Besprechung mit dem Trecenarius

  • In regelmäßigen Abständen ließ der Kaiser sich direkt durch den Trecenarius der Cohortes Praetoriae, den Kommandeur der Speculatores, über die Sicherheitslage in der Stadt und im Imperium informieren. Die Besprechungen fanden wie alle regelmäßigen Berichte der leitenden Beamten im kaiserlichen Tablinium statt, wo eine bessere Arbeitsatmosphäre herrschte als in der repräsentativ orientierten Domus Flaviana.


    Hier also lag Severus auf seiner Kline, bekleidet mit einer bequemen Tunica laticlava und mit seinem Mercurius-Medaillon spielend, und wartete auf "den Neuen". Seine Frau hatte ihm schon etwas über den Tiberier erzählt. Nun war er gespannt, ihn persönlich kennenzulernen.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Alsbald tauchte er auch, der neue Geheimdienstchef des Reiches, welcher sich bereits in den ersten Tagen einen Ruf des kalten Rationalisten erarbeitet hatte, indem er viele Fälle sachlich und effizient angegangen war. Verus war innerlich dennoch unruhig, auch wenn sein Äußeres nur das frostige Gesicht eines ausdrucklosen Soldaten zeigte. Dieser Mann hatte viel erlebt, gesehen und durchgemacht, so dass sein Weltbild nicht durch Optimismus gezeichnet war, sondern eher durch eine fatalistische Grundhaltung. Als Geheimdienstchef des Imperiums war diese Einstellung jedoch nicht falsch, da man stets mit dem schlechtesten Ausgang planen musste. Man musste immer das Schlechteste annehmen, um eben dieses abzuwenden. Verus, mit seiner zerrütteten Seele, war mit Sicherheit in seiner berechenbaren Pflichterfüllung der richtige Mann für diese Arbeit. Er war nicht dumm, hatte eine gewisse Tapferkeit, war militärisch geschickt und wusste um die Arbeit, die von ihm verlangt wurde. Zudem war er auch ein geübter Kämpfer und mit Sicherheit schlachtenfahrener als die meisten anderen Soldaten innerhalb der schwarzen Kohorten. Dennoch war er immer noch unsicher über diese Welt. Ängste plagten ihn. Sorgen nötigten ihn. Und ferner suchten ihn die Albträume seiner Blutbäder heim. Der offene Krieg verließ ihn auch hier nicht. Doch führte er weiter einen geheimen Krieg, der ihn ebenso verfolgen würde, wie er andere verfolgte. Ein gewisser Wahnsinn lag im Geschäft, welches er für den Kaiser betreiben musste. Diese Pflicht war anders aber nicht weniger grausam. Wenn war diese Pflicht sogar noch grausamer, da sie geheim und heimtückisch agierte. In schlichter Aufmachung, der eines Bürgers mit Toga, aber einer schwarzen Tunika darunter und Offiziersstiefeln aus Leder, trat er ein. Man erkannte nicht sofort, dass es sich um den Trecenarius handelte, aber die Stiefel und die schwarze Tunika zeigten einem Kenner seine Zugehörigkeit. Seine Prätorianer, die ihm unterstanden, arbeiteten im Geheimen und wollten selten sichtbar sein. Eine klare Sichtbarkeit war Versagen. Mit dem römischen Faustgruß auf die Brust, grüßte er seinen Kaiser. "Ave, Imperator," war der geblaffte Gruß, der militärisch geriet, bevor sich Verus aus der strammen Haltung verabschiedete und eine deutlich entspanntere Pose einnahm. Doch war diese Pose immer noch strammer und mit mehr Haltung als die eines üblichen Zivilisten. Das Militär konnte Verus nicht ganz verlassen, auch nicht in ziviler Kleidung; oder besser der geheimen Uniform der Speculatores.

  • Severus wusste, dass der Tiberier ein Soldat durch und durch war. Was sich in seinem Auftreten bestätigte. Ob das für einen Geheimdienstchef ideal war, würde sich zeigen. Seine Frau hatte ihm auf jeden Fall bestätigt, dass er ein loyaler Mann war.


