[Campus Martius] Rückkehr aus dem Tartarus

  • Der Tartarus, die Unterwelt, wo bestimmt so mancher Livianus bereits vermutet oder vielleicht sogar erhofft hatte. Doch mit Hilfe seiner Freunde war er ihm entflohen. Manchmal hatte der Senator selbst das beklemmende Gefühl, er wäre diesem Schicksal nur knapp entronnen. Doch die Zeit würde alle Wunden heilen, vor allem die Seelischen, die Livianus immer noch Nach für Nacht schweißgebadet aus dem Schlaf rissen. Doch nun war keine Zeit für Kummer oder Grübeleien über die Vergangenheit. Eine Heimkehr stand an und diese wollte er genießen, wie nichts anderes seit langer Zeit.


    Die Augen des Senators leuchteten vor Freude und Erleichterung, als er gemeinsam mit seinem Bruder Magnus und ihrem Gefährten Hadrianus Subdolus die letzte Hügelkuppe überwunden hatte und Rom nun direkt vor ihnen lag. Er hatte es geschafft, sie hatten es geschafft. Das Undenkbare mit dem wohl niemand in dieser Stadt, die um diese früh morgendliche Zeit noch fast verschlafen wirkte, gerechnet hatte.


    Livianus ritt näher an Magnus heran und klopfte ihn auf die Schulter. Manchmal, so hörte man, sagten solche Gesten mehr als tausend Worte und auch in dieser Situation war es wohl nicht anders. Dann schweifte sein Blick zu Subdolus, den er aufmunternd zunickte. Auch hier war kein weiteres Wort nötig und der Eques konnte wohl zweifellos die unendliche Dankbarkeit erkennen, die aus diesem Blick zu lesen war.


    Sie ritten an der Westseite des Tibers weiter, bis sie die letzte Brücke erreichten, die auf die Via Triumphalis und dann direkt zum Campus Martius führte. Immer wieder hatte sich Livianus die vor ihm auftauchenden Gebäude während seiner Gefangenschaft in Erinnerung gerufen, war im Geiste durch Rom spaziert, um für wenige Stunden den tristen und dunklen Ort zu entfliehen, an dem er sich so lange aufhalten musste. Das Stadium Domitiani, die Therma Neronianae und dahinter das Pantheum waren die ersten monumentalen Bauwerke, die er zu Gesicht bekam, als er mit seinen Begleitern auf dem Campus eintraf. Man suchte sich ein schattiges Plätzchen unter einem der zahlreichen Jahrzehnte alten Bäume und stieg von den Pferden.


    "Und nun meine Freunde? Wollen wir einen Boten herbeirufen oder möchte einer von euch zum Palast reiten um den Kaiser zu informieren?"

  • Nachdem ich von Verus die unglaubliche, phantastische Neuigkeit vernommen hatte, dass man meinen Onkel wirklich und wahrhaftig zurückerwartete, da hatte ich unter den CU-Soldaten bekanntgemacht, dass den, der Livianus als erster sichtete, und mir Nachricht brachte, eine grosse Belohnung erwartete. Und so eilte eines frühen Morgens ein atemloser Miles in meine Unterkunft, wo ich gerade langweiligen Schreibkram erledigte, und berichtete, dass er, bis eben auf Strassenposten an der Via Triumphalis, sich ziemlich sicher war, dass der Legat an ihm vorbeigeritten sei, mit zwei Begleitern, Richtung Marsfeld. Das war natürlich der angemessene Ort, für einen Feldherrn der heimkehrte. Hastig drückte ich dem Mann einen Beutel Denare in die Hand, und warf mich in Rekordzeit in meine Rüstung (wobei immerhin daran dachte, meine nagelneue Eques-Tunika unter die Lorica zu ziehen - mein Onkel sollte doch sehen, dass was aus mir geworden war, dass ich ‘mein Leben auf die Reihe gebracht’ hatte, wie er sagen würde.) Ich übergab das Kommando meinem Princeps Prior, sattelte mir rasch ein Pferd und brach überstürzt auf.
    Von der Castra Praetoria aus nahm ich den schnellsten Weg zum Marsfeld - ausserhalb der Stadtmauern nördlich um den Quirinal herum. Meine Gedanken rasten nur so, während des schnellen Rittes... die überschäumende Freude, dass mein Onkel noch lebte, mischte sich mit der Furcht, dass er nicht mehr der selbe sein könnte... ich konnte mir nicht vorstellen was er erlebt haben musste. Und auch unsere allerletzte Begegnung, bei der er so ganz und gar nicht erfreut gewesen war, dass ich zur Prima gegangen war, und mich dermassen zusammengestaucht hatte, dass das halbe Lager es mitgehört hatte... auch das stand mir wieder vor Augen, und liess mich das Pferd dann doch etwas zügeln. Man kann schon sagen, dass ich zu meinem Onkel ein kompliziertes Verhältnis habe. Aber ich war so unglaublich froh, dass er noch am Leben war!


