[Quartier] Centurio Appius Decimus Massa

  • Quartier Centurio ADM


    Zwei Kammern. In der ersten Kammer wähnte man sich in einem Officium. Ein Schreibtisch mit Stuhl im mittleren Drittel. Dahinter ein Regal für Schriftrollen und Tabulae. Zwei Stühle und ein kleiner Tisch an der Seite. Der angrenzende Raum, abgetrennt durch einen Vorhang, bestückt mit einem Bett, einer Truhe und einem Hocker. Auf einem kleinen Board an der Wand stand eine Öllampe. An der Schmalseite der Kammer hing ein Brett mit Haken.

  • " Pack das Zeug in die Kammer nebenan. Lorica und cassis nimmst du mit und bringst sie auf Hochglanz. Morgen zum Sonnenaufgang weckst du mich. Abite." Der Junge hatte alles auf den Arm gepackt und war im nu verschwunden.
    Ich setzte mich an den Schreibtisch , lehnte mich im Stuhl zurück. Mit Schwung landeten die Füße auf der Tischplatte. Mit den Händen im Nacken verschränkt, ließ ich alles auf mich wirken. Es knisterte unter meinem cingulum. Einen Brief förderte ich zu tage. Das war der aus der casa, heute morgen hatte der Sohn des Verwalters den Brief hier abgegeben. Zeit ihn zu Lesen. Und wie überrascht ich war, als ich die ersten Zeilen gelesen hatte. Erfreulich, dass Mutter Gesellschaft bekam. Die kleine Stella war in Rom angekommen. Ein sehr ungünstiger Moment und ihr Bruder der Nichtsnutz war ebenfalls in Rom. Wie alt war der Floh eigentlich? Grinsend rechnete ich nach, 12 oder 13 Jahre. Ein junges hübsches Ding. Mich hier in Misenum besuchen. Nein, schon klar, keine Wellen und Ungeheuer mehr. Jetzt waren es junge Männer, vor denen ich sie beschützen musste. Kann man einer kleinen Cousine was abschlagen. NEIN. Ganz groß geschrieben. Sie war für mich mehr eine kleine Schwester.


    Füße vom Tisch Massa und eine Tabula her genommen. Der Floh bekam eine Antwort. Eine weitere Antwort musste ebenfalls geschrieben werden. Ich hatte Faustus einiges zu erklären.

  • Die Haare raufend saß ich am Tisch. Wie schrieb man einem Tribun der Praetorianer, nein, wie schrieb ich Faustus meinem Freund und Ge..Nein, er hing immer noch an seiner großen Liebe. Das was ich von ihm besaß, hatte ich durch meinen Entschluss bei der classis zu bleiben, wahrscheinlich verspielt.


    Eine Tabula, der Griffel grub sich in das Wachs. Korrektur, glatt streichen, neuer Versuch. Die letzte Korrektur, auf ein Papyrus übertragen.

  • Vor zwei Tagen! Zwei beschissenen Tagen! Machte sich der Alte ins Elysium. Anzeichen hatte es gegeben, dass er es nicht mehr lange machte. Konnte kaum noch eine Kiste heben. Beim Beladen des Maultiers mussten andere helfen und dann kippte er um.


    Seit gestern wartete ich auf meinen neuen calo. Ich hatte einen zuverlässigen Mann los geschickt. Der Sklavenmarkt in Misenum hatte hoffentlich das zu bieten, was ich suchte. Ich wollte keinen calo zugewiesen bekommen. Heute war er überfällig!
    Jetzt standen hier die zwei Maultiere und mein Pferd. Sollte ich die etwa selber abladen?! Dazu hatte ich keine Zeit. Der nächst beste Optio, der mir über den Weg lief, bekam gleich Order zwei Legionäre zu schicken.
    Das erste Mal setzte ich mich in mein Officium und ging die anliegenden Arbeiten durch. Was war erledigt und was musste noch erledigt werden.

  • Wahrscheinlich konnte es diesem Mann gar nicht schnell genug gehen, denn er hatte ihn grob am Oberarm gefasst und zog ihn einfach mit sich durch die Straßen. Kaum ein Wort hatte dieser römische Mensch gesagt und da sollte es ihn noch wundern, dass der Sklave, den er gerade käuflich erworben hatte, es nicht eilig hatte? Timoleon schaute sich kaum um, sondern hielt den Blick auf den Boden gerichtet, stets begleitet von dem Gefühl, dass die einzige Tapferkeit, die es im Moment für ihn noch gab, jene war, nicht einfach dem inneren Drängen freien Lauf zu lassen und loszuheulen. Feuchtigkeit schimmerte schon in seinen Augen, doch er versuchte sie einfach wegzublinzeln. Ein Mann weinte nicht in der Öffentlichkeit und vor so einem Römer, wie dem neben ihm schon gar nicht! Vielleicht war er erst sechzehn, doch in diesem Alter war man immerhin schon ein Mann, den ein beharrliches Schweigen begleitet hatte, seitdem er in Misenum angekommen war. Seine Reise war lang gewesen, führte über Land, über Wasser rund wieder über Land. Wieviele Meilen es nun waren, die ihn von seiner Heimat trennten, daran mochte er nicht denken. Nun, da er erkannte, dass es wieder in die Richtung eines Hafens ging, wurde ihm flau im Magen und er wollte seine Schritte ein weiteres Mal verlangsamen, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen, denn der Druck um seinen Arm verstärkte sich zunehmend.