    "Salve, Tiberius." begrüßte er ihn freundlich und wies mit der Hand auf eine weitere Kline, die für Besucher bereit stand. Da Verus keine Rüstung trug, war das vielleicht sogar eine bequeme Position. "Wie ich hörte, hattest du schon Gelegenheit, dich ein wenig einzuleben hier in Rom?" Auch das wusste der Kaiser von der Augusta.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Diese Frage erschien Verus überaus zynisch. Verus lebte sich nicht ein, sondern überlebte Lebenslagen. Auch Rom war für diesen Mann nur eine neue Überlebensstrategie. Nicht nur, weil sein Familienstammsitz niedergebrannt war, sondern auch weil ihm stets etwas fehlte. Etwas, was man erduldete und durchlebte, um am Ende auf etwas anderes zu hoffen. Verus war leer und taub. Eine Person, die Verus gleich war, hatte kein Zuhause und war niemals irgendwo eingelebt, denn stets war die Seele von Furcht getrieben und bereit zu einem blutigen Abwehrkampf. Die Welt konnte nicht mehr sicher sein, da grundlegende Sicherheitsideen und Gewissheiten zerstört waren. In dieser neuen Gewissheit lebte Verus, dass er niemals lange an einem Ort Sicherheit fühlen konnte. In diesem Sinne hatte er sich nicht eingelebt aber die Umstände sprachen wohl dafür, dass er sich eingerichtet hatte. Er war vorerst auf diesem neuen Schlachtfeld angekommen. Verus entschied sich also für eine neutrale Antwort. "Den Umständen entsprechend habe ich mich eingerichtet, Augustus." Und doch drängte es den Mann, sich ehrlich zu äußern und somit ergänzte er seinen neutralen Satz mit versachlichter Sorge. "Dir ist sicherlich bekannt, dass der Stammsitz meines Hauses zerstört ist und der Name meines Gens in Gefahr ist. Viele Tiberii sind gestorben und nur wenige halten noch diesen Namen. Als Ältester ist es meine Aufgabe und meine Pflicht diesen alten Namen zu schützen. Die Lage ist nicht einfach," war schließlich die wahrhaftige Antwort. Dennoch verschonte er den Kaiser mit seiner langen Lebensgeschichte, die bereits mit Vertreibung unter Salinator begonnen hatte. Stets war er vertrieben worden, musste sich stets neu orientieren und erst im Militär hatte er einen gewissen Halt gefunden, wenn auch einen für sein Selbst zerstörerischen Halt.

  • Der Kaiser nickte ernst. Seine Nachfrage war zwar eher eine Floskel gewesen, aber dass es einen Mann erschütterte, wenn sein Familienanwesen in Trümmern lag, verstand er durchaus. "Das verstehe ich." bemerkte er deshalb und fuhr sich nachdenklich durch den Bart.


