[Horreum] Im Speicher

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    Maiordomus Praxitas


    Vor knapp zwei Tagen war ein Teil des Haushaltes aus der Casa Octavia (oder was davon noch übrig war) hierher in die Villa Rustica der Gens gekommen, wie es der Senator Octavius für den Fall seines Todes oder unfreiwillige Abwesenheit verfügt hatte. Andere Teile waren auf andere Landgüter geschickt worden und vier oder fünf Sklaven und Klienten verblieben noch in Rom als Boten. Alles in allem hatte sich die Zahl der Bewohner der Villa um knapp dreißig Personen verstärkt und auch wenn sie ein paar Vorräte mitgebracht hatten, war es doch an der Zeit herauszufinden, wie lange sie damit über die Runden kamen.


    Also hatte Praxitas heute ein paar der anderen Sklaven zum Horreum kommen lassen und verteilte jetzt ein paar Aufgaben. "Melanthios! Aias! Ich will, dass ihr die Vorräte zählt. Und bitte keine Pi mal Daumen Schätzung sondern ihr sollt mir ganz genau aufschreiben, wieviel wovon da ist. Verstanden? Lasst euch von Boutros und Protus beim Umschichten der Säcke und Amphoren helfen. Achja... wenn ich das Ergebnis bekomme, bevor der Speicher leergefressen wurde, wäre das sicherlich hilfreich. Also an die Arbeit!" Der Maiordomus klatschte ein paar Mal in seine Hände und machte sich dann auf den Weg in die Küche. Die Leute dort mussten auch dringend einmal angetrieben werden, weil sie mehr quatschten als Essen zubereiteten.

  • Aias war nur langsam, mit einer Tabula bewaffnet dem Ruf gefolgt und hatte sich zum Horreum begeben. Es war schon einige Zeit verstrichen, seit er wahrhaftig und ernsthaft etwas zu tun gehabt hatte. Also hatte er sich mit Saphho beschäftigt und neuerdings auch mit einigen medizinischen Schriften, die ihm in die Hände gefallen waren. Seit die junge Herrin nicht mehr war und ein Hauslehrer – so sonderbar diese Bezeichnung immer noch für ihn klang – nicht mehr gebraucht wurde, hatte er nicht viel mit sich anzufangen gewusst. Außer natürlich sich von der allgemeinen Unruhe und Nervosität anstecken zu lassen, die allerorts herrschte. Es wurde viel gemunkelt. Mehr noch als sonst, doch als klar war, dass der Senator zu einem Opfer der Wirren geworden war, war es besonders schlimm. Außerdem wurde es immer enger in der Villa Rustica, denn vor zwei Tagen waren dreißig neue Personen aus Rom angekommen, die es unterzubringen galt. Aias hatte sich ein wenig zurück gezogen. Mehr noch als sonst, doch es war einfach nicht möglich, sich gänzlich zu entziehen. Wie die aktuellen Umstände bewiesen. Banu, sein kniehoher, gescheckter Mischlingshund, sprang neben ihm her und wedelte freudig mit dem Schwanz. Eine Freude, die nicht so recht auf Aias übergehen wollte, als er sah, wer sich noch vor dem Horreum versammelt hatte. Melanthios.


    Aias konnte den jungen Griechen nicht ausstehen, denn seines Erachtens schnüffelte er nur herum, war griesgrämig und ein wenig unsolidarisch, rechthaberisch und vieles mehr. Zumindest schätzte Aias ihn so ein, seit sie des öfteren Mal aneinander geraten waren, ob des Argwohns, der dem Griechen anhaftete. Deshalb grüßte er ihn auch nicht, sondern hörte einfach nur zu, was der Maiordomus zu sagen hatte. Das war ein Mensch, mit dem er nicht unbedingt aneinandergeraten wollte und Melanthios? Ja, der versuchte alles, um gut dazustehen und sich eine gesunde Stellung direkt in des Maiordomus Hintern zu sichern. So karrierebewusst war Aias selbst nicht unbedingt, doch seit er medizinische Schriften las, den Kräutergarten erkundete, sich an der Herstellung von Salben versuchte und der Grieche das mitbekommen hatte, war es ganz vorbei.