    Wahrscheinlich hielt ihn den Mann an seiner Seite für ein wenig schwachsinnig, denn Timoleon hatte ihn mit dem gleichen Schweigen bedacht, wie schon den Sklavenhändler zuvor. Dieser hatte nur herausbekommen, dass Timoleons Vater ein Pferdezüchter war, dass er Latein einigermaßen sprechen konnte und aus der Nähe von Antiochia kam. Und so war er verkauft worden: Als stiller, ruhiger Junge mit lateinischen Kenntnissen, wenn auch der Rest des Geistes vielleicht nicht sonderlich entwickelt war. Doch er kannte sich mit Pferden aus und war kerngesund. Natürlich würde er auch keinen Ärger machen und jedes As des günstigen Preises wert sein. Sein Käufer war der Meinung, dass das durchaus ausreichen würde und er hatte sich auch offenbar nicht an dem Schmutz gestört, der Timoleon noch anhaftete und auch nicht an der zerschlissenen Kleidung. Nun war es ein Militärhafen, der ihn erwartete, mit vielen Schiffen und Gebäuden, auf die sein Käufer zu hielt. Schließlich erreichten sie eines, bei dem er seine Schritte verlangsamte und auf die Tür eines Quartiers zu steuerte. Dort klopfte er an und trat dann ein. Timoleon folgte gezwungenermaßen und erst als vor einem Schreibtisch stand, hinter dem ein Mann saß, wurde er der Kralle an seinem Arm ledig. Wie von selbst fanden nun seine Arme in eine Verschränkung vor der Brust und er schaute auf den Römer vor sich, mit einer Mischung aus weiterhin tränennasser Feuchtigkeit in den Augen und Trotz. „Der Neue!“, teilte sein Käufer dem anderen nun mit und deutete mit einer vagen Geste auf ihn.

  • Ohne den Blick zu heben nahm ich es nur Notiz. „ Danke, du hast dein Geld. Sollte er es nicht wert sein, weiß ich wo ich dich finde. Du kannst gehen.“ Die drei Zeilen und da waren zwei weitere Tabulae. Beinahe hätte ich den Neuzugang vergessen, auf den ich so sehnlichst gewartet hatte. Eine feine Note von Schmutz und Fäkalien stieg mir in die Nase und erinnerte mich daran, dass jemand vor meinem Schreibtisch stand. Ich lehnte mich im Stuhl zurück, legte den Stylus weg und musterte den Neuen. Reichlich dreckig und abgerissen. So sahen fast alle aus, die vom Sklavenmarkt kamen. Ansonsten recht passabel. In drei bis 4 Wochen hatte er garantiert zugelegt. Die Arbeit und besseres Essen, würden ihren Teil dazu beitragen. Seine Augen schimmerten feucht und so wie er da stand, trotzig die Arme vor der Brust. „ Nimm die Arme runter.“ Sagte ich ruhig aber bestimmt. „ Wie heißt du?“ mal sehen ob er Latein verstand. Während meine Fragen im Raum standen hatte ich meinen Platz am Schreibtisch verlassen. Meine Musterung des ganzen Kerls fiel zufriedenstellend aus. Ich blieb hinter ihm stehen. „ Ich dulde keinen Widerspruch. Du bestimmst durch dein Verhalten, wie es dir hier gehen wird.“ Auf einer Truhe im Officium lagen die Sachen, die ich als am nötigsten erachtet hatte. Öl zum Säubern seines Körpers. Eine Muschel zum Abschaben des Öls. Eine naturfarbene Tunika aus Wolle. Ein Gürtel aus fest geflochtener Wolle. „ Da auf der Truhe, das sind deine Sachen. Säubern, umziehen und wieder hier erscheinen. Abite.“ Der erste Schritt war getan. Wo er her kam und was er bisher getan hatte interessierte mich nur zweitrangig. Stellte er sich geschickt an, war das zu seinem Vorteil.

  • Nachdem der Mann am Tisch sich bedankt und den anderen entlassen hatte, verschwand das einzige, was Timoleon kannte aus dem Raum. Nicht, dass er seinen Käufer vermisste, doch wirklich wohl war im nicht. Noch immer konnte er spüren, wo der Kerl ihn am Arm gefasst hatte und auch sonst ging es ihm nicht besser. Der Römer, von dem Timoleon nun annehmen musste, dass es sein neuer Herr war, hatte nicht einmal aufgeschaut. Stattdessen ritzte er lateinische Buchstaben in das Wachs einer Tabula und schien auch weiterhin mit seiner Arbeit noch nicht fertig zu sein. Der junge Syrer schluckte und verlagerte das Gewicht von einem Bein auf das andere. Was sollte er hier? Nur verstohlen wagte er es, sich umzuschauen. So lange, bis der andere sich in seinem Stuhl zurück legte und ihm noch entgegen blickte. Timoleon war immer noch danach, sich über die Augen zu wischen, ganz besonders, als sein neuer Herr ihm sagte, er solle die Arme herunter nehmen. Warum, schoss es ihm durch den Kopf, doch er tat wie ihm geheißen, nur um sich sogleich an den Fingern herum zu spielen und sich auf die Unterlippe zu beißen. Irgendwie konnte er dem Blick des Römers nicht standhalten. Als er die Frage nach seinem Namen vernahm, sog er tief Atem ein und ließ ein deutliches Schnaufen ertönen. Seinen Namen? Römer waren gar nicht fähig, ihn richtig auszusprechen und schon die vier Tage beim Sklavenhändler hatten ihm nur zu deutlich gemacht, dass sein richtiger Name auch gar nichts zur Sache tat. Vorsichtig hob er wieder seinen Blick, als der andere von seinem Stuhl aufstand, um ihn weiterhin zu bemustern. “Er...Der Händler hat mich Timoleon genannt...“, sagte er leise, auch wenn er es dabei schaffte, einen anklagenden Unterton zuwege zu bringen. Timoleon klang gut und vor allem ungefährlich, so hatte er gesagt.


