Petronia Romana

  • Noch während Romana dem Blondchen nach sah, öffnete sie die Tür des für sie vorbereiteten Cubiculum und trat ein.
    Der Raum war nicht sehr groß und doch wirkte er warm und anheimelnd. Die Wände in typischer Farbgebung verziert, sprachen die Kleine sofort an und ließen sie lächeln. Sie liebte diese Lebendigkeit und fühlte sich sofort heimisch. Der kleine Tisch, die beiden niedlichen Korbsessel, die verzierte, dennoch schnörgellose Truhe vor dem klinieähnlichen Bett, fügten sich zu einem Gesambild. Selbst das Grün des angrenzenden Hortus, der Blick durch das Fenster in die Natur, versetzten sie in Verzücken und sogleich zog sie ihr Zeichenzeug aus ihrem Reisegepäck und begann den Blick festzuhalten, sich dabei auf das Fensterbrett setzend.

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    Nuha


    Auf dem Weg zum Atrium, begegnete Nuha ein junger Sklave, der ihr zu verstehen gab, dass Romana in ihrem Cubiculum weile. Er habe das Reisegepäck bereits nach oben getragen und wollte wissen, ob es noch besondere Wünsche gäbe.
    Nachdem er ihr den Weg beschrieb und sie seine Frage verneint hatte, stand sie nun vor der Tür. Tief durchatment und das Grübeln aus dem Gesicht wischend, fiel ihr Klopfen dann doch zaghafter aus und beim Eintreten schlug ihr Herz ungewohnt schneller. Als sie ihre junge Herrin auf dem Fensterbrett sitzen sah, erschien ein warmes Lächeln. Du hast es dir bereits bequem gemacht. Eine Feststellung, die ihr den Einstieg in das Gespräch erleichtern sollte, während sie ans Fenster trat und hinaussah. Es tut mir leid, dass ich ...

  • Romana unterbrach mit einer unmißverständlichen Handbewegung die Worte von Nuha. Ihr sonst so großen Wasserblauen hatten sich zu Schlitzen verengt und damit musterte sie die Alte mit ernstem Gesicht. Sag mir ganz schnell und ohne Stocken, warum? Ihre Stimme klang mehr enttäuscht als ärgerlich und ihre Bewegungen wirkten plötzlich müde und lustlos. Bin ich es nicht wert? Wollte Crispus mich los werden? Noch zwei Fragen, auf die sie unbedingt eine Antwort wissen wollte. Kam sie sich im Augenblick doch ziemlich einsam und verlassen vor. Selbst ihr eben Gezeichnetes, konnte sie nicht aufheitern und wurde nun achtlos zur Seite geschoben.
    Das Aufstehen fiel ihr sichtlich schwer und die wenigen Schritte bis zum Korbsessel wirkten eher schleppend als jung und zielstrebig. Beim Setzen erklang ein leiser, jedoch deutlicher, unüberhörbarer Seufzer. Warum Nuha, warum?

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    Nuha


    Die müden Augen von Nuha ruhten im ernsten Gesicht von Romana und ein mimisches Zucken war unverkennbar bei deren Seufzer. Es belastete sie, ihren Schützling so zu sehen und ihr mütterlich schlagendes Herz begann mehr und mehr zu schmerzen. Oh nein, oh nein ... Crispus wollte dich nicht los werden. Ganz im Gegenteil ...
    Der Jüngeren die Arme entgegen streckend, ging sie auf die Sitzgruppe zu, blieb dann aber zögernd in einem kleinen Abstand davor stehen. Er will nur dein Bestes und er möchte dich in Sicherheit sehen. Ohne sie zu berühren, ließ Nuha die Arme wieder sinken. Schreib ihn, frag ihn selbst und auch nach der Mitgift ... du wirst sehen, ich habe Recht. Was sollte sie ihr sonst noch sagen? War es überhaupt möglich, ihre Gefühle offen zu legen?