    Was wollte der eigentlich von ihm? Am liebsten hätte er ja jetzt die Arme vor der Brust verschränkt, während Praxitas noch sprach und ein wenig mürrisch drein geschaut, doch das wäre ihm nicht gut bekommen. Zumindest nicht, solange der Maiordomus noch da war und seinen Gesichtsausdruck als Arbeitsunmut hätte interpretieren können. “Also an die Arbeit...“ Praxitas klatsche in die Hände und Aias schnappte tief nach Luft, ehe er sich von der Stelle löste. Inventur! Das konnte den ganzen Tag dauern! Ein Tag mit Melanthios und wahrscheinlich würde er noch so tun müssen, als wäre es das höchste Glück auf Erden. Na ja. An ihm sollte es nicht liegen. Er brachte ein Lächeln zustande und begab sich Boutros und Protus folgend in den Speicher. “Na dann!“, entkam es ihm und er ließ es sich nicht nehmen, Banu noch einmal über den Kopf zu streicheln.

  • Erster Post


    Melanthios konnte nicht gerade behaupten dass ihm gefiel, was vonstatten ging. Nicht nur dass sein Dominus den Wirren und Unruhen Tribut zollen musste und nicht nur nicht zurück zur Villa kam, sondern auch im Carcer saß. Nein, nun musste er auch noch sein Bündel schnüren und sich gen Ostia aufmachen. In eine der anderen Villen seines Herrn. Das allein war schon schlimm genug, obwohl er gar nicht allein umsiedeln musste. Nein, es kam noch schlimmer, denn dort würde er über kurz oder lang auch wieder auf Aias treffen, den er hier in Rom nur wenige Tage gekannt hatte. Aber das reichte dem jungen griechischen Sklaven auch schon. Nun war er schon beinahe zwei Tage in der Villa in Ostia und hatte sich bisher von Aias fernhalten können. Zumal dieser auch kaum zu erblicken war, schien der sich doch lieber zwischen irgendwelchen stinkenden Kräutern aufzuhalten und wühlte lieber in der Erde des kleinen Kräutergartens herum. Sollte er ruhig, so musste er sich nicht mit ihm auseinandersetzen. Nein, leiden konnte er den anderen jungen Sklaven nicht wirklich. Er fühlte sich wohl als etwas besseres, so als Hauslehrer der kleinen Herrin, die nun nicht mehr war. Wollte ständig und überall sein Wissen unter Beweis stellen und rezitierte dazu Schriften, die Melanthios nicht kannte.


    Doch nun stand er mit eben diesem Aias vor Maiordomus Praxitas und sollte ausgerechnet zusammen mit diesem.. diesem.. Besserwisser die Bestände des Lagers aufnehmen. Der junge Grieche hielt seinen Kopf leicht gesenkt, so konnte man das aufgebrachte Funkeln seiner Augen nicht gleich erkennen. Er sollte nun Stunden mit Aias in einem Raum zubringen? Das Horreum war eindeutig zu klein für sie beide. Aber er hörte ergeben zu was Praxitas erklärte und hätte bei jedem anderen Helfer sicher leicht gelächelt, als der Maiordomus noch darauf hinwies, dass er die Bestände so schnell wie möglich erfahren wollte. Nun aber fixierte er einen Punkt zwischen seinen Füßen und beobachtete wie eine Ameise hin und herflitzte. Erst als der Maiordomus sie an die Arbeit scheuchte hob auch Melanthios den Kopf und nickte. So viel zu vergnüglicher Arbeit. Wenn er nur Aias ansah konnte er doch sehen, dass dieser ihm am liebsten die Tabula um die Ohren geschlagen hätte. Weil er sich wohl zu fein war, um in einem Lager Oliven zu zählen, oder Scheffel Weizen.


