abgeräumt. Wollt ihr die Weibsbilder etwa mitnehmen? Hey, pass mal besser mit dem Brotmesser auf, Du!“ Er deutete mit seinem dicken Finger auf Claudus. „Also gut, nehmts s’ ruhig mit. Wird dem Alten sicherlich gefallen, vielleicht behält er ja eine von den beiden Hübschen.“ Ein dreckiges Grinsen folgte den Worten. Der Hagere starrte derweil unverwandt Claudus an und nickte andeutungsweise. „Nun, lass das scharfe Ding fallen, Junge!“ forderte er Claudus noch mal auf.

  • Verdammt, sie hatten ihn doch erwischt und bekamen sogar Verstärkung! Manius stand eine schwere Entscheidung davor. Wenn er das Messer werfen würde, könnte er einen von den Dreien mit einem gezielten Kopfwurf töten, doch dann würden ihn die überlebenden aufspießen... "Ich denke nicht, dass ich mit Loch im Magen enden will", schoss es ihm durch den Kopf. Die Gelegenheit war schlecht, Widerstand zu leisten und so musste er wohl oder übel kooperieren, vielleicht würden sie sich dann schnell aus dem Staub machen. "Immer mit der Ruhe...", sagte er mit genervter Stimme und legte langsam das Fleischermesser zu Boden. "Da, nehmt doch euer sch*** Messer!", entfuhr es ihm. "Hoppla...", dachte er. Hätte er wohl lieber nicht sagen sollen.
    Wie gerne hätte Manius jetzt, dass sein Cousin Reatinus hier wäre. Ein kampferfahrener Legionär, der wäre sicher mit denen fertig geworden. Aber nein, er muss ja auch im eiskalten Germanien stecken und auf einem großen Platz Jogging laufen! Claudus war ratlos, verzweifelt und wütend zugleich. Er stand reglos da und ließ seinen hasserfüllten Gedanken freien Lauf, während er beobachtete, wie sich die Männer über eine unschuldige Frau hermachten.


    Bei der nächsten Gelegenheit würde er jedoch nicht zögern, einen von ihnen in Plutos Reich zu schicken...

  • Eine dunkle Nacht und auf ins Gefecht?


    Der Wind umrauschte die kleine Herberge, sauste über die düstere Landschaft, von der Nacht umfangen, und ließ Bäume, Büsche und Lebewesen in seinem wütenden Tun erschaudern. Wie Echos Worte, die ihrem Narziss nachtrauerte, erklang der Wind, zornig, nicht durch das Haus zu gelangen und dann als ob er tausend traurige Stimmen mit sich tragen würde. Einen Moment schien alles in dem winzigen Raum erstarrt zu sein, getaucht in ein unwirkliches Licht und gebannt von der Gefahr des Momentes. Doch die Stimme eines der Wegelagerers, die sich nun in das Haus begeben hatten, durchschnitt die Szene mit seiner rauhen Stimme.
    „So ist’s richtig, Junge!“ erwiderte der dickleibige Eindringling, bückte sich und ergriff das Messer. „Kommt, wir verschwinden…“ Die drei Männer, die Frauen fest im Griff, traten durch den Ausgang des Zimmers und verschwanden in der Dunkelheit des Flures.


    Just, die Schritte der Männer waren noch kaum verklungen, öffnete sich gegenüber eine Tür. Ein dunkelhaariger Mann, mit verwuschelter Haarmähne, und einer braunroten Tunica trat auf den Gang, barfuss. „Was ist hier los?“ murmelte er verschlafen. „Kann man noch nicht mal in Ruhe hier schlafen?“ Von unten war ein lautes Poltern zu hören und ein erschrockenes Aufquietschen von Olympia. „Hilfeee!“ rief sie abermals laut. „Du Wicht, aus dem Weg oder ich schneide Dir die Kehle durch…“ dröhnte nach oben und ein lautes Poltern, was nach einem Kampf klang. Der andere Mann im Flur riss die Augen auf. „Bei Mars…“ murmelte er und trat schnell in sein Zimmer, kam sofort mit einem Gladius und einem Dolch in der Hand wieder. Schreie ertönten von unten.