  • Die Geste von Nuha ignorierend, was die ausgestreckten Arme betraf, war sie gedanklich bei Crispus. Natürlich hatte sie nie den Eindruck, er würde sie benachteiligen. Wiederum gab es kaum Kontakt und die Braunhaarige war mehr in ihre eigene Welt zurückgezogen. Er ließ ihr die Freiheiten, ihre Kreativiät auszuleben und war durch die Ältere immer allseits informiert.
    Ihr Blick ging zu der kleinen Truhe, in der die Schriftrollen aufbewahrt wurden. Auf welche Überraschung muss ich mich noch gefasst machen, wenn ich ...? Sie deutete darauf und sah dann die Grauhaarige an. Ich hoffe es sind einige leere dabei und nicht jede mit derartigen Botschaften beschrieben. Mit Schwung zog sie die Schatulle zu sich und entnahm ihr eine der Rollen ohne Versiegelung.
    Ich werde sofort schreiben und du wirst dich so schnell es geht darum kümmern, dass die Nachricht auf den Weg kommt. Fast barsch klangen die Worte aus dem Mund von Romana und auch ihr Gesicht war immer noch ernst und ungewohnt kantig. Nachdenklich sah sie in das Gesicht ihrer Slavin, ohne wirklich die Konturen zu erkennen.
    Nach einem kurzen und sehr tiefen Luftholen und wenige Wimpernschläge später, begann sie Wort an Wort zu reihen ohne weiter Notiz von Nuha zu nehmen.



    Marcus Petronius Crispus
    Provincia Germania Superior
    Mogontiacum
    Domus Petronia


    Salve Marcus Crispus!


    Die Fahrt nach Rom war angenehm, dank deiner Güte und des bequemen Reisewagens. Nach Passieren des Stadttoren, was durch deine Begleitschreiben unkompliziert verlief, führte unser erster Weg in den Tempel der Minerva. Nach ihrer Huldigung und mit einem Versprechen, ihr ein Opfer zu bringen, trafen wir wohlbehalten in der Casa Decima Mercator ein.
    Wie du dich sicherlich erinnern kannst, gabst du Nuha verschiedene Schreiben. Unter anderem auch eines an den Hausherrn, welches er in meinem Beisein las und welches mich gedanklich jetzt noch erschüttert. Wie konntest du mir nur verheimlichen, was du für mich geplant hast? Auch wenn ich verstehe, dass wenig Zeit blieb zur Vorbereitung, fühle ich mich abgeschoben. Im Moment bin ich einfach nur traurig und enttäuscht.
    Auch widerstrebt es mir, dich um eine Mitgift zu bitten. Aber wahrscheinlich hast du bereits damit gerechnet und kennst die Gepflogenheiten, wenn die Gens mütterlicherseits sich um die Verheiratung kümmert. Für mich war es neu und der Gedanke, dass sie mir einen Mann suchen werden, bereitet mir Bauchschmerzen. Ich fühle mich so gar nicht bereit dazu und doch muss ich die Notwendigkeit akzeptieren. Ich hoffe Nuha wird mich vorbereiten und Minerva mir ihre helfende Hand reichen.
    Vielleicht führt dich dein Weg einmal nach Rom und wir sehen uns wieder. Bis dahin hoffe ich, die Götter sind dir gewogen.


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    Nach einer kurzen Pause, las sie noch einmal das Geschriebene und hielt es dann zufrieden und leicht lächelnd der Älteren entgegen. Gib es den Kutscher mit auf den Weg und sag ihm, er soll sich eilen. Auch wenn sie nicht glücklich wirkte, waren die Schatten aus ihrem Gesicht verschwunden. Mit einer leichten Handbewegung deutete sie zur Tür. Ich möchte jetzt allein sein.

  • Heute war ein großer Tag für Romana und das spiegelte sich in ihrem Gesicht wider oder besser auf ihren erdbeerroten Wangen. Serapio lud zum Fest, überall war es zu hören und sie wollte dabei sein. Seit Stunden scheuchte sie Nuha durch die Casa. Erst ließ sie sich ein Bad richten, dann gab es Probleme mit den Haaren und zu guter Letzt gefiel ihr die Tunika nicht.
    Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, war Zufriedenheit in ihren hellblauen Augen zu erkennen. Selbst die Ältere hielt vor Staunen die Luft an, erkannte sie ihren Schützlich doch kaum wieder. Du bist so still, gefällt dir etwas nicht? Die Braunhaarige hielt den Spiegel in der Hand und betrachtete sich. Sind es meine Haare oder ist es die Farbe meines Chiton? Sie konnte nicht wirklich etwas erkennen, was der Grund für die Sprachlosigkeit sein könnte und hob deshalb nur kurz die Schultern. Ihre Locken waren locker mit kupfernen Haarnadeln hochgesteckt und dort nur zu erahnen. Der sandfarbene Leinenstoff harmonisierte perfekt mit ihrer zarten Haut und der Farbe ihrer Augen. An den Füßen trug sie ein paar braune Sandalen, deren Einfachheit durch eine Schnalle, passend zum goldenen Gürtel, hervorgehoben wurde. Genau so abgestimmt waren die Broschen, die von den Schultern ausgehend, in Abständen über die Oberame angebracht, den einzigen Schmuck darstellten. Ich bin zufrieden und du solltest es auch sein. Damit gab sie ihr zu verstehen, dass sie keine Widerworte hören wollte und bereit war zum Gehen. Ich hoffe, die Sänfte steht bereit und wir kommen nicht zu spät. In ihrem knöchellangen Gewand fiel es ihr leicht, schnell zu gehen und so blieb ihrer Begleitung nichts anderes übrig, als wortlos hinterher zu hasten.