    Er erinnerte sich noch an Tiberius Durus und Tiberius Lepidus, obwohl der erstere schon lange tot war und der letztere sich seit geraumer Zeit zurückgezogen hatte. Dass nun ausgerechnet derjenige Tiberier die Leitung der Familie übernahm, der seinem patrizischen Status abgesagt hatte, wie es schien, überraschte.
    "Benötigst du Zeit, um dich um deine familiären Verhältnisse zu kümmern?" fragte er trotzdem. Es war ja im Grunde erfreulich, wenn sich ein Mann seiner familiären Verpflichtungen erinnerte. Und die Cohortes Praetoriae hatten nun schon eine Zeit ohne Trecenarius überlebt, sodass sie es wohl noch ein bisschen Zeit aushielten.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Der Kaiser schien nicht herzlos. Eine Schwäche in Verus Augen, denn ein Kaiser musste stets nach Macht streben. Nicht nach ungerechter Macht, sondern nach deren Erhalt und das erforderte eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Emotionen anderer. Doch dies war in diesem Augenblick egal. Verus schätzte es sogar insgeheim, dass er einem Menschen gegenüberstand. Es war wohl an der Zeit die formale Haltung zu verlassen und endlich die bequemere Kline einzunehmen. Nun traute sich Verus das militärische Protokoll zu verlassen, da der Kaiser scheinbar nicht sonderlich darauf versessen war und unnötige Machtdemonstrationen oder Unterwerfungsgesten zu vermeiden schien. Seine nachdenkliche Geste ließ Verus auch für eine Sekunde seine Maske aufgeben. Man konnte erkennen, dass in ihm auch noch mehr war, als ein Soldat, der schlicht Befehle ausführte. Verus ließ sich Zeit auf die Frage zu antworten, da er diese nicht einfach wegwischen wollte. "Ich bitte nur um das Recht, nach meiner Familie sehen zu dürfen und die Geschäfte zur Wiederherstellung des Stammsitzes zu erledigen. Ich verspreche dir, dass es keine gegenteiligen Interessen zu meinem Dienst für dich geben wird." Dieser Mann würde die Pflichten nicht aufteilen. Wieder zeigte sich Verus als Person, die nicht flüchtete und stets Ausführung jener Pflichten vor eigene Wünsche stellte. Er konnte nicht mehr anders. Folgsamkeit war seine Ausflucht aus sich selbst. Eine Ausflucht aus den Ängsten, die ihn stets umtrieben. Furchtbare Sorgen, die er nicht abschütteln konnte aber lenken. Verus diente mit einer fatalen Hingabe, die nichts anderes zuließ. Er hatte nur den Dienst und die Pflicht. Somit war die Entscheidung schnell gefasst. "Ich bin in erster Linie dein Trecenarius, Augustus," war die feste Versicherung seiner Treue. Und es war auch die Wahrheit, denn Verus war nichts anderes mehr. Nach all den Schlachten und den Verlusten blieb nur dieser Eid, so entleert und frostig er auch war.

  • Seine Frau hatte von einem Soldaten gesprochen. Aber Severus erkannte durchaus, dass hinter der Fassade mehr steckte.
    "Davon gehe ich aus." antwortete er schließlich und nickte. "Aber du bist ein freier Römer und ein solcher kann niemals nur Diener sein. Ich erlaube dir nicht nur, für deine Familie zu sorgen, sondern erwarte es sogar." Kein Römer war ein echter Mann, wenn er nicht für seine Familie sorgte.