    Der Römer war hinter ihm stehen geblieben und sagte im Grunde genau dasselbe wie das, was er seit seiner Ankunft im Hafen gehört hatte. Nun blickte der Syrer über seine Schulter, hin zu der Truhe. Sein eigener Gestank hing ihm selbst in der Nase und er hatte sich schon länger gewünscht, ihn endlich los zu werden. Doch jetzt zögerte er, selbst als sein neuer Herr ihn mit einem knappen Kommandoton bedachte, der in der Tat an eine Kaserne erinnerte. Sollte er etwa hier bleiben? Auf einem Militärstützpunkt? Nur zaghaft und zögerlich setzte er sich in Bewegung und nahm die Tunika und das restliche Utensil an sich. Wo sollte er denn nun hingehen? Nach draußen? Auf den Gang? In den Hof? Wo säuberte man sich denn hier? Und das nur mit Öl? Der vorangegangene Trotz in seinem Blick wich einem fragenden Ausdruck, nur so recht artikulieren wollte ihn auch nicht. Das traute er sich nicht. Vielleicht war es auch besser, es nicht zu tun und es als Chance zu nutzen, aus dem Raum rauszukommen. Fluchtartig machte er sich dann auf den Weg zur Tür und schloss sie wieder hinter sich, nur um sich gegen die Wand zu lehnen und die Tunika an den Leib zu drücken. Kurz schloss er die Augen und atmete tief durch, ehe es ihm bewusst wurde, dass dies wohl seit Wochen der erste Moment war, in dem er alleine war. Wieder stiegen ihm die Tränen in die Augen und dieses Mal hielt er sie nicht zurück, obwohl er sich auch irgendwie für sie schämte.

  • Nervös und eingeschüchtert so stand er da und so nahm er seine Sachen in Empfang. In zwei Tagen musste er sich hier zurecht finden, seine Aufgaben kennen und, und, und. Nicht viel Zeit für das alles, was er ab heute eigentlich zu erledigen hatte. Jung war er, seine Auffassungsgabe würde sich bei den ersten Aufgaben die er von mir bekam zeigen. Sein Name Timoleon, annehmbar. Nicht sein ursprünglicher Name, auf alle Fälle gut zu merken. Vielleicht kam mir einer unter, der besser zu ihm passte. „ Geh in die Therme und sage Centurio Decimus, der Adjutant des Praefectus schickt dich und beeile dich.“ rief ich ihm hinterher. Sonst ließen sie ihn am langen Arm verhungern, schickten ihn womöglich wieder weg.


    Die Tabuale auf dem Schreibtisch warteten. So lange Timoleon sich in Ordnung brachte, verteilte ich weiter Aufgabe für Aufgabe an die Centurionen. Keiner sollte dem Müßiggang anheimfallen.

  • Er hörte die Stimme, die ihm hinterher rief, was er nun zu tun hatte, doch er brauchte einfach noch einen Moment. Da, wo er herkam weinte man nicht. Schon gar nicht über das Schicksal. Zumindest hatte sein Vater das immer gemeint: Wie immer dir das Schicksal gegenübertritt, greife ihm in den Rachen und hole das Beste heraus. Wahrscheinlich würde niemand aus seiner Familie wollen, dass er hier stand und bittere Tränen vergoss. Weinte Nader? Über ihr aller Los und über Vaters Tod? Wahrscheinlich nicht. Hastig wischte er sich die Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht und schniefte noch ein paar Mal, ehe er sich von der Wand löste. Centurio Decimus. Der Name hallte noch in ihm nach. Centurio. Das klang gut, auch wenn Timoleon nicht die geringste Ahnung hatte, was genau ein solches Amt genau mit sich brachte und ob es überhaupt ein Amt war. Adjudant des Praefectus. Noch immer innerlich erschüttert machte er sich auf den Weg, wenn auch bedacht. Therme. Das war alles, woran er jetzt dachte. Die Therme und wie und wo sie zu finden war. Auf seinem Weg fragte er nach der Richtung. Irgendeinen Soldaten, der ihm unterkam und prompt erhielt er eine kurz gehaltene, rüde Antwort. Tatsächlich fand er schließlich den gesuchten Ort und verschaffte sich ein wenig scheu Einlass, indem er den Namen des Centurios wiederholte, und dass dieser der Adjudant des Praefectus war. Sonderbar war es, immer noch allein zu sein und unbeaufsichtigt. Vielleicht war es noch vor Wochen, als er noch kein Sklave gewesen war, für ihn normal gewesen, doch jetzt?


    Er genoss es, sich endlich waschen zu können und den kratzenden Fetzen, den er am Leibe trug los zu werden. Ein wenig spielte er mit der Hand in dem warmen Wasser, welches ihm nun zur Verfügung stand und hätte beinahe die Zeit vergessen, ehe er sich doch das Öl auftrug und es sich wieder von der Haut herunter schabte. Hier war es friedlich und niemand schubste ihn herum. Mit gewaschenem Haar, aus dem noch immer die Nässe tropfte und der neuen Tunika machte er sich wieder auf den Weg. Es war ein anderes Lebensgefühl, sauber zu sein und der Duft des Öls umfing ihn noch immer. Es tat recht gut, auch wenn es im Grunde seine Lage nicht besser machte. Wie allerdings genau seine Lage war wusste er nicht und wieder stellte sich ein wenig Magendrücken ein, während er sich den Weg zurück suchte, zu der Tür, vor der er vor Kurzem noch gestanden hatte. Tief rang er nach Atem, als würde die Luft dabei helfen, Mut in sein Herz zu bringen. Doch mit oder ohne Mut. Er würde wieder hinein müssen. Und nur mit dem Zeigefinger klopfte er an die Tür und zögerte noch einen Moment, ehe er sie wirklich öffnete und wieder in den Raum hinein trat. Der Centurio saß wieder am Schreibtisch, vor dem Timoleon neuerlich zum Stehen kam.