  • [Blockierte Grafik: http://img337.imageshack.us/img337/1619/ravdushara.jpg] | Ravdushara


    <<


    Nachdem Ravdushara der neu erstandenen Sklavin die Sklavenunterkunft gezeigt hatte, sie sich waschen geheißen hatte, ihr frische Kleidung verschafft hatte (schlichte helle Tuniken und leichte Sandalen) und sie den anderen Sklaven vorgestellt hatte... also nach der üblichen Einführung für neue Mitglieder der Hausgemeinschaft, brachte er sie direkt zum Zimmer der Petronia Romana.
    Dort klopfte er an der Türe, setzte dabei das freundlich-respektvoll-beflissene Lächeln auf, welches er für die Herrschaften reserviert hatte.
    Sobald er der Petronia gegenüberstand neigt er leicht den Kopf und sprach:
    "Salve verehrte Domina Petronia Romana, mein Herr Decimus Serapio sendet dir dieses kleine Präsent..." Er trat zur Seite, um den Blick auf die neue Sklavin freizumachen. ...und lässt dir ausrichten, dass er es bedauert, auf dem Fest der Fortuna nur so wenig Zeit für gemeinsame Zerstreung gefunden zu haben. "Dahmat" ist ihr Name, sie stammt aus Syrien, ist eine erfahrene Haussklavin, und..." Mehr wußte er nicht über sie, seine Aufgabe war es ja auch nur ein hübsches Geschenk zu kaufen und zu überbringen."... sie gehört dir, Domina." Darauf verabschiedete er sich höflich, sein Auftrag war erledigt und sein Herr würde hoffentlich zufrieden sein.




    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

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    Nuha


    Nun ist es also so weit. Nuha zog eine eisige Gänsehaut über den Rücken, als sie die Worte von Ravdushara vernahm.
    Romana saß auf der Fensterbank als es sie die Tür öffnete und hob jetzt den Kopf und sah zu ihnen herüber. Diese junge Frau sollte also die Ablösung sein, die sie herbei gefürchtet hatte und die sich nun bewahrheitete. Dazu auch noch ein Geschenk des Präfekten und nicht ablehnbar. Salve Dahmat! Der Gruß ward freundlich ausgesprochen, auch wenn es der Grauhaarigen traurig zu Mute war. Es war das Los der Alten und sie musste sich in die Rolle fügen, würde sich zurück ziehen und wie ein ausgedientes Pferd, auf ihr Gnadenbrot hoffen. Das ist eurer neue Herrin, Petronia Romana, die Tochter der verstorbenen Decima Atilicina und des Faustus Petronius Romanus. Auf die Braunhaarige deutend, trat sie einen Schritt zur Seite, um den Blick frei zu geben.

  • Dahmat hatte alles über sich ergehen lassen, beinahe ohne ein Wort zu verlieren. Im Moment konnte sie sich ihr übliches Verhalten einfach nicht erlauben, das wusste sie. Sie würde erst einmal beobachten und vorsichtig austesten, wie weit sie gehen konnte, wieviel ihre neue Herrin bereit war hinzunehmen.


    Sie warf noch einen letzten Blick auf Ravdushara, ehe sie sich der älteren Frau zuwandte. Freundlichkeit spiegelte ihr Gesicht nun nicht wieder. Sie war zwar ruhig, aber zufrieden war sie mit ihrem Los nicht, und das konnte man ihr vermutlich auch ansehen. Nichtsdestotrotz nickte sie der anderen Frau zu. Salve.