    Einen Moment zögerte der Kaiser. Dann schloss er die Sache mit einem Angebot ab: "Wenn du sonst Hilfe benötigst, gib mir Bescheid." Die Augusta hatte das vorgeschlagen. Und die Tiberier hatten ja wirklich genug für das Imperium getan, dass man sich erkenntlich zeigen konnte.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Dieses Angebot kam in benevolenter Gnade und doch fiel es Verus schwer, darauf einzugehen. Nicht, dass er es nicht wertschätzte, dass sein höchster Befehlshaber, ihm diese Gnade offerierte, sondern aus der Perspektive des gescheiterten Verus, kam sie zu spät. Wesentlich zu spät. Die Briefe an die Administration blieben unbeantwortet, als er Hilfe von Rom gebraucht hätte. Er wurde stets vertröstet und von vielen sogenannten Freunden fallen gelassen. Hilfe schien nicht immer eine Möglichkeit zu sein. In Verus Welt zählte nur Tatkraft, die eigene Kraft gegen die Dinge zu stemmen, die ansonsten einen erheblichen Schaden haben würden. Man konnte sich nur selbst helfen. Der Gesellschaft schenkte dieser Mann nur Misstrauen und auch der Kaiser erhielt nicht jenes Vertrauen, welches er sicherlich von einem Trecenarius erwartete. Aber gerade in dieser Rolle als Chef der Geheimpolizei des Reiches, war Verus dieses Misstrauen in alle Dinge vorherbestimmt. Seine Arbeit erwuchs aus den dunklen Dingen, suchte ihr Glück im Dunkel und fürchtete es gleichsam. Verus lebte in den Schatten, traute sich nicht einmal mehr ins Licht, da jemand sein trauriges Gesicht erkennen konnte. Niemand sollte ihn herausfordern, niemand sollte etwas von ihm fordern, was nicht Pflicht war. Für ihn selbst war es bereits Verrat, wenn man seine Pflicht vergaß. Es gab nur eine Funktion innerhalb eines Systems, welches für eine Ewigkeit bestimmt war aber niemals ewiglich sein konnte. Er fühlte es erneut. Dieses Gefühl von Angst. Diese kriechende dunkle Seite, die alles verneinen konnte, was er sein wollte. Diese Welt hatte nie einen guten Platz für ihn. Verus wollte antworten, dem Kaiser diese Welt erklären und wusste beim Anblick dieses bärtigen Mannes, dass dieser es nicht verstehen konnte, auch wenn er es verstehen wollte. Seine Welt war eine andere, zwar auch an das System gebunden aber mit einer deutlich anderen Rolle. Vielleicht teilten beide ein Pflichtgefühl aber die Pflichten fielen auseinander, weiter auseinander als Verus lieb war. Dieser Tiberius war der Meuchelmörder des Kaisers, der unliebsame Dinge bei Seite schaffte, damit der Kaiser im Lichte erstrahlten konnte, ohne von Schatten verfolgt zu werden. Ironie lag darin, dass der Kaiser seine Hilfe benötigte, denn Rom war stets ein gefährlicher Ort für Mächtige. Denn Macht war stets nur geliehen und vergänglich, wie ein Atemzug. Verus war sich bewusst, dass diese Aufgabe groß war und vielleicht sogar unlösbar, Rom vor den Schatten seiner eigenen Verfehlungen zu schützen. Der Kaiser wirkte verletzlich, gar menschlich, in seiner entspannten Pose und seiner gnadenvollen Sorge. "Das werde ich," war die nicht gelogene Antwort, die aber niemals in Erfüllung geraten würde. Verus würde nicht mehr um Hilfe betteln, sondern sich seine Hilfe selbst gestalten. Nun war er selbst in der Position dazu, stark genug, um mehr zu sein als ein getriebener Kriegshund. Seine Leine war nun so lang, dass er weiter blicken konnte, als bisher. Er verstand mehr aber dieses Verständnis heilte nicht seine Sehnsucht, seine Ängste und diese grausame Furcht, dass niemals etwas zum Besseren geraten würde. Dem Offizier wurde diese emotionale Terrain zu unsicher. Verus hatte keine Antworten mehr aber umso mehr fragen, die ihn zerrissen aber nicht an diesen Kaiser gestellt werden konnten. Der Kaiser war nicht der Ansprechpartner für tiefsinnige Fragen, die über das Maß der Arbeitsbeziehung hinausgingen. Verus versuchte sich seine rationale Kälte zu bewahren, die so dringend nötig war. "Hast du gesonderte Befehle oder nicht-allgemeine Aufgaben, die ich als dein Trecenarius ausführen soll?" -war also nun die gebotene Frage, die sich dem unsicheren Verus gar aufdrängte.