    Ich erreichte das Marsfeld auf der Nordseite, verharrte neben den neronischen Thermen und blickte aufgeregt, suchend über die weitläufige Fläche. Mein Pferd war verschwitzt, und der aufsteigende Geruch erinnerte mich lebhaft an das grossartige Rennen hier im letzten Herbst. Zuerst waren es auch die Pferde, die ich erblickte, im Schatten einiger Bäume... die Männer konnte ich noch nicht genau erkennen.
    Mit klopfendem Herzen ritt ich näher, dann schwang ich mich aus dem Sattel und ging das letzte Stück, Schritt für Schritt, über den weiten Platz auf die Männer zu. Das Sonnenlicht war hell, ich spürte die Strahlen warm auf meinen Unterarmen.
    Er war es wirklich. Er war es wirklich! Ich war so überglücklich, lächelte strahlend, überwältigt ihn wiederzusehen, unendlich erleichtert, aber zugleich schnürrte es mir die Kehle zu und ich zögerte in dem Augenblick, schwieg, wusste nicht was ich sagen oder tun sollte. Am liebsten wäre ich ihm natürlich um den Hals gefallen. Aber vielleicht fand er das unangemessen. Vielleicht sollte ich statt dessen salutieren...?
    Ja, das sollte ich wohl. Zackig führte ich die Faust zur Brust.
    "Ave Legatus."

  • Noch bevor ihm seine Begleiter antworten konnten, hörte Livianus eine Stimme hinter sich, die ihm begrüßte und zudem mit seinem alten Rang ansprach. Es kam so überraschend, dass er sie im ersten Moment nicht eindeutig zuordnen konnte. Vielleicht ein ehemaliger Soldat der Prima, der ihm erkannt hatte oder ein Bekannter, der ihn noch von früher kannte. Langsam drehte er sich in die Richtung aus der dieser Gruß gekommen war.


    Serapio! Livianus konnte seinen Augen nicht trauen. Bis zu diesem Augenblick hatte er keine Sicherheit darüber gehabt, ob sein Neffe den Parthiafeldzug überlebt hatte und wie sein Leben danach verlaufen war. Natürlich hatte er sich oft vorgestellt, dass Serapio heldenhaft gemeinsam mit Iulianus zurück nach Rom gekehrt war und seinen Dienst in sicherer Entfernung von jeglichen Kampfhandlungen versah. Doch die Rückkehr war vermutlich weder heldenhaft und wie Livianus jetzt wusste, nicht im Beiseins des früheren Kaisers erfolgt. Im ersten Moment musterte der Senator den jungen Mann, der die ihm wohl bekannte Rüstung eines Urbaners trug. Natürlich bemerkte er dabei auch den deutlich hervorstechenden schmalen Purpursaum - den Latus Angusticlavius – der seine Tunika zierte. Dieser Teil seines Traumes hatte sich also erfüllt. Serapio war hier in Rom und hatte es zu etwas gebracht. Livianus brauchte einen kurzen Moment um seine zahlreichen Gedanken wieder halbwegs zu ordnen und sein Fassung zu behalten. Dann schritt er mit einem breiten Grinsen auf seinen Neffen zu drückte ihm an sich, ohne dabei Rücksicht darauf zu nehmen, dass Serapio in seiner Rüstung wohl wesentlich weniger Bewegungsfreiheit besaß als er selbst. Bewegt und den Tränen nahe flüsterte er in Serapios Ohr.


    "Mein Junge! Ich…….. ich freue mich so dich lebend wieder zu sehen."