    Und dann konnte sie die Frau sehen, in deren Besitz sie übergegangen war und hoffte, dass es mit ihr nicht allzu schlimm werden würde.

  • Unschlüssig und verwirrt von den Worten des Leibsklaven Serapios, glitt Romana vom Fensterbrett und trat neben Nuha. Zuerst einmal musterte sie wortlos die Frau, die wenig älter schien als sie und von herber Schönheit war. Die Züge um ihren Mundwinkeln wirkten trotzig und ihre Mimik nicht sonderlich erfreut. Salve Dahmat! Auch die Braunhaarige grüßte in gewohnter Freundlichkeit und lächelte dabei verhalten und dennoch so offen, wie es ihr gerade möglich war.
    Ein Geschenk in dieser Form und mit dieser Verantwortung ... die Gedanken sorgten für Verwirrung und Sprachlosigkeit. Wahrscheinlich wirkte sie auch genau so und in ihren Hellblauen war die Unentschlossenheit deutlich zu sehen, als sie der Grauhaarigen mit der Hand über die Schulter strich. Von der Alten zur Jüngeren blickend, bildete sich eine leichte Falte über der Nasenwurzel. Nuha wird dich in deine Aufgaben einweisen und dir helfen, dich einzuleben. Und nur an Dahmat gewandt. Es gibt in nächster Zeit viel zu tun und du kannst mir dabei behilflich sein. Mehr war vorerst nicht zu sagen und so trat auch Romana wieder weiter in den Raum zurück und überließ die Beiden ihrem Schicksal. Ihren Gesichtszügen war dabei anzusehen, dass sie ins Grübeln verfiel und nicht weiter bereit war, sich um ihr unverhofftes Geschenk zu kümmern. Sie musste sich etwas ausdenken, wie sie sich bedanken könnte und damit war sie intensiv beschäftigt, wollte nicht mehr gestört werden.

  • Obwohl die Braunhaarige nicht gestört werden wollte, blieb es nicht dabei. Kaum saß sie wieder auf der Fensterbank mit Blick in den Hortus, hörte sie die beiden Frauen an der Tür flüstern und wenig später hielt ihr unvermittelt die Grauhaarige eine Tabula entgegen, begleitet von den leisen Worten, sie sei von Crispus.
    Zuerst verstand sie nicht, griff aber danach. Erst Wimpernschläge später, als die Ältere sich wieder entfernte, warf sie einen Blick darauf und las zuerst gedankenverloren und dann mit sichtlichem Interesse ... Ich bin ehrlich gesagt ziemlich überrascht über das, was du mir schreibst. Ich hatte einen Brief von deinem Vater, in dem stand, dass ich einen Mann in Rom für dich suchen soll. Du hattest ja immer gesagt, dass du dahin willst, also hatte ich angenommen, dass du von den Plänen deines Vaters weißt. Für eine gehorsame Tochter dürfte es ja sowieso kein Problem sein, den Entscheidungen seines Vaters zu vertrauen. ...
    '… seines Vaters zu vertrauen … was schrieb er da?' ... Und natürlich werde ich auch für eine Mitgift sorgen, wenn es soweit ist. Allerdings wird es schwierig werden, sie während dem Krieg zu verschicken. So lange müsste das ganze also noch warten. Ich würde 500 HS vorschlagen, aber gib Bescheid, wenn du mehr brauchst. Ich möchte nicht, dass du den Decimern auf der Tasche sitzen musst. ... Ein für sie unbeherrschtes Lachen erklang und überzog ihre Wangen mit Zornesröte. Gut erzogen, verbarg sie die Beschimpfungen hinter ihren Lippen und schob zum Protest nur ihre Unterlippe vor, um darauf herum zu kauen. Als Rest blieb das böse Funkeln in ihren Hellblauen, als sie weiter las und sich dabei an das Begrüßungsgespräch mit Serapio erinnerte.
    Erst beim Lesen der zuletzt, angefügten Worten wirkte ihre Mimik versöhnlicher und es erschien ein sachtes Lächeln nach Rückzug ihrer Unterlippe. Der Tabula in der Hand haltend, erhob sie sich. Ungeachtet der offenen Tür und den beiden Sklavinnen, schritt sie im Zimmer auf und ab am Überlegen, wie sie nun darauf reagieren sollte.

