Pferde und andere Dinge

  • Es war ein grauer Tag, zwar regnete es nicht, aber es war deutlich kühler geworden und der Herbst kündigte sich mit Böen an. Doch im Gegensatz zu vielen Römern, trug sie immer noch nicht mehr als eine schlichte Tunika. Sie liebte solches Wetter, war sie doch eine Keltin und im hohen rauen Norden geboren und auch aufgewachsen. Wenn sie ehrlich war, empfand sie zum ersten Mal seit dem sie in Roma war, das Wetter als angenehm. Manche mochten sie dafür als verrückt erklären, aber sie unterschied sich in vielen Dingen von den steifen und prüden Römern. Ihr feuerrotes Haar war wie ein Leuchtsignal, dazu war sie schlank und zierlich, aber ihre Bewegungen waren katzengleich.


    Kurz lächelte sie ihrem Begleiter zu. „Ich danke dir, dass zu für mich etwas Zeit erübrigen konntest!“ sagte sie freundlich. Ihr Weg führte sie direkt auf den Pferdemarkt. „Ich habe echt keine Ahnung von Pferden und reiten kann ich nur leidlich…“, meinte sie etwas verlegen. Ausnahmsweise verstellte sie sich einmal nicht so sehr, aber natürlich verbarg sie wie immer eine Menge, vor allem ihre Gedanken vor anderen Menschen.


    „Livianus hat dich ja als Pferdekenner bezeichnet. Wie kommt das?“ fragte sie ihn.

  • In mein Sagum gehüllt, marschierte ich neben der Scriba meines On... nein, meines Vaters durch die Strassen.
    "Aber gern. Immerhin bin ich ein glühender Anhänger der Aurata."
    Das Wetter war mal wieder ganz schön mies. Ich sah zum Himmel hinauf und fragte mich, ob es heute wohl noch regnen würde. Noch immer war ich verwundert darüber, was für eine Wahl Livianus da mit seiner Scriba getroffen hatte. Keine Frage, sie machte einen netten Eindruck... aber für einen Senator, der im Licht der Öffentlichkeit stand, war so eine Wahl mehr als ungewöhnlich... Ob sie seine Bettgefährtin war?


    "Ich komme aus Tarraco, wo meine Familie ein großes Gestüt besitzt", antwortete ich, erfreut zu hören, was Livianus gutes über mich gesagt hatte. Ich selbst hätte mich jetzt nicht unbedingt so bezeichnet, aber natürlich schmeichelte es mir. "Da war ich früher sehr oft. -" Meistens mit Appius zusammen, was die Erinnerung in dem Moment schmerzlich machte.
    "Eigentlich ist Livianus der Urheber, er hat mir ein Pony geschenkt, als ich klein war, und so mein Interesse geweckt. - Im letzten Herbst bin ich ausserdem beim Equus October mitgefahren, mit einer Biga der Aurata. Ich habe zwar nicht gewonnen – das wäre auch schade gewesen, denn das Siegerpferd wird ja einen Kopf kürzer gemacht – aber ganz gut abgeschnitten."
    Schade eigentlich, dass ich dieses Jahr nicht dabei war, aber ich hatte keine Zeit fürs Training gehabt. Naja, und wenn ich an den armen Bäcker dachte, der sich dabei den Hals gebrochen hatte, reichte es vielleicht auch, sich einmal zu beweisen.


    "Du bist keine Römerin, oder? Lebst Du schon länger hier in der Stadt?"
    Ein Windstoß brauste durch die Strassen. Brr, wenn ich meine mantellose Begleiterin nur ansah wurde mir schon kalt. Hier bot sich die Chance zur Ritterlichkeit! Mein Sagum war aus schwerer, gewalkter Wolle, herrlich warm. Eine schlichte Scheibenfibel hielt es auf der rechten Schulter zusammen. Ich zog es über den Kopf und bot Alaina den scharlachroten Mantel an.
    "Hier, Du frierst doch sicher."