  • "Nein, momentan nicht." antwortete der Kaiser. "Ich möchte nur auf dem Laufenden gehalten werden. Wie du weißt, hat dein Vorgänger nicht bemerkt, dass sich ein riesiger Sklavenaufstand in dieser Stadt zusammenbraut. Insofern bin ich schon glücklich, wenn du deine regulären Aufgaben sorgfältig erledigst." Der Kaiser hatte den Trecenarius versetzen müssen. So etwas war ein unverzeihlicher Fehler.
    Aber vielleicht war der Tiberier ja aus anderem Holz geschnitzt. Dann konnte man noch sehen, ob man ihm zusätzliche Aufgaben aufbürden konnte. "Die Aufklärung, wie es zu diesem Aufstand kam genießt natürlich höchste Priorität." Aber das war ja eine reguläre Aufgabe. "Der Senat hat ebenfalls großes Interesse daran, dass wir hier zeitnah Aufklärung bekommen, wie es dazu kommen konnte."


    Sim-Off:

    Passt zwar nicht ganz zum Zeitablauf, aber der Sklavenaufstand ist doch eine gute Erklärung, warum dein Posten frei geworden ist ;)

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Sein Vorgänger schien blind gewesen zu sein. Auch vor den Partikularinteressen, die Rom derzeit prägten. Verus entschied sich, nicht dem selben Schicksal zu folgen und wollte mit pflichtvollem Eifer seinen Posten füllen. Diese Pflicht begann sofort und zwar mit seiner vollen Aufmerksamkeit gegenüber dem Kaiser. Entweder wollte der Kaiser keine gesonderten Befehle geben oder aber wollte nicht zu sehr ins Geschäft eingebunden werden, damit man ihm dieses politisch nicht anlasten konnte. Es war stets wichtig, dass man Vorgänge, die notwendig aber unangenehm waren, zu dementieren. Es dementierte sich mit echtem Unwissen besser als mit einer Lüge. Verus versuchte das Gesicht seines Befehlshabers zu lesen, um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten. Doch fand er auf Anhieb keine. "Ich werde mich in die aktuelle Sachlage einarbeiten und dir schnellstmöglich eine Statusmitteilung geben," war die bürokratische Antwort, die Verus zu gut beherrschte. Versachlichung half stets bei Problemen. Nicht immer zufriedenstellend aber sie half zumindest auf Kurs zu bleiben. "Der Aufstand ist auch eine Gelegenheit, mein Imperator," erklärte sich der Trecenarius. "Es ist eine geeignete Gelegenheit, den römischen Staat zu stabilisieren und zwar dauerhaft," begann Verus mit einem zynischen Kalkül, um seine Arbeit sauber einleiten zu können. "Es hätte niemals dazu kommen dürfen und ich glaube aus der Berichtslage bereits eine politische Ursache ausmachen zu können," wagte sich der Trecenarius vor, da es seine Aufgabe war, den Kaiser auch in Sachen des geheimen Geschäftes zu beraten. "Noch immer halten viele unser Imperium für geschwächt. Der Bürgerkrieg ist noch nicht verarbeitet. Rom hat kein Vertrauen bei seinen Bürgern und erzeugt keine Furcht bei seinen Feinden. Aus dieser dubiosen Gemengelage ergab sich jener Nährboden für Varia," erklärte der Schattenmeister vorsichtig und gab selbst dem Kaiser nicht alles preis. "Rom ist eine Idee. Eine Idee, die stets mit Leben gefüllt werden muss. Doch was hält im Kern unsere Gesellschaft neben der Tradition und den mos maiorum zusammen? Es ist die Macht des römischen Staates. Dieser Machtanspruch hat immens gelitten und ich glaube, dass wir als Prätorianer dir eine Lösung anbieten können. Eine einfache Lösung, die nichts weiter bedarf, als ein Wort von dir," offenbarte sich Verus und somit auch seine kalte Ratio. "Wir müssen den Staat als handlungsfähig präsentieren aber gleichsam einen neuen Feind etablieren, den wir leicht verfolgen können. Einen Feind, den wir kontrollieren können und der gleichsam unter der Bevölkerung mit Misstrauen belegt ist. Wir müssen den Willen des römischen Volkes entfachen und dies gelingt nur mit einem Feuer, welches stark brennen muss, damit es unsere Feinde blendet und deine Herrschaft sichert. Ich vermute, dass die Christianer sich als Ziel eignen und nicht minder verstrickt sind. Immerhin lehnen sie Rom ab und auch dich als Augustus. Sie sind ein permanentes Geschwür, welches Hass gegen unser Gesetz predigt. Nicht nur, dass sie Menschen opfern, sondern sie lehnen alles ab, wofür wir stehen. Ich kann dir eine einfache Lösung präsentieren, indem wir die Christianer endlich ins rechte Licht setzen, in das sie gehören," äußerte sich Verus bitter. Er mochte diesen Gedanken nicht aber seine berufliche Stellung brachte ihn dazu, stets nach Feinden zu suchen. Ohne Feinde wäre seine Angst nicht genügend genährt. Und sein Apparat lebte von der Angst. "Ich brauche nur dein Wort, dass ich jene Verfolgung aufleben kann," fragte er überzogen sanft.

  • Der Tiberier musste sich noch einarbeiten. Hoffentlich würde das nicht allzu lange dauern.


    Immerhin brachte er schon eine Idee aufs Tablett, die interessant klang. Severus hatte sich nie sonderlich für die Christianer interessiert. Sicherlich war er ihnen vor vielen Jahren in seinem Tribunat in Caesarea Maritima begegnet. Aber er schätzte sie eigentlich als harmlose Spinner ein. Wie so viele Glaubensgemeinschaften.


