• Lepidus betrat das Atrium, den einzigen Ort, an den man ihn verweilen ließ. Was für eine Demütigung sich nicht frei im eigenen Haus bewegen zu können... Er kam sich vor wie ein Gefangener in eigenen Wänden; um ihn herum Stadtwache über Stadtwache. Sein Herz raste, am liebsten hätte er sie alle zurechtgewiesen und ihnen gezeigt, wo ihr wahrer Platz ist, doch seine überschäumenden Emotionen durften ihm nicht zum Verhängnis werden. Überhaupt blockierte sich sein Inneres und er schien stellenweise wie gelähmt in Anbetracht seiner Lage.


    War es denn zu gewagt nach Rom zurückzukehren? Nach all den Umständen, nach all dem Blut, welches in dieser Villa vergossen wurde. "Wo mag es wohl genau passiert sein?", fragte sich Lepidus. Sein Blick richtete sich auf den Boden, er atmete tief ein, er erinnerte sich an seine wohltuende Kindheit, die er in so viel Frieden verbracht hatte, während jetzt alles in Aufruhr ist und seine Heimat sich irgendwie nicht mehr heimisch anfühlte. Niemand war da, der ihm helfen konnte, er schien völlig auf sich allein gestellt und dies beunruhigte ihn zutiefst. Wahrscheinlich hatte sich Lepidus selbst durch sein Handeln in große Gefahr gebracht. Er wusste, dass nichts offiziell bekannt war, auch über den wahren Hintergrund von Drusus Tod. Doch was sollten die Bürger auch anderes denken, wenn Salinator in seinen Worten an die Bürger Roms von den feigen Selbstmördern spricht und ein Senator wie Drusus in derselben Zeit ins Elysium wandert?


    Doch noch war nicht alles verloren. Die Familie wurde nicht geächtet, auf der Proskriptionsliste fand sich kein Tiberier. Es galt vor allem eines: Loyalität und Normalität zu demonstrieren. Darin sah Lepidus seine Aufgabe. Vieles lag in Scherben und es würde an Lepidus liegen diese Scherben aufzusammeln. Bis dahin musste er mit ansehen, wie die Stadtwachen die Villa durchsuchten. Er hielt Ausschau nach dem Centurio, der ihm hoffentlich mit etwas mehr Respekt begegnen würde als dieses andere, einfach gestrickte Soldaten-Pack...

  • Ofella war dem Tiberier gefolgt, stand nun im Atrium und schaute sich um ehe er Lepidus ansprach. „Du sagtest du wärest gerade von einer Reise aus Achaia zurückgekommen, wie lange warst du denn dort?“
    Die Anordnung ein Verhör zu starten kam Ofella überflüssig vor. Wie sollte Lepidus denn wissen wo die anderen Familienmitglieder sich befanden wenn er nicht zu Hause gewesen war. Doch was sollte er machen? Vieles fand er in den letzten Tagen von dem was er ausführen musste übertrieben.

  • "Ich war seit ich die Toga Virilis anlegte, nicht mehr in Rom und kam erst... als ich von den "Ereignissen" hörte wieder zurück." Immer wieder blickte Lepidus skeptisch um sich. Er bemühte sich Klarheit zu erlangen und stellte dem Miles wiederum eine Frage: "Wäre es möglich, dass die Praetorianer die Sklaven festgenommen haben?" Geflohen waren sie ganz sicher nicht, das konnte sich Lepidus nicht vorstellen. Diejenigen, die er noch aus seiner Jugend kannte, waren der Familie so ergeben, dass sie eher sterben würden als diese Villa aufzugeben und unbewacht zu lassen.