  • Was diese Römer mit ihren Rennen und Spielen hatten und alles sollte so blutig wie möglich enden. Da zog sie doch ein wenig ihre keltischen Wurzeln vor. Zumal sie ihre eigenen Götter als etwas umgänglicher empfand. Das sagte sie aber nicht, sie musste sich ja nicht gleich selbst als die Wilde aus dem Norden abstempeln.
    „Ja, Livianus erwähnte so etwas!“ meinte sie mit einem Lächeln. Was ihm wohl grad durch den Kopf ging. Hätte sie geahnt, dass er sie für die Bettgefährtin Livianus hielt, hätte sie laut aufgelacht.


    Sie verbarg ein amüsiertes Grinsen. Wie alle Männer reagierte er auf Komplimente und ließ sich nur zu gern Honig ums Maul schmieren. Nur zu gern ließ er sich darauf hin in ein Gespräch verwickeln, dass ihr vielleicht mehr über den Adoptivsohn des Livianus verriet. Sie hatte es gern wenn sie wusste mit welchem Menschen sie es zu tun hatte. „Tarraco…“, meinte sie nachdenklich. „Eine zeitlang war ich auch dort… aber das ist nun schon ein paar Jahre her!“ sagte sie und warf einen kurzen Blick zum Himmel hinauf. Es war grau, ein wenig stürmisch, bald würde es regnen. Genau dieses Wetter liebte sie und vermisste sie auch. Leicht schauderte sie. „Das arme Tier….“, meinte sie. Sie hatte wirklich kein Verständnis für diese blutigen Spektakel. Was wohl daran liegt, dass sie selbst verfolgt wurde und auch eine gewisse Abneigung gegen Soldaten hatte. Ein Kindheitstraumata.


    „Ich bin Keltin!“ antwortete sie ihm. „Geboren bin ich in einem kleinen Dorf, dessen Namen du vermutlich niemals aussprechen könntest!“ grinste sie. Die Römer hatten erhebliche Schwierigkeiten mit den keltischen Dialekten. „Aufgewachsen bin ich dann in Londinium und danach bin ich in die Lehre bei einem römischen Händler gekommen! Seit einiger zeit verdiene ich mich aber als Scriba.“ Das war wirklich die Kurzform eines recht bewegten Lebens.


    Ein Windstoss fuhr ihr durch die Kleidung und sie seufzte kurz auf. Verdutzt sah sie ihn an, als er ihr sein Sagum reichte. Sie lachte glockenhell auf und winkte ab. „Mir ist nicht kalt. Ich fange gerade an mich wohl zu fühlen!“ zwinkerte sie ihm kokett zu. „Ich bin in einem Land aufgewachsen, wo das Wetter ständig so ist… hier in Rom ist es mir vor allem im Sommer echt zu warm. Außerdem“, sie zog die Nase kraus, „bekomm ich immer so schnell Sonnenbrand!“

  • "Schon, aber es wird ja nicht einfach so geschlachtet. Sondern zu Ehren des Mars.", warf ich ein, als Alaina das Oktoberpferd bedauerte. Keltin aus Londinium war sie also. Bei solch barbarischer Abstammung konnte sie natürlich nicht über unsere Bräche bescheid wissen... Das war ein weiter Weg bis hierher zum Nabel der Welt. Ich fragte mich immer noch wie sie an ihre Stellung gekommen war.
    Dann verblüffte sie mich. Sie wies tatsächlich den Mantel zurück, und ganz offensichtlich nicht aus Bescheidenheit. Sie mochte dieses Wetter? Erstaunlich. Ich musterte sie ganz perplex. Mit ihrem niedlichen Näschen, dem zierlichen Figürchen, sah sie überhaupt nicht so aus wie ich mir eine sturmerprobte Nordfrau vorstellte.
    Was mich noch mehr irritierte, war dieses Zwinkern... Waah! Frauen, die so offensiv kokettierten, weckten immer einen Widerwillen bei mir, vergleichbar am ehesten dem Gefühl, wenn man zu viel Süßes gegessen hat. Ich hatte dann immer das Gefühl, sie erwarteten, dass ich meinerseits ebenso plump auf sie reagierte. Von dem letzten Exemplar dieser Art – Isis – hatte ich mich geradezu in die Flucht schlagen lassen. Aber vielleicht hatte ich dieses Verhalten, mit dem Angebot des Mantels, ja selber heraufbeschworen? Eine komplexe Frage. Warum hatte Livianus eigentlich keinen soliden, pedantischen, mittelalten Freigelassenen zum Scriba?