    Boutros und Protus gingen als erste in den Speicher und nach ihnen trabte Aias hinein und diesem folgte sogleich sein Hund. "Du willst den Hund mitnehmen?", entkam es da doch endlich dem Griechen, der an der Tür stehenblieb und auf den Hund hinunterblickte, der schwanzwedelnd keine drei Schritte vor ihm saß. Er wartete eine Antwort des anderen Sklaven gar nicht ab, sondern trat an dem Hund und dann auch an Aias vorbei auf die ersten Amphoren zu. Hier lagerte das Öl. Er sah sich um und ging grob durch wie viel Zeit sie wohl hier verbringen würden. Wahrscheinlich mehr als ihm lieb war. "Also dann..", unbewusst wählte er fast die gleichen Worte wie zuvor Aias und Boutros und Protus grinsten sich an. Sie würden wirklich nur die Sachen umpacken, alles andere sollten ruhig die beiden Jungen machen. "Wir beginnen hier und arbeiten uns dann vor, es wird Stunden dauern."

  • Nur kurz hatte Aias den Blick zu Melanthios gehoben! Sicherlich wollte er seinen Hund mitnehmen, das war doch deutlich erkennbar. Passte ihm das etwa nicht? Sein Lächeln, wenn es auch nur ein aufgesetztes war, verschwand im Nichts. “Du willst doch nicht etwa den Hund mitnehmen?“, äffte er den Griechen im Flüsterton nach, was allerdings nur besagter Hund verstehen konnte, der gerade gestreichelt wurde. Banu freute sich wie immer über die Ansprache und gab einen begeisterten Laut von sich. Konnte der Kerl nicht einfach einmal ohne einen Kommentar von sich zu lassen an ihm vorbei gehen? Aias hob den Blick und trat dann schräg hinter Melanthios, sich ebenfalls den Berg der Arbeit betrachtend. Amphoren, Kisten und Säcke, abgesehen von den Lebensmitteln die sonst noch hier gelagert wurden. Anheimelnd. Dass Boutros und Protus grinsten, bekam Aias gar nicht mehr mit, sondern er griff nach dem Stilus, den er sich wie immer hinter das Ohr geklemmt hatte.


    “Wer begonnen hat, der hat schon halb vollendet...“, gab er von sich, nachdem Melanthios verkündet hatte, wann und wie zu beginnen sei, und wie lange es dauern würde. Bestimmte er das jetzt so einfach, ja? Der Blick, den er dem Griechen in den Nacken bohrte war ein recht ernster. “... und ich schlage vor, wir teilen uns auf, dann haben wir es schneller hinter uns.“ Das war eine gute Idee, wie Aias empfand, denn es reichte einfach, wenn sie dieselbe Luft atmeten und von denselben Mauern umgeben waren. Noch mehr Nähe wären für keinen von ihnen gut. Zumindest lehrte das die Erfahrung und Aias ging Ärger doch gerne aus dem Weg. “Du zählst alles, was eine Amphore ist und ich zähle die Säcke.“ Er klappte entschlossen die Tabula auf. Banu fiepte begeistert. Bestimmt würde der Hund die Würstchen zählen, doch Aias war nicht gewillt ihn fortzuschicken. “Boutros? Könnt ihr die Säcke mit den Weizen dort rüber bringen und die mit den Bohnen...“ Er schaute sich um...Da hin?“ Vage deutete er auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand. Eigentlich war ihm nicht daran gelegen, das Geschehen nun an sich zu reißen, doch blinder Aktionismus ließ sich nun einmal nicht so einfach steuern und er hatte wirklich kein Verlangen danach, am Ende mit Melanthios auch noch zusammenzuarbeiten.

