• Potitus hatte sich lange nicht mehr aus der Castra gewagt. Alles war ein bisschen riskant, denn er traute dem Frieden auf den Straßen noch immer nicht wirklich über den Weg! Aber diese Sache war wichtig genug, also war er mit einer ganzen Schar an Leibwächtern und einer zusätzlichen Eskorte aus vertrauenswürdigen Milites Urbanes erschienen.


    Vor dem Atrium wartete bereits Cnaeus Renius Caecus, ehemaliger Tribun und jetzt Decemvir litibus iudicandis. Er, aber auch ein paar Senatoren aus seiner Anhängerschaft, darunter Lucius Vipstanus Maecilianus Sermo, den er vor einiger Zeit zum Praetor gemacht hatte, sowie Caius Servilius Erauscus, Caius Cilnius Buteo und Lucius Domitius Scordiscus waren gekommen, damit die Sache einen noch legaleren Anstrich bekam und niemand behaupten konnte, er hätte den Senat außenvor gelassen.


    Fehlte nur noch ein Vertreter der kaiserlichen Kanzlei: Pompeius Imperiosus. Aber bis dahin konnte man ja schonmal anklopfen! Dies übernahm ein Liktor des Praefectus Urbi.

  • Eine Vestalin öffnete und zuckte etwas zurück, als sie den großen Auflauf vor der Tür sah. Natürlich war auch an ihr nicht vorübergegangen, was in den letzten Tagen in Rom geschehn war. Und die Vestalis Maxima hatte sie bereits darauf vorbereitet, dass bald das Testament des Kaisers angefordert werden würde.
    "Ja bitte?"
    fragte sie etwas unsicher in die Senatorenschar hinein, auch wenn sie wusste, was der Glatzkopf hier wollte.

  • "Der Praefectus Urbi als Stellvertreter des Kaisers ist mit einer Abordnung des Senats hier, um das Testament des Gaius Ulpius Aelianus Valerianus abzuholen! Der Decemvir litibus iudicandis Renius Caecus hier wird die ganze Sache beaufsichtigen!" erklärte der Liktor der eingeschüchterten Vestalin.

  • Dass der Glatzkopf sogar einen Decemvir mitgebracht hatte, hatte sie nicht erwartet. Trotzdem haftete dem ganzen ein Hauch von Illegalität an, wenn man sich diese Schar von Bewaffneten ansah...
    "Es ist keinem Mann außer dem Pontifex Maximus gestattet, das Atrium Vestae zu betreten. Ihr müsstet also hier warten!"
    erklärte sie weiterhin unsicher. Würde der Glatzkopf das akzeptieren? Oder würde er es gar wagen, die heiligen Räume der Vesta zu verletzen?

  • Der Liktor war es nicht gewohnt, dass man so mit ihm sprach! Sein Herr war der Stellvertreter des Kaisers! "Der Praefectus Urbi ist der Stellvertreter des Imperator Caesar Augustus, also auch des Pontifex Maximus! Er kann hier eintreten, wenn es ihm passt!" blaffte er die Vestalin an, doch nun mischte sich Potitus selbst ins Gespräch ein. "Lass gut sein! Aber beeilt euch, das Testament hierher zu bringen!"

  • Kaum war die Vestalin verschwunden, kam hektische Bewegung ins Atrium. Die Vestalis Maxima wurde informiert, dann brach ein Kriegsrat an. Sollte man das Testament anstandslos herausgeben? Immerhin war Salinator der Stellvertreter und es waren auch ein paar Senatoren dabei! Aber sollte so etwas nicht hochöffentlich geschehen? Einen Moment war Pomponia Pia versucht, das kaiserliche Testament selbst zu öffnen und nach dem Inhalt zu entscheiden...aber das war absurd. Das würde jeder bemerken.


    Schließlich öffnete sich die Porta erneut und die Virgo Vestalis Maxima trat persönlich heraus, angetan in ihrer vollen Amtstracht.


    "Salvete!"


    begrüßte sie die Anwesenden.


    "Als Hüterinnen des Testamentes unseres Pater und Pontifex Maximus hatten wir eigentlich erwartet, dass eine öffentliche Zeremonie im Senat stattfindet, bei der der letzte Wille des Ulpius Valerianus verlesen wird. Oder seid ihr gekommen, um das Testament zu diesem Zweck abzuholen? Wir können es auch gern dorthin bringen, um jeden Zweifel einer Fälschung zu zerstreuen."