  • Die letzte Tabula klapperte, als sie auf dem Stapel landete. Ich registrierte einen sauberen calo vor meinem Schreibtisch. „ Du bist ab heute mein neuer calo. Fragt dich jemand. Dein Dominus ist Centurio Decimus Massa. Präge dir das ein.“ Erst die Räumlichkeiten, dann seine Aufgaben. Ich musste mich sputen. Das Essen, der kleine Empfang für den Senator war nicht mehr weit hin. „ Folge mir.“ Ich ging aus dem Officium in den Nebenraum, ausgestattet mit einer Feuerstelle. In einer Ecke lag ein Strohsack und eine Decke. „ Das ist ab heute dein Arbeits- und Schlafplatz. Hier wirst du meine Ausrüstung in Ordnung halten und Kochen. Im Nebenraum die Vorräte einlagern.“ Weiter ging es vor die Tür. „ Du bist für mein Pferd und die zwei Maultiere verantwortlich. Du siehst sie sind beladen. Erst hilfst du mir bei der Toga, dann abladen, die Sachen verstauen und um die Tiere kümmern. Alles verstanden?“ Bei meiner Frage ging ich in meinen Schlafraum und öffnete eine Kiste. Ein zusammengelegtes großes Stück weißer Stoff lag neben anderen Dingen in ihr. „ Fangen wir an.“ Über die hellblaue Tunika wurde der weiße Wollstoff drapiert. Es dauerte, bis sie richtig saß. Ohne ihn wäre es gar nicht gegangen. „ Sitzt.“ Ich sah an mir herunter. Das wichtigste, sonst fiel er mir vom Fleisch. „ Mach dir Puls. Zwiebeln, Lauch, Oliven kannst du nehmen. Ein Schlauch Posca ist da. Meine Lorica, cassis, der Galdius sind morgen früh blitz sauber.“ Weiter gab es nichts zu sagen. Der Empfang begann gleich.

  • Wieder konnte er nichts anderes tun, als dem Mann dabei zu zu sehen, wie er die Tafeln beschrieb, doch lange währte es dieses Mal nicht. Timoleon verspürte neuerlich den Drang, einfach hinüber zur Tür zu flüchten, doch das würde wohl eine nette Vorstellung bleiben müssen. Schon folgten die nächsten Worte, seitens des Centurios und der Syrer hob verblüfft den Kopf. Calo? Das Wort verstand er zwar, doch es war wie bei den meisten lateinischen Worten: Es war mitunter schwierig, sie mit Inhalt zu füllen, wenn man auf dem Lande aufgewachsen war und bis auf sporadische Besuche in Antiochia eigentlich wenig direkt mit den Römern zu tun hatte. Sein Vater. Der schon. Doch er selbst? Timoleon nickte vorsichtig, als er erfuhr was er zu sagen hatte, falls ihn jemand fragte. 'Decimus Massa'. Das war eigentlich leicht zu merken. Als der Centurio in Bewegung geriet, folgte er ihm und es ging in einen kleinen Nebenraum und wieder hörte er aufmerksam zu, doch dann weiteten sich seine Augen in Überraschung und sein Mund öffnete sich verblüfft. Kochen? Er sollte kochen? Wieder folgte er rasch und er freute sich, dass es an einem Ort wie diesem Pferde gab. Sein Herz schlug ein wenig höher bei dem Gedanken. Calo. Also hatte das doch etwas mit Pferden zu tun, wie er es sich schon gedacht hatte und wenn es so war, dann hatte es das Schicksal doch teilweise gut mit ihm gemeint. Seinen Blick mochte er kaum von dem Pferd abwenden, doch es gab anscheinend noch mehr Informationen, die auf ihn einprasselten, doch er nickte wacker.


    Als es zum Einkleiden des Centurios ging, half er ein wenig verzagt und mit spitzen Fingern, als wolle er den Stoff am liebsten gar nicht berühren. Doch in Wirklichkeit war es der Römer, den er nicht berühren wollte. Er wusste, dass dieses Stück Stoff, welches man eben Toga nannte zu einem Römer wohl dazu gehörte, doch in seinen Augen sah es seltsam aus. Der Centurio allerdings schien zufrieden. Mehr noch: Er schien es sehr eilig zu haben und sprach vom Essen und seiner Ausrüstung und dass sie sauber sein sollte. Bis morgen früh. Es war wirklich nicht zu verhehlen, dass Timoleon Hunger hatte, denn inzwischen rebellierte schon sein Magen und verlangte Nahrung, doch das war es nicht gewesen, was an selber Stelle noch vor Kurzem dieses Druckgefühl ausgelöst hatte. Angst war es gewesen. Zwar wusste er nun im Groben, was auf ihn zu gekommen war, doch ein wenig ratlos und überfordert ließ es ihn doch zurück. Noch einmal schaute er sich im Raum um, ehe er seinen Blick auf den Centurio setzte und ihn ein wenig hilflos anschaute. Auch wenn es der Sklavenhändler vermutet hatte, er war garantiert nicht schwach im Geist, doch das hier war ihm alles neu und es würde ihm sicherlich nicht weiterhelfen wenn er weiterhin schwieg.


    “Aber...“, entkam es ihm dann zaghaft und er wollte unbedingt anbringen, dass er gar nicht kochen konnte. Dafür gab es Mütter und Schwestern und Ehefrauen. “Kochen und putzen ist Frauenarbeit!“ Nun klang er schon ein wenig entrüsteter, auch wenn weder der Unterton noch die Wortwahl unbedingt in seiner Absicht gelegen hatten. Er kam einfach dann, wenn die Furcht vor dem Unbekannten Überhand nahm. “Was ist den Puls und wie macht man den? Was ist eine Lorcia? Wo sollen die Tiere denn hin und die ganzen Sachen, die sie tragen? Nein, er würde jetzt nicht wieder anfangen zu weinen! Und doch war er wieder nah davor. Die Sache mit dem Schicksal war vertrackt, besonders wenn man alles Vertraute verloren hatte und an einen Ort geworfen wurde, an dem man sich nicht auskannte. “Du kommandierst das einfach so und...ich weiß gar nicht, wie ich das machen soll...“, fügte er dann bedeutend leiser an. Timoleon schniefte durch die Nase und fing sich dann jedoch wieder, da er sich neuerlich einbläute, dass ein Mann vor anderen nicht zu heulen anfing wie ein bemitleidenswertes Weib. “Also, wenn du jetzt gehst, wen kann ich fragen?“ Es gelang ihm sogar ein wenig Restwürde in seine Stimme zu bringen und er hob den Kopf ein wenig an.