  • Nun hatte es den Anschein, dass die Luft immer dicker für die Verbrecher wurde. Claudus entschied sich, nicht tatenlos zu bleiben. Wie vom Teufel gehetzt stürmte er nach unten und riss die Haupteingangstür auf - vorbei an den Entführern, die er schnell zur Seite schubste und an ihnen vorbeihetzte. Die Eingangstür riss er auf und schnellte mitten in den Schlamm und den kalten Regen, der ihm Gänsehaut bescherte. Sein Ziel: Das Gepäck der Artorier. Ecklige Schlammflecken blieben an seinen Beinen hängen. Doch er rannte weiter hektisch in den Schlamm, bis er endlich ankam. Dann wuselte er in seinem Gepäck rum, auf der Suche nach seinem Dolch. Er wusste ganz genau, dass er ihn irgendwo dort hingelegt hat. Doch er hätte nicht viel Zeit, bis die Räuber vor der Eingangtür aufkreuzen würden. Hektisch wirbelte er die ganzen - manche mehr und manche weniger wertvollen - Gegenstände durcheinander. Doch er fand es nicht. Und trotzdem wusste er ganz genau, dass er es eingepackt hatte. "Wo bei Jupitter hab´ ich es bloß?!", dachte er.
    Nun hatte er zumindest eine Lektion gelernt: Immer den Dolch bei sich haben, wenn man einen hat! Ob er lange genug leben würde, um von dieser Lektion Gebrauch zu machen, war eine ganz andere Frage.

  • Von Räubern und Rettern! Ein Kampf in der Dunkelheit.


    Wütend schlugen die Zweige des Baumes gegen das Dach, hämmerte mit dem feinen Geäst gegen die Balken der Wände. Der Wind umheulte das Haus und schien die Taberna von der Welt abschneiden zu wollen. Im Hauptraum, dem Schankraum der Taberna, wo nun kein wärmendes und einladendes Feuer mehr brannte, sondern die kalten Finger der nächtlichen Nacht nach den Menschen zu greifen schien, war ein großes Chaos im Gange. Pumilus hing an einem Bein der Entführer und biss ihm kräftig in die Wade, stöhnte leise auf als ein Fuß gegen seinen Rücken trat. Der massige Entführer, der scheinbar das sagen hatte, schlug Medeia wuchtig ins Gesicht, wobei sich der Ring an seinem Finger in ihre Haut grub und eine rote, blutige Spur hinterließ. Olympia versuchte mit Händen und Füßen sich gegen die Räuber zu erwehren. Während Claudus nach seinem Dolch suchte, sprang der unbekannte Dunkelhaarige mit seinem Gladius auf den ersten Mann zu und stach ihm mit dem Gladius in den Oberschenkel. Der Hagere jaulte schmerzhaft auf, ließ Olympia los, die hastig zur Seite huschte und ebenso nach einer Waffe suchte. Mit einem weiteren Hieb trieb der Unbekannte einen der Räuber weiter zurück. Der Massige jedoch packte seinen Dolch, riss Medeia an den Haaren hoch, die benommen vom Schlag noch halb auf einem Tisch lag und hielt das Messer an ihre Kehle. Ein feines Rinnsal tropfte unter ihrem Ohr entlang, dort wo er etwas zu fest das Metall an Medeias zarte Haut drückte. Medeia riß ihre Augen auf und atmete flach und abgehackt. „Halt!“, dröhnte die Stimme des Räubers. „Einen Schritt näher und ich schlitze ihr die Kehle auf.“ In dem Augenblick wandte der Massige Claudus, den er wohl in der Hektik und Chaos nicht bemerkt hatte, den Rücken zu. Seine Augen waren nur auf den Mann mit dem Gladius gerichtet, der einen Augenblick zögerte als er die Drohung vernahm.

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