    "Ah so." Ich zog mir das Sagum wieder über den Kopf und rückte es zurecht. "Ja, es kann hier im Sommer echt unerträglich heiß werden. Wenn das Pflaster glüht und der Tiber stinkt. - Und sonst, mal vom Wetter abgesehen, wie gefällt es dir so, hier in Rom?"

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  • Sie fand es dennoch barbarisch ein gesundes Pferd zu schlachten und da hieß es immer die Kelten und Germanen seien Barbaren. Sie kannte beide Seiten und überall gab es Vorurteile. Aber was sollte sie dazu schon sagen, wenn sie Kritik äußerte, bewies sie nur, dass sie angeblich ungebildet war. Dass sie nur eine andere Sichtweise der Dinge hatte, wollte keiner wissen. „Nun ja, vieler eurer Bräuche sind mir etwas suspekt…“, meinte sie leichthin. „Aber ich werde niemanden wegen seinem Glauben kritisieren!“ fügte sie hinzu.
    Sie kicherte leise und vergnügt, als sie seinen verwunderten Blick auffing. Anscheinend wollte er nicht glauben, dass sie wirklich nicht fror. Aber nun gut, sie hatte harte Jahre hinter sich und wer im tiefsten Winter im Schnee übernachten musste, weil er nichts anderes hatte, lernte zu überleben.


    Ganz gegen seine Befürchtungen hatte sie nicht vor sich ihm an den Hals zu werfen. Sie spielte zwar offen mit ihren Reizen, aber sie näherte sich nur sehr selten einem Mann. Sie liebte es mit dem Feuer zu spielen, aber die tief sitzende Angst, verletzt zu werden, ließ sie alle Menschen auf Abstand halten. Aber sie würde dies niemanden erzählen. Sie war eine Einzelkämpferin, zwar nicht freiwillig, aber mittlerweile solang, dass sie nicht anders konnte.


    Serapio zog sich sein Sagum wieder über den Kopf. „Nun ja, Rom ist nicht anders, wie alle großen Städte… laut, verschmutzt, überbevölkert. Aber ich hab mich angepasst!“ Es war eine etwas ausweichende Antwort auf seine Frage, denn sie wusste selbst nicht, ob ihr Rom gefiel. Ein Heimatgefühl hatte sie schon lange verloren. Eigentlich war es traurig. Vor lauter Einsamkeit, wusste sie ja nicht einmal mehr, dass sie einsam war.

  • Jetzt war ich aber eingeschnappt. Erst die Bemerkung über unsere Bräuche, dann dieses vernichtende Urteil über unsere Ewige Stadt. Roma aeterna! Hauptstadt der zivilisierten Welt!
    "Mhm, also was die Gebräuche angeht, so halten wir Römer das ja genauso. Jeder kann seine Götzen anbeten wie er will, solange es nicht auf so unschöne Sachen hinausläuft wie zum Beispiel Menschenopfer. Oder Kopfjagd.", meinte ich sarkastisch, in Anspielung auf die Bräuche, die ja bekanntlicherweise bei den keltischen Barbaren gang und gäbe waren.
    Und Rom, mein Rom, verteidigte ich temperamentvoll: "Nicht anders? Bona Dea! Rom ist das Herz der Welt! Was hier geschieht, zieht seine Kreise über den Rest des Erdkreises... Ich für meinen Teil, ich liebe diese Stadt, gerade weil sie so bunt ist, und das Leben hier pulst."
    Genaugenommen sah Alaina aber nicht böswillig aus, bei ihrer Bemerkung, eher etwas niedergeschlagen. Sie schien wirklich nicht so begeistert von der Stadt zu sein. So schnell wie ich aufgebraust war regte ich mich auch wieder ab und erkundigte mich: "Aber wenn ich fragen darf, wenn du keine großen Städte magst, und das Klima auch nicht – und viel rumgekommen scheinst du ja auch schon zu sein - wie kommt es dann überhaupt, dass du jetzt hier lebst?"