  • Alles hatte bis zu diesem Moment geklappt. Alles in der Zeit und nun die kleine Einlage meines neuen calo. Leise grollend griff ich seine Einwände, wenn und Aber auf. „ Hast du hier eine Frau gesehen? Du bist für kochen und putzen da.“ Ich drehte mich zu meiner Ausrüstung und zeigte auf Kettenhemd, Helm, Schwert. „ Lorica Hamata, Cassis, Gladius.“ Ein Tritt gegen die Tür des kleinen Lagerraumes. “ Hier lagerst du alles ein. Die Tier zu den Stallungen. Brauchst du Hilfe, frage die älteren calo.“ Dem Jungen fehlte etwas das ihm klar machte, dass ich hier das sagen hatte. Zurück im Officium nahm ich das fehlende etwas vom Schreibtisch. „ Komm her.“ Zwei Handgriffe und er hatte sein Halsband um. Meine Name und die Aussicht auf Belohnung bei Aufgreifen, sollte er fliehen, waren eingraviert. „ Kochen fällt heute aus. Ein Stück Brot liegt auf dem Regal.“ Kochen musste er schleunigst lernen, dafür war er schließlich da. Einer der alten calo musste ran und ihm alles beibringen. „ Frag die alten.“ Damit waren all seine Fragen beantwortet. Ich wendete mich zum Gehen. „ Vale.“

  • Nein, er hatte hier keine Frau gesehen und es ging ja auch gar nicht darum, dass er nicht kochen und putzen wollte, wenn er es denn musste, aber er konnte es doch nicht. Ein wenig schreckte er schon zurück, als sein neuer Herr – nun, was hieß neuer Herr? Er hatte noch nie zuvor einen Mann als seinen Herrn bezeichnen müssen – ihn nun angrollte und offensichtlich unzufrieden wirkte. Dennoch folgte Timoleons Blick der zeigenden Hand auf die Ausrüstung, ehe er einen Schritt zurück wich, als der Römer gegen die Tür trat und ihm sagte, was wo unterzubringen war und wen er zu fragen hätte. Als die Aufforderung ertönte, dass er zu seinem treten sollte, folgte Timoleon, wenn nur langsam und er schluckte, als er sah, was der Centurio vor hatte. Ein Halsband? Es war ihm schneller umgelegt, als er es sich hätte vorstellen können und es dauerte einen Moment, ehe Timoleon begriff, was es zu bedeuteten hatte. Testweise legte er die Hand an seinen Hals und schaute den Centurio fragend an. Was hatte er denn falsch gemacht? Er wollte doch nur... Seine Gedanken wurden unterbrochen, als es hieß, dass es heute nur Brot geben würde und er doch die alten Calo fragen sollte. “Vale.“ Vale? Aber...


    Hilflos blieb Timoleon zurück und schaute seinem Herrn hinterher. Was sollte er nur tun? Was genau er zu tun hatte, wusste er ja nun, doch er fühlte sich noch immer überfordert. Jetzt erst recht. Verstohlen wischte er sich eine Träne fort und stand einfach nur da. Lange Momente lang, in denen seine Gedanken rasten. Erst als sein Magen neuerlich knurrte löste er sich aus der Starre und nahm sich das Brot aus dem Regal. Es mochte nicht mehr frisch sein, doch ob es schmeckte konnte er nicht sagen, während er es förmlich verschlang. Dann schaute er sich weiter im Raum um es fiel ihm schwer sich vorzustellen, dass nun dieser Ort das Ziel seiner langen Reise sein sollte. Noch einmal tastete er über das Halsband. Er würde nicht verzagen und er würde auch ganz bestimmt nicht weglaufen. Bestimmt nicht und wenn es etwas gab, was seinen Vater stolz machen würde, dann eben genau das. Nicht aufgeben. Das Beste aus allem machen. Tief rang Timoleon nach Luft, ehe er sich die Hände an seiner Tunika abwischte und nach draußen ging. Zu dem Pferd und den Maultieren. Die Last, die sie trugen schaffte er in den Raum, ehe er sich auf den Weg machte, um den Stall zu suchen, doch der Zufall kam ihm zu Hilfe.


    Ein recht fröhlich aussehender Mann kam ihm entgegen und er führte ebenfalls ein Pferd mit sich. Er pfiff ein Lied vor sich hin und war es, der Timoleon als erster ansprach. „Ach, du bist der Neue?“, fragte er und Timoleon nickte dazu. Auch wenn er sich sicher war, dass der andere das Halsband anstarrte „Na, dann komm mal mit!“, tönte es dann und Timoleon war froh darüber. Tatsächlich fragte er den Calo und was er nicht erfragte, erzählte er von selbst. Einige Dinge, denn er schien Gefallen am Reden zu haben. Bald wusste Timoleon alles über den Werdegang dieses Menschen und über seine Interessenlagen. „Kannst mal mitwürfeln,“ sagte der Calo, der auf den Namen Adelus hörte und seines Zeichens der heimliche Wettkönig unter seinesgleichen war. „Aber du musst vorsichtig sein. Wir treffen uns immer heimlich!“ Er knuffte Timoleon kameradschaftlich in die Seite und versprach ihn auch sonst, ihn unter seine Fittiche zu nehmen. Sofern es denn passte. Wie sich herausstellte, konnte er sogar kochen und war auch in dieser Beziehung gerne bereit sein Wissen zu teilen, gemeinsam mit seiner Ration an Puls, die er noch da hatte.


    Es hatte eine geraume Weile gedauert, bis Timoleon wieder in den Räumen des Centurios angelangt war. Die Räume waren noch immer so, wie er sie verlassen hatte und sein Herr war noch nicht zurück. Die Zeit nutzte er, um sich die römische Ausrüstung zu beschauen und er nahm vorsichtig den Helm an sich, nur um mit dem Finger darüber zu streichen. Das alles sollte sauber werden. Aber das war es doch schon, oder nicht? Er seufzte und ließ sich auf den Strohsack sinken, welcher von nun an sein Schlafplatz sein sollte und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Den Helm noch immer auf seinem Schoß habend. Es war so still. Alleinsein war gut und es tat auch gewiss gut und alles war so anstrengend gewesen. Die letzten Wochen und auch der heutige Tag. Doch es war so leise, bis auf die Geräusche, die dann und wann von draußen herein kamen. Kurz schloss er die Augen. Nur fünf Minuten... dauerte es, bis er vollends in einen erschöpften Schlaf fiel.