  • Melanthios kniff die Augen zusammen. Und in dem sonst ruhigen Blau seiner Augen braute sich langsam etwas zusammen. Er hörte schon etwas in seinem Rücken, doch verstand er nicht was der Besserwisser da von sich gab. Er nuschelte und sprach wohl grade mit dem Hund, der hier eigentlich nichts zu suchen hatte. Nun, es sollte sicher nicht sein Problem sein, wenn Aias durch den Hund noch in Schwierigkeiten geriet. Seinetwegen konnte er das sogar sehr gerne. Ein wenig klärte sich seine Mimik und er fand den Gedanken sogar ein wenig erheiternd, dass er lächelte. Was sich allerdings gleich wieder verflüchtigte, als er den Spruch hörte, mit dem sich der etwas Ältere so dermaßen aufplusterte, dass Melanthios erwartete einen Gockel zu sehen, als er sich drehte und Aias anschaute. Er verdrehte sogar leicht die Augen, als Aias noch mehr von sich gab. "Man merkt, dass du dich wohl in der Organisation eines Haushaltes nicht auskennst... ", brummte er vor sich hin, aber dumme Sprüche konnte Aias daherreden und so tun als würde er hier das Sagen haben.


    "Ist dir nicht aufgefallen, dass hier alles durcheinander steht, weil man etwas holt, dann doch nicht braucht und es dorthin zurückstellt, wo man gerade Platz findet? Schau nur. Hier stehen Amphoren mit Öl und hinten weiter sehe ich auch noch welche. Dort lagern Oliven in Krügen und dort wohl ebenfalls.. da hinten liegen noch Säcke herum, hinter den anderen Amphoren..", er hasste es zu sagen, aber eigentlich wäre es wirklich klug gewesen, wenn einer aufschrieb, was der andere sagte und die beiden Helfer die Sachen umschichteten, damit hier wieder Ordnung in das Lager gebracht wurde. Nur würde er dann wirklich eng mit Aias zusammenarbeiten müssen und wollte er das? Nein, wollte er sicher nicht.


    Melanthios sah Aias an und warf dem Hund ebenfalls einen Blick, jedoch von misstrauischer Natur, zu. "Aber wie du meinst, Protus.. lass uns mit den Öl Amphoren beginnen..", er deutete auf die hinteren Amphoren, die dort sicher noch nicht lange standen, die man aber einfach in diese Ecke gestellt hatte, damit vorne Platz war. Dabei wurde das Öl ständig gebraucht, also sollte es auch weiter vorn stehen. Das konnte man während des Zählens schnell wieder richten. Seine Tabula lag schon bereit hier und nun nahm er sie auf. Kritzelte mit dem Stilus etwas darauf- Öl Amphoren XVIII und deutete dann auf die nächste zu zählende Sache. Krüge mit Oliven VII. Dann gab es noch unzählige kleine Säckchen mit verschiedenen Kräutern, Gewürzen und so weiter. Aber Aias wollte ja die Säcke zählen, also sollte er auch. Melanthios drehte sich nicht noch einmal zu dem Älteren herum, sondern wies den Helfer an was umzustellen war und schrieb dabei auf, was er sah und zählte. Dies war eine Aufgabe die er zwar nicht so gerne machte, die ihm aber schnell und leicht von der Hand ging. Man merkte eben doch, dass er sich häufig mit Zahlen beschäftigte und oft genug in Rom dem Maiordomus zur Hand gegangen war.