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  • Anscheinend hatte es Alaina mal wieder gswchafft, binnen weniger Sätze war es ihr gelungen ihren Gesprächspartner zu beleidigen. Seine etwas patzige Entgegnung über barbarische Bräuchte ließ sie kurz aufschnauben. Menschenopfer wurden nur in Kriegszeiten gemacht, meistens war es ein Feind, dem sie den Göttern übergaben, aber die Kelten neigten nicht dazu ein blutiges Spektakel daraus zu machen. Denn im Cicus Maximus wurden doch regelmässig blutige Schaukämpfe verantsaltet. Und selbst die Kopfjagd war ein sehr seltenes Spektakel. Sie verkniff sich aber in letzter Minute einen äußerst bissigen Kommentar. Aber eine kleine Spitze musste sie noch los werden.
    "Ich weiß nicht wie du auf die Idee kommst, ein menschopfer sei barbarisch, ihr Römer schaut doch mit blutgieriger Begeisterung bei Gladiatorenwettkämpfen zu... ich weiß nicht wo da der Unterschied ist und was die Römer dadurch zivilisierter erscheinen lässt!" Sie sah ihn an, wartete auf eine Antwort, die er vermutlich niemals geben würde. Dann wintke sie ab. "Ach lassen wir das, jeder hat seine eigene Sicht der Dinge. Du die deine, ich die meine!" Sie zuckte mit den Schultern.
    "Das Leben pulsiert ebenso in Alexandrien... aber du hast Recht, was in Rom passiert, hat Auswirkungen auf den Rest der Welt...", in Gedanken fügte sie jedoch hinzu: Auch Alexandrien war einst der Nabel der Welt, ebenso wie andere große Städte.
    Seine Frage war dann aber nicht ganz so einfach zu beantworten. "Man kann fast meinen die Götter hätten meine Schritte gelenkt, aber in Wahrheit, bin ich dort, wo ich Geld verdienen kann und ein Dach über dem Kopf hab... zuletzt war ich in Ägypten, die Aussicht auf einen Posten als Scriba, hat mich dann nach Rom gebracht." Das war die ehrlcihste Antwort die sie ihm geben konnte, ohne an sich zu zweifeln.

  • Nun war die Keltin auch ein wenig in Rage geraten. Sie wurde richtig frech. Wir Römer und unzivilisiert? Ich lachte auf, bei diesem absurden Vergleich.
    "Den Unterschied kann ich Dir gerne erklären!", setzte ich hitzig an. Doch da versuchte sie schon wieder die Wogen zu glätten. Ich atmete tief durch und zuckte dann auch die Schultern. Zwar führte ich gerne Streitgespräche, ich mochte es, wenn die Worte hin und her flogen, Attacken, Paraden und Riposten aufeinander folgten wie beim Fechtkampf zweier Gladiatoren, aber einen ernsthaften Streit wollte ich auch nicht vom Zaun brechen.
    Alexandria... Ich verspürte, trotz meiner Leidenschaft für Rom, mal wieder einen Anflug von Fernweh. Ich nickte bei Alainas Erklärung, ein bisschen dubios erschien mir das aber schon, dass eine Frau einfach mal so alleine durch die Weltgeschichte zog. Bei dem Thema hatte ich ja schon Ärger mit meiner Schwester gehabt.
    "Meine Schwester Seiana lebt auch in Alexandria, seit einiger Zeit. Sie ist dort am Museion tätig... sie schwärmt sehr von Ägypten. Übrigens kommt sie bald zu Besuch hierher, in die Familiencasa."
    Ich freute mich unheimlich auf sie, und hoffte, dass es nicht nur ein Besuch, sondern ein dauerhafter Aufenthalt sein würde. Sie war da in ihrem Brief etwas nebulös gewesen.