  • Gemütlich ging es zur Unterkunft zurück. Nach dem Essen wollte ich nichts mehr sehen oder hören. Nur auf meinem Bett ausstrecken und alle viere gerade sein lassen. Es war reinste Völlerei gewesen. Seit den letzten friedlichen Tagen das erste Mal ein so üppiges Essen. Der Wein war süffig und die allgemeine Stimmung gut. Es war seltsam in Toga durch den Stützpunkt zu spazieren. Die ganze Zeit nur als Militär unterwegs und heute regelrecht nackig ohne Gladius, Lorica und cassis. Ein letzter Rülpser, der Druck im Magen verschwand. Mit einem Satz war ich drinnen, fing mich am Türrahmen ab. Zu dumm, die Schwelle. Zelte hatten keine und glatt war mir diese entgangen. Nichts rührte sich. Wo war mein calo? Ich sah in den Raum mit der Kochstelle. In der Ecke, schlafend, den cassis auf dem Schoß. War heute ein bisschen viel für den Kerl. Die voll bepackte Serviette, Rester vom Gastmahl, Fleisch, Brot, Gemüse legte ich in eine leere Schüssel. Schlurfend gings in mein cubiculum. Die Toga hatte zum Glück nicht gelitten. Herrlich sich auf der Liege auszustrecken. Der Cornelier hatte es eilig nach Rom zu kommen. War verständlich, das Land brauchte Ruhe und er wollte Imperator werden. Für mich eine Möglichkeit nach meinem Bruder zusehen. Wie es Seiana ging? Was war mit Faustus. Die wildesten Gerüchte waren im Umlauf. Ich musste mir in Rom selbst ein Bild von der Lage machen. Bald gings weiter.

  • Als Timoleon erwachte, war die Sonne noch nicht ganz aufgegangen. Noch immer lehnte er gegen der Wand. Der Helm war von seinem Schoss gerutscht und lag neben ihm auf dem Boden. Ein wenig müde blinzelte er noch und einen Augenblick lang musste er überlegen, wo er überhaupt war. Lange allerdings brauchte er nicht, bis es ihm wieder einfiel. Sein Rücken schmerzte von der ungewohnten Haltung, doch er rappelte sich langsam auf und lauschte in den Raum hinein. Nichts war zu hören. Gar nichts. Oder doch? Er trat hinaus in das Officium des Centurios und schaute sich um, ehe er auch einen Blick um die Ecke des Cubiculums wagte. Offensichtlich war sein Herr wieder da und er schlief auf seiner Liege. Etwas unschlüssig darüber, was nun zu tun sei, ging Timoleon wieder zurück zu seiner eigenen Schlafstatt. Sein Magen meldete sich und auch seine Blase. Letzteres Bedürfnis war allerdings nicht derartig groß, dass sofort Abhilfe geschafft werden musste. Eine Weile verbrachte er noch auf dem Strohsack, welcher sein Bett war und er schaute zur Kochstelle hinüber, während er den letzten Tag Revue passieren ließ.


    Im Grunde hätte es viel schlimmer kommen können. Nun, da der erste Schreck vergangen war, musste man wohl zu diesem Schluss kommen. An seinem Schicksal war nun nichts mehr zu ändern. Es gab kein Zurück, sondern nur ein nach vorn. Doch wo sollte das sein? Seine Hand fand an seinen Hals, an dem noch immer das Halsband prangte, welches ihn nicht vergessen lassen konnte, welchem Stand er nun angehörte. Noch vor wenigen Wochen hat er noch einer guten, angesehenen Familie angehört. In seinem Land. In seiner Welt. Nur nicht zurück schauen! Immer nach vorn. Sein Vater hätte es so gewollt. Einen leises Seufzen entkam ihm, ehe er sich dazu durchrang, etwas gegen seinen Hunger zu tun. Er stand auf und wollte auf das Regal zu gehen, doch sein Fuß stieß gegen Helm, der noch am Boden lag und er stolperte. Ein überraschter Laut entkam ihm und beinahe wäre er gefallen, wäre das Regal nicht gewesen, an dem er sich im letzten Moment noch hatte festhalten können. Es neigte sich unter der plötzlichen Belastung stark nach vorn und im letzten Moment versuchte Timoleon noch den Topf zu fassen, der hinausfiel. Es gelang nicht und der Topf traf laut scheppernd auf dem Boden auf, wo er sich von seinem Deckel trennte, der nun seinerseits, metallisch klirrend herum kullerte.


    Erschrocken rückte der Syrer das Regal wieder an seinen Platz und sein Kopf ruckte hinüber zur Tür. Es war eigentlich nicht möglich, dass der Centurio das nicht gehört hatte. Bestimmt hatte er nicht geweckt werden wollen. Oder? Und wenn, dann bestimmt nicht so. Vielleicht schlief er ja auch einfach weiter. Hastig griff Timoleon dann nach dem Helm und verfrachtete ihn an seinen angestammten Platz, ehe er in der gleichen Hast den Topf vorsichtshalber wieder in das Regal verfrachtete.

  • Wer vorgibt nicht zu träumen ist ein Lügner. Bei manchen Träumen wünschte ich mir ich hätte sie nie geträumt. Wir kommt es jedes Mal so vor, als raubten sie mir Jahre meines Lebens. Man erwacht fühlt sich elend, zerschlagen und ausgequetscht wie ein Schwamm. Mein calo sorgte für die passende Geräuschkulisse zu diesem Martyrium was mich gegen Morgen in Morpheus Armen heimsuchte.


