Vor dem Kastell – schnell und furios!

  • Der Himmel wölbte sich hoch, weit und blitzblau über der Garnison, dem flachen Umland und der Küste. Die ägyptische Sonne strahlte warm auf mich herab, und für einen kurzen Moment schloß ich die Augen, hob mein Gesicht und stellte mir vor, es wäre wirklich Atons Berührung... Dann fuhr ich fort, meine Rennpferde einzuspannen. Eine frische Brise kam vom Meer her, zupfte an meinem Sagum und spielte mit den Mähnen der beiden Schönen. Blankgestriegelt, mit glänzenden Augen und seidigem Fell standen Tertia und Quarta im Geschirr vor der Biga, kraftvoll und ungestüm, die eine grauschattiert, die andere schneeweiß, ein wunderschöner Anblick. Einer der Calones der XXII, ein Pferdeknecht namens Isatis, war mir behilflich, und hielt die beiden am Zaum, damit sie nicht vorzeitig losstürmten. So wirklich gut waren die beiden und ich ja noch nicht aufeinander eingespielt.


    Ich schloss die letzten Riemen, klopfte meinen beiden Schönen stolz auf die glänzenden Hälse, und bestieg die Kanzel des Gefährts. Der Wagen war weiß, mit schwarzen Leisten, seitlich prangte unser Familienwappen. Ich hatte ihn zum Teil ja selbst angepinselt, in Rom während meiner letzten Sinnkrise, aber für den letzten Schliff und die Details des Wappens hatte ich ihn dann doch in die Werkstatt gegeben. Jedenfalls war es ein wundervolles Gespann, auf das ich wahnsinnig stolz war. Böse Zungen hätten sagen können, es sei ein Angeber-Wagen, aber für mich war damit einfach ein Kindheitstraum wahrgeworden.


    Und einiges Aufsehen hatte allein das Anspannen bereits erregt. Die Soldaten am Tor sahen zu, und aus dem Vicus hatten sich auch ein paar Zuschauer eingefunden. Vor allem die jungen Mädchen waren hingerissen von den Pferden, und ich will auch nicht ausschließen, dass ihnen der schneidige junge Tribun auf dem Wagen ganz gut gefiel. Der griff jetzt nach Zügeln und Gerte, schnell ging die Hand auch nochmal zum Gürtel und vergewisserte sich, dass das sichelförmige Messer griffbereit war, mit dem man im Notfall die Zügel kappen konnte.
    Majestätisch winkte ich den Calo beiseite, ging ein bisschen in die Knie für den festen Stand, und ließ mit einem Schnalzen die Zügel leicht auf den Rücken der Pferde klatschen. Hui! Tertia zog sofort an, machte einen Satz nach vorne, Quarta war viel langsamer, und schlingernd setzte sich der Wagen in Bewegung – in einer unfreiwilligen engen Kurve, direkt auf die Schaulustigen zu, die rasch auseinander sprangen. Upps. Der Schwung riss mich zur Seite, ich klammerte mich am Rand der Kanzel fest, aber bei Tertias nächster Kapriole verlor ich leider das Gleichgewicht, so kam es dass der schneidige junge Tribun erst mal in hohem Bogen im Staub landete.
    "Mala leche!"


    Zum Glück hatte ich mir die Zügel noch nicht um den Bauch gebunden. Diese Pferde brauchten eindeutig noch etwas Training. Mein Gehilfe rannte hinterher und brachte sie zurück, während ich mich aufrappelte. Passiert war mir nichts, aber die Anwesenheit der Zuschauer waren mir jetzt so unangenehm bewusst. Wie die feixten. Wer den Schaden hat... Ich überspielte mein Missgeschick mit einem Lachen und klopfte mir den Staub aus der schicken Eques-Tunika, dass es nur so stiebte.
    "Wir werden uns schon noch aneinander gewöhnen!" prophezeite ich den beiden Stuten und stieg unverzagt wieder auf den Wagen. Diesmal ging ich es langsamer an, der Calo führte sie das erste Stück, und danach ging es ganz gut. Ich fuhr ein paar Runden um den Platz, der Calo sprang dann hinten auf, und ich lenkte die Biga auf die Via Nicopolitana, wo ich die Pferde nach einer Weile antraben ließ, dann angaloppieren.
    Herrlich! Was gab es schöneres, als so dahinzufliegen, mit donnernden Hufen und ratternden Rädern, vom Fahrtwind umbraust, zur Linken grüne Palmen, zur Rechten das glitzernde Meer...
    Alexandria ich komme!

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