    Andererseits wusste er natürlich um das Misstrauen, das die Bevölkerung gegen diese Sekte hegte. Ähnlich wie die Juden. "Das klingt interessant." Die Christianer waren vielleicht wirklich geeignete Sündenböcke für einen Sklavenaufstand: Sie rekrutierten sich vor allem in den Unterschichten, sie lehnten die römische Gesellschaft ab. Es blieb aber die Frage, was man mit so einem Sündenbock erreichte. "Ich zweifle zwar, dass es die Parther oder Germanen sonderlich beeindrucken wird, wenn wir ein paar Christianer hinrichten. Aber da sich die Ermittlungen über die wahren Hintergründe des Aufstandes ziehen, wäre das vielleicht ein glaubwürdiges Ergebnis, um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren."


    Er strich sich nachdenklich durch den Bart. Prinzipiell war Severus ein rechtschaffener Mann, der Ehrlichkeit schätzte. Aber er war nicht Princeps geworden, weil er naiv war und nicht wusste, dass man die Wahrheit manchmal beugen musste, um Kontrolle zu behalten. Und in diesem Fall tat es ja kaum jemandem weh. Zumindest niemandem von Bedeutung. "Insofern bereite Beweise vor, um diesen Aufstand mit den Christianern in Verbindung zu bringen. Ich werde meine Berater befragen." Der Kaiser beriet solche Dinge gern. Vielleicht diesmal nicht direkt im Senat, aber vielleicht doch mit den Consuln. Und dem Consul designatus, der ja eine Untersuchungskommission angekündigt hatte.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Und so begann die übliche Arbeit im Geschäft der Schatten. Es war nicht mehr wichtig, was wirklich zählte, sondern was gefordert war, um jene Stabilität zu erzwingen, die allgemeine Gesellschaft erst möglich machte. Dieses Geschäft war der Preis eines jeden Staates und einer jeden Herrschaft. Der Kaiser reagierte entsprechend und übernahm die vorlegte Idee ohne großen Widerstand. Zwar sorgte der Kaiser dafür, dass er nicht konkret und eindeutig auf eine Anweisung festgenagelt werden konnte, um spätere Verfehlungen, die während der Ausführung entstehen würden, nicht ihm anzulasten waren. Es war die Parität der gemeinen Herrschaftspolitik: der Ausführende konnte seine Verantwortung auf einen Befehlsgeber verweisen und der Befehlsgeber konnte sich durch seine Position der Verantwortung durch Dementi entziehen und vorgeben diesen Befehl niemals gegeben zu haben; man war stets sicher, dass man das tun konnte, was notwendig war, da beide Seiten davon abhängig waren. Verus war bewusst, dass er keinen deutlicheren Befehl erhalten würde und gab sich damit zufrieden. Er hatte genug erhalten, um sein Handwerk auszuüben, welches ihm zwar nicht leicht fiel aber durchgestanden werden musste. Der Trecenarius interpretierte genug in die Worte des Kaisers hinein, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Er würde Beweise erschaffen und vorbereiten, die ausreichend sein würden. "Wie du wünscht," war die Auskunft für den Kaiser, dass Verus nun an die Ausführung gehen würde. Verus würde in seinem Geschäft nun nicht mehr verraten und auch nicht mehr von sich geben, bis die Operation beendet war. Der Kaiser konnte sich recht sicher sein, dass sein Geheimdienst funktionieren würde. Dieses mal. Die Christenverfolgung würde Verus persönliches Anliegen werden, da sie seinen Stempel tragen würde. Ihm war die Verantwortung dafür übertragen worden und - auch wenn er eigentlich ein gutes Herz hatte - würde er die Christen mit sachlicher Kälte verfolgen. Denn war er stets Römer, der Rom als Pflicht sah und nicht sich selbst.

  • Der Kaiser nickte. Auch ihm fiel es nicht leicht, unschuldige Sündenböcke ans Messer zu liefern. Aber zuerst würde er sich ja noch beraten. Und vielleicht standen bis dahin die wahren Hintermänner dieses Aufstands fest.


    Dann wechselte er das Thema: "Hast du weitere Fragen zu deiner neuen Aufgabe?"