  • Mühsam eilte auch Verus heran. Ermattet sprang er vom Pferd. Seine Lungen füllten sich mit Luft und er atmete munter ein und aus. Langsamen Schrittes folgte er Serapio. Er war ihm insgeheim gefolgt, denn auch Verus wollte seinen Verwandten willkommen heißen.
    Er ließ den beiden den Vortritt. Schließlich war Serapio doch recht sentimental und das konnte man ihm in dieser Situation auch gönnen. Nachdem beide "fertig" waren, näherte sich Verus.


    "Schön dich hier zusehen, Marcus!"


    Er lächelte breit und voller Freude.


    "Es hat wohl doch etwas länger gedauert? Ich bin auch erst gestern aus Misenum eingetroffen. Dass ich vor dir eintreffen würde, hätte ich nicht gedacht. Jedoch bin ich froh, dass dir und deinen Begleitern nichts passiert ist. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, warum du noch nicht in Rom weiltest," sprach Verus freundlich.

  • Ach! Meine steife Begrüssung wurde so herzlich erwidert, dass alle Unsicherheit und alle Zweifel einfach hinweggetragen wurden. Ich erwiderte die Umarmung von ganzem Herzen, und registrierte nur völlig am Rande, dass die Metallspangen meiner Rüstung das ziemlich unbequem machten, dass mein Pferd mit schleifenden Zügeln davonspazierte, dass noch jemand hinzugekommen war...
    Er hatte mich ‘mein Junge’ genannt. Ich war selig.
    ”Und... und wie sehr ich mich erst freue Dich zu sehen!!!”, flüsterte ich mit erstickter Stimme, ”Du bist wieder da, bist wirklich wieder da, ach, allen Göttern sei Dank! Willkommen zurück, Onkel!”
    Nicht weinen, Faustus...
    Ich drückte meinen Onkel nochmal ganz fest - irgendwie war mir immer noch so, als könne er sich im nächsten Moment wieder in Luft auflösen, wie eine Fata Morgana in der parthischen Wüste. Aber er blieb real, es war kein Traum. Was auch immer er erlebt hatte, es hatte ihn gezeichnet... die Kerben um Mund und Nase erschienen mir tiefer, er sah älter aus als zu Beginn des Feldzuges... aber die Befürchtung, er könne gebrochen sein, so wie Salassus, der Gefangene, den wir bei Dura aus der Hand der Reiter befreit hatten, nur mehr ein Schatten seiner selbst, diese Befürchtung legte ich mit einem tiefen Aufatmen beiseite.
    Nicht weinen, Faustus... Sei ein Römer, sei stoisch.
    Tja. Es half leider nichts, mir liefen die Freudentränen über das Gesicht. Schrecklich peinlich war mir das jetzt, und ich trat einen Schritt zurück, wischte mir mehr oder weniger verstohlen mit dem Tunikaärmel die Augen.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Livianus nahm nicht mehr wahr, dass hinter Serapio ein weiterer Verwandter folgte, um ihn in Rom Willkommen zu heißen. Zu sehr war er im Moment mit seinem Neffen beschäftigt, der die Freude des Senators sichtlich zu teilen schien. Die Meinungsverschiedenheiten und Unstimmigkeiten die es vor den Feldzug gab waren vergessen. Für Livianus glich seine Rückkehr ohnehin einem Neuanfang. Eine zweite Chance die ihm von den Göttern gegeben wurde und die er nun auch nutzen wollte. Doch dazu hatte er später bestimmt noch genügend Gelegenheit, um sich mit dieser Tatsache auseinanderzusetzen.


    Als bei Serapio schließlich die Tränen flossen, konnte sich auch sein Onkel nicht mehr zurückhalten und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Er hatte es noch nie als Schande empfunden, wenn ein Mann seine Gefühle zeigte und vor allem in solchen Ausnahmesituationen konnte man weder dem jungen Serapio, noch dem heimgekehrten Senator einen Vorwurf machen. Stolz klopfte er seinem Neffen auf die Schulter, als dieser wieder einen Schritt zurück trat und seine Tränen trocknete. Sein Blick war mit Stolz und Dankbarkeit erfüllt. Es war in der Tat eine besondere Freude das gerade Serapio der Erste war, der Livianus bei seiner Rückkehr nach Rom begrüßte und er hätte sich vorstellen können, dass ihn ein anderer lieber gewesen wäre.


    "Ich danke dir Faustus."