  • Es ist wirklich merkwürdig, dass nicht ein einziger Sklave hier ist. In den anderen Häusern, die wir aufsuchen mussten, waren die Sklaven noch anwesend. Doch ob sie nun mit den Herrschaften oder alleine geflohen waren oder ob man sie verhaftet hatte, dass alles wusste Ofella auch nicht. „Ich kann es dir nicht sagen, vielleicht sind sie aber auch mit den Familienangehörigen geflohen. Du weiß also auch nicht wo der Rest deiner Familie ist? Es könnte ja sein, dass man dich schriftlich oder mit Boten darüber informierte.“ Leiser fügte Ofella noch hinzu: „Verzeih aber ich muss dich dass alles fragen.“

  • Geflohen? Wie einfache Hunde? Aber wohin und wer hätte die Sklaven mitnehmen können, die wichtigsten waren ja tot... Natürlich, es gab da noch Tiberianus, den Adoptiv-Sohn von Durus. War er wohl in diese ganze Sache verstrickt? War er geflohen? Doch er hatte seit Jahren schon keinen Kontakt mehr zu ihm. Wer weiß, was aus ihm geworden ist. So viele Fragen und nur wenig Klarheit. Aber wenn die Prätorianer hier waren und Durus auffanden, dann war Durus sicher nicht allein ohne Sklaven und hätten die Prätorianer sämtliche Bedienstete einfach zurückgelassen, damit ein anderer sie irgendwann mitnimmt und mit ihnen flieht? Wohl hätten sie versucht Informationen aus Ihnen zu pressen. So ganz stimmig konnte das nicht sein. "Ich habe leider kaum eine Ahnung, wo der Rest meiner Familie steckt. Ich hielt aus Korinth nur Korrespondenz mit meiner Verwandten Tiberia Albina, der Frau des Purgitius Macer. Sie ist auch immer noch in Rom. Könntest du dich vielleicht bei einem deiner Vorgesetzten informieren, ob die Sklaven derzeit in irgendwelchen Zellen hausen?" Lepdus hoffte, dass die Stadtwachen wenigstens über einige der Handlungen der Prätorianer informiert wurden, eine solch schlechte Abstimmung konnte doch sonst nur für Chaos sorgen. Lepidus konnte sich eigentlich aber auch kaum Hoffnung machen, die Sklaven wiederzusehen... mit etwas Glück wurden sie den Löwen nicht schon zum fraß vorgeworfen...

  • Das Gezeter des Mannes war Valerian nicht entgangen, doch hatten seine Männer und vor allem auch sein Optio die Lage recht gut im Griff. Er selbst verteilte seine Männer im Haus, ermahnte sie nochmals, nicht zu stehlen und vor allem Schriftverkehr gründlich zu prüfen und im Zweifelsfall ihm vorzulegen. Außerdem sollte nach Sklaven gesucht werden. Damit sie befragt werden konnten. Wenn welche da waren, handelte es sich wohl um besonders feiges Pack.


    Der frisch eingetroffene Tiberier, zumindest hielt Valerian ihn für einen Tiberier, da sein Gezeter sonst keinen Sinn machte, war inzwischen im Atrium angelangt und sah recht ungeduldig und unfroh aus. Na, das war etwas, was der junge Mann jetzt einfach durchstehen mußte.


    Er trat auf den jungen Mann zu. Das Gesicht war ihm völlig unbekannt. Doch in diesen Zeiten mochte das nichts heißen. "Salve. Ich bin Centurio Lucius Quintilius Valerian von den Cohortes Urbanae. Mit wem habe ich das Vergnügen? Und woher kommst Du?"

  • "Ah, na sieh mal, da ist endlich ein Mann von Rang." Schön, dass sich der Centurio auch mal im Atrium blicken ließ, dachte sich Lepidus, immer noch sehr ungehalten über die ganze Situation und besonders über die Tatsache, dass er sich nicht einmal frei bewegen durfte. Schon wieder musste er jemandem seinen Namen und seine Herkunft aufsagen. So überdrüssig er dem allem auch wurde, es ließ sich wohl nicht vermeiden. "Mein Name ist Lucius Tiberius Lepidus und wie du dir denken kannst, kümmere ich mich jetzt um diese Villa. Ich bin gerade erst aus Achaia angereist, aus Korinth um genau zu sein." Er ließ dem Centurio gar keine Zeit selbst eine Frage zu stellen und schloss fast ohne Luft zu holen gleich selbst mit einer Frage an: "Wie lange wird die Belagerung dieses ehrwürdigen Hauses noch anhalten?"

  • Wieder zurück trat Ofella zu dem Centurio. "Verzeihung, an der Porta wurde gerade diese Botschaft abgegeben."



    Ad
    Lucius Tiberius Lepidus
    Villa Tiberia
    Roma


    Salve Tiberius Lepidus,


    ich würde dich gerne zu einem Mahl in der casa decima gemeinsam mit einem weiteren Bekannten, Marcus Iulius Dives, einladen. Damit die Terminfindung einfacher würd bitte ich darum dass du mir ein paar mögliche Termine nennst, es folgt eine seperate Nachricht an welchem der Termine das Mahl stattfinden wird.


    Vale Bene Decimus Flavus


    Ofella gab die Botschaft ab mit der Frage: "Kann der Überbringer gehen oder wird er noch gebraucht?"

  • "Gerade erst in Rom eingetroffen. Sehr interessant." Dafür spielte sich das Bürschchen aber ganz schön auf. Er kümmerte sich jetzt um die Villa. Auch sehr interessant. Was seine Verwandten wohl dazu sagten, wenn sie irgendwann wieder kamen? "Es wird so lange dauern, wie es eben dauert. Und diese unvermeidliche Dauer hängt sicherlich auch ein bißchen davon ab, wie kooperationsbereit Du bist." Er musterte den jungen Mann interessiert. "Wie lange warst Du in Achaia? Und was weißt Du über die Dinge, die in den letzten Monaten hier in Rom geschehen sind?" Er mußte doch wissen, was seinen Verwandten vorgeworfen wurde. Dementsprechend sollte er sich eher wundern, daß dieses Haus überhaupt noch in so gutem Zustand und nicht beschlagnahmt worden war.


    Octavius brachte eine Nachricht, die Valerian natürlich erst las, bevor er sie an Tiberius Lepidus weiterreichte. Marcus Iulius Dives. Er würde Antoninus nach dem Burschen fragen. "Meinetwegen kümmere Dich erst um den Überbringer der Nachricht. Die Durchsuchung wird noch eine Weile dauern."

  • "Ich werde so kooperativ sein, wie es mir möglich erscheint...", sprach Lepidus, aber eher mit einem ironischen Unterton, wobei man wohl nicht zweifelsfrei unterscheiden konnte, ob er es nun wirklich ernst meinen würde oder nicht. Immerhin beantwortete er die Fragen des Centurios, die ihn jedoch sichtlich nervten, vor allem, weil er nun dem nächsten noch einmal dasselbe erzählen durfte. "Ich lebte seit meinem 16. Lebensjahr in Achaia, fünf Jahre ist das jetzt her, die meiste Zeit davon war ich in Korinth." Bei der Beantwortung der Frage nach den Geschehnissen der letzten Monate stockte Lepidus ein wenig. Sollte er alles sagen, was er wusste oder sich vielleicht ganz einfach dumm stellen? Die Frage wäre nur, ob man ihm das dann auch abkaufen würde. Er versuchte eine traurige Miene aufzusetzen, damit der Centurio möglicherweise denkt, er zögere vor Trauer um Durus mit der Antwort und nicht, weil er sich berechnend eine Antwort zurecht legen wolllte. Nun, er musste wohl irgendeinen Mittelweg finden: "Die Nachricht vom Freitod meines Cousins dritten Grades erreichte auch mich, ebenso ein gewisser Verdacht, der auf ihm lastete... Ich bin immer noch in tiefer Trauer. Ansonsten gibt es doch nur unbedeutende Gerüchte." Der letzte Satz triefte geradezu vor gespielter Naivität, doch warum sollte Lepidus auch aussprechen, was ohnehin jeder wusste. Das letzte, was er wollte, war sich mit seinem verstorbenen entfernten Verwandten auf eine Stufe stellen zu lassen, um damit selbst in den Abgrund gezogen zu werden. Lepidus würde alle Werte seiner Familie verleugnen, nur um seinen Status irgendwie zu retten.


    Als der Centurio auch noch seine Post las, war Lepidus innerlich wieder völlig zerrissen. Was er sich nicht alles bieten lassen und zähneknirschend hinnehmen musste. Als der Brief an ihn weitergereicht wurde, überflog er ihn kurz und beobachtete weiter das Treiben der Stadtwachen.


    EDIT: Ich habe den letzten Teil, wo ich mich an den Boten wandte wieder gelöscht. Das hab ich irgendwie falsch gelesen, ich dachte der Bote wäre jetzt ebenfalls im Atrium.

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