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Nun begann wieder die allgemeine Arbeit und die übliche Forderung, die ein jeder Speculator anstellte, wenn er erneut für den Kaiser antrat, um das schmutzige und harte Geschäft zu erledigen. "Die Einheit fragt nach dem halb-jährlichen Donativ. Habe ich freie Hand, mir und den Speculatores die übliche Zahlung freizugeben? Immerhin liegt die letzte Zahlung zurück und diese Bitte wurde sehr früh an mich herangetragen," erklärte Verus nüchtern und versuchte dabei nicht gierig zu wirken, da ihm dieses Geld persönlich gleichgültig war aber den Männern bedeutete dieses Geschenk einiges, da es sie enger an den Kaiser band und den grausamen Dienst erträglich machte.

  • "Natürlich." antwortete der Kaiser. "Kläre das mit dem A Rationibus." Normalerweise musste Severus sich nicht mit diesen Fragen alltäglicher Verwaltung belasten. Aber natürlich waren sie wichtig. Die Praetorianer waren seine Lebensversicherung!

    Sim-Off:

    Regelmäßige Donativa werden aber nicht über die WiSim ausgezahlt ;)

  • "Jawoll," entgegnete Verus miliärisch und nickte dem Kaiser dann ernstlich zu. "Meine Befehle sind klar und ich werde dir die Tage den ersten mündlichen Bericht mitteilen, inwieweit unsere Maßnahmen greifen," sagte der Geheimdienstchef nüchtern und war bereit durch den Kaiser voerst entlassen zu werden, um mit seinem Tagesdienst zu enden.

  • "Sehr gut! Dann geh und organisiere deinen Männern ihr Donativum!" antwortete der Kaiser und nickte dem Trecenarius zu. Es war immer wieder ein kleines bisschen traurig, dass selbst die Prätorianer in erster Linie durch Geld an ihren Imperator gebunden waren. Aber so war das nunmal.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Einige Tage später.


    Verus, inzwischen eingearbeitet aber noch nicht allwissend, trat erneut vor seinen Kaiser, um diesen weiterhin über die Sachlage zu informieren. In ziviler Aufmachung aber in militärischer Pose wartete der Mann. In seinen Händen hielt er einige Tabulae, die überaus beschriftet waren. Scheinbar hatte sich der Mann ausreichend vorbereitet.

  • Wie üblich erwartete der Kaiser den Trecenarius nach der Erledigung der Korrespondenz mit seinen Procuratoren. Noch immer lag er auf seiner Kline, bekleidet nur mit einer bequemen Tunica und seinem Mercurius-Medaillon, das er stets um den Hals zu tragen pflegte.
    "Tiberius, was gibt es Neues?" fragte er den Prätorianer, nachdem dieser eingetreten war. Scheinbar gab es viel zu berichten.

    ir-augustus.png 4fjhbrgq.png

    CENSOR - CURSUS HONORUM

    PONTIFEX MAXIMUS - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Eine gute Frage und eine unpräzise noch dazu. Verus entschied sich so allgemein, wie möglich zu antworten, um möglichst alle entscheidenden Themenfelder anzuschneiden. "Mein Kaiser," begann er mit der Höflichkeitsfloskel, welche recht schnell aus dem Munde fiel, bevor er deutlich ruhiger mit jenen Sätzen begann: "Die Verfolgung der Christianer ist in Vorbereitung. Ich habe bereits Männer auf Versammlungsorte angesetzt und lasse Listen über Besucher anfertigen. Weiterhin scheinen sich die Ermittlungen zum Aufstand zum Ende zu neigen. Ich werde dir die Tage einen Abschlussbericht zukommen lassen. Nachdem diese Ermittlungen beendet sind, werde ich die freigesetzten Kräfte nutzen, um die gewünschte Verfolgung zu intensivieren. Die Christianer eignen sich scheinbar gut für unser Interesse. Kannst du dir vorstellen, dass sie deine Macht ablehnen und sogar die Macht Roms? Unvorstellbar! Des Weiteren scheint Rom sicher und die letzten vermeintlichen Aufständischen wurden interniert, Augustus. Leider scheint immer noch politischer Unmut über diesen Aufstand vorzuherrschen und in vielen Kreisen wird dein Name nicht positiv genannt. Meine Speculatores konnten einige Wohlgestellte belauschen, die sich sehr negativ über Roms Politik in dieser Sache äußern."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!