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    Nuha


    Als die Grauhaarige mitbekam, was hinter ihrem Rücken vor sich ging und Romana im Zimmer auf und ab lief, zog sie spontan die Tür ins Schloß.
    Zu der neuen jüngeren Sklavin aufsehend, die sie fast um einen Kopf überragte, verzog sie das Gesicht entschuldigend. Ich kann dir auf dem Weg durch die Casa deine Aufgaben erklären und dir zeigen, worauf deine Domina großen Wert legt. Wir beginnen am besten in den Unterkünften, oder du sagst mir, was du zuerst zu sehen gedenkst.

  • Die Braunhaarige saß wieder auf ihrem Lieblingsplatz und sah hinaus in den Hortus. Nachdem sie zurück war vom ersten Besuch in der Goldschmiede, gab sie Nuha den Rest des Tages frei. Warum sie Dahmat so selten zu Gesicht bekam, darüber dachte sie kaum nach. Die Grauhaarige war an ihrer Seite und noch lief das Geschäft nicht zu ihrer Zufriedenheit und sie hielt keinen Vertrag in den Händen. So schnell als möglich wollte ihn Classicus duplizieren lassen und in die Casa schicken und bis dahin, musste sich Romana einfach gedulden.
    Überhaupt lief es nicht ganz nach ihren Vorstellungen und das spiegelte sich im Moment in ihrem Gesicht wieder. Die Mundwinkel hingen und die Hellblauen leuchteten nicht wie sonst beim Blick ins Grüne. Neben ihr lag die Tabula von Crispus und wartete seit Tagen auf Beantwortung. Sobald sie begann darüber nachzudenken, verfinsterten sich ihre Augen und das Gefühl von Ärger breitete sich im Bauch aus. Obwohl sie ihrem Vater eine gehorsame Tochter sein wollte, rebellierte ihr Inneres und ihr Herz schlug mit beängstigenden Aussetzern.
    Es hielt sie nicht auf dem Fensterbrett und sie begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Selbst der Gedanke an Masse konnte sie nicht aufheitern. Er war abgereist und der versprochene Brief hatte den Weg bisher nicht nach Rom gefunden. Jeden Morgen zur Zeit des Prandium lief sie am Tablinium vorbei und sah hinein. Seit dem Tag mit ihm, war sie nicht wieder zum Zeichnen dort gewesen. Sein fluchtartiges Verlassen und wenig später ihres, bereiteten weiterhin Kopfzerbrechen. So oft die Möglichkeit bestand, hielt sie Zwiesprache mit ihrer Mutter im Ara oder zündete ein Räucherwerk zur Huldigung von Minerva, um ihr gegebenes Versprechen einzulösen.

  • Für heute stand die Beantwortung der Tabula von Crispus an. Jeden Tag war Romana mit dem Vorsatz erwacht und beim Zubettgehen zur Erkenntnis gekommen, dass sie es vor sich hin schob. Auf dem kleinen Tisch lagen mehrere Schriftrollen und eine bereit zum beschreiben vor ihr. In eine bequeme kurze Tunika gehüllt und barfuß, wippte eines ihrer langen Beine über das andere geschlagen unkontrolliert vor sich hin. Die braunen Locken wurden mit einem schlichten Haarreif am Hinterkopf gehalten, um ihr beim Schreiben nicht in Gesicht zu fallen. Noch einmal trank sie nachdenklich von einem Becher mit Wasser, bevor sie begann Wort an Wort zu reihen.



    Marcus Petronius Crispus
    Provincia Germania Superior
    Mogontiacum
    Domus Petronia


    Salve Marcus Crispus!