    ...........Dieser Sand, überall dieser Sand. Wie ein Vorhang schirmte er die Sicht auf den Feind ab. Wir hatten alles hier gegen uns. Skorpione, Schlangen, Käfer. Elendes Ungeziefer, beiß- und stechfreudig. Eh man sich versah, hatte man eines dieser Biester vor seinen Füßen. Ein falscher Schritt und die elysischen Felder waren nicht weit.
    Plötzlich wie aus dem Boden gewachsen stand der Feind da. Sie kamen näher, ihre Gesichter, ihr gesamtes Aussehen. Das konnte nicht sein, Römer! Mit Wunden übersät, entstellt, ihr starrer Blick! Tode Legionäre die vor uns standen und sich langsam in Bewegung setzten! Begleitet von dem scheppernden Getöse ihrer Schwerter, die sie auf die Schilde schlugen. Schneller, immer schneller stürmten sie auf uns zu! Sie waren dicht vor unserem Schildwall! Unendlich lautes Getöse setzte ein!!


    Schwer atmend schreckte ich hoch. Weg aus diesem Traum. Reicht es nicht dieses Elend auf dem Schlachtfeld zu sehen? Mussten sie einen in den Träumen verfolgen? War ich jetzt wach? Es schepperte aus dem Nebenraum. Der neue calo. Was machte er am Frühen Morgen für einen ausgewachsenen Radau? Ich war wach und stand demzufolge auf. „ Was treibst du da drüben?“ Gähnend streckte ich mich. „ Ist das Brot fertig?“

  • Noch immer stand Timoleon gestreckt, den Topf in das Regal schiebend, doch dann hielt er inne und lauschte wieder. Kurz kniff er die Augen zusammen, ehe er tief Atem einsog. Nein, der Lärm war wohl schwerlich zu überhören gewesen. Und tatsächlich. Irgendetwas raschelte. Dann hörte er die fragende Stimme. Was er hier trieb? Der Syrer blieb eine Antwort schuldig, während die Gedanken in ihm rasten. Sollte er antworten? Erhob sich der Centurio nun von seiner Liege? War er nun zornig? Das Brot? Fertig? Ein wenig unsicher löste sich Timoleon von dem Regal, noch einmal sicher gehend, dass es auch wirklich wieder stand. Dann zog er sich einige Schritte zurück, nur um sich weiterhin zu überzeugen, dass es auch an Ort und Stelle blieb. Vielleicht war er noch nicht lange ein Sklave, doch er vermochte es zu erahnen, dass es sicher nicht gut war ein Desaster anzurichten während der Herr noch schlief. Sie hatten selber Sklaven gehabt, doch diese Zeit schien weit entfernt. Wochen mochten einem nicht lang erscheinen, wenn man glücklich war, doch die Wochen zu spüren nachdem man alles verloren hatten, war ein Gefühl was eine Minute zu einem ganzen Jahr dehnen konnte.


    “Ich...“, begann er dann und setzte langsam seine Schritte hinüber zu dem Cubiculum des Centurios. “Ich weiß nicht...ob das Brot fertig ist.“ Wieder lugte er durch die Tür. Es war immer selbstverständlich gewesen, dass das Brot am Morgen fertig war und Timoleon blieb kaum etwas anderes übrig als zu vermuten, dass es auch an diesem Ort Bäcker gab, von denen man es bekommen konnte. Er kannte vom Mahl seiner Familie. Am Morgen, ehe der Markt erwachte, kaum dass die Sonne aufgegangen war. Es war nie seine Aufgabe gewesen, es zu besorgen oder über seine regelmäßige Existenz überhaupt nachzudenken. Zaghaft strich er eine Haarsträhne hinter das Ohr, ehe seine Person zur Gänze im Türrahmen erschien. Der Centurio war offensichtlich aufgestanden. Er war so spät zurück gekommen, dass Timoleon es gar nicht mitbekommen hatte. Fragend und scheu ruhte sein Blick nun auf dem Römer. “Wen soll ich denn fragen?“, brachte er hervor. “Einen der älteren Calo?“

  • Wie bitte? Ich dachte ich hatte mich verhört. Der Junge wollte mich auf den Arm nehmen. „ Was heißt, du weißt nicht ob es fertig ist?“ kein Duft nach frischem Brot. Kein Knistern von brennendem Holz in der Feuerstelle. Einen aus dem Schlaf gerissenen, hungrigen Centurio sollte man besser aus dem Weg gehen. Ungehalten ging ich auf meinen calo zu und stieß ihn aus der Tür. „ Mach Feuer!“ knurrte ich ihn an. Irgendwo in einer der Schüsseln lag ein Rest Sauerteig. Das Säckchen Mehl reichte für ein Brot. Wasser, Mehl und den Rest Sauerteig in die Schüssel gut vermengt und geknetet, zugedeckt zum Ruhen gestellt. Ein kleines Stück des Teiges legte ich in eine kleine Schüssel und stellte sie an ihren alten Platz zurück. „ Heiz richtig ein, schieb das runter gebrannte zur Seite, leg den Teig auf den heißen Ziegel und deck eine Schüssel drauf, schieb die Glut und Asche an die Schüssel.“ Meine Hände säubernd sah ich ihm zu. „ Das Stück Teig in der Schüssel ist für Morgen. Vergiss nicht ebenfalls ein Stück zurück zu behalten. Sonst gibt es nur Fladenbrot. Mehl mahlst du mit der Handmühle. Das Wasser darf nicht zu kalt sein.“ Ich erhob mich und verpasste ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. „ Alles verstanden?“ fragte ich etwas mürrischer als gewollt. Er war jung und hatte wahrscheinlich nie was mit Kochen und Backen zu tun gehabt. Das ändert sich ab heute. „Hol Öl, eingelegte Oliven, Zwiebeln und die Schüssel mit den Restern die ich gestern Abend mitgebracht habe, dazu 2 Becher. Stell alles auf den Tisch. Bring einen Krug frisches Wasser vom Brunnen.“ Das gehörte ab heute zu seinen Pflichten. Bis er alles erledigt hatte war das Brot fertig. Frisch und noch zu heiß zum Essen. In einer Schüssel in die offene Tür gestellt, konnte es abkühlen. Ich stellte zu dem Stuhl einen Hocker an den Tisch.
    „ Bring das Brot mit und setzt dich an den Tisch.“ Der Hocker war für ihn gedacht. Ein Stück frisches Brot beträufelte ich mit Olivenöl. Lange war es her, dass ich Brot selber gebacken hatte. In der Schüssel, lagen kleine Stücke Fleisch, gekochte Karotten und Mangold. „ Du wirst heute alle Räume säubern und aufräumen. Meine Sachen rührst du nicht an. Nimm dir das Sattelzeug vor und kontrolliere das Zelt. Sieh nach was an Vorräten da ist.“ Musternd sah ich ihn an. " Kannst du mit dem Gladius umgehen?"