  • Potitus wartete. Und wartete. Er war kurz davor, den Liktor anzuweisen, noch einmal zu klopfen, als die Tür endlich aufging! Dahinter stand Vesta persönlich, wie man meinen konnte! Hatte es da nicht jemand ein bisschen übertrieben? Vor allem aber scheinbar in Einschätzung seiner eigenen Wichtigkeit, denn dass die Vestalinnen jetzt auch noch den Testamentsboten spielten, war nun wirklich absurd! Und zu gefährlich! Denn letztlich wusste ja nicht einmal Salinator, war sich hinter dem kaiserlichen Siegel verbarg! Und genau deshalb war er ja mit seinen Getreuen gekommen!


    "Das ist nicht nötig. Ich habe angesehene Senatoren mitgebracht, dazu Männer der kaiserlichen Kanzlei und einen Decemvir litibus iudicandis. Es ist seine Amtsaufgabe, Testamente zu öffnen und zu vollstrecken, also kannst du ihm das Testament getrost anvertrauen. Er wird dann auch für die Veröffentlichung sorgen, wie es sein Amt verlangt!" Er sah die Pomponierin scharf an. Wenn sie Mätzchen machte, würde der Praefectus Urbi gezwungen sein, sich das Testament mit Gewalt zu holen! Vestalin hin oder her!


    Offensichtlich erkannte Maecilianus Sermo die Spannung, die sich hier aufbaute und mischte sich ebenfalls ein. "Ich möchte bemerken, dass es die Aufgabe der Vestalinnen ist, die Testamente bis zum Tod des Testators zu verwahren. Es wäre also eine Amtsüberschreitung, das Testament nicht herauszurücken und zugleich eine Behinderung der Arbeit dieses Decemvirn!"

  • Pomponia Pia


    Die Vestalis Maxima presste die Lippen aneinander und musterte die versammelte Schar. Die bewaffneten Leibwächter waren deutlich zu erkennen, aber sie würden es nicht wagen, die oberste Hüterin des ewigen Herdfeuers anzutasten! Das wäre ihr Tod! Andererseits war dieser Salinator nicht unbedingt dafür bekannt, sich groß um irgendwelche Regeln zu kümmern, schon gar keine kultischen! Und was nützte es ihr, wenn sie tot war, aber ihr Tod gerächt würde? Abgesehen davon war die Argumentation dieses Senators irgendwie schon stichhaltig...


    "Nungut, ich gebe es euch, wenn beim Herdfeuer der Vesta schwört, dass ihr das Testament umgehend im Senat verlesen lasst."


    sagte sie schließlich und hinter ihr trat eine andere Vestalin vor, die eine gesiegelte Papyrus-Rolle in Händen hielt.




  • Potitus seufzte. Einen Eid auf die Veröffentlichung des Testaments? Was sollte er denn sonst damit machen? "Natürlich, ich schwöre bei Vesta und beim Stein des Iuppiter, dass ich das Testament dem Senat vorlege! Also her damit!" Er streckte die Hand aus. Wenn er erstmal Kaiser war, würde er diesen eingebildeten Patrizierweibern schon zeigen, wer der Herr im Hause war!

  • Zwar hatte die Vestalis Maxima nicht den Eindruck, dass auf diesen Eid sehr viel zu geben war, andererseits war sie optimistisch und glaubte, dass kein Römer allen Ernstes einen Eid auf Vesta brechen würde. Also musste sie wohl oder übel die Rolle mit dem großen kaiserlichen Siegel nehmen und es in die ausgestreckte Hand des Vesculariers legen.


    "Mögen die Manen des Pontifex Maximus in Frieden ruhen!"


    beendete sie das Gespräch mit einem guten Wunsch und einem kritischen Blick auf Salinator. Sie traute diesem Mann nicht!




  • Potitus grinste. Na also! War doch gar nicht so schwer gewesen! "Unbedingt. Vale, Pomponia!" verabschiedete sich dann, ganz ungeduldig, das Ding zu öffnen. Aber das Forum war wohl nicht der geeignete Ort, einen Blick auf das Testament des Kaisers zu werfen! "Wir kehren zur Castra Praetoria zurück!" gab er den Befehl aus und man ging von dannen.

  • Ich hatte mich dem Tross erst angeschlossen als das Gespräch zwischen der obersten Vestalin und meinem Patron bereits in vollem Gange war, doch bevor durch nicken und winken klar war das ich in der Tat die Erlaubnis besaß mich der Szenerie zu nähern konnte man bereits das neue Kommando des Vesculariers höhren und der Tross machte sich auf den Weg zur Castra ... etwas irritiert schloss ich mich der Menge an, nur für den Fall das der Praefectus vielleicht doch noch etwas hatte das meiner Mithilfe bedurfte ... obwohl er das eigentliche Hinderniss ja bereits umschifft hatte ...

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