    Einige Zeit ist vergangen und ich habe mich in Rom eingelebt. Was mich hier trotzdem weiter beschäftigt, ist die Tatsache, dass mein Vater es so gewollt hat. Weshalb hat er nie etwas davon gesagt, wenn ich ihn gedrängt habe? Er war immer der Meinung, ich bin bei dir gut aufgehoben und ich hatte mich damit abgefunden.
    Natürlich ist es einfach jetzt zu sagen, ich werde eine gute Tochter sein. Und nachdem ich hier eine Goldschmiede gefunden habe, wo ich meine Entwürfe arbeiten lassen kann, ist es die richtige Entscheidung. Allerdings bleibt die Tatsache, dass ich zum Verheiraten hier bin.
    Vater und du, ihr habt die Entscheidung aus der Hand gegeben und müsst die Konsequenzen tragen, wenn ich unglücklich bin. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Serapio als Präfekt einwilligt, dass ich einen Mann versprochen werde, den ich liebe. Wie ich inzwischen mitbekommen habe, ist es ein Geschäft und ich bin die Ware.
    Natürlich will ich mich nicht beklagen und kann es auch nicht. Sie behandeln mich wie ein Familienmitglied und überaus zuvorkommend. Vom Praefectus Praetorio bekam ich eine Sklavin als Geschenk und werde mit vielen Annehmlichkeiten versorgt und vom Centurio der Classis Misenensis wurde ich für den Herbst nach Misenum eingeladen.
    Wie du siehst, werde ich von ihnen umsorgt und du kannst ruhig schlafen. Bis die Mitgift hier bei mir ist, werde ich versorgt sein und mit den 500 HS kann ich mich durchaus anfreunden. Wobei ich mir vorstellen kann, dass Vater mehr locker gemacht hat und du es mir nur in Dosen schicken möchtest, damit ich es nicht in Gewänder investiere.
    Solltest du Vater treffen, wo immer es auch ist, darfst du ihn als Versöhnungsangebot auf die Wange küssen.


    Ich hoffe, du bekommst meine Nachricht und kannst das Geld auf den Weg schicken.
    Die Grüße an die Decimer werde ich weiterleiten.


    Minerva sei dir gewogen

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    Als Nuha durch die Tür trat, sah Romana mit Zufriedenheit im Blick in ihre Richtung. Obwohl sie nicht lächelte, leuchteten ihre hellblauen Augen. Der letzte Gram war mit dem Brief von der Seele geschrieben und inzwischen verliefen ihre Gespräche fast im gewohnten herzlichen Ton. Wenn du einen Boten gefunden hast, gibt ihm ausreichend Wegegeld. Hoffentlich kommt die Nachricht bei Crispus an und er hält sich nicht bei den Barbaren auf. Ohne sich zu erheben, hielt sie der Alten die Schriftrolle entgegen und nahm anschließend einen weiteren Schluck aus ihrem Becher.

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    Nuha


    Als Nuha zurück kam und das Zimmer ihrer jungen Herrin betrat, lag diese in ihrer kurzen Tunika ausgestreckt aus ihrem Bett. Am ruhigen Heben und Senken des Brustkorbes war zu erahnen, dass sie eingeschlafen war. Zögerlich trat die Grauhaarige näher und berührte sie an der Hand. Erst wollte sie das Paket und die Tabula einfach auf den Tisch legen und wieder gehen. Nur durch die Gewissheit, wo die Nachricht her kam, hielt sie es für notwendig, sie zu wecken.



    Ein tiefer Atemzug, gefolgt von einem hörbaren Ausatmen und Romana öffnete die Augen. Einen Augenblick sah sie Nuha verwirrt an und verscheuchte dann die Traumreste mit einer Handbewegung. Ich muss eingeschlafen sein. Die hörbare Entschuldigung mündete in einen neugierigen Blick und ein Deuten auf das Gehaltene. Was bringst du da? Ohne die Antwort abzuwarten, richtete sie sich auf und nahm es der Alten ab, um einen Blick auf die Tabula zu werfen.
    Jauchzen, Hüpfen, Lachen … so viele Regungen zur gleichen Zeit, dass die Grauhaarige zurück stob und sich an die Wand neben das Bett pressen musste. Keine Ermahnung wäre bis zur Braunhaarigen durchgedrungen und so beließ sie es bei einem strafenden Blick und schob später ein mütterliches Lächeln nach, kein Wort fallen lassend.
    Ohne ihr weiter Beachtung zu schenken, riss Romana das Geschenk auf und betrachtete den Stoff wie ein noch nie gesehenes Schmuckstück. Erst viel später und aus der Erstarrung sich lösend, kehrte sie zum Bett zurück und bemerkte erst dort, dass sie wieder allein war. Weder der Weggang von Nuha, noch das Schließen der Tür waren bis zu ihr durchgedrungen und auch jetzt, war sie unfähig Geräusche wahr zu nehmen, so laut war das Rauschen das Glückes in ihren Ohren.

  • Mit träumerischen Blick sah Romana hinaus in den Hortus. In ihren Augen spiegelte sich die Farbe des neben ihr liegenden Baumwollstoffes, auf dem die Sonne funkelnde Kreise zeichnete. Mit beiden Händen hielt sie eine Papyrusrolle und dachte über die Worte von Massa nach. Allein die Anrede versetzte ihr Herz in Unruhe. So lange sie denken konnte, schrieb ihr kein Mann einen solchen Brief und sprach sie gar mit 'liebe Romana' an. Bisher war sie meinst die Schenkende und nicht die Beschenkte. Mit seinem Geschenk traf er nicht nur ihren Geschmack sondern zu tiefst ihr Wesen und versetzte es in Unruhe, sobald sie mit den Fingern darüber fuhr und sich einen Peplos daraus vorstellte. Sie sah sich darin und sah seine braunen Augen, verlor sich darin und begann zu zeichnen. Nicht die ersten Worte fanden den Weg auf das Blatt, sondern das Abbild des Mannes, der diesen Brief bekommen sollte. Erst als das Gesehene abgebildet war, begann die Braunhaarige zu schreiben und es formte sich Zeile um Zeile vor ihren leuchtenden Hellblauen, geschrieben mit zitternder Hand.



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    Lieber Appius,


    wo anfangen und wo aufhören? Vielleicht zuerst bei einem Danke oder lieber beim Beantworten deiner Fragen. Oder gleich selbst eine Frage stellen? Ich bin verwirrt und schreibe dir in einem Zustand von Traum und Wirklichkeit.
    Mein Lieblingsplatz ist heute die Fensterbank und der Blick geht hinaus in den Hortus. Nicht wie sonst zeichne ich im Tablinum, sondern in meinem Zimmer ohne die Störung anderer Bewohner. Es ist keine sehr schöne Abbildung eines wundervollen Menschen, aber es ist was ich sehe und wie ich dich sehe.
    Meine Entwürfe werden in die Wirklichkeit umgesetzt und mein Traum beginnt sich zu erfüllen. Den Vertrag habe ich unterschrieben und bei meinem Besuch in Misenum werde ich nicht nur dein Geschenk tragen, sondern es auch mit neuen Schmuckstücken schmücken können. Erste Zeichen des Herbstes sehe ich bereits und bald wird die Zeit heran sein und ich mich auf die Reise begeben. Wahrscheinlich ist es ein ungewöhnlicher Dank für ein so besonderes Geschenk, aber welche Worte könnten ausreichen, um meine Gefühle auszudrücken, wenn ich darüber streiche und die Freude mich lächeln lässt.
    Erinnerst du dich an das gegebene Versprechen? Fast täglich lenkt Minerva meine Schritte in den Ara und ich halte Zwiesprache mit meiner Mama. Ich habe ihr von dir erzählt und von dem Besuch, auf den ich mir so sehr freue. Bevor ich reise, werde ich noch in den Tempel gehen und zur Huldigung ein unblutiges Opfer bringen. Bis dahin weiter darum bitten, dass du dein Glück findest und nicht abgewiesen wirst.


    Hoffentlich wird der Bote den Weg zu dir finden, wenn du dich in Ostia aufhältst.
    Minerva wird auch seine und deine Schritte lenken


    Vale Romana



    Nur mühsam gelang ihr das Aufrollen und erst als sein Name in deutlichen Lettern darauf zu lesen war, gab sie sich zufrieden und atmete aus. Schnell erhob sie sich vom schönsten Platz in ihrem Zimmer und tapste barfuß zur Tür.

  • [Blockierte Grafik: http://s14.directupload.net/images/120608/9xui6xss.jpg]
    Nuha


    Zu den Aufgaben von Nuha gehörte es, ihrer jungen Herrin mehrfach am Tag über Neuigkeiten zu berichten und Nachrichten zu überbringen. Zurzeit trafen fast stündlich Botschaften in der Casa ein, die teils zu Aufregungen unter den Sklaven führten und auch die Grauhaarige beunruhigten. Jetzt jedoch trug sie eine Nachricht zum Cubiculum von Romana, welche aus Ostia kam und der selbst sie mit Vorfreude entgegen sah. Auch wenn der erwartete Vertrag aus der Goldschmiede wieder nicht eingetroffen war, würde diese Nachricht hoffentlich über die Unruhe der letzten Tage hinweg helfen.
    Nach einen kurzen Klopfen trat sie ein und blieb an der Tür stehen. Die Braunhaarige saß am Tisch und war in ihre Entwürfe vertieft. Seit dem Präsent des Centurio zeichnete sie und entwarf ein Schmuckstück nach dem anderen, was sie wieder verwarf und von neuem begann. Als sie die Alte bemerkte sah sie in ihre Richtung und kräuselte die Stirn.