  • Timoleon versuchte noch zurück zu weichen, als der Centurio auf ihn zu kam, doch dann fühlte er sich schon aus der Tür gestoßen. Schnell beeilte er sich mit dem Feuer, als der geknurrte Befehl ihn ereilte. Er war nicht gewohnt, dass er herumkommandiert wurde und dennoch würde er nicht vergessen, dass es nun ein Römer war, in dessen Gewalt er sich befand. Doch für wehmütige oder gar widersetzliche Gedanken war in diesen Momenten einfach kein Platz. Schließlich konnte er nicht anderes tun, als dem Centurio zu zu sehen und ihm zu lauschen. Er nickte, als ein leichter Schlag gegen seinen Hinterkopf erfolgte. Nun, zumindest das war er gewohnt. Wenn nicht von einem Römer, so doch zumindest von seinen Brüdern. “Ja, hab ich,“ antwortete er jedoch auf die mürrische Frage des Centurios, ob er verstanden hätte. Er holte das Öl, die Oliven und die Schüssel mit den Resten, ehe er sich beeilte um nach draußen zu eilen, nur um mit einem Krug voll Wasser wieder zurück zu kehren. Auf dem Weg hatte er Adelus gesehen, der ihn mit erhobenem Arm gegrüßt hatte, doch für derartiges wollte er sich keine Zeit nehmen und er war dem älteren Calo sogar noch aus dem Weg gegangen, als dieser auf ihn zu gekommen war. Zurück im Quartier des Centurios holte er das Brot und nahm auf dem Hocker Platz, der mit den Füßen über den Boden schabte, ehe sich wirklich darauf nieder gelassen hatte. Schließlich schaute er dem Centurio zu, wie dieser sich sein Brot mit Öl beträufelte, dann blickte er auf die Schüssel. Vielleicht mit einem Hauch Skepsis im Gesicht, als er das Gemüse erblickte. Seine eigene Mutter hatte immer bemängelt, dass er darum immer einen Bogen gemacht hatte, um sich lieber mit Süßem, Obst und Fleisch zu befassen. Doch wagte er nicht, letzteres einfach an sich zu nehmen. Stattdessen nahm auch er sich ein Stück Brot, während der Centurio ihm seine Aufgaben nannte.


    Der musternde Blick war ihm allerdings nicht entgangen und er horchte auf, als die Frage aufkam, ob er mit dem Gladius umgehen könne. Er schluckte ein wenig schwerer an seinem Brot, ehe sein Blick jenen des Centurios fand. Warum fragte er das? In seiner Erinnerung tauchten seine Brüder auf, an einem Abend, an dem sie im Hof gewesen waren. Sie übten mit dem Kopis, nicht mit einem Gladius. Vater war sehr erzürnt darüber gewesen, dass es getan hatten. Mit echten Waffen, die einem Mann das Leben kosten konnten. Überhaupt war sein Vater nie ein Freund von Waffen und Kampf gewesen. Ganz im Gegensatz zu dessen eigenen Bruder, der seine Neffen stets ermuntert hatte, sich in der Schwertkunst zu üben. “Meine Brüder Harel, Talin und Nader konnten das,“ sagte er nach einem Moment des betretenen Schweigens. “Sie wollten es mir auch beibringen. Aber mein Vater hat gesagt, dass der Mann, der nach einem Schwert greift auch durch ein Schwert umkommen wird.“ Kurz hatten seine Worte einen stolzen Unterton angenommen, doch kaum konnte man diesen erahnen, brach er auch schon wieder in sich zusammen. “Doch ich wünschte, ich hätte es gekonnt,“ fügte er dann mit bedeutend dünnerer Stimme an. Die Nacht in der Oase. Alles wäre anders gewesen. Einfach alles.

  • „ Nein, das ist nicht ganz richtig. Sage ein falsches Wort und du kannst durch dieses Sterben. Lerne richtig damit umzugehen und du wirst länger Leben. Das gleiche gilt für das Schwert und viele andere Dinge.“ Er musste einiges mitgemacht haben und seine Welt sah früher anders aus. Das hier war eine neue Situation für ihn mit der er selber fertig werden musste. Keine Bruder und kein Vater halfen ihm. „ Fleisch?“ seine Blicke hatten ihn verraten. Gut wenn er vorsichtig war und abwartete. „ Nimm. Ich brauche einen kräftigen Calo, der mithalten kann.“ Amüsiert schob ich ihm die Schüssel hin. Mir reichte heute Morgen das Brot. „ Meine Regeln sind einfach. Höre auf das was ich dir sage und erledige deine Arbeit, dann geht’s dir hier gut.“ Die Sache mit dem Gladius behielt ich im Hinterkopf. Doch bis dahin musste er erst beweisen, dass ich ihm vertrauen konnte. „ Du hast fürs erste genug zu tun. Bist du fertig, mache dich mit dem Lager vertraut. Du musst wissen, wo du was findest. Wie du dir deine Arbeit einteilst ist mir egal, aber gemacht muss sie sein.“ Für mich war das Frühstück beendet. Ich erhob mich. „ Heute Mittag bringst du mir Brot, Käse, eingelegte Oliven und verdünnten Wein in mein Officium. Das Vorzimmer des Praefectus.“ Gleich die erste Aufgabe im Stützpunkt. Ich war gespannt ob ich heute zu Mittag was auf den Tisch bekam.

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