Die Landvilla der Großtante Drusilla

  • Ein Anwesen irgendwo im Norden oder Süden, vielleicht auch Osten Roms. Ein prächtiges Anwesen, Großtante Drusilla war immerhin schon mit genügend wichtigen Männern verheiratet, um sich so etwas leisten zu können. Ihr derzeitiger Gemahl, Nummer sechs oder sieben, treibt sich in politischer Mission in Rom herum, was den derzeitigen Bewohnerinnen nur recht ist. Und vermutlich ist es auch besser für ein männliches Wesen, nicht in der Reichweite der hochschwangeren Lucilla und der deswegen hochaufgeregten Großtante Drusilla zu sein. Für die jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Damen Roms ist es dagegen beinahe Pflicht, hier zu sein. Wie könnten die Damen ihre Lucilla in diesen Tagen alleine lassen? So sitzen sie wie ein Schwarm Hühner im Garten, natürlich im Schatten eines aufgespannten Sonnentuches, und gackern wie eh und jeh.


    "Ist das heiß."
    "Finde ich nicht."
    "Also ich schon, ein kühler Wind wäre jetzt angenehm."
    "Oder ein Palmwedel. Sag mal, Luci, wo steckt denn schon wieder dein kleiner Sklave? Der könnte uns ruhig mal etwas kühle Luft zufächeln."
    "Pah, Paedu, du willst doch nur, dass er sich regelmäßig bückt und du seinen knackigen Hintern bewundern kannst!"
    "Und? Ich gebe es wenigstens zu. Sag, Luci, magst du nicht doch nochmal darüber nachdenken, ob du ihn mir nicht ..."
    "Nein, Peducaeana, ich verkaufe dir Brosi nicht. Wer sollte sich denn später um die Schwangerschaftsstreifen kümmern? Außerdem heißt es, die Haut würde nach dem ersten Kind anfangen Falten zu schlagen." Betrübt fährt sich Lucilla über ihre Wangen.
    "Aber doch nicht im Gesicht, Lucilla! Am Bauch!"
    Lucilla geht dazu über, sich mit der eh schon erhobenen Hand Luft zuzufächeln. "Ich finde es trotzdem heiß." Vor den Schwangerschaftsstreifen hat Lucilla die größte Angst. Dass die Geburt selbst sehr angstrengend sein soll, stört sie nicht weiter. Immerhin wäre das Kind dann endlich auf der Welt. In den letzten Wochen ist Lucillas Bauch angeschwollen wie eine mit Nüssen gefüllte Mäuseblase und bei jedem Schritt hat sie das Gefühl, einen Sack Getreide mit sich herum zu tragen. Das ist einfach kein Zustand für eine Römerin.

  • Hier ist es langweilig. Nein, echt jetzt, es ist hier wirklich langweilig. Es ist ruhig, es ist beschaulich, es ist erholsam, es ist entspannend,kurz: es ist langweilig. Vermutlich bin ich hier derjenige, der sich am meisten freut, wenn der kleine Bengel auf der Welt ist. Klar doch warum, weil dann geht es wieder zurück nach bella Roma. =) Statt dessen sind diese zum Teil schon verwelkten Schnepfen die einzige Abwechslung hier. Und isch schwör, eine von denen will mir unter die Wäsche. 8o Da schüttelt es mich schon allein bei der Vorstellung. Also manche Frauen... ab einem gewissen Alter sollte man doch keine Lust mehr dazu verspüren.


    Im Prinzip bin ich die ganze Zeit damit beschäftigt, es meiner Herrin so gut wie möglich recht zu machen. Nicht so einfach, die Sache. Über die lukullischen Anfälle sind wir mehr oder weniger schadlos darübergeholpert, und manche Stimmungsschwankungen haben wir auch gemeistert, aber jetzt ist sie einfach generell ziemlich anstrengend. Als ob das alles für mich leichter wäre. -.^ "So, da kommen die Getränke für die Damen." Mit einem Tablett und mehreren Tassen darauf bewaffnet wage ich mich wieder zurück zu den schnatternden Gänsen. "Zweimal Mulsum normal, einmal Mulsum spezial mit einer Brise Muskat." Und einem Zwinker meinerseits. ;) "Einmal einen leichten jungen Wein, wenig verdünnt, einmal einen letztjährigen Wein, stark verdünnt..." Dass ich mir das alles gemerkt habe grenzt schon an ein kleines Wunder. Immer diese Spezialwünsche... "Und für unsere Schwerleidende einen lauwarmen Fencheltee. Keine Widerrede." Ich ahne schon, dass die Domina bald zu meckern beginnen wird. "Ach, das Obst habe ich vergessen. Brauchen die Damen sonst noch etwas?" Besser jetzt fragen, sonst kann ich noch zehnmal in die Küche hin und wieder zurück laufen. -.^

  • Erfreut klatscht Peducaeana in die Hände. "Ah, endlich! Mulsum mit Muskat hierher, mein Süßer, du weißt doch, Muskat macht Laune, hrhr."


    Lucilla will schon die Augen über ihre Freundin verdrehen, doch das Rollen bleibt ihr im Kopf stecken. "Lauwarmer Fencheltee?" Ein Ächzen, gefolgt von einem Seufzen und einem Stöhnen, entfleucht der Schwangeren. Schon lange hat sich Ambrosius mit Großtante Drusilla verbündet, und obwohl weder der eine, noch die andere jemals ein Kind zur Welt gebracht haben, wissen beide natürlich jederzeit genau, was für Lucilla am besten ist.
    "Ich leide nicht, ich bekomme ein Kind!" giftet sie ihren Lieblingssklaven an, bevor sie zur Tasse greift. Natürlich trinkt Lucilla zur Zeit keinen Mulsum und Wein, jede Frau weiß, dass das schlecht für das Kind ist. Aber lauwarmes Wasser mit Apfel-, Birnen-, Holunder- oder Traubensaft, oder auch einem Löffel gelösten Honig - das ist alles besser, als diese furchtbar schmeckenden Kräuterextrakte. Vermutlich wird ihr Kind mit einem völlig verkniffenen Gesicht zur Welt kommen ...


    "Einen Palmwedel kannst du mitbringen, damit du uns Luft zufächeln kannst." grummelt Lucilla, nur um Ambrosius zu ärgern. "Und schau auf dem Weg in die Küche, ob Nachrichten angekommen sind."
    Lucilla wartet auf eine ganz spezielle Nachricht. Sie hat Avarus einen Brief zukommen lassen, dass es nicht mehr lange dauern wird. Natürlich ist es nicht sicher, dass er sich von seinen vielen Aufgaben in Rom lösen kann, aber Lucilla hofft, dass er noch vor dem Kind ankommen wird.

  • Sfz. Als ob ich das alles hier zum Spaß machen würde. Dabei weiß sie ja, dass der Tee gut gegen Blähungen ist. Und alles müssen wir ja auch nicht ertragen. Es wundert mich auf keinen Fall, warum der Cheffe nicht hier ist sondern in Rom. Aaah, bella Roma... =) Was würde ich jetzt dafür geben, auch dorthin zu kommen. Aber nein... Ich würds genauso machen. Einfach die schwangere Frau irgendwohin aufs Land schicken und warten, bis sie wieder normal ist. Ist sowieso unverständlich, warum sich die Weiber so aufführen, ok, da wächst ein Kind in ihnen heran, ja und? Ist das gleich ein Grund für Stimmungsschwankungen und wirklich komische Esslust? Weiber...


    Palmwedel... sfz. "Einmal Palmwedel und einmal Nachrichten, bitte sehr." Und das Obst nicht vergessen. Wo haben wir denn den verdammten Palmwedel hingelegt? Der muss doch da irgendwo sein... *such und räum* Sfz, bei Pallas Athene... Ha! Da isser ja. Mistding. Und die Nachrichten noch abchecken, mal sehen was heute gekommen ist. Werbung, Rechnung, Werbung... oh, Dulcis et Gabbanus präsentieren ihre Frühjahrskollektion! Ha, das muss ich ihr gleich sagen! *zurückwusel*


    "Domina, ich habe ausgezeichnete Nachrichten!" Ganz klar, da kippt sie aus ihren Latschen. 8) Hach, ich bin ganz aufgeregt. :D "Dulcis et Gabbanus zeigen ihre neue Kollektion! In drei Wochen! Da müssen wir hin!" =)

  • Als eine aussterbende Art hat sie schon mancher Laie betitelt. Sie selbst hatte sie als Neider abgetan. Jetzt wo sie, ja SIE in persönlicher Mission für den Cheffe unterwegs ist, könnte ihre Brust glatt schwellen. Aber sie bleibt genauso wie sonst auch, denn Venusia ist eine bescheidene Tabellarii. Sie sehnt sich nicht nach großem Ruhm oder langen Reisen ins weite, fremde Land. Nicht mehr.


    Diesen Auftrag begeht sie mit besonderer Freude. Sie kennt Empfänger wie Absender sehr gut und sie freut sich mit dem Paar. 'Reite schnell wie der Wind.' Hatte der Cheffe ihr mit auf den Weg gegeben und sie legte die Strecke von Rom aus in einem persönlichen Rekord zurück. Jetzt wo die ersten Pinienalleen sichtbar wurden, begann ihr Herzchen zu hüpfen. Wie schön es doch hier war...


    Das Anwesen erschien ihr ähnlich dieser anderen übergroßen Häuser, die vermögenden Römern gehörten. Mit geübten Blick fand sie schnell den richtigen Eingang und klopfte an. Der Türdiener schien ausgeschlafen, war ganz nach ihrem Geschmack. Jung, sportlich gebaut und ein Wuschelkopf zum Durchknuddeln. Natürlich waren das nur so Gedanken - mehr nicht.


    "Ave, Ich habe hier ein eiliges Schreiben an Decima Lucilla. Aus Rom."


    Waren ihre Worte und sie reichte dem Jungen die Rolle und wartete.





    "Salve meine liebste Lucilla,


    wie der Wind sollst du ihn tragen, werde ich zu Venusia sagen.


    Geschwind möchte ich folgen und tue es auch. Ich bereite meine Abreise nur rasch vor und nehme den schnellsten Hengst, um das Anwesen Deiner Großtante zu erreichen und hoffentlich vor den Wehen da zu sein. Wie ein Dieb muß ich mich aus Rom stehlen und meine Arbeit ruhen lassen. Aber es ist mir egal. Einzigst ein gesundes Weib und Kind soll mein Trieb sein alles stehen und liegen zu lassen. Ich hoffe Du bist gestärkt und lebensfroh, um die Geburt zu meistern. Ich bete zur Göttin der Geburt, das Deine Leiden gerechtfertigt werden und das die Freude derer weit übertrifft. Möge die große Mutter Dir dieser Tage besonders beistehen.


    Und denke immer daran, ich bin bei Dir und eile zu Dir so schnell die Hufe mich tragen können, liebste Lucilla.",


    DEIN MEDICUS

  • Schicksalsergeben nippt Lucilla an ihrem Kräutertrank als Ambrosius wieder heranwuselt und ausgezeichnete Nachrichten verkündet. Sofort ist Lucilla ganz Ohr, doch es ist nicht unbedingt, was sie erwartet hat.
    "Dulcis et Gabbanus? Oh, herrlich, da muss ich hin!"
    "In drei Wochen schon?"
    "Das wird nichts," beendet Lucilla direkt jede weitere Überlegung. "Ich kann unmöglich so nach Rom und selbst wenn das Kind heute kommt, dann ist es zu kurzfristig."
    "Ach, Luci, wenn das Kind erst draußen ist, dann geht es fix wieder aufwärts. Man kann da ja auch ein bisschen nachhelfen ..."
    "Pedu! Hier wird nicht nachgeholfen! Dulcis et Gabbanus zeigen jede Saison ihre neue Kollektion, im Frühjahr, im Sommer, im Herbst, im Winter und wenn es passt auch noch in der Zwischensaison! Mein Kind kommt nur einmal zur Welt!"
    Mit verkniffenem Gesicht schauen die jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Damen Lucilla an. So ein Kind lässt wirklich jede Frau zum Drachen werden. Aber dass es sogar Lucilla erwischen würde, dass Lucilla jemals eine Präsentation von Dulcis et Gabbanus willentlich verpassen würde ...


    In die angespannte Situation platz ein weitere Sklave. "Herrin, ein Brief, von Senator Germanicus!"
    "Was? Wo? Her damit!" Lucilla winkt den Sklaven heran und reißt ihm regelrecht den Brief aus den Händen. "Oh, Venusia. Ist sie noch hier? Ich will, dass sie gut verpflegt wird, sie soll eine kleine Stärkung bekommen, bevor sie wieder aufbricht!" Lucilla kann sich noch gut an die fleißige Postlerin erinnern. Venusia hatte schon ihren Dienst getan, da war Lucilla noch Praefecta ... lang, lang ists her.


    Dann beginnt Lucillas Herz vor Freude zu hüpfen. Avarus würde dem Brief bald folgen. Das heißt, er würde bald da sein. Außer dem Herz scheint auf einmal auch noch mehr in Lucilla in Bewegung zu geraten.
    "Oi." Lucillas Blick wird glasig. "Oh. Oh weh. Nicht jetzt ... Medicus ... oh oh ..."
    Die jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Damen schauen verwundert.
    "Was ist los, Lucilla?"
    "Ich glaube, es geht los." Ein bisschen Panik wallt in der werdenden Mutter auf. Auf einmal muss sie an die vielen, vielen Schauermärchen über Geburten denken. Andererseits, so viele, viele, noch viel mehr Mütter haben schon ihre Kinder in die Welt gebacht, da wird sie das wohl auch schaffen. Sie ist immerhin eine Decima!


    "Brosi, lauf und sag der Hebamme Bescheid! Fabulla, such Großtante Drusilla und sag ihr, dass es los geht. Ohh ... " Lucilla quält sich langsam auf, augenblicklich umringt vom Rest der jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Damen, die wie eine Schar aufgeschreckter Hühner nicht ganz wissen, was sie nun tun sollen.

  • Am späten Nachmittag erreichte Marcus das Anwesen. Staunend blickte er sich um. So einen prachtvollen Bau hat er in seinem Leben selten aus der Nähe gesehen. Er seufzte. Sorgen hatten die, die hier leben bestimmt nicht. Auf jedenfall nicht seine. Er sah auf seine leicht verschlissene Kleidung herab und beschloss, bei nächster Gelegenheit auf dem Markt etwas Neues von seinem kargen Lohn zu kaufen. Dennoch empfand er keinen Neid und ging einfach davon aus, daß die Leute, die hier wohnten, das Geld das sie hatten bestimmt mit harter, redlicher Arbeit verdient hatten.
    Er erreichte den Eingang und klopfte. Ein junger Mann öffnete die Tür. Marcus lächelte ihn an und überreichte die Schriftrolle.
    "Salve! Eine Botschaft für Decima Lucilla."


    An Decima Lucilla
    Landvilla Decima Drusilla
    ...
    Italia


    Liebe Tante Lucilla,


    wie geht es Dir?! Ist das Kind schon da? In der Acta stand es müsste jetzt bald soweit sein, ich schicke Dir all meine guten Wünsche, mögen Iuno Lucina und Deverra und Carmenta, Porima oder Postverta, und wie sie alle heissen und die Laren und Penaten Dir (euch) beistehen! Und ich wünsche Dir natürlich dass es ein Sohn wird (ist?). Bei Grosstante Drusilla bist Du ja in den allerbesten Händen, und noch dazu sind die Kinder, die jetzt um diese Zeit des Jahres im Zeichen des Merkur zur Welt kommen, ja bekannlicherweise die allerklügsten.


    Hier in Rom, hm, was gibt es von Rom zu berichten - die Ludi waren unspektakulär in letzter Zeit, die Wahlen auch... was die Mode angeht ist der orientalische Einschlag immer noch aktuell. Ja, ich bin jetzt wieder in Rom. Und zwar bei den Stadtkohorten, das hattest Du mir ja sogar schon mal vorgeschlagen. Als Optio habe ich sehr viel zu tun, Patrouillen und Ausbildung und alles mögliche. So langsam klappt das mit dem Befehle geben und Leute herumkommandieren ganz gut, sogar meine Stimme ist kräftiger geworden, am Anfang war ich ständig heiser und musste immer Salbei-Sud trinken. Was ich halt ein bisschen schwierig finde - so richtig erfolgreich ist man bei den CU selten, die Übeltäter die man schnappt sind eher die kleinen Fische, viele Leute sind misstrauisch einem gegenüber, und bei vielen der Kollegen empfiehlt sich das auch misstrauisch zu sein... Aber damit muss ich wohl leben, die CU machen ja auch viel sinnvolles.


    Sag mal, gedenkst Du eigentlich nach Rom zurückzukommen, wenn Du Dich von der Geburt erholt hast? Ich würde mich freuen!
    Und dann hab ich noch eine Frage, und zwar gibt es da einen Mann, der mir gerade ziemlich Probleme bereitet hat, wegen einer Sache von früher - aber sag das bitte keinem weiter, ich erkläre es Dir genauer wenn wir uns wieder treffen. Ich wüsste gerne ob Du ihn kennst, vielleicht über Deinen Ehemann, und mir sagen kannst wie der so drauf ist, damit ich ihn besser einschätzen kann - Germanicus Sedulus heisst der, ein Politiker der früher auch mal bei den Urbanern war, ein echt unangenehmer Zeitgenosse.


    Dann sag ich einfach mal bis bald! Ich bin schon ganz gespannt auf meinen kleinen Cousin! Alles Liebe und Gute,


    Dein Faustus

  • Mehr als vier Tage waren die Reiter unterwegs bis sie endlich zu dem Anwesen fanden. In dieser Zeit hätte ein Schriftstück locker die Wegstrecke von Rom nach Mogontiacum und wieder zurück schaffen können. Aber es war ganz einfach nicht leicht dieses -jetzt vor ihnen auftauchende- Landgut zu finden. Da waren Bauern, denen es wohl Spaß machte eine wichtig aussehende Person der Quere zu schicken so das jene in die entgegengesetzte Richtung davon ritt. In der nächsten Villa Rustica ernteten sie nur ein unwissendes Schulterzucken, später dann einen richtigen Hinweis und noch etwas danach bekamen sie auch noch einen Herbstregen ab.


    Dementsprechend gedämpft gelaunt und eher wie ein Landstreicher, denn ein Senator aussehend, ritten sie geradewegs auf die Ebene zu in deren Mitte sich ein kleiner Hügel aufwarf. Dort oben stand das Wohnhaus mit vielen Nebengelassen. Es war wohl immer wieder etwas angebaut worden.


    Wie die Prinzessin auf der Erbse dachte Avarus beim Näherkommen. War jemand da oben etwas aufmerksam würden sie die nahenden Reiter bereits entdeckt haben. Noch war es vielleicht einen knappen Kilometer bis zum Hof. Die Alleenpinien zeigten in ihrer Pracht jedoch, das sie bereits das Land der Drusilla überquerten. Kaum Staub wedelte auf, während sie den gepflasterten Weg nutzten. Einen leichten Bogen schlug dieser, um die Steigung minimal zu halten. Noch dreihundert Meter etwa, die Mauern wurden schon langsam reell groß...

  • Der Weg aus dem Garten bis in ihr Cubiculum kommt Lucilla endlos vor. Kurz spürt sie Erleichterung als sie endlich auf dem Bett liegt und die Hebamme fachkundig um sie herum wuselt.
    "Bona dea! Iuno Eileithyia! Magna mater! Warum hat mir das vorher niemand gesagt? Ist das Kind schon zu sehen? Bitte sagt mir, dass es schon auf dem Weg ist."
    "Dummerchen!" Großtante Drusilla betritt den Raum nicht einfach nur, sie erscheint wie eine alle Aufmerksamkeit in sich aufsaugende Gestalt. "Raus mit euch!" staucht sie die jungen (und nicht mehr ganz so jungen) Damen aus Rom zusammen, die sich wortlos aus dem Zimmer verkrümeln. Im Grunde sind sie doch froh, dass sie nicht länger bei Lucilla bleiben müssen. Drusilla tritt an das Bett. "Das kann jetzt Stunden dauern. Vor allem beim ersten Kind." Es hört sich an, als hätte Großtante Drusilla bei so etwas Erfahrung, als hätte sie schon dutzende Kinder mit Leichtigkeit zur Welt gebracht.
    "STUNDEN?!" kreischt Lucilla empört auf. "Ich halte das keine einzige Stunde mehr aus!"
    "Ganz ruhig, Herrin, du musst dich entspannen. Atme tief in deinen Po ein, so wie wir es in den letzten Tagen geübt haben."
    Lucilla japst nach Luft und versucht mit ihrem Atem ihren Po zu erreichen. Anfangs hat sie das für eine absolut lächerliche Sache gehalten, doch je näher der Tag der Geburt gekommen war, desto notwendiger wurde die Entspannung und desto fragwürdigere Methoden, diese zu erreichen, hat Lucilla akzeptiert. Also Einatmen bis in den Po hinein - ausatmen ...



    Etwas später ...


    "Aaahhhhahahaa! Ich sterbe! Dieses Kind bringt mich um!"
    "Weder das eine, noch das andere, Kindchen." Beruhigend tätschelt Großtante Drusilla Lucillas Hand. Langsam wird sie ungeduldig und sehr lange hat sie auch keine Lust mehr, bei der werdenden Mutter zu bleiben. Drusilla weiß genau, weshalb sie keine eigenen Kinder hat.
    "Wie lange noch?"
    "Noch ein wenig, Herrin."
    "Das sagst du schon seit Ewigkeiten, du dumme Kuh! Ich weiß ... ahhh ... uaaah..."
    "Entspannen, Herrin, tief einatmen und das Gesäß lockern ..."
    Ein Sklave platzt zur Tür herin. "Herrin, der Senator Germanicus ist da, er ..."
    "Woah! Der soll mir unter die Finger kommen!" Für wenige Sekunden ist der Schmerz vergessen. "Ich LEIDE hier für SEIN Kind, ich sterbe beinahe und er schafft es nicht einmal rechtzeitig da zu sein! ERWÜRGEN werde ich ihn, ERWÜRGEN, mir dieses Kind aufzudrücken ... aaahhhh ...." Wieder krümmt sich Lucillas Körper unter den Wehen zusammen und schnell ist auch Avarus vergessen.
    "Ich werde das erledigen, Schätzchen. Ambrosius, du bleibst hier bei Lucilla. Wenn es soweit ist, ruft mich."

  • Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus


    Großtante Drusilla hat dem Hauspersonal aufgetragen für Avarus Wohl zu sorgen und ihn direkt ins Triclinium umzuleiten. Die Sklaven haben ihm warme, feuchte Tücher gebracht, damit er sich den Staub der Reise aus dem Gesicht wischen kann, eine kleine Waschschüssel für die Hände dazu, und natürlich den obligatorischen Wein. Dann muss Avarus etwas warten. Alle Männer müssen auf Großtante Drusilla warten. Nicht etwa, weil Drusilla die Zeit braucht, um sich herzurichten, oder besser gesagt aufzudonnern, sonder weil Drusilla es genießt, wenn Männer auf sie warten müssen.


    Dann jedoch ist es soweit. Licht aus, Spot an! Decima Drusilla, Großtante Drusilla, heimliche Herrscherin des Hauses Decima betritt das Triclinium. Sie ist nicht viel größer als Lucilla, also recht klein, auch gar nicht mollig oder rundlich, und trotzdem hat es den Anschein als ob sie den gesamten Türrahmen füllt. Ihre Haare sind in einem dunklen Rotton gefärbt, mit Goldfäden durchwirkt und der monatlichen Mode folgend kunstvoll mit goldenen Spangen in die Höhe aufgesteckt. Nur die Menge der Schminke in Drusillas Gesicht betrachtend könnte man auf den Gedanken kommen, sie sei in einen Farbtopf gefallen, doch alle Pigmente sind genau dort, wo sie hin gehören, so dass ihr Makeup nicht etwa aufdringlich oder gar vulgär, sondern wie ein präzises Kunstwerk erscheint. Ihr Kleid ist eine Komposition aus teuren, dezent-bunten Seidenstoffen, die einen geschwungenen Körper verhüllen, und dort, wo sie dies nicht tun, ist straffe, blasse Haut zu sehen, die so gar nicht zu Drusillas Alter passen will. Sie sieht aus wie eine Frau, die sich auf ein rauschendes Festgelage am kaiserlichen Hof vorbereitet hat, aber nicht wie eine, die einer Verwandten bei der Geburt beisteht oder einfach nur einen ganz normalen Tag auf ihrem Landgut verbringt.


    Ganz nebenbei ist Decima Drusilla dazu die ideale Verkörperung der römischen Matrone, und das obwohl Decima Drusilla überhaupt keine Matrone ist. Obwohl sie bereits einige Ehemänner verschlissen hat, wusste sie immer ganz genau, wie eine Frau es anstellt, keine Kinder zu bekommen. Dass Germanicus Avarus ihre kleine Lucilla dazu gebracht hat, ihre guten Ratschläge zu ignorieren und sich auf ein Kind einzulassen, das nimmt sie dem Senator krumm.


    "Salve, Avarus", begrüßt sie diesen als würden sie sich schon seit Jahren kennen und genießt sichtlich den Umstand, dass Avarus auf der Kline sitzend kleiner ist als sie selbst stehend. "So lernen wir uns dann also endlich auch einmal kennen." Eine Spur von Vorwurf schwingt in ihrer Stimme mit. Natürlich ist sie nicht nach Rom gekommen, weder zur Hochzeit noch danach. Doch in Drusillas Welt ist immer alles die Schuld der anderen, vor allem der Männer. Avarus hätte schließlich schon vor der Hochzeit bei ihr vorstellig werden müssen.


    In einer gekonnten Schwingung schwebt Drusilla auf die Kline des Gastgebers herab, zieht ihre Füße auf die Liege und positioniert sich beinah lasziv in den Kissen. "Ich habe ja schon so viel über dich gehört."

  • Den Adlerhorst zu betreten, hatte Germanicus Avarus bereits einen kleinen Schauer über den Rücken gejagt. Jetzt wo er mit sauberer Miene und gereinigten Händen auf weiteres wartete -natürlich hoffte er Lucilla zuerst zu begegnen- schaute er sich eher konstruktiv, denn staunend um. Ein großes Haus wie es so viele in seinem Umfeld gab. Etwas bunter als vielleicht in der Stadt, aber ansonsten warf es ihn nicht von der Kline. Ganz anders, als die Zeit des Wartens durchbrochen war. Er hatte gerade so am Wein genippt als er Schritte hörte und instinktiv den Becher von sich stellte. Die Tür wurde durch eine ihm fremde Frau gefüllt. Aus der Hülle der Fülle an Extravaganz konnte das nur die Hausherrin sein. Ganz wie befürchtet hütete sie das Nest mit ihren Argusaugen. Zog die Aufmerksamkeit auf sich. Eine ältliche Dame in ihrem Element. Das hätte schon für einen Stöhner gereicht, aber natürlich beherrschte sich der Senator. Er erhob sich nicht, denn für den Moment war er geschockt. Hoffte förmlich, das Lucilla nicht auch irgendwann ihre natürliche Schönheit derart zukleistern würde. Aber vielleicht war Drusilla auch nicht schön?! Bevor er dies zuende denken konnte, pratschte jene Decima bereits auf der Gastgeberkline.


    "Salve Drusilla." Antwortete er genauso vertraut. "So lernen wir uns kennen, ich habe ja auch schon etwas von dir gehört." plapperte er nur nach. Er hatte eigentlich keine Lust darauf diese Tante, von der Lucilla schon immer zuviel redete, auch noch kennen zu lernen. Zwar war er sonst nie so abwägend nach dem Äußeren gegangen. Hier aber läutete eine Glocke, die sagt 'Achtung diese Kreuzspinne beginnt dich einzuweben.' Für den Moment erschein keine weitere Person im Raum. Für den Ehemann ist es ein Anzeichen, ob gut oder schlecht? Er ist überrumpelt worden. Wahrscheinlich so eine Eigenart bei den Decima Matronen (und jenen die es jeher werden wollten). Avarus lenkt das Thema in seine Richtung, versucht es zumindest.


    "Du hast meine Frau in diesem Haus aufgenommen, damit sie in Ruhe unser Kind zur Welt bringen kann. Dafür bin ich dir sehr dankbar."


    Er macht eine kleine Pause. Es mußte fast so klingen, als hätte es kein anderen Hof außerhalb Roms gegeben. Das dem nicht so war, hatte die Großtante Drusilla sicherlich auch gehört. Ebenfalls war es wohl bekannt, wo der Senator seine Reichtümer verwaltete und so käme es ungünstig bei einer verzögerten Kindesanreise im kühlen Germanien zu sitzen bzw. nach der Geburt die aufregende, wie gefährliche Fahrt über das Mare Internum zu unternehmen.


    "Lucilla geht es gut?"


    Lieber erstmal nur eines fragen. Avarus war sich irgendwie unsicher in der Gegenwart des Drachens. Wahrscheinlich war ebenfalls, das jene ihn lieber mit anderen Themen langweilte. War dem so verhieß das allerdings nichts Gutes und der Ehemann würde sich beträchtliche Sorgen machen. Noch immer hoffte er natürlich rechtzeitig zu kommen. War nur derart ungünstig angereist, weil die Frau gerade ein Schläfchen hielt. So in der Art...

  • Ein Sklave wuselt herein und bringt Drusilla einen mit frischem Traubensaft versetzten neuen Wein, was zusammen ein ziemlich süßes Gemisch ergibt, ganz so, wie die Decima-Damen es lieben. Genüsslich lässt sie sich den ersten Schluck die Kehle hinunter rinnen und ignoriert Avarus für einen Moment völlig.
    Dann winkt sie gönnerhaft ab. "Papperlapapp, du vergisst wohl, dass Lucilla schon viel länger meine Nichte als deine Frau ist." Womit nach ihrem Verständnis Drusilla das ältere Recht auf Lucilla hat.
    "Sie saß schon auf meinem Schoss, da hast du dir gerade die ersten Bartstoppel abrasiert." Womit das ältere Recht noch einmal bekräftigt und mit einem Seitenhieb auf Avarus Alter garniert wird.
    "Da ist es nur natürlich, dass sie ihr Kind in meiner Nähe zur Welt bringt, zudem sind hier die besten Voraussetzungen gegeben, dass es beiden gut geht." Und noch ein Schlag gegen den Ehemann, als würde er es nicht schaffen, dass es seiner Frau und dem Nachwuchs gut geht. Dass Lucilla bei all dem natürlich ihre ganz eigenen Überlegungen hat, ist für Drusilla völlig nebensächlich. In ihrer Welt gibt es nur ihre Überlegungen.


    Der Blick der Großtante schweift abschätzend über Avarus hinweg. Groß ist er, aber aus Drusillas Sicht sind fast alle Menschen groß. Ein bisschen Gewicht trägt er auch mit sich herum, doch gegen einen Wohlstandsbauch hat Drusilla nichts einzuwenden. Es zeigt immerhin, wie auch die Qualität seiner Kleidung, dass er nicht nur Geld hat, sondern auch bereit ist, es auszugeben.
    "Bis vor ein paar Minuten ging es Lucilla noch den Umständen entsprechend gut. Die Wehen haben eingesetzt, das Kind kann jeden Moment kommen."

  • Schon die zähflüssige Masse läßt den Senator schaudern. Der Diener befüllt zum Glück nur einen Becher, den der Hausherrin. Germanicus Avarus nutzt die entstehende Pause, um sein Gegenüber zu beobachten. Er fragt sich wie dieses Zeugs auch noch schmecken kann, würde es aber auf keinen Fall probieren wollen. Er hatte es fast erwartet, wie sich Drusilla gibt. All die Geschichten und Erzählungen über sie begannen lebhaft zu werden. Er mußte an sich halten nicht zu sehr zu grinsen. Ein aufgelockertes Gesicht war jedoch immer besser als ein Verbiestertes. Ihre Seitenhiebe steckte er ebenfalls gut weg. Immerhin war ihre Lucilla jetzt seine Lucilla und er würde die paar Tage unter den Fitichen von Großtante Drusilla auch überleben. Egal wie zänkig sie sich gab. "Das Landleben sind durchaus die besten Voraussetzungen. In Rom möchte ich auch keine Kinder gebären müssen." Das sie beide dies nicht(mehr) würden, ließ den Zusammenhang belanglos erscheinen. Er weil er als Mann einzigst für den Charakter des Kindes verantwortlich war und sie - nunja das Alter eben-.


    'Die Wehen haben eingesetzt' Ein Moment wo jeder grünbübliche Vater hektisch aufspringen würde, auf dem Weg ins Mutterzimmer allerlei Tische, Vasen oder Sonstiges mitnahm, um dann die volle Pracht weiblicher Giftentfaltung über sich ergehen zu lassen. Für den Germanicus war es nicht das erste Kind. Er war bei den Anderen zwar nie dabei gewesen. Hier in diesem Zimmer auf dem Landgut der Decima-Großtante fand er sich aber auch ausreichend dabei. "Das ist gut, sie wird sadam und gomora schimpfen, auch dies ist bestens. Ich will sie sehen, wenn die ersten Wallungen nachlassen." Legte er fest und trank ein Schlückchen.

  • Vielleicht ein bisschen unerwartet beginnt Drusilla über Avarus Scherz über das Kindergebären in Rom lauthals zu lachen. Natürlich lacht sie schrill und übertrieben, ganz so, wie man es erwarten würde. Das Lachen übertönt Avarus nachfolgende Pause, als er realisiert, dass das Kind schon auf dem Weg ist, und verstummt erst als sich Drusilla einen weiteren Schluck von ihrem Getränk den Hals kippt.


    "Aber natürlich," wieder ganz die Gönnerhafte schnippt die Großtante einen Sklaven heran. "Bereite für den Senator ein Zimmer vor." Und wieder zu Avarus gewandt. "Du kannst hier so lange bleiben, wie du möchtest." Drusilla kann freigiebig sein, denn sie weiß um die vielen Aufgaben, die Avarus schon bald nach Rom zurück ziehen werden.
    "Vielleicht möchtest du dich ein wenig frisch machen und ausruhen? Ich werde dir Bescheid geben, sobald das Kind die Welt erblickt." Dann würde der Vater immer noch genügend Zeit haben, rechtzeitig zu kommen, und sie müsste sich nicht allzu lange mit ihm hier abmühen. Drusilla ist ein wenig ruhelos wegen der Geburt und langweilige Gespräche mit dem langweiligen Senator - denn für einen solchen hält sie ihn, sind so gar nicht das, was sie nun braucht. Eine Fußmassage wäre das Beste.


    "Ruft Castor!" befiehlt sie in schnippischem Ton einem herumstehenden Sklaven. Castor ist der Mann, der an ihren Füßen alles kann, und es sieht fast so aus, als hätte Drusilla Avarus schon wieder aus ihrem Bewusstsein verdrängt.

  • Äußerst unerwartet und vorallem unschön ist das Lachen, das der Senator nun ohne regung über sich ergehen läßt. Eine wirklich drohnenhafte Dame, denkt er und beläßt es dabei. Er kann nur zu gut verstehen, das ihr Mann nach einer wahrscheinlich nur kurzen Liebesnacht das Weite in Rom suchte. Ihr Einfluß muß schon enorm sein, das ein aufstrebender Senator all das viele Geld in Großtante Drusilla pumpt und sie auf seinem Landgut hält. Doch sicherlich ist es bei dieser Frau anders herum. Sie sucht sich ein reiches Opferlamm, füttert es an und schlägt dann erbarmungslos zu. Avarus fröstelt ein wenig bei dem Gedanken und ist wieder bei ihren Worten angekommen.

    "Ein Bad, ja das ist genau das Richtige jetzt. Du hast doch Lavendelblüten, Rosenblätter und Jasmin im Haus?" Er wartet nicht ab, bis sie diese Anfrage verarbeitet hatte, sondern fügte hinzu: "Die Sklaven sollen mir ein warmes Bad einlassen. Ich danke dir für das Zimmer und ziehe mich vorerst zurück. Wenn Lucilla nach mir ruft, dann unterrichte mich ebenfalls. Möglich, das sie neben den Frauen auch ihren Gatten an der Seite haben will." Soviel wollte er seiner Ehefrau zugestehen. Mit Sicherheit würde es die Großtante allerdings zu verhindern wissen, das sie ihre mütterliche Rolle bei der Geburt an den Senator und Ehemann verlor.


    Germanicus Avarus erhob sich und ließ sich durch einen Sklaven geleitet die Räumlichkeit zeigen. Wenig später würde man ihn informieren, das das Bad fertig wäre. Bis dato las er einfach einige Seiten...

  • Da der Legatus zur Zeit auf dem Landgut aufhielt, beauftragte mich der Praefectus Vehiculorum von Italia, einen Brief für seinen Vorgesetzten dorthin zu bringen.



    An Medicus Germanicus Avarus
    Landvilla Decima Drusilla
    ...
    Italia


    Salve Legatus,


    anbei schicke ich dir das Antwortschreiben des Proconsul von Hispania, Marcus Vinicius Hungaricus. Der Transport der Pferde, wofür du mir den Auftrag erteilt hattest ist reibungslos vonstatten gegangen.


    Warum ich dir jedoch schreibe ist ein anderer Grund. Ich bitte dich, mich aus dem Dienst des Cursus Publicus zu entlassen. Da ich seit kurzem in den Stand der Eques aufgestiegen bin, möchte ich nun die erste Stufe der ritterlichen Karriere beschreiten.
    Ich hoffe du kommst meiner Bitte nach.


    Die Mansionis des Cursus Publicus übergebe ich dir in einem geordnetem Zustand. Auch der neue Tabellarius hat sich gut in seine neue Arbeit eingefügt.


    Mögen die Götter nie von deiner Seite weichen.


    Vale


    Decimus Annaeus Varus








    ~Roma~
    ANTE DIEM IV ID OCT DCCCLVIII A.U.C. (12.10.2008/105 n.Chr.)


    An Medicus Germanicus Avarus
    Legatus Augusti cursu publico


    Salve alter Freund,


    ich möchte dir auf diesem Wege herzlich für dein Geschenk danken, du kannst dir sicher sein, daß diese außerordentlich schönen Exemplare bei mir keinen Mangel zu leiden haben. Wenn du eines Tages etwas von mir benötigst, zögere nicht, mich zu verständigen.
    Ich hoffe außerdem, daß deine Frau ihre Niederkunft gut überstanden hat und du Vater eines prächtigen Sohnes geworden bist.


    Vale bene,


    M. Vinicius Hungaricus

  • Derweil im Zimmer der werdenden Mutter:


    "Bona Dea .. Bona Dea ... BOOOONA Dea ..." Stoßweise presst Lucilla nicht nur den Atem aus ihren Lungen, sondern auch ein Kind aus ihrem Körper. Hofft sie zumindest.
    "Iuno, Herrin, Iuno Lucina! Und weiter so, pressen!"
    "Iuno ... IUNO ... Iuno LUCINA ... Iuno ... Ahh ... Bon..äh..Iuno! Iuno!"
    ""Ja, gut so, Herrin, gut so. Da ist schon das kleine Köpfchen."
    Lucilla will schon aufseufzen, aber mit dem kleinen Köpfchen ist es leider noch nicht getan, wie eine neuerliche Wehe ihr schmerzlich klar werden lässt. "Iuuuuuno ... Iuno ... Iuno Lucinaa ... Iuno ...!"


    Mit einem rythmischen Trommelschlag, einer Rassel und einem griechischen Eunuchen-Chor im Hintergrund hätte Lucillas Iuno-Song vielleicht sogar Chancen beim diesjährigen "Imperium Romanum sucht den Superstar" in die engere Auswahl zu kommen, doch leider wird sie wegen der ganzen Glückshormone nach der Geburt schon wieder den Rhythmus vergessen haben. Bleiben also leider nur noch Chancen bei "Die Supermatrone", denn um die dortigen Zulassungsbedingungen zu erfüllen, wird gerade die letzte Hürde überwunden.


    In ihrer Vorstellung hat Lucilla immer einen Ton erwartet, wenn das Kind zur Welt kommt. So etwas wie das "Plöpp", wenn der Korken aus der Weinamphore springt. Oder ein "Swusch", wie beim Ziehen eines Gladius aus der Schwertscheide. Oder ein "Palimpalim", wie die Türglocke in Armanius Nobelladen in den Mercatus Traiani. Ein Klatschen wie eine Ohrfeige hätte sie aber nicht erwartet. Auch nicht, dass hinterher ein Kind zu Kreischen anfängt. Zum Glück bekommt Lucilla nicht mit, dass das Geräusch von der Hebamme stammt, die dem Kleinen auf den Hintern patscht, damit es anfängt zu atmen. Andernfalls wäre die Hebamme noch am nächsten Tag einen Kopf kürzer, denn niemand wird je Lucillas Kind schlagen, ohne es mit ihr zu tun zu bekommen, soviel steht fest.


    "Ein Junge, Herrin, es ist ein Junge!"
    "Uff." Lucilla lässt sich auf dem unbequemen Gebärstuhl zusammen sinken. Die Welt kommt ihr auf einmal so leicht vor, so herzig und knuffig. Lucillas normales Dauerlächeln, das ihr in den letzten Stunden abhanden gekommen ist, zeigt sich und weitet sich schlagartig zu einem Grinsen über beide Ohren. Würden Glückshormone rot leuchten, dann würde die ganze Lucilla in diesem Augenblick wie der Lavastrom eines Vulkanausbruchs glühen.


    Eine Sklavin hilft Lucilla zurück ins Bett, die verzweifelt versucht, einen Blick auf ihr Kind zu erhaschen. Allerdings wird dieses erst einmal von der Hebamme von dem vielen Blut befreit. Dann endlich schwebt das ,kleine verknautschte und verkniffene Gesicht wie das Antlitz eines kleinen Armors vor Lucilla, als die Hebamme endlich das Kind anbringt. Der Vulkan explodiert nun und Lucillas Grinsen versucht die Grenzen ihres Gesichtsfeldes zu sprengen.


    Und dann geschieht es. Das, was mit allen Müttern geschieht. Das, wovor sich alle Noch-nicht-Mütter fürchten.
    "Aiaiai... duziduzi ... mein kleiner Germanikussikussi ... oioioi, bist du ein Süßer."


    Völlig verzückt von ihrem kleinen Germanischatziputzipatzikussi vergisst Lucilla die Welt um sich herum völlig. Zum Glück fällt aber einer Sklavin ein, dass nicht nur ihre Herrin Drusilla benachrichtigt werden sollte, sondern auch der mittlerweile angekommene Vater. Sie eilt daher davon, um beide zu unterrichten - und zu ihrem großen Fehler fängt sie bei Avarus an und geht erst dann zu Drusilla weiter.

  • An einem anderen Tag als der Geburt seines Sohnes traf Venusia als Bote aus Rom ein. Der Senator nutzte die letzten Sonnentage, um auf der Terasse des Anwesens immer liegen gebliebene Schriftstücke durchzusehen. Lucilla und der kleine Germanikuss erholten sich von den Strapatzen. Spendabel zu sein, war hier besonders einfach, denn Germanicus Avarus brauchte nur den Sklaven anweisen stark verdünnten Wein, etwas Brot und Käse sowie Trauben und Obst zu bringen. Derweil ließ er die Tabellarii der ersten Stunde (seiner beginnenden Dienstzeit gerechnet) erzählen, was es so neues in der Stadt Rom gab. Tratsch und Klatsch, Ernennungen oder Senatsbeschlüsse alles konnte angerissen werden und wurde aus der Sichtweise der Tabellarii Iulia Venusia erzählt. Der Germanicus hörte aufmerksam zu fragte hier und da nochmal nach oder ließ sich Einzelheiten berichten.


    Erst Stunden später konnte sich die Postreiterin des Cursus Publicus wieder auf den Weg zur nächsten Postwechselstation, auch Mansiones genannt aufmachen. Der Senator war informiert und er hatte die beiden Briefe angenommen. Erst nachdem er den Verlust des PV's von Italia verarbeitet hatte, wollte er zurückschreiben. Doch bis dato konnten schon ein zwei Wochen vergehen. Es wunderte ihn, das dieser Wechselwunsch nicht angesprochen wurde, als er noch in Rom weilte. Wie so oft schafften die Buben es nicht ihm unter die Augen zu treten. Warum nur?

  • Nach dem Bad ist vor dem Bad.


    Erst ein wärmendes Becken mit nassem Inhalt, dann eine sanfte Liege zum Dösen. Die Reise war beschwerlicher als angenommen. Wahrscheinlich weil sie so überhatzt und ungeplant vor sich ging. Ohne Wissen einen Platz in der abendlichen Schänke zu bekommen -mal davon abgesehen, das ein Senator immer ein angemessenes Bett bekommt- reist es sich garnicht so entspannt.
    Als die Sklavin kam, war es schon sehr spät geworden. Avarus jedoch sprang auf wie ein junger Hüpfer. Merkte schnell, das es zu schnell war und machte sich so leicht humpelnd zum Bad der Gefühle auf.


    Er betrat den Raum, der in einen wärmenden Ton der Öllampen gehaucht war und kümmerte sich zuerst um die Mutter. Der Kleine würde es ihm später nicht vorhalten können, das er nicht zuerst dran war. "Lucilla, oh du schaust gut aus. Wirklich, die Geburt hat dir nicht geschadet. Ruh dich aus. Ich freue mich so, das ihr beide diesen Moment der Trennung gesund überstanden habt."


    Dann kommen die sanften, rauen Hände des Senators. Er hebt den kleinen Wurm hoch und grinst über beide Ohren. "Oioi ein Junge, na du? Jaa da guckst du. Ich P-A-P-A." Medicus grinst ihn an und knuddelt dem Kleinen die Nase. Die Hände setzen ihn schließlich zurück zur Mutter auf's Laken. Dann hockt er sich daneben auf die Bettkante und streichelt dem Buben über den Bauch. "Aiaiai... duziduzi ...Germanikussi" 8)

  • "Medicus!" ruft Lucilla erfreut und erstaunt aus, denn sie hat schon völlig vergessen, dass er während der Tortur auf dem Landgut angekommen ist. Überhaupt hat sie die ganze Tortur völlig vergessen. "Ein Germanicