Die Jagd auf Ulpianus Venox [Teil II - In geheimer Mission]

  • Einen halben Tag hatten sie trotz der recht fähigen Pferde von Rom hierher gebraucht, länger als Seneca gedacht hatte, und nun ging die Sonne schon fast unter und dem Optio dämmerte, dass heute wohl kein einziges Schiff mehr den Hafen verlassen würde, geschweige denn die Fahrt über das offene Meer nach Sardinia antreten würde. Das war einerseits natürlich sehr schlecht, schließlich bedeutete das, dass sie später ankommen würden, und das war bei Missionen die einen schnellen Zugriff erforderten nie wirklich gut, andererseits, und das beruhigte Senecas Gewissen, würde auch kein anderes Schiff die Informationen nach Sardinia bringen, sofern die Gattin des Verräters überhaupt in der Lage war die Neuigkeiten über den nächtlichen Besuch der Garde schneller als die Soldaten selbst auf die Insel zu befördern, was der Iunier dann letztlich doch bezweifelte.
    Es wurde Zeit sich eine bleibe zu suchen, und im Hafen Ostias, eigentlich ja eher ein modriger Schmelztiegel des versoffenen Seefahrertums gepaart mit den Huren und den Kleinkriminellen, fand sich dann doch noch eine ganz ansehnliche Pension, nicht pompöses, aber ein sauberer Raum, bequeme Betten und sogar eine Möglichkeit sich ein wenig zu waschen. Und so wurde die Reisekasse früher als erwartet angebrochen, und die Männer, getarnt als normale Bürger bezogen ihr Quartier, packten ihre Sachen weg und traten in der an der Insula angeschlossenen Taverna noch einmal zusammen...


    Seneca blickte sich um, die meisten Gäste waren eh schon so angetrunken oder mit der doch für dieses Viertel überraschend hübschen Bedienung beschäftigt, dass er wohl auch in seiner schwarzen Rüstung auf dem Tisch hätte tanzen können und dabei sämtliche Pläne in einem Lied hätte singen können und keiner hätte es mitbekommen geschweige denn sich am nächsten Tag dran erinnern können, aber trotzdem war Vorsicht immer noch besser als Nachsicht, weswegen die Männer doch noch ein wenig zusammenrückten..
    "Quintus, hast du dich umgehört was die Überfahrt angeht?", fragte Seneca leise und blickte schräg über den Tisch zu dem Miles, welcher unauffällig an einem Gewürzwein nippte, "Im Hafen liegen drei Schiffe welche morgen früh nach Sardinia auslaufen werden, zwei davon nach Caralis, eins nach Olbia. Ich denke wenn wir früh auf den Beinen sind können wir einen der Kapitäne, überzeugen, uns mitzunehmen.", Seneca nickte nachdenklich und blickte auf die Kerze in der Mitte des Tisches, zwei Schiffe, immerhin, vielleicht sollten sie sich aufteilen? Oder doch nicht? Die Überfahrt nach Sardinia dauerte immerhin drei Tage, vielleicht war es da besser zusammen zu bleiben, andererseits waren Zwölf Personen einer Gruppe schon recht auffällig.. Er hatte den Entschluss gefasst, "Wir teilen uns auf, sechs Männer pro Schiff, wir splitten die Reisekasse, die Gruppe die zuerst da ist wird sich um alles organisatorische kümmern, Pferde, Unterkunft und so weiter, Gaius, du leitest die andere Gruppe, wir schauen morgen früh wie wir uns aufteilen.", der Mann nickte, nicht ganz ohne Stolz schließlich bestätigte Seneca ihn ja doch irgendwie in seiner Arbeit, dann wandte er sich wieder an die gesamte Runde, "Ihr habt den Rest des Abends frei, benehmt euch, eure Getränke müsst ihr von eurem Sold bezahlen, je nachdem wieviel Geld wir brauchen gebe ich euch etwas zurück. Morgen früh, vor dem Sonnenaufgang treffen wir uns draußen, gute Nacht Männer.", Seneca erhob sich, schmiss einige Münzen auf den Tisch und nickte der Bedienung zu, er würde heute nicht Nacht nicht allzu viel schlafen, das brauchte er auch gar nicht, denn wenn man drei Tage auf einem Schiff verbringen musste, hatte man sowieso nicht viele Möglichkeiten seine Zeit totzuschlagen außer eben mit Schlaf.
    Ein kurzes Lächeln musste er sich dann doch verkneifen als er an den Männern vorbeiging, die Macht der Gewohnheit schlug zu, und die Miles wollten sich zum militärischen Gruß erheben, bevor sie dann doch noch bemerkten welche Rolle sie spielten, und stattdessen aus der Handbewegung des Grußes doch noch eine Bestellung von Wein machten..

  • Der Iunier liebte den Strand, auch im dunkeln, das Meer hatte einfach eine unendlich beruhigende Wirkung auf ihn, schon seit er sich erinnern kann, damals in Tarraco saß er manchmal stundenlang im Sand, lauschte der Brandung, und träumte von den Dingen die kommen würden. Dass er einmal ein Prätorianer sein würde, noch dazu Offizier, in seinen kühnsten Tagträumereien hätte er daran nicht geglaubt. Und so saß er wieder am Strand, Jahre später, ganz allein, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen wie man sich einen Meuchelmörder vorstellt und blickte gedankenverloren auf die See hinaus.
    Er vermisste sie, seine Seiana, er wollte ihr Schreiben, ihre Stimme hören, ihre Lippen spüren und doch wusste er dass sie mindestens so weit voneinander entfernt waren wie seine Heimat Tarraco, und sie Welten trennten, und Hindernisse, unüberwindbarer als das mächtige Meer welches sich vor ihm erstreckte. Wehmut kam auf, Wehmut darüber dass er wusste dass es keine Zukunft für sie geben würde, und darüber dass seine Cousine ihn nicht unterstütze, ihn nicht unterstützen konnte, er verstand sie, aber er wollte sie nicht verstehen. Tage vergingen, Wochen vergingen, und er hatte nichts von ihr gehört, und trotzdem kam er nicht über sie hinweg, ein quälender Schmerz machte sich im Brustkorb des Prätorianers breit, im Hier und Jetzt war er nicht der starke Soldat, er war verletzlich und schwach, auch wenn man es ihm unter seiner Kapuze nicht ansah, seine Mundwinkel sprachen eine deutliche Sprache.
    Aber es war niemand hier, nur die Möwen und die Wellen, und denen schien das alles egal zu sein, ob Seneca nun litt oder nicht und sein Herz weiterhin versuchte ihrem Takt zu folgen, die Wellen brandeten weiterhin unbehelligt am Sand der Küste und zogen sich schäumend wieder aufs Meer zurück, sowie sie es seit jeher taten, egal was passierte...
    Der Iunier beschloss es gut sein zu lassen, es nutzte nichts sich zu viele Gedanken zu machen, und was brachte es schon? Er würde auf dem Schiff noch genug grübeln können, allein die Vorstellung daran war ihm zuwider aber es half ja alles nichts.
    Er erhob sich, ließ seine Füße vom kühlen, salzigen Wasser umgarnen und blickte in die Sterne, auch sie konnte sie sehen, immerhin etwas was sie verband, nun wurde es aber Zeit fürs Bett, schnellen Schrittes huschte der Prätorianer durch die Gassen, in die Insula, wo er nach kurzer Zeit die Augen schloss..

  • ...Der Iunier erwachte wie vom Getöse der Fanfaren geweckt aus einem tiefen Schlaf, es war noch dunkel, und doch konnte man am quirligen Treiben der Vögel hören, dass es bereits in den früh am Morgen sein musste. Der Iunier erhob sich, streckte sich, tat ein wenig was für die Hygiene, er spülte sich den Mund gründlich mit einer speziell angemischten Spülung aus, und wusch sich gründlichst, auf das rasieren verzichtete er, er hatte keine Zeit, und der drei Tage Bart hatte was verwegenes, etwas, was in Rom gar nicht gut ankam. Dann schmiss er sich wieder in seine zwielichtige Kluft, seine dunkle Tunika und seinen Umhang mit der langen Kapuze, welche sich tief ins Gesicht ziehen ließ, und überhaupt war der Umhang lang und locker genug um dort problemlos sein Gladius und seinen Pugio zu verbergen, denn man wusste ja nie.
    Seine Reiseversorgung in ein kleines Bündel verpackt verließ er das Gästehaus, auf der Straße standen bereits die Männer der Garde, von denen einige recht gezeichnet von der kurzen Nacht waren, aber sie hatten ja genug Zeit um auf dem Schiff ein wenig Entspannung zu finden. Ein kurz Nicken quittierte die Anwesenheit eines jeden und dann wurde auch schon der Hafen angepeilt, noch war es ruhig, aber die ersten Schiffe, darunter auch die nach Sardinia, machten sich schon zum auslaufen bereit, jetzt galt es die Chance beim Schopf zu packen. Seneca näherte sich einem der Kapitäne, und erhob leise seine Stimme..


    "Ein gutes Schiff hast du da Seemann, wohin führt dich die Reise?", fragte der Iunier , welcher seine Müdigkeit gut zu verbergen wusste..


    "Es geht nach Caralis, Waren vom Festland erzielen dort einen guten Preis.", entgegnete der Kapitän welcher offensichtlich kein Römer war, eher aus dem Süden, aber Seneca sollte es recht sein..
    "Wie es der Zufall will verschlägt es mich und einige meiner Gefährten ebenfalls nach Sardinia, hättest du noch Platz auf deinem Schiff? Gegen einen kleinen Obolus, und mit eigener Versorgung versteht sich.", fragte Seneca und hielt dem Mann ein kleines Säckchen voller klimpernder Münzen hin, welches der Kapitän stillschweigend annahm, "Willkommen an Bord, wie ist dein Name Fremder?", wollte der Kapitän wissen, und Seneca hoffte dass er nicht allzu neugierig sein würde, denn schließlich würde er nun 3 Tage auf einer kleinen Nussschale mit dem Mann verbringen, und da wollte er sich keine komplette Lebensgeschichte ausdenken, "Nenn mich einfach Quintus. Hab Dank für dein Entgegenkommen.", entgegnete Seneca knapp und ging am etwas verdutzen Kapitän vorbei, gefolgt von ein paar anderen Männern. Das Schiff war nicht groß, eine einfach Corbita eben, aber das Unterdeck bot ausreichend Schutz vor der Witterung und aufgrund der wenigen Besatzung auch einigermaßen viel Platz, was die Überfahrt nicht allzu unangenehm gestalten sollte.
    Die andere Gruppe der Prätorianer, ging an Bord eines anderen Schiffes, es sah ein wenig schneller aus, aber Seneca war es egal wer zuerst ankommen würde, letztlich würde der Unterschied ja nicht allzu bedeutend sein.


    Es dämmerte, es wurde heller und der Hafen geschäftiger, die letzten Amphoren wurden im Bauch des Schiffes verstaut, und dann wurden auch schon alle Leinen losgemacht, unter einem kräftigen Schaukeln, was dem ein oder anderen nautisch unerfahrenen Prätorianer die grüne Farbe ins Gesicht trieb, verließen die Schiffe den Hafen, die kleinen flackernden Lichter Ostias wurden immer schwerer auszumachen, ein frischer Wind fegte über das noch ruhige Meer und trug die Gardisten in Richtung Sardinia, und der Optio stand an Deck hoffte das alles glatt laufen würde..

  • Den Göttern sei Dank! Sie hatten wieder festen Boden unter sich und konnten wieder mehr als 10 Schritte in jede Richtung gehen. Seneca war froh endlich von Bord gehen zu können, vergaß aber keinesfalls seine dienstlichen Pflichten. Ein Wagen war für die Prätorianer schnell organisiert, und sowohl Ulpianus Venox, welcher sichtlich erschöpft von der Reise war, als auch Valentina, die Tochter des skythischen Legaten wurden mit einigen Soldaten auf den Wagen gesetzt, während sich der Rest der Soldaten, inklusive ihres Optios, Seneca, auf die Pferde verteilte, und dem Wagen voraus, als auch hinterher ritten.
    Sie verließen Ostia so schnell wie sie gekommen waren, denn es war noch früh, und wenn sie sich beeilten konnten sie schon am Nachmittag in Rom eintreffen, weswegen Seneca die Truppe ein wenig antrieb. Während des Rittes wurde kaum ein Wort gesprochen, denn nach 3 Tagen, eng beisammen auf einem Schiff, hatte man sich erstmal nicht mehr viel zu sagen, und jeder würde wohl froh sein endlich ein wenig Zeit für sich zu haben wenn sie denn wieder in Rom waren.
    Die Stunden vergingen und die Pferde wurden nicht müde, und nach einer Weile war das Zentrum des Reiches zu sehen, immer näher kamen sie ihrem Ziel, die Truppe hätte ihre Mission erfolgreich beendet, Valentina, die entführte Tocher eines abtrünnigen Legaten würde ihrem neuen Leben, wohl in einem goldenen Käfig, begegnen, und Ulpianus Venox, der Kaisermörder, nun, er würde wohl dem Tod ins Auge blicken..

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