  • Auf den Zartroten von Romana formten sich die Worte parallel zu ihrem fragenden Blick. Blieben in gleichen Augenblick jedoch unausgesprochen, als sie das Kopfschütteln von Nuhe sah, die ihr eine Papyrusrolle entgegen hielt. Ein kurzer Blick darauf genügte um zu wissen, wer der Absender war und das Leuchten in ihren Augen, war das Zeichen für die Grauhaarige, sich zu entfernen.
    So leise, wie sie eingetreten war, entfernte sie sich wieder und überließ ihre junge Herrin ganz sich selbst. Die jedoch, war ganz und gar nicht mehr sie selbst, sondern ein aufgeregtes junges Ding, was durch ihr Zimmer sprang, wie auf einer Blumenwiese im Frühling. Dabei zerrte sie an der Nachricht und versuchte sie zu lesen. Seit dem Erkennen der Handschrift tanzte das Gesicht von Massa vor ihren Augen und in ihrem Bauch flatterte es aufgeregt.
    Nachdem es ihr gelang, die Rolle zu entwirren und aus ihren Fingern das Zittern wich, überschlug sich ihre Stimme beim leisen Lesen. Ihr hüpfendes Herz schlug gegen das Brustbein und durch die Unregelmäßigkeit des Atmens hörte es sich fast bedrohlich an, wären da nicht die strahlenden Hellblauen und das Erdbeerrot auf ihren Wangen gewesen.
    Zuerst überflog sie die Zeilen, ohne sie gedanklich wirklich zu erfassen. Nach Aufsuchen ihres Lieblingsplatzes auf der Fensterbank, begann sie erneut und während sie las, tanzten die Buchstaben vor ihren Augen und irgendwann, begleitet von einem tiefen Seufzer, schloss sie beide.

  • Als die Braunhaarige die Augen aufschlug, war das Blatt zu Boden gesegelt. Ihre Hellblauen leuchteten und in ihnen lag ein Hauch von Verträumtheit. Beim Blick in den Hortus, hafteten für wenige Wimpernschläge ihre Augen auf dem kleinen Brunnen und sie erinnerte sich an das sanfte Kneifen von Masse. Noch jetzt spürte sie in Erinnerung an ihn, den leichten Schmerz und ein Lächeln formte sich auf ihrem zartroten Lippenpaar. Die vielen Worte die er ihr schrieb tanzten durch ihre Gedanken und das Klopfen im Herzen verdrängte das Bild sehr schnell wieder. Bald würde sie ihn wiedersehen, bald zu ihm reisen und bis dahin mussten die neuen Schmuckstücke fertig sein. Bis dahin galt es Vieles zu organisieren und ein Gespräch mit Serapio zu suchen. Seit Tagen traf sie kaum auf Mitglieder der Gens. Auch ihn sah sie das letzte Mal auf dem Fest zu Ehren Fortunas, wo ausgerechnet sie den Hauptpreis gewann. Nun stand die Statue gut sichtbar neben einem Busch duftender Rosen und wachte über ihr Glück.
    'Genug mit Träumen!' Die Stimme, die sich zwischen ihre Gedanken drängte, war nicht zu überhören. Mit Bestimmtheit forderte sie Romana auf, ließ wenig Raum für Widerspruch. Es waren die Worte ihres Vaters, wenn er sie aus ihren Tagträumen riss und zum Lernen antrieb. In letzter Zeit musste sie des Öfteren an ihn denken und daran, dass er dafür gesorgt hatte, dass sie nun hier saß.
    Gehorsam wie eine liebende Tochter rutschte sie vom Fensterbrett und hob den Brief des Centurio vom Boden auf. Zu aller erst wollte sie ihn antworten, dann an ihren Entwürfen weiter arbeiten und ganz zuletzt einen Termin beim Präfekten erbitten. Allein der Gedanke trieb ihr die Röte ins Gesicht. 'Was, wenn er sie nicht reisen ließ, was wenn es …?' Unwirsch schob sie mit einer Handbewegung die aufkommenden Fragen aus ihrem Köpfchen und ließ sich am kleinen Tisch nieder. Konzentriere dich auf das Beantworten! Jetzt war es ihre Stimme, die sie aufforderte und die duldete keinen Aufschub.

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