  • Zusammenarbeit Noch immer hing das Wort in seinem Kopf. Darauf hatte er wirklich keine Lust, auch wenn es vielleicht doch besser wäre, man würde der Vernunft den Vorzug vor der Sturheit geben, was diese Sache betraf. Boutros hatte sich tatsächlich in Bewegung gesetzt, doch als der Grieche seine Einwände gegen Aias' geplantes Vorgehen erhob, hielt er inne und schaute fragend drein. Melanthios hatte keine Ahnung, womit er sich auskannte. Er war in einem chaotischen Haushalt aufgewachsen und wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre der alte Theodosius mit Pauken und Trompeten unter gegangen. Ein wenig wehmütig wurde ihm nun doch wieder zu Mute. Allein, weil er sich an alten Herrn, Lehrer und auch Vater erinnerte. Es schmerzte noch immer an die Vergangenheit zu denken und Aias schätzte es nicht, gerade auf diese Weise wieder daran erinnert zu werden. Was wollte der Grieche schon großartig von ihm und seinem vorherigen Leben wissen?! Er hatte keine Ahnung und davon und davon so viel wie Sand am Meer.
    Nur flüchtig hatte Aias den Kopf gehoben und einen Blick auf die Säcke und Amphoren geworfen. Sie standen wirklich durcheinander und ein systematisches Zählen konnte auf sich auf diese Weise durchaus schwierig gestalten. Seine Augen verengten sich etwas, als der Grieche sein Augenmerk skeptisch auf Banu setzte. Als wäre er ein Parasit.


    “Ich meine, was ich meine!“, sagte Aias dann nur und widmete sich wieder seiner Tabula, ehe er Boutros bedeutete weiter zu machen. “Wir schaffen zuerst die Säcke mit dem Weizen dort rüber!“ Er wollte entschlossen klingen, doch im Grunde wusste er genau, dass das gesamte Vorhaben sich nur unnötig in die Länge ziehen würde. Dennoch begann er stumm die Säcke zu zählen. Es waren mehr als erwartet und weniger als eigentlich benötigt. Immer wieder schrieb er gewissenhaft die Zahlen auf, ohne sich selber einzugestehen, dass die systematische Art von Melanthios ihn wurmte. Ab und an sah er zu ihm hinüber. So lange, bis zumindest die großen Säcke gezählt waren und nun ordentlich vor der bedeuteten Wand standen. Dann fiel sein Blick auf die etwas kleineren. Jene mit den Gewürzen und Kräutern und wussten die Götter, was sie noch enthielten. Einen davon nahm er an sich und öffnete ihn.


    Ehe er noch daran riechen konnte, verdrehte er schon die Augen und gab einen angewiderten Laut von sich. Es erinnerte entfernt an etwas, was einmal Sellerie gewesen sein könnte. Doch was auch immer es in Wirklichkeit war, es trug inzwischen einen grün-blauen Pelz und stank erbärmlich. Ein wenig Feuchtigkeit tropfte vom Stoff des Sackes herunter und Aias hielt ihn nur noch mit spitzen Fingern und in einiger Entfernung von sich. “Hier, du großer Held der Haushaltsorganisation,“ sagte er dann leicht provokant. “Was hälst du hiervon?“ Er warf den Sack in die Richtung des Griechen. “Vielleicht hast du ja auch noch einen Serviervorschlag.“ Bestimmt konnte Melanthios nun wieder eines seiner wunderbaren Talente zur Schau stellen. Aias würde es niemals zugeben, aber der Grieche reizte ihn einfach zu ein wenig Abfälligkeit. Allein durch seine ganze Art und seine vorherigen schlauen Worte.

  • Vielleicht hätten sie sogar Freunde sein können. Oder.. nein, eigentlich wohl eher nicht. Denn sie waren doch zu verschieden und irgendwie doch zu ähnlich. Dabei waren sie im gleichen Alter, mussten aus der Situation für sich das jeweils Beste machen und hätten hier wirklich gut zusammenarbeiten können. Aber die Abfälligkeiten nahmen kein Ende und Melanthios war niemand, der sich von einem älteren Besserwisser etwas sagen ließ, wenn er genau wusste, dass man es anders viel ordentlicher würde machen können. Und außerdem war dieser Besserwisser auch noch Aias, das reichte doch schon um ihn nicht zu mögen. Dass dazu noch seine Art kam, dieses schulmeisterliche Gebaren und diese Sprüche die er nicht verstand, das musste doch jedem einleuchtend sein, dass man ihn nicht mögen konnte. Er murrte jedoch nicht herum und machte sie an seine Arbeit, die er schon einige Male erledigt hatte. Nicht hier, doch überall war sie wohl gleich. Das Durcheinander war jedoch schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte. Man machte sich hier wirklich nicht die Mühe alles ordentlich zusammenzustellen, sondern nahm und brachte zurück. Aber der Helfer war stark und schaffte die Amphoren ordentlich und ohne Verluste von A nach B.


    Und dann begann auch endlich Aias mit seiner Arbeit. Melanthios blickte nur einmal unauffällig hinüber, als er gerade ein wenig Luft hatte, da Protus gerade umräumte. Der andere Sklave begann schon wieder kluge Sprüche aufzusagen und der Grieche schnaubte leise auf. Sollte er sich ruhig an seinen vielen Säcken aufhalten. Aber er sah auch, dass sie so noch ein paar Stunden zu tun haben würden. Er seufzte leise, denn im Grunde machten sie es sich selbst schwer. Oder nein, Aias machte es ihnen schwer. Verfluchter Besserwisser. Er hätte einfach drauf bestehen sollen, dass es so gemacht werden sollte und nicht anders. Wahrscheinlich sah der andere Sklave solch ein Lager heute zum ersten Mal. Und er hoffte im Stillen, dass es auch das letzte Mal sein würde: allein wäre er ja schneller gewesen.


    Er schaute gerade in einen der nächsten Krüge und deutete Protus an wohin diese gestellt werden sollten, als Aias mit ihm sprach? Seine Worte jedenfalls waren abfällig und eigentlich wollte er sich auch gar nicht herumdrehen, aber da Protus auch hinüber sah und irgendwie irritiert aussah, drehte er sich und blickte Aias an. Was er davon halte? Wovon? Aber lange musste er nicht warten, denn in dem Moment da die Worte ausgesprochen waren, flog auch schon ein Säckchen auf ihn zu. Perplex blickte er dem triefenden Etwas entgegen und doch war der Schwung nicht weit genug bemessen. Der Sack fiel noch vor ihm zu Boden, aber das Innere löste sich nun gänzlich auf und es spritzte schleimig zu allen Seiten davon. Auch in seine Richtung und natürlich bekam er etwas an die Beine. Es stank und sah einfach widerlich aus. Was bei allen Göttern ist das?" Melanthios bückte sich und wollte es sich vom Bein streichen, doch die Masse dort sah derart schleimig und verfault aus, dass er es besser nicht anfassen wollte. Er schüttelte sein Bein und als die Masse zu Boden fiel, blieb etwas klebrig auf seiner Haut zurück. Und nun sah er auch, dass sogar etwas auf seine Tunika gespritzt war. "Hat dir dein Herr zu wenig in den Hintern getreten? Hast du überhaupt so etwas wie Verstand?.. schau dir das an..", seine blauen Augen sprühten regelrecht zornige Funken und Protus ging vorsichtshalber einen Schritt zur Seite, als sich der Grieche in Bewegung setzte und auf Aias zumarschierte. "Du bist wirklich das Letzte.. nein, das Allerletzte, ich wäre froh wenn ich dich nicht sehen müsste, wäre ich doch nur in Rom geblieben.. du.. du... blöder Besserwisser. Du wirst das wegwischen...", Melanthios deutete auf den Boden, denn dort wo der Sack niedergefallen war, zeigte sich ein schleimig schwarz-grünlicher Fleck, der zudem noch ekelerregend stank.

  • In Grunde genommen war es gar nicht seine Art, irgendeinen Streit vom Zaun zu brechen. Andererseits war er auch nie ein Kind von Traurigkeit gewesen. Immerhin war er in den Straßen Roms aufgewachsen und hatte genug Freizeit gehabt, um sich mit anderen seines Alters zu messen. Sicher hatte ihm Theodosius dafür die Ohren lang gezogen, doch schlimmeres als das war ihm nie passiert. Doch das hier war etwas völlig anderes als eine abgelegene Gasse. Es war die Villa Rustica eines Senators, mit Dutzenden von Leuten gefüllt, die alle irgendwie anders tickten als er selbst. Nein, negativ auffallen wollte er hier wirklich nicht. Streitereien standen hier nicht auf dem Tagesplan und in allem herrschte Ordnung. Warum er nun Melanthios provozierte konnte er selbst nicht einmal mit Gewissheit sagen. Vielleicht, weil er ihn nervte. Vielleicht, weil er ein Schönling war, der immer alles zu hundert Prozent richtig machen musste. Im Gegensatz zu ihm selbst, denn Aias war ein Mensch, dem achtzig oder derweilen auch siebzig Prozent vollkommen ausreichten, solange es nicht um schöne Dichtung, Geschichtsschreibung und Naturwissenschaftliches ging. Jetzt sah er dabei zu, wie der triefige Sack vor dem Griechen auf den Boden klatschte und sich schleimige Masse tropfenweise in der nähren Umgebung verteilte. “Find's doch raus! DU weißt doch immer alles!“, sagte er dann.


    Banu war auf den Sack zu gelaufen, doch als der Gestank ihm entgegen schlug, fiepte er und ließ sich fragend auf dem Hintern nieder, wobei er zwischen den Sklaven hin und her schaute. Melanthios versuchte noch, den Spritzer, der ihn getroffen hatte abzuschütteln, doch so recht wollte es ihm wohl nicht gelingen. Gut, dass er wirklich von irgendwas getroffen wurde hatte nicht in Aias Absicht gelegen. Ob er Verstand hatte? Ob sein Herr ihn zu wenig in den Hintern getreten hätte? Aias hob den Kopf und fasste seine Tabula fester, als der Grieche auf ihn zu stapfte. Mit nichts als Wut im Blick. Banu sprang auf die Füße, zog sich zunächst ein wenig zurück, doch dann knurrte er grollend, ehe er ein Bellen ausstieß. “Ich bin das Allerletzte?“, schnappte Aias dann. “Du willst mich nicht sehen? Dann mach doch die Augen zu!“ Die ganze Zeit, wann immer sie sich gesehen hatte, war es Melanthios gewesen, der vom Argwohn getrieben immer wieder irgendetwas zum Kritisieren gefunden hatte. Der alles besser wusste, der schlauer sein wollte und der.. der... wollte, dass er DAS aufwischte!?


    Kurz schnappte Aias nach Luft und trat nun seinerseits einen Schritt auf Melanthios zu. “Ich bin also ein Besserwisser, ja? Wer weiß denn hier alles besser? Wer ist denn immer so schlau? Wer kriecht denn Praxitas hochkant in den Hintern?“ Er kam nicht weiter, denn sein Hund war kläffend bemüht, sich zwischen sie zu drängen. Boutros und Protus schauten sich nur fragend gegenseitig an, wohl überlegend, ob sie dem Spektakel ein Ende bereiten sollten. “Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, schleichst du herum. Immer schön hinten rum.... und du bist.... bist....“ Er rang nach Worten, doch recht wollten ihm keine einfallen. Ein dämlicher Schönling Das war er. Genau das! Der Fleck am Bein war wohl der einzige Makel, den Melanthios im Moment hatte und er selbst war es eigentlich nicht gewohnt, derartigen Groll zu empfinden. ...nichts anderes als ein pedantischer Erbsenzähler!“, vollendete er dann seinen angefangen Satz, den anderen nicht aus dem Blick lassend.

  • Melanthios war sonst nicht auf Streit aus. Er hatte sich auch aus anderen Streitigkeiten in der Villa immer herausgehalten und das war ihm bisher immer gut bekommen. Warum sollte er sich auch zwischen zwei Zankende stellen und nachher noch selbst bestraft werden? Und er kroch gewiss dem Maiordomus nicht sonst wohin, das war gar nicht seine Art. Aber seine Arbeit machte er gewissenhaft, denn er wollte einmal etwas anderes machen, als immer nur die Speicher aufzuräumen, die Listen zu führen, und die Notizen des Maiordomus ins Reine schreiben. Wenn er keine Ambitionen hatte, dann würde sein Leben doch nur ein dummes Einerlei sein und bleiben. Das wollte er nun wirklich nicht. Auch als Sklave konnte man doch von einem besseren Leben träumen und wenn es nur Kleinigkeiten waren die sich änderten. Aber diese dumme Besserwisser, diese Stilus tragende Tunichtgut. Dieser Hauslehrer den nun auch niemand mehr brauchte, der wollte ihm wohl ans Bein pinkeln und er machte ja nun deutlich, was er von dem Griechen und dessen Arbeit hielt. Warf sogar mit stinkendem Unrat nach ihm und beschmutzte seine Kleidung und sein Bein. Der junge Grieche war so zornig wie selten und das hieß schon etwas. Es kümmerte ihn auch nicht, dass es gerade zwei Zeugen des Ausbruches gab, die sich aber schön zusammenstellten und besser den Mund hielten.


    "Ja, das Allerletzte und ich werde meine Augen nur zum Schlafen zumachen.. also geh mir einfach aus dem Weg und den Augen. Die ganze Zeit über tust du nichts anderes als kluge Sprüche aufzusagen, du redest geschwollen und in Versen, die sonst niemand kennt. Du machst dich damit wichtig und musst immer, selbst wenn du nicht gefragt bist, deine angebliche Klugheit zur Schau stellen..aber hast du schon einmal einen Speicher aufgenommen? Sein Inventar gezählt und aufgelistet? Hast du jemals Listen geführt die man benötigt um herauszufinden wie viele Amphoren Öl man am nächsten Markttag kaufen muss, damit es für die nächsten Wochen reicht? Wie schlau bist du wirklich..du.... Hauslehrer...", das klang nun nicht gerade wie eine Beschimpfung, doch die Art wie er es geradezu ausspuckte war wohl auch für Aias deutlich genug. "Ich mache was?... ich bin nicht so einer... und der Maiordomus würde dich an den Zehen aufhängen würde er es gehört haben.." Auf das Gekläffe des Hundes hörte er nicht, er nahm es nicht einmal wahr, bemerkte auch nicht die grinsenden Blicke der beiden Helfer, die sich von Verwirrung über Entsetzen hin zu Erheiterung verändert hatten.


    Sie standen dicht voreinander. Nase an Nase sozusagen und Melanthios war nicht bereit auch nur einen Schritt zurückzugehen. Und auch Aias schien seinen Platz hier behaupten zu wollen. "Ein Pedant?... ich bin nur genau, ich muss genau sein, wenn ich mir einen... ", besseren Platz erarbeiten möchte, so wäre der Satz vollständig gewesen, doch nun pressten sich die Zähne mahlend aufeinander und seine Wangenknochen traten scharf hervor. "Wisch das auf, damit wir weitermachen können, denn immerhin kam es aus deiner Hand geflogen..", sprach er dann doch noch, und musste sich sehr zusammenreißen, damit der Zorn ihn nicht übermannte.

  • Als erfahrene Sklaven wussten sowohl Boutros als auch Protus, wann es zeit war sich zu verdrücken und irgendwo den Kopf in den Sand zu stecken. Die beiden schauten sich kurz an und beschlossen dann nach einem wortlosen Gedankenaustausch, dass genau JETZT absolut der richtige Zeitpunkt war, um sich gekonnt in eine dunkle Ecke zu verkrümeln. War ja nicht ihre Aufgabe hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen und wenn sich die beiden (oder so gesehen die drei) Schoßhündchen ein bisschen ankläffen wollten, konnten sie in Ruhe eine Siesta einlegen.

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