    Daraufhin kam ich auf das vorige Thema zurück, aber ganz sachlich im Tonfall. Ich wollte nicht provozieren, ich wollte da ersthaft einen Irrtum aufklären.
    "Aber ich möchte dir das mit den Gladiatorenkämpfen wirklich gerne erklären, Alaina. Viele Ausländer verstehen den Sinn dieser Spiele erst nicht, und halten sie für grausam. Jedoch geht es dabei nicht ums Blutvergießen – es geht um römische Werte! Die Gladiatoren sind ja keine armen Opfer die man zur Schlachtbank treibt, nein, sie sind professionelle Krieger. Sie erhalten die beste Ausbildung die man sich vorstellen kann, ihr Dasein ist erfüllt von Ruhm und Ehre, die Guten unter ihnen sind landauf landab bekannt und die Frauen liegen ihnen zu Füßen." Ich schmunzelte bei der Erinnerung daran, wie ich damals in Tarraco, von meiner Cousine Calvia mit Süßigkeiten bestochen, den Briefträger für sie und diesen riesigen Murmillo gemacht hatte,
    "Sogar Freigeborene verpflichten sich dem Lanista, weil dieses Leben sie anzieht. Und wenn sie dann in der Arena kämpfen, haben die Gladiatoren die Chance, ihren Namen unsterblich zu machen – natürlich unter Einsatz ihres Lebens. Aber das ist das Erhebende daran: diese Kühnheit, dieser absolute Einsatz, diese stoische Gleichmut in Angesicht des Todes! Das alles sind Tugenden, die unser Volk groß gemacht haben. Und bei jeder Munera der Gladiatoren führen sie den Zuschauern genau diese Tugenden, die in unserer modernen Zeit gerne vergessen werden, wieder vor Augen." Ich lächelte patriotisch, und hatte mich in dem Moment selbst überzeugt, dass die Ludi eigentlich eine höchst moralische Angelegenheit waren.
    "Du solltest dir die nächsten Spiele mal unter diesem Gesichtspunkt ansehen."

  • Natürlich konnte er ihr den Unterschied zwischen den Bräuchen der Kelten erklären und Gladiatorenwettkämpfe. Das konnte ihr jeder Römer erklären und es hatten auch andere schon versucht, doch sie hatte sich bisher davon nicht überzeugen lassen. Zumal sie nicht nur die blutigen Spiele meinte, sondern auch eben die Kämpfe zwischen todgeweihten Verbrechern. Bei ihrem Volk wurden diese Leute einfach verbannt, aus dem Clann verstoßen, der alles bedeutete. Der Zusammenhalt war wesentlich wichtiger als andere Dinge, die Familie, der Clann das Leben in einer großen Gemeinschaft war auf Respekt begründet nicht auf Angst oder Geld.
    Erst einmal wechselten sie das Thema und er erzählte ihr begeistert von seiner Schwester. „Ich würde sie gerne kennen lernen!“ lächelte sie. Zwar würde sie dies vermutlich nicht unbedingt den Decimern nähern bringen, aber es freute sie das jemand anderes auch in Alexandrien war.


    Doch Serapio konnte das Thema nicht Ruhen lassen, äußerst sachlich vermittelte er ihr den Unterschied zwischen den Ludi und den barbarischen Riten anderer Völker. Sie gab sich Mühe bei seinen Worten keine Grimasse zu ziehen, aber überzeugen konnte er nicht. Eher bekam sie das Gefühl, dass ein weiterer Römer einer Gehirnwäsche unterzogen worden war. Nun gut es war seine Überzeugung, damit war er aufgewachsen und erzogen worden, doch sie sah die Welt wesentlich pragmatischer.
    „Du redest jetzt nur von den Ludi und den ehrenvollen Gladiatorenwettkämpfen, aber es gibt immer zwei Seiten der Medaille oder willst du leugnen das ihr Verbrecher einfach wilden Tieren vorwerft und euch daran erfreut, wenn Menschen einfach zerrissen werden und deren Blut im Sand der Arenen versickert. Wenn schreiende Männer an Wagen gebunden werden und gnadenlos zu Tode geschliffen werden…“, sie schauderte, einmal hatte sie so etwas mit angesehen und sie hatte sich geschworen niemals wieder dabei zu sehen. „Wir verstoßen die Straftäter aus dem Clann, aus dem Schutz der Gemeinschaft, wir erklären sie für Tod und reden nie wieder über sie oder verschwenden einen Gedanken daran. Aber wir bringen sie nicht aus lauter Blutgier um!“ hielt sie dagegen. „Außerdem sind es nicht nur Verbrecher oder heldenhafte Kämpfer die in die Arenen gesteckt werden, auch Sklaven, Menschen denen ihr ein Brandmal aufdrückt und dazu zwingt den Befehlen zu gehorchen!“ Sie war ziemlich froh, nie in der Sklaverei geendet zu sein. Sie war ein freier Mensch, zwar hatte sie nicht die Rechte wie ein römischer Bürger, aber sie war ihr eigener Herr und tat was ihr gefiel.