    Dann erst wandte er sich an Varus, der direkt nach Serapio angekommen war. Eine überschwängliche Begrüßung war an dieser Stelle nicht mehr angebracht, da die beiden ohnehin bereits während der gemeinsamen Reise von Alexandria nach Ostia Gelegenheit hatten, das eine oder andere Gespräch zu führen.


    "Zurück in Italia wollten wir uns nicht mehr Hetzen lassen. Davon hatten wir auf unserer Flucht genug. Doch nun sind wir hier und ich freue mich über diesen herzlichen Empfang. Wir waren gerade am besprechen ob es nicht angebracht wäre den Kaiser über meine Ankunft zu informieren, bevor ich Rom betrete."

  • Verus legte seine Stirn in nachdenkliche Falten, dann lächelte er wieder. "Das kann ich dir nicht beantworten, zumal der Kaiser nicht mehr in Rom verweilt. Er ist nun in Misenum. Der Senat und der Praefectus urbi halten hier die Stellung. Ich denke aber, dass es nicht schaden kann, einige wichtige Personen zu informieren, vor allem den Senat, da du ja Senator bist und nun wieder in ihren Reihen Platz nehmen wirst, so hoffe ich doch."


    Er holte kurz Luft, um seine Ausführungen zu beenden.


    "Nichts desto trotz, solltest du etwas essen und uns in der Casa besuchen auf einen Becher Wein. Das Protokoll kann warten, die Familie brennt sicherlich darauf, dich zusehen." ;)

  • Das der Kaiser nicht in Rom verweilte machte die Angelegenheit nicht unbedingt einfacher. Livianus wirkte nachdenklich und ein wenig besorgt, als Varus ihn über den aktuellen Stand der Dinge aufklärte. Der Senat musste in jedem Fall darüber informiert werden. Das würde Livianus selbst übernehmen. Um den Praefectus Urbi könnte sich Serapio kümmern, schließlich saß dieser ja sozusagen an der Quelle. Sich hier noch lange am Campus Martius aufzuhalten war aufgrund der neuen Umstände vermutlich auch ein unnötiges Unterfangen. Nunja. Livianus hatte bereits als Senator gegen ein Gesetz verstoßen in dem er die Provinz Aegyptus betreten hatte, nun war es vermutlich schon einerlei ob er ohne Erlaubnis des Kaisers, der ohnehin nicht in Rom weilte, das Pomerium betrat. Mit dem überschreiten dieser Grenze verlor er ohnehin nur Rechte, die er ohnehin nicht mehr hatte. Die Legio I wurde vermutlich bereits schon lange von einem Nachfolger kommandiert, doch das war nun Livianus kleinste Sorge. Er atmete tief durch und nickte dann den Anwesenden entschlossen zu.


    Also gut. Dann werde ich mich selbst darum kümmern den Senat über meine Rückkehr zu informieren. Dich Faustus möchte ich bitten deinem Kommandanten, dem Praefectus Urbi bericht zu erstatten. Als Vertreter des Kaisers soll er als einer der Ersten über meine Anwesenheit in Kenntnis gesetzt werden.


    Hat mein alter Freund Caecilius Crassus noch das Kommando über die Cohortes Praetoriae?"

  • Sim-Off:

    Verus nicht Varus, Livianus. Er heißt Verus. :D :D


    Verus strich sich nachdenklich durch seinen Bart. Er nickte verstehend.
    "Soweit ich weiß, ist Caecilius Crassus nicht mehr der Kommandeur der Prätorianer."


    Verus schüttelte leicht mit dem Kopf. "Der neue Kaiser hat die gesamten Führungsreihen des Reiches ausgetauscht. Du wirst wohl keine bekannten Gesichter vorfinden, außer im Senat versteht sich, obwohl auch einige Senatoren nun im Orcus weilen." Verus schmunzelte.

  • Und auch diese Information ließ den Senator nur noch nachdenklicher wirken. Er hatte zwar bereits damit gerechnet, dass sich während seiner Anwesenheit einiges geändert hatte. Noch dazu wo ein neuer Kaiser an die Macht gekommen war, doch zu viele Veränderungen in einem bis dahin bewährtem System ließen einige Spekulationen zu. Doch darauf wollte sich Livianus vorerst nicht einlassen. Wieder nickte er und sah kurz nachdenklich hinüber zum Pantheon, ehe er weiter sprach.


