All your base are belong to us - Rebellen im Hause

  • Es brauchte nicht lang um die Tore zur verlassenen Castra Praetoria aufzubrechen. Wie Vala sich geflissentlich von seinem Primus Pilus erzählen ließ, dauerte so etwas nur lange, wenn man währenddessen mit allem möglichen beschossen und beworfen wurde. Da dies aber nicht der Fall war, weil man die Castra Praetoria wohl schon vor längerem geräumt hatte, konnten die Legionäre der achten Legion relativ lässig zu Werke gehen. Knapp zwei Stunden lang ging es dann trotzdem scheppernd zu Werke... eine Zeit, die Vala damit zubringen ließ den Bewohnern der umliegenden Canabae und der Siedlungen außerhalb des Pomeriums klarzumachen, dass ihre Motive legitim und ihr Vorhaben höchst ehrenhaft war... und dass sie von seinen Männern keine Gräuel zu erwarten hatte. Gleichzeitig ließ er die Geschichte des Schicksals Pataviums streuen, wer wusste schon wofür so etwas gut war?


    Den Großteil der Zeit allerdings verbrachte er damit, die Stadtmauer an der Porta Viminalis zu begutachten... und ENDLICH WIEDER einen Blick auf Rom zu erhaschen. Sie waren fast da! FAST DA!! Und Rom war den Berichten ihrer Informanten und zahlreicher Fliehender nahezu unbewaffnet. Der Vescularier hatte einen Großteil des Heeres tatsächlich gen Süden entsandt, und Rom war jetzt nurnoch von einer Handvoll Urbanern, knapp viertausend bewaffneten Milizionären und ein paar Irren verteidigt. Er hätte fast gelacht, wären die Befehle ihres Kaisers nicht eindeutig gewesen: das Pomerium achten. NICHT angreifen. Verhandeln. Abwarten.


    Abwarten würde er so oder so müssen... mit der Castra Praetoria hatte die VIII. Legion den Schauplatz erwischt, der wohl am weitesten vom Fokus des Interesses (des Palatins) entfernt. Einerseits frustrierend, andererseits logisch, weil es die VIII. Legion von allen Legionen nahezu am schlimmsten erwischt hatte: Vala hatte nunmehr nicht einmal zweitausend Männer unter seinem Kommando. So blieb es nur von der hohen Mauer der Castra auf das nicht weit enfernt liegende Caput Mundi zu blicken, und darauf zu warten, dass sich etwas tat.

  • Wenige Tage nachdem die achte Legion die Castra Praetoria besetzt hatte begann das altgewohnte Lagerleben.. mit einem Unterschied: der Drill für den Ernstfall bestand nun nicht mehr im Proben von offenen Feldschlachten, sondern im Bewältigen eines bewaffneten Konflikts auf engstem Raum. Da die Wege der Castra Praetoria wenig vergleichbar mit dem Wust an Straßen und Gassen der Stadt Rom waren, hatte man sich relativ schnell darauf verlegt die um die Castra herumliegenden Häuser für die Manöver zu requirieren... ohne den Bewohnern großartig die Wahl zu lassen. Das einzige Entgegenkommen was sie zu erwarten hatten war die vorherige Ankündigung, dass man ihre Behausungen fortan immer wieder besetzen würde.


    So erscholl in den Straßen und Gassen immer wieder heftiges Gebrüll und der charakteristische Kampfeslärm... mir einer Ausnahme: es wurde kein blanker Stahl genutzt. Zwar waren die Legionäre immernoch mit ihren Scuta ausgerüstet, aber bewaffnet waren sie mit Messern und einer wachsenden Anzahl an Holzknüppeln.. eine Taktik, die sich schon seit Jahrhunderten in den Konflikten bewährt hatte, die sich innerhalb des Pomeriums abgespielt hatten. So wurde die Vorgabe eingehalten das Pomerium nicht mit Waffengewalt zu überschreiten... und doch weit genug gedehnt, um dennoch eine effektive Bedrohung darzustellen.
    Man knüppelte also mit Holz aufeinander ein, bildete Mini-Testudos um Steinen und anderem Wurfwerk von den Dächern zu begegnen und drängte sich so weiter gegen den Gegner voran durch das imaginäre Pomerium.


    Was auch immer geschehen würde, man wollte nicht unvorbereitet sein. Und man würde es auch nicht.

  • [wrapIMG=right]https://lh3.googleusercontent.…4576057472_afe14585dc.jpg[/wrapIMG]Rom war zur Zeit, in der sie die größte Stadt der Welt belagerten, des nächtens alles andere als ein leuchtendstrahlender Fleck in der Landschaft. Und doch schafften es zigtausende kleine Lichter, die Stadt dem Beobachter erkennbar zu machen. Die Dunkelheit schluckte jede Silhouette, keines der großen atemberaubenden Gebäude war zu sehen, weder der kaiserliche Palast noch die monumentalen Tempel, und doch war Rom ganz klar da...
    Vala hatte, nachdem er den Tag mit dem Schreiben von Briefen und dem Essen mit irgendeinem Würdenträger verbracht hatte, sich auf den Wehrgang hochgestohlen und stand nun auf einem der Türme an die Zinnen gelehnt und beobachtete das, was da eben nicht vor seinen Augen vor sich ging. Rom schlief, und der Belagerung wegen war nicht einmal der charakteristische Lärm der Nacht zu hören, wenn Fuhrwerke auf den steinernen Straßen jedem den Schlaf raubten, der in der Provinz lautlose Nächte gewohnt gewesen war. Er musste fast lächeln bei dem Gedanken, dass erst die Belagerung durch ein feindliches Heer Rom auch nur in die Nähe der Städte der Provinz brachte. Das Leben schien stillzuhalten, zumindest von außen betrachtet. Wie oft hatte er sich schon gefragt, wie lange die das da drinnen noch aushalten würden? Wie erging es ihnen dadrinnen wohl? Die Informationen, die sie zahlreich von jenen außerhalb der Stadtmauer bekommen hatten, ließen auf deutliche Engpässe der Versorgung schließen.. immerhin war Alexandria abtrünnig, das die Stadt sonst mit billigem Getreide versorgte. Jetzt, wo Rom nicht einmal die umliegende Gegend leersaugen konnte, mochte es wohl noch schlimmer sein.
    Und dennoch brachte man es fertig, ihrer Belagerung nun schon Tage zu trotzen. Die Stellung des Vesculariers schien gefestigter, als sie vorher angenommen hatte. Überläufer aus der Gegend diesseits der Stadtmauer gab es zuhauf, aber es waren Überläufer aus der Gegend JENseits der Stadtmauer auf welche sie angewiesen waren, sollte der Vescularier fallen noch bevor Palma hier ankam. Wenn er ankam. Was war, wenn er im Süden eine Niederlage erlitt? Gar fiel? Würden sie dann immernoch den Vescularier stürzen?
    Wenn es nach Vala ging, würde das zwangsläufig so sein MÜSSEN, immerhin war er trotz Kommando über eine Legion nach wie vor ein kleines Licht... und um heller brennen zu können brauchte es einen vescularischen Kadaver. Der Flaminier könnte sich zum Kaiser machen lassen, den nötigen Rückhalt im Heer hatte er ohne Frage, und Vala würde sicherlich zu denjenigen gehören die von einer solchen Option profitieren würden, doch ob der Flaminier sich in Rom würde halten können wenn erst einmal die Truppen wieder gen Norden gezogen waren, war äußerst fraglich - zu lange hatte er im Norden verharrt, fern der politischen Ränke Roms.
    Seine eigenen Kontakte in der Stadt hatten sich ebenfalls noch nicht bewegt, der Pompeier würde die Nachricht wohl erhalten haben, aber mit der Belagerung würde dessen Spielraum stark eingegrenzt worden sein. Also hieß es warten... nichts, was Vala nicht leidend tun würde, Geduld war etwas womit er sich schon früh hatte arrangieren müssen. Das einzige, was ihm selbst auf den Geist ging waren seine Gedanken, die hier und dorthin wanderten während er selbst zum Stillstand verdammt war. Auch wenn er sich in den letzten Tagen deutlich um seinen Werdegang nach dem Fall des Vesculariers gekümmert hatte, gab es immernoch einige Fragezeichen. Wie zum Beispiel: Axilla.
    Im Meer an Lichtern ohne Konturen konnte Vala nicht ausmachen wo genau sich die Casa der Iunier befand... und wenn schon, würde sie wahrscheinlich eh im Hause ihres Ehemanns residieren. Wie sie wohl darauf reagieren würde, wenn er ihr die Heirat antrug? Je nachdem wie ihr Ehemann stand, würde sich eine Scheidung nach dem Fall des Vesculariers sogar anbieten... das war die maßgeblichste Hoffnung, die er sich in dieser Sache machte. Aber dies war nicht die einzige Baustelle, der er sich würde stellen müssen... den Pompeier galt es aus der Scheisse zu ziehen und möglichst direkt nach dem Öffnen der Tore in Sicherheit zu bringen... ein pikantes Spiel, dessen Ausgang ungewiss war, immerhin war der Mann Klient des Usurpators. Und doch war sein Nutzen für Vala in der Vergangenheit von unschätzbarem Wert, bei allem Opportunismus den Vala sich zueigen gemacht hatte: das war er ihm im Mindesten schuldig.
    Und die Decimi... ehemals Hauptverbündete seiner Sippe, nunmehr eine der Familiae, die vom Regime des Vescularius am meisten profitiert hatten... auch da würde es alles andere als leicht die alten Stricke wieder herzurichten. Vala konnte nur hoffen, dass es seiner Tante gut ging, und die Decimi nicht auf die Idee kamen sie als Faustpfand oder dergleichen zu benutzen. Wenn, war ein Bruch wohl offensichtlich unausweichlich... dabei würde er Verbündete brauchen können in der Zeit nach dem Fall.
    Irgendwann surrte sein Kopf so sehr mit den unbeantwortbaren Fragen, dass er sich von der Brüstung abstieß und den Weg nach unten antrat.. er würde sich irgendein Weib nehmen (einer jener Vorzüge Roms, die er am schmerzlichsten vermisst hatte), ihren Körper und sich selbst in Wein ertränken und das Hoffen auf Veränderung auf den morgigen Tag zu verschieben.
    Was anderes blieb ihm auch kaum übrig.




    Bildquelle

  • Da Vala als aktueller Herrscher über die Castra Praetoria nichts anderes bewohnte als den ausladenden Domus des Praefectus Praetorio, konnte er seinen 'Gästen' einen gewissen Komfort bieten. Für Venusia stand nach ihrem Einzug in die Castra ein geräumiges Cubiculum zur Verfügung, das alles zu bieten hatte was man einem Gast höheren Standes in einem Armeelager bieten konnte. Sorgen, dass ihr die Umgebung nicht behagen würde, machte Vala sich nicht, immerhin war sie lange Zeit mit dem ehemaligen Praefectus Alae verheiratet gewesen, und sollte so an das Leben in einem Castellum gewohnt sein. Zudem bot sich hier genug Kurzweil, um das spartanische Leben der Soldaten in der Castra für eine ganze Weile auszublenden.

  • Für seinen 'Gast', den pro Forma festgesetzten Procurator a libellis Gaius Pompeius Imperiosus, konnte Vala einige Zugeständnisse machen. So wurde er, dank Vitamin B, nicht in den Carcer geworfen wie viele andere die dem Regime des Vesculariers zugezählt wurden, sondern in ein einfaches Cubiculum im Domus des Praetorianerpraefekten, momentan bewohnt von dessen Chefaufseher Vala.
    Das Cubiculum bot den Standard an Komfort, war aber um Welten komfortabler als das, was dem Pompeier geblüht hätte, wenn er nicht von Vala sondern von wem anders einkassiert worden wäre.
    Einziger Hinweis darauf, dass er hier tatsächlich nicht als freier Mann logierte, waren die beiden Wachen vor der Tür des Cubiculums, die den Auftrag hatten den Procurator überall dorthin zu begleiten wohin er sich begab... und zu verhindern, dass er die Castra verließ. Bei aller Freundschaft sah Vala sich doch gezwungen, zumindest pro forma so etwas wie einen Gefangenenstatus aufrecht zu erhalten.

  • Die Castra war nun nicht gerade das woran sie gedacht hatte als Vala sie einlud sein Gast zu sein. Dies war wohl ein angemessener Ort für die Truppen, die Roma befreit hatten. Da saß sie also mal wieder in einer Militärunterkunft. Was sie jedoch tröstete war der Umstand, dass sie sich soweit es die Mauern zuließen, frei bewegen konnte. Der Weg vom Haus der Pompeier bis hierher war nicht auffällig gwesen und inzwischen war sie auch schon einen Tag hier. Sie wollte ihrem Verwandten ein wenig Zeit geben ehe sie um ein Gespräch mit ihm bat. Nun saß sie hier und wartete.

  • Und Alan saß bei seiner Domina. Er war froh nicht zurück gelassen worden zu sein. So konnte er stets für ihre Sicherheit sorgen. Auch wenn er zugeben musste, dass es ihm hier überhaupt nicht gefiel. Zu viele römische Soldaten und Alan kam sich eingesperrt vor. Ein Gefühl, dass er fast so sehr hasste wie ein Sklave zu sein. Und doch versuchte er sich dahingehend zu trösten, dass er irgendwann einen Weg aus all dem hier heraus finden würde und dann wieder in seine Heimat zurück kehren konnte. Als freier Mann. Doch was würde ihn dort erwarten? Immer öfter quälte Alan sich mit dieser Frage.
    Doch nicht jetzt und hier. Er riss sich davon los und sprach seine Domina an.
    "All in Reeg bei di? Sind we jetzt hii fungen?"

  • Während sie nun warteten - und das konnte noch ne Weile dauern - wollte sie sich nun die Zeit nehmen Alan zu erklären warum sie hier waren.
    "Ja, all in Reeg. Wi sind net fangen. Mien Broderssoehn het us in´t Droege bracht. In Roma wird gestriegt. We sind frij. Ik heb de Hoep, det Alrik kann mi all kloor maken."
    Das hoffte sie wirklich. Viel hatte sie von dem was außerhalb von Roma passiert, nicht mitbekommen. Sie musste endlich erklärt bekommen wer alles die Bösen waren und wer die Guten. Im Moment konnte Vala auf jeder Seite sein und sie hoffte, dass es ihnen nicht schaden würde. Sie vertraute ihm natürlich dahingehend, dass er keinen Blödsinn machte und alles einen Grund hatte. Dennoch konnte es ganz anders werden wenn es noch mehr Seiten gab als die des Möchte-Gern-Kaisers und die auf der ihr Verwandter stand.

  • Es dauerte seine Weile bis Vala die Zeit fand sich näher um seine Tante zu kümmern. Um genau zu sein: Stunden. Bis in den Abend hinein. Als er allerdings kam, machte er kein großes Federlesen, trat nach dem Anklopfen unvermittelt ein und ließ sich in einen Korbsessel fallen, um die Füße auf einen der kleinen Beistelltische zu stellen, die hier so rumstanden. "Aaaaah..", ächzte der Tribun der achten Legion erleichtert, "Meine Fresse, was ein verdammter Akt. Ich verspreche dir, das ist das verdammte letzte Mal, dass ich mich an so einem Bürgerkrieg beteilige, da kannst du was drauf lassen. Hast du was zu Trinken hier?"

  • Venusia sah sich in ihrem Raum um und nickte schließlich. Vorhin hatte man ihr verdünnten Wein gebracht. Sie nahm einen Becher, befüllte ihn und reichte diesen dann ihrem Neffen.
    "Ich hab nur verdünnten Wein hier. Ich hoffe das reicht dir."
    Dann nahm sie ihm gegenüber Platz und winkte auch Alan hinzu.
    "Du hast gewiss eine Menge zu erledigen. Ich weiß noch was es für ein Durcheinander in Germania war nach dem der Krieg zu Ende war. Roma ist da deutlich größer und unübersichtlicher. Aber ehe wir zur politischen Lage kommen. Wie geht es dir und der Familie? Hast du etwas von ihnen gehört?"
    Es war schon so lange Zeit her, dass sie etwas von ihnen gehört hatte und sie war da sehr neugierig.

  • "Hauptsache es ist flüssig und erleichtert den Kopf.", ächzte Vala erneut, als er nach dem Becher griff und diesen direkt an den Mund ansetzte... nur um den ersten Schluck halb auf seine Soldatentunika zu verschütten, welche er stets unter der Rüstung trug. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen machte er einfach weiter, zog den Becher leer und setzte ihn schließlich klangvoll ab. "Aaaaaah, das tat gut.", schnaufte Vala mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht, "Du hast ja garkeine Vorstellung... ich hab ganz vergessen wie es in diesem Moloch war. Bin ja jetzt auch schon wie lange weg? Ach, egal... Jahre! Oh... der Familie geht es gut. Als ich sie zuletzt gesehen habe, das war im letzten Sommer bevor wir gen Süden marschiert sind um den Fetten zu kitzeln, waren alle wohlauf. Witjon ist immernoch eine Grande in Mogontiacum und hält unsere Fahnen hoch... Landulf ist gerade bei seinem Onkel bei den Mattiaci, Naha sehnt sich nach einer Verheiratung und der alte Albin grummelt sich immernoch durch die Casa. Witjons Sohn ist ebenfalls wohlauf... soll ich dir den ganzen Rest auch noch aufzählen? Achja, Hadamar ist in die Legion eingetreten... und ist jetzt ebenfalls hier in Rom. Ich werd ihn dir beizeiten vorstellen, ihr dürftet euch ja eine halbe Ewigkeit nicht gesehen haben. Das letzte Mal hat er sich wahrscheinlich noch selbst in die Windeln gemacht."

  • Ob des Verhalten ihres Verwandten zog sie die linke Augenbraue in die Höhe. Leichte Missbilligung sowie auch Belustigung stand in ihrem Gesicht. Innerlich seufzte sie. Sie hoffte doch Vala nicht noch Benehmen beibringen zu müssen und ging bei dieser Verrohung von guten Umgangsformen davon aus, dass das Sodatenleben einen sehr schlechten Einfluss auf ihn genommen hatte. das zu mindestens hoffte sie für ihn.
    "Nein, nein. Du musst nicht weiter machen. Es freut mich so viel Gutes von der Familie berichtet zu bekommen und gern möchte ich Hadamar wiedersehen. Es ist in der Tat eine Weile her. Sevilla und Secundus ging es auch ganz gut als ich sie zu letzt gesehen hab. Ich hoffe dass sie gut in Hispania angekommen sind."
    Kurz wackelte die unbeschwerte Fassade und es war Sehnsucht zu sehen.
    "Du wirst dich vermutlich auch wundern wie ich zu Alan gekommen bin. Ich drängt mich dir die Geschichte zu erzählen ehe vielleicht falsche Gedanken aufkommen."
    Sie füllte Valas Becher auf und schenkte sie selbst auch einen Schluck ein welchen sie auch gleich trank.
    "Ich hab Alan auf dem Sklavenmarkt gesehen und habe ihn...ja...erworben. Eigentlich wollte ich nicht, dass er woanders hinkommt. Er erinnerte mich an meine Zeit in Gefangenschaft und das wollte ich ihm nicht antun. Allerdings kann man hier in Roma keinem klar machen, dass er kein Sklave für mich ist. Inzwischen ist er mir eine wichtige Stütze geworden."
    Sie lächelte den Germanen kurz an und sah dann wieder zu Vala.
    "Ich habe mich noch immer nicht mit dem Sklaventum anfreunden können."

  • "Wenn all das hier vorbei ist...", brummte Vala, dem die Sehnsucht in den Augen seiner Tante nicht entgangen war, "...können sie auch wieder zurück zu ihrer Mutter kommen. Es spricht ja nichts dagegen... außer die Decimi haben sich komplett in die Scheisse manövriert, aber das ist noch nicht absehbar."


    Als sie schließlich auf den Sklaven zu sprechen kam musste Vala sich eingestehen, dass er sich nicht die geringsten Gedanken über den Mann an der Seite seiner Tante gemacht hatte. Die Erinnerung an das finstere Kapitel in der Geschichte Dagmars ließ ihn allerdings ernst die Lippen aufeinanderpressen... immerhin war die ganze Familiengeschichte nicht arm an solchen Episoden, und Dagmar hatte gerade hinsichtlich ihrer Gefangenschaft einen großen Brocken zu stemmen.
    "Ich denke, du hast dich entschieden wie du es für richtig gehalten hast, wer bin ich das zu verurteilen?", formulierte er daher vorsichtig eine erste Antwort auf das Thema, "Ich besitze ja selbst einen Sklaven... den ich wohl schon längst freigelassen hätte, wäre es nicht unverantwortlich sowas frei auf die Menschheit loszulassen. Ich kann dir nicht verdenken, dass du es mit dem Sklaventum so hälst... willst du ihn freilassen?" Schließlich war das Gang und Gäbe in ihrer Sippe, Sklaven freizulassen und nach germanischen Rechtsvorstellungen erneut an sich zu binden... und da der Mann ebenfalls germanischer Abstammung zu sein schien, lag dieser Gedanke auch in diesem Fall nicht fern.

  • "Wahrscheinlich werden sie irgendwann nach Roma zurückkehren. Ich hoffe aber, dass es eher später denn früher ist. Ich habe sie nicht in erster Linie wegen des Krieges weggeschickt sondern weil man mir verbieten wollte die Kinder zu erziehen. Ich hatte vor euch in Germania besuchen zu kommen und mir wurde deutlich gemacht, dass man sie mir wegnehmen wird wenn ich sie nicht zurück nach Roma bringe. Das habe ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen. Nach römischem Recht hätte ich kein Anrecht auf meine Kinder sondern nur Magnus Familie. Ich habe sie daher zu Livianus geschickt, weil ich weiß, dass er sie in Magnus und meinem Sinne erziehen würde. Mir wurde hierbei wieder einmal deutlich vor Augen geführt wie unterschiedlich unsere Auffassungen von Familie sind. Ich konnte mich wohl auch noch glücklich schätzen, dass sie mich nicht aus der Casa gejagt haben."
    Sie lachte bitter ehe sich ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf den Alan richtete.
    "Ich muss ehrlich gestehen, dass wir darüber noch nicht gesprochen haben."
    Sie sah Alan an.
    "Was sagst du zu diesem Vorschlag? Du würdest als Unfreier weiter deine Aufgaben erledigen können."
    Dies würde ihr Gewissen deutlich beruhigen. Er wäre kein Sklave mehr, hätte deutlich mehr Rechte und an ihrer Vereinbarung würde sich nichts ändern.

  • Schweigend wie ein Fisch in einem Gemälde, war Alan bisher neben seiner Domina gesessen und hatte versucht der Unterhaltung zu folgen. Viele Namen waren gefallen und reichlich Wörter, bei denen der Germane sich noch schwer tat. Doch er verstand, dass es der Familie des Mannes ihm gegenüber gut ging und es war fast eine Wohltat all die vertraut klingenden Namen zu hören.
    Erst als plötzlich sein Name fiel, ruckte der Germane aus seiner Versteinerung. Tatsächlich hatte ihn die Konzentration bis jetzt gefesselt.
    Venusia erzählte wie sie sich -kennen- gelernt hatten und Alan presste die Lippen so fest auf einander, dass sie nicht mehr waren als zwei blutleere Striche. Wie gerne würde er dieses erniedrigende Kapitel aus seinem Leben löschen, doch das war nicht möglich. Er war nun hier und musste daraus das beste machen. Und das Beste klang in seinen Ohren. Unfreier!
    Er drehte den Kopf so, dass er seine Domina direkt ansehen konnte.
    Er würde weiter seine Aufgaben erledigen können. Alan musste zugeben, dass er mittlerweile seinen Job nicht nur aus Eigennutz so ernst nahm. Er musste gestehen, dass ihm tatsächlich am Wohl von Venusia etwas lag.
    "Wenn ich weiterhin auf dich aufpassen kann, bin ich damit einverstanden." Meinte Alan dann in gebtrochenem Latein.

  • "Wer sollte so etwas tun?", fragte Vala sichtlich irritiert, war das Bündnis der Decimi mit den Duccii doch schon seit Jahrzehnten feste Sache. Allerdings nicht wasserfeste Sache, wie es ihm nun schien. Hatte das Bündnis durch den Tod von Magnus gelitten? Bisher hatte er nicht den Eindruck gehabt... allerdings waren seine Kontakte zur Sippe des Decimus bisher an einer Hand abzuzählen gewesen. Da würde es wohl Nachholbedarf geben, schließlich waren die Decimi durch Venusias Kontakte der verlängerte Arm der Duccii nach Rom gewesen. Dass die Beziehungen nun schon vor dem Bürgerkrieg derart belastet waren gab ihm zu Denken
    "Ich bin mir sicher, es wird sich noch eine gütliche Einigung erzielen lassen...", postulierte Vala ohne es wirklich zu glauben, immerhin hatte er nicht die geringste Ahnung wie es nach dem Krieg weitergehen würde. Sowieso: der Vescularier hatte es offensichtlich verstanden die Decimi an sich zu binden, während er auf die Gefolgschaft von Vala wenig gegeben hatte. Dass es ihn letztlich vor demselben Schicksal bewahrte wie das des Praefectus Praetorio, oder der anderen Decimi die auf den Listen der Rebellen standen, konnte er heute mit Fug und Recht als Glücksfall bezeichnen. Aber vielleicht würde sich daraus auch ein gewisses Handlungsmoment ergeben.
    "Du vertraust diesem Livianus offensichtlich genug, um ihm deine Kinder anzuvertrauen... steht er zum Vescularier wie der Rest seiner Sippe?", war daher eine logische Frage, deren Antwort viel bedeuten konnte.


    Dass seine Tante überhaupt noch nicht auf den Gedanken gekommen war den Mann freizulassen und durch die Munt zu binden mochte wohl an ihrem langen Aufenthalt in Italia liegen... den Einfluss des römischen Kerngebiets konnte er ja selbst für sich nicht leugnen.
    "Achott....", echote Vala dann wieder belustigt, "...het Kerl kunn ja nietma recht Ladin kürn. Watt maaksu nu mit so ine in Roma, wenn het niet verstaht, watte mitte Römersleut to sprookst? Najo, maak wie ju denks. Un ju, Alan... wenn min Tant di frilässt, bet ju olltuit inne Munt... un dine Kinners as well, doa kunns watt drupp laate. Ju wirs bi dine Ahne min Tant un ere Sipp dine Folchschaft schworn, dormit datt kloar is. För de Römersleut beste dann fri, aber dine Liv is emmerno an Dachmar un de Sipp Wolfriks jebonde."
    Vala musste den Mann nicht einmal herausfordernd anblicken... es war reine Selbstverständlichkeit, dass er sich als Libertus nach germanischem Recht an die Sippe seiner Tante binden würde. Dass seine Kinder das römische Bürgerrecht haben würden verstand sich ebenso von selbst, aber auch diese würden nach dem Recht der Germanen an die Duccii gebunden sein. Dass diese allerdings recht frei im Umgang mit ihren Muntlingen umgingen, und diesen sogar das Bürgerrecht ermöglichten wenn diese zuvor nicht einmal Libertini sondern Peregrini gewesen waren, musste er nicht extra erwähnen... das würde seine Tante regeln... ebenso wie die Art der Freilassung.

  • "Eine Einigung wird man sicher erzielen können. es muss nur jemand sein mit dem man reden kann und der auch für andere Traditionen offen ist. Und ja, ich vertraue Livianus. Ich kenne ich schon viele Jahre und er ist mein Schwager. Magnus hat ihm auch vertraut. Wie er allerdings zum Vescularier steht, kann ich dir nicht sagen. Ich hatte ein wenig das Gefühl, dass es da eine Spaltung zwischen den jungen Decimii hier in Roma gibt und jenen in Hispania. Weit weg vom Geschehen hier. Aber auch von Livianus habe ich schon lang nichts mehr gehört."
    Im Moment war alles gut so wie es war und sie wollte auch nichts daran ändern bis sich die Lage entspannt hatte. Wenn sie schon nur in einem Castellum in Sicherheit war, wollte sie ihre Kinder ganz sicher nicht hier wissen. Was das alles auch noch werden sollte und wie lang es wohl dauern würde bis es endlich wieder ruhiger werden würde.


    In das Gespräch der beiden Männer mischte sie sich im Moment nicht ein. Nachdem es beendet war, begann sie damit Vala auszufragen. Vala hatte nämlich vergessen zu sagen wie es ihm ging und sein Auftritt vom Vortag machte ihr noch immer Sorgen.
    "Hast du dich von deinem kleinen Zusammenbruch gestern eigentlich erholen können? Bitte sei ehrlich wie geht es dir wirklich?"
    Ihr Blick verriet ihm, dass sie nicht wirklich locker lassen würde bis sie die Wahrheit erfahren hatte.

  • Ehrlich gesagt, war Alan ganz froh, dass seine Domina wieder das Wort ergriff und den Mann gegenüber befragte. Alan musste das Gehörte erst einmal langsam begreifen. Eine Rückkehr in sein bisheriges Leben würde es nie wieder geben. Das war etwas, dass er bisher nie groß überlegt hatte. Doch waren die Alternativen so schlecht? Er würde unter anderem weiterhin in der Nähe von Venusia sein können.
    Alan betrachtete einen Punk irgendwo hinter Vala. Das war einiges an Information und sicherlich musste da noch das ein oder andere Wort mit seiner Domina gewechselt werden.


    (ooc: Danke für die Links.)

  • Das Cubiculum, das für die Auctrix der Acta hergerichtet worden war, war im Vergleich zu der Zelle, in der sie zuvor untergebracht worden war, palastgleich eingerichtet: ein weiches Bett stand ebenso zur Verfügung ein bequemer Korbsessel und ein Tisch mitsamt Schreibwerkzeug, sowie eine Anrichte mit Wein und sauberem Wasser, sowie kleineren Annehmlichkeiten. Licht spendete einerseits ein größeres mit Papier bezogenes Fenster sowie mehrere feine Öllampen.

  • Verständig. Verständig. Das Wort echote in ihrem Kopf mit dumpfem Hohn. Sie hatte sich verständig gezeigt. So konnte man es auch nennen. In ihren Augen hatte sie gerade ihre Familie verraten – das einzige, wofür sie in den vergangenen Jahren gelebt hatte. Alles, was sie getan hatte, war für ihre Familie gewesen, dafür, sie zusammenzuhalten und ihren Status zu wahren. Und jetzt... war sie nicht nur gezwungen zuzusehen, wie ein Teil ihrer engsten Familie weggerissen wurde – sie war gezwungen, zur treibenden Kraft dahinter zu werden.
    Mit immer noch versteinerter Miene ließ sie sich zu dem Zimmer in der Castra bringen, wo sie von jetzt an offenbar bleiben würde, und als sie eintrat, mischte sich Erleichterung mit schlechtem Gewissen in ihr. Das hier war nicht nur weit besser als die Zelle, es war sogar besser als die einfache Insula, in der sie die letzten Wochen verbracht hatte. Aber sie wusste auch, womit sie sich das erkauft hatte. Ihr war klar, dass ihr Bruder vermutlich anders dachte, was Magnus' Kinder betraf. Und ihr war auch klar, dass sie keine Wahl gehabt hatte, dass es so oder so so gekommen wäre. Dass die Frage nur gewesen war, ob sie daraus Vorteile schlagen konnte oder nicht, wie der Duccius gesagt hatte... Und dass es unfassbar dämlich gewesen wäre, diese Vorteile auszuschlagen, wenn sie sowieso keine Wahl hatte. Trotzdem fühlte es sich falsch an. Sie hatte in vergangenen Jahren ihre Vorstellungen von Ehre, von Idealen so sehr verbogen, bis sie denen ihrer Jugend nicht mehr vergleichbar waren. Das einzige, was in seiner Wertigkeit für sie gleich geblieben war, wenn überhaupt noch gewonnen hatte, war die Familie gewesen... und für die Familie war es hauptsächlich gewesen, dass sie alles übrige verbogen hatte. Sie hatte sich sogar von Faustus Opportunismus vorwerfen lassen, weil sie dafür plädiert hatte, sich rechtzeitig auf Seiten des Kaisers zu stellen, der gewann. Jetzt auch noch das aufzugeben... diese letzte Bastion in ihr einzureißen, die ihr noch etwas bedeutete, für die sie so viele Opfer gebracht hatte...


    Seiana war zu dem Bett gegangen und hatte sich gesetzt, blieb dann regungslos, die Tür längst geschlossen, und begann schließlich zu weinen, lautlos, nur ihre Schultern zuckten immer heftiger. Die ganzen letzten Wochen hatte sie sich zusammengerissen, sich aufrecht gehalten, um nur ja nicht zusammenzubrechen, weil es einfach nicht möglich gewesen war, nicht mit dem Bürgerkrieg, der Scheidung, der Schwangerschaft. Später dann im Carcer hatte sie sich genauso wenig gehen lassen können, weil alles so... hoffnungslos geschienen hatte, dass sie sich einfach abgekapselt hatte. Jetzt aber, wo sie in diesem Zimmer war mit seinen kleinen Annehmlichkeiten, wo sie zum ersten Mal wieder einen Hoffnungsschimmer sah, wo sie zum ersten Mal spürte, wie die Last der vergangenen Wochen ein wenig von ihr abließ – und wie zugleich ihr schlechtes Gewissen wie ein dumpfer Schmerz an ihr nagte, konnte sie plötzlich nicht mehr. Sie war in letzter Zeit irgendwie ständig an ihre Grenzen gekommen, und jetzt, wo das zumindest für den Moment nicht mehr erforderlich schien... wurde ihr all das zu viel. Wie eine Krankheit, die erst ausbrach, wenn man sich nach einer anstrengenden Arbeit beginnen konnte sich zu entspannen, brach Seiana erst jetzt unter dem Druck zusammen, wo er sich zu heben begann. Ohne es bewusst zu wollen, sank sie zur Seite und zog die Beine an den Körper, und weinte weiter, stumm, aber haltlos. Sie hatte keine Wahl gehabt, das wusste sie. Und es musste jemanden geben, der die Leichen im Keller hatte. In jeder Familie, jeder, die Erfolg haben wollte, musste es so jemanden geben. Seiana war sich nur nicht ganz so sicher, ob sie dauerhaft damit leben konnte, dass sie diejenige für ihre Familie war.

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