  • “Du musst aber unterscheiden zwischen den Gladiatorenkämpfen und der Hinrichtung von Schwerverbrechern. Diese müssen nun einmal bestraft werden. Nicht aus Blutgier, sondern der Gerechtigkeit wegen. So grausam es scheint, aber wenn ein Mensch Greueltaten verübt, wenn er wie eine wilde Bestie über seine Mitbürger herfällt, dann ist es nur angemessen, wenn er auch zum Tode ad bestias verurteilt wird... - Ich diene bei den Stadtkohorten, da bekommt man so einige häßliche Dinge zu Gesicht... ich denke, wenn du gesehen hättest, wozu solche entmenschlichten Kriminellen fähig sind, dann würdest auch du anders denken, Alaina.“
    Verblüfft schüttelte den Kopf, bei der Vorstellung, dass man solche Übeltäter einfach davonjagte. Wie naiv!
    “Hm... Ich glaube kaum, dass die Verbrecher dadurch zu anständigen Menschen werden. Also, die Schwerverbrecher meine ich jetzt. Anderenorts werden sie weitermachen wie zuvor. Damit schickt ihr sie doch bloß anderen Leuten auf den Hals. Scheint mir ziemlich gefährlich.“
    Aus was für einer Welt kam diese Frau? Auch gegen Sklaverei schien sie etwas zu haben. Ich lächelte über den Pathos ihrer Worte. “Ja, die meisten Gladiatoren sind unfreier Herkunft. Aber es gilt was ich eben erklärt habe: sie bekommen eine Ausbildung, gutes Essen, Ruhm und so weiter. Sogar die Freiheit können sie sich erkämpfen. - Also, wenn ich ein Kriegsgefangener wäre, würde ich mich glücklich schätzen, an Stelle eines schnellen Todes diese Chance zu bekommen!“


    Während wir in diese Diskussion verstrickt waren trugen unsere Füße uns quer durch die Stadt Richtung Marsfeld, wo heute der Pferdemarkt stattfand. Schon in einiger Entfernung war der Geruch der Tiere wahrzunehmen, man hörte Wiehern und Stampfen, und musste immer mal wieder einem Haufen Pferdeäpfel auf der Strasse ausweichen.

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    Klient - Decima Lucilla

  • Er sprach von den Schattenseiten der großen Städte, denn in einem kleinen Dorf, wo sie geboren und auch aufgewachsen war, gab es nicht wirklich einen Standesunterschied. Es gab zwar das Clannoberhaupt, aber ansonsten waren alle gleich. Jeder hatte Fähigkeiten, die er einbrachte, Grund für Neid gab es selten. Während hier in Rom es einen Unterschied zwischen Arm und Reich gab, die einen litten Hunger, die anderen lebten im Überfluss. „Bei uns ist der Clann das wichtigste. Unsere Dörfer mögen klein sein, aber der Zusammenhalt ist umso größer. Nur selten geschieht ein Verbrechen innerhalb eines Clanns und der Ausschluss, die Verbannung, ist das schlimmste was passieren kann. Denn dann verliert man alles“, erklärte sie ihm. Vermutlich würden sie sich in dieser Sache niemals einig werden. Ihre Vorstellungen waren einfach zu anders. „Als verbannter kannst du dann nicht einfach ins nächste Dorf wandern und um Aufnahme bitten. Nur selten werden Fremde in eine Gemeinschaft aufgenommen!“ fügte sie hinzu.


    Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. „Du würdest dir also deinen Willen brechen lassen um dann jemanden zu dienen, der sich als dein Herr erhoben hat?“ hackte sie nach. Sie schüttelte den Kopf. „Als Kriegsgefangener bist du als erstes Sklave“, meinte sie ernst. „Man hat keine Rechte mehr und im Grunde ist man dann den Launen der Herren ausgesetzt. Selbst als ruhmreicher Gladiator. Der Weg bis zur Freiheit ist selbst dann ein weiter Schritt und was bringt dir Ruhm und Ehre wenn du Tod im Sande der Arena liegst. Nichts!“


    Nachdenklich sah sie sich um, sie kamen nun zum Marsfeld. Sie konnte bereits die ersten edlen Tiere entdecken, mit geschwungenen Hälsen und glänzenden Fellen.

  • "Mhm." machte ich skeptisch, zuckte dann die Schultern. Ich konnte mir nicht vorstellen das das funktionierte, aber wahrscheinlich konnte man die Verhältnisse in unserem wunderbaren Moloch Rom und im barbarischen Hinterland nicht mit den selben Maßstäben messen.
    Die Vehemenz, mit der Alaina über die Sklaverei herzog, wunderte mich. War sie vielleicht selbst eine Liberta? Oder eine geflohene Sklavin womöglich? War das der Grund für ihr ungewöhnliches Herumreisen, wollte sie nicht gefunden werden? Je länger wir uns unterhielten, um so dubioser erschien mir die Scriba meines Adoptivvaters.
    "Die Alternative ist es, jeden Gefangenen im Krieg gleich hinzurichten. Das fände ich grausam. Darf ich fragen, Alaina, hast du Erfahrung mit dem Leben im Sklavenstand?"

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  • Mit dieser Frage, die zugegebenermassen nicht sehr höflich gewesen war, machte ich unserem Gespräch vollends den Garaus. In unangenehmem Schweigen betraten wir den Rossmarkt und besahen uns die Tiere die dort feilgeboten wurden. Es waren sehr schöne und edle darunter, doch so lange wir auch suchten, keine die den Ansprüchen an ein Gespann der Factio Aurata gerecht geworden wären. Immerhin konnten wir uns so einen gewissen Überblick verschaffen welche der Züchter gute Tiere im Angebot hatten, ich erkundigte mich dann wo sie ihre Gestüte hatten, um bei Gelegenheit dort einmal vorbeizukommen.
    Als wir uns schon zum Gehen wandten, fiel mein Blick auf zwei lebhafte Schimmelstuten, denen man das iberische Blut gleich ansah. Für professionelle Wagenrennen waren die beiden zu stämmig gebaut, aber ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, mir ein schneidiges Zweigespann anzuschaffen. Und ich habe eine Vorliebe für Schimmel. (Das liegt in der Familie.) Sofort hatte ich den Händler am Hals, er pries die beiden in höchsten Tönen und verlangte einen unverschämten Phantasiepreis. Trotzdem sah ich mir die beiden Stuten genauer an. Ich überzeugte mich, dass sie jung, gesund und kräftig waren, sie gingen gut im Fahrgeschirr und waren auch eingeritten. Die eine war milchweiß, sehr temperamentvoll und etwas zickig, die andere ein sanftmütiger Apfelschimmel mit einem wunderbar weichen Gang. Nach ein paar Proberunden um den Pferch wusste ich, dass ich die beiden unbedingt haben wollte. Es war eine harte Feilscherei bis die Pferde einigermassen bezahlbar waren, dann schlug ich zu. Als Eques musste ich mir doch auch mal was leisten! Und so kamen Alaina und ich zwar unverrichteter Dinge in die Casa zurück, dafür führte ich glücklich meine zwei Hübschen am Halfter hinter mir her.

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