    "Ich verstehe. Es hat sich wohl tatasächlich einiges verändert. Wer führt derzeit die Cohortes Urbanae?"


    Auch hier hatte der Kaiser vermutlich einen ihm vertrauten Mann eingesetzt, der nun in seinen Namen über Rom herrschte und bei dem alle Fäden zusammenliefen. Auch wenn Livianus diesen Mann vermutlich nicht kannte, so war es gut zu wissen, wer diese Fäden in seiner Hand hielt.

  • Verus überlegte. "Vescularius Salinator," antwortete er knapp. "Ein enger Vertrauter des Kaisers, wenn nicht sogar sein Freund," entgegnete er im Nachsatz. Woher Verus das alles wusste? Er las die Acta und hörte sich gerne in den Straßen um. Es gehörte dazu informiert zu sein.

  • Wie schon angenommen sagte ihm der Name des neuen Praefectus Urbi nicht sonderlich viel. Doch vermutlich würde ihm Livianus in der nächsten Zeit ohnehin persönlich kennen lernen, bei einem privaten Gespräch oder im Senat. Der Senator merkte bereits, das die nächste Zeit alles andere als erholsam werden würde. Er hatte viel verpasst und war in so manchen Bereichen des aktuellen gesellschaftlichen Treibens in Rom vollkommen uninformiert. Doch erholt hatte er sich seiner Meinung nach bereits zu genüge. Sowohl der kurze Aufenthalt in Alexandria, als auch die Seereise nach Italia hatten ihm Zeit gelassen, sich von seinen Strapazen zu erholen und ausgiebig seine Wunden versorgen zu lassen. Natürlich wirkte sein Gesicht noch ziemlich eingefallen und an vielen Stellen seines Körpers waren halbverheilte Narben zu sehen, doch Gesundheitlich ging es ihm im Großen und Ganzen wieder recht gut, sah man von den seelischen Narben ab, die von einem solchen Erlebnis meist zurückblieben.


    "Gut. Dann würde ich vorschlagen wir machen uns zur Casa Decima auf. Ich möchte noch heute den Consul aufsuchen."


    Er wandte sich zu seinen Begleitern. Für Magnus war es selbstverständlich, dass er im Hause seines Vaters jederzeit Willkommen war und dort seine eigenen Gemächer hatte, doch auch Subdolus sollte nun die Gastfreundschaft des Senators kennen lernen. Endlich fing die Zeit an, wo sich Livianus für alles revanchieren konnte, was dieser Mann für ihn getan hatte. Über vieles musste noch gesprochen werden und vieles musste geklärt werden, doch vorerst waren andere Dinge wichtiger.


    "Subdolus. Du bist selbstverständlich mein Ehrengast – so lange du willst. Es soll dir an nichts fehlen und heute Abend werden wir in geselliger Runde unsere Rückkehr nach Rom feiern."

  • Na, so schlimm war das mit den Tränen wohl doch nicht - mein Onkel hatte schliesslich auch feuchte Augen. Eine warme Freude erfüllte mich, richtig körperlich, vom Scheitel bis hinunter in die Zehenspitzen, als er mir auf die Schulter klopfte, und mich so ansah, nicht missbilligend, nicht enttäuscht, wütend oder milde resigniert - nein: stolz. Das war es doch, wonach ich so sehr gestrebt hatte, und ich kann nicht beschreiben wie gut mir das tat, diesen Ausdruck in seinen Augen zu sehen!
    Bevor alle Schleusen brachen, ging ich lieber schnell mein Pferd wieder einfangen. Schon nach ein paar Schritt erwischte ich es, grasend unter einer Pinie. Ich schluckte, atmete tief durch und sammelte meine Selbstbeherrschung wieder zusammen, dann fasste ich die Zügel und zog das Tier zurück zu den anderen.
    Mein Onkel hatte einen Auftrag für mich und ganz eifrig antwortete ich:”Ja, mach ich!”
    Dann warf ich noch ein: ”Doch, den neuen Gardepräfekten kennst Du: es ist Artorius Avitus.” Der Artorier, den ich so bewunderte, war schliesslich Primus Pilus unter Livianus gewesen. ”Allerdings heißt es, er sei zur Zeit nicht in Rom.”
    Livianus trieb zum Aufbruch, und beflissen stieg ich in den Sattel, um gleich, wieder entlang der Stadtgrenze, zurück zur Castra zu reiten. Es war zu schade, dass ich nicht gleich mit den anderen kommen konnte, andererseits fühlte ich mich mit meinem Auftrag als Teil dieser bedeutsamen Ereignisse, und damit auch selbst etwas bedeutsamer.
    ”Ich berichte sofort dem PU. Bis später!”
    Ich gab dem Pferd die Schenkel, und weg war ich.

  • Die Stadt und ihre Bewohner veränderte sich schon immer sehr impulsiv. Doch in ein Rom zu reiten, das soviel Fremde beherbergte, war beklemmend. Herius war von den überschwenglichen Begrüßungen benommen. Hatte sich aus der Position eines Wortführers zurückgezogen und wartete geduldig auf die Entscheidung des Senators ab. Hier an dieser Grenze begann dessen Imperium. Hier verkörperte er die höchste Schicht des Reiches nach dem Kaiser und hier war er in jeder Hinsicht ein wohl gehütetes Element Rom zu regieren. Nachdem die Floskeln geendet und viele unbekannte Namen ihr Gehör gefunden hatten, schien es weiter in Richtung Wohnsitz der Decimer zu gehen. Subdolus fröstelte es ein wenig bei dem Gedanken. Aber er blieb bei der Truppe, als sie sich in Bewegung setzte dieses Ziel anzusteuern. Seine Bereitschaft dazu hatte er ebenso mit einem gefälligen Nicken bekundet.


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

  • "Sehr gut. Dann lasst uns aufbrechen."


    Er nickte allen Anwesenden zu und stieg dann auf sein Pferd auf. Die nächste und letzte Station ihrer Reise würde nun die Casa Decima sein. Lange hatte sich Livianus danach gesehnt wieder in diesem Haus zu sein und einfach nur den Alltäglichen Dingen nachzugehen. Bald würde es soweit sein. Er war nur wenige Minuten davon entfernt wieder ein normales Leben zu führen. Gemeinsam mit seinem kleinen Gefolge das sich nun um einen weiteren Begleiter vergrößert hatte, brach er auf in Richtung Casa.

  • So recht wußte der Hadrianus nicht, ob sich die Bedingungen ein Pferd durch Rom geändert hatten. Doch für diesen Augenblick war es ihm auch egal. Er stieg ebenso wie die Anderen auf und ritt in leichtem Schritt einfach mit. Würde sich jemand aufregen, dann sah man ihnen wenigstens an, das sie nicht irgendwelche Lumpen waren. Ihr Weg führte sie derweil durch weniger belebte Gassen und wo nötig riefen sie die Fußgänger zur Seite bevor sie ihre Tiere vorbei lenkten. Es war schön wieder in Rom zu sein. Auch wenn ihm ein Leben auf dem Land oder im Feld mehr zusagte als diese meist schattigen Straßen mit ihrer engen Wohn- und Handelsbebauung. Kein Römer, der ein Anwesen auf grüner Flur besaß, hielt sich in den heißen Monaten in diesen stickigen Gassen auf. Doch das waren die Wenigsten. Eine verschwindend geringe Zahl Nutznießer, die auf den Schultern der Gesellschaft prassten. Einige Wenige davon lebten sparsam, soweit man das so nennen durfte.


    Herius hatte nur ein kleines Handwerkshaus in Ostia, das den Laden, die Schneiderei und auch die Schmiede beherbergte. Dazu war vor einigen Monaten noch ein offener Eisenbruch gekommen. Ein bescheidenes Leben ermöglichte es ihm, mehr nicht aber es reichte auch.


    Jetzt da sie in die noblere Gegend Roms einbogen, weckte es Unbehagen in ihm. Er merkte, das er hier nicht her gehörte und doch waren diese wunderschönen Häuser und Gärten ein Augenschmaus. So macher Römer träumte von diesem Prunk. Der Hadrianus hatte diesen Traum schon lange beerdigt. Als sie endlich vor dem Haus des Decimus Livianus stoppten, beeilte er sich abzusteigen um auf Augenhöhe mit den normalen Menschen in der Straße zu kommen. Vor der Tür blieb wieder ein Moment Zeit zum Warten.


    "IN FUGA FOEDA MORS EST: IN VICTORIA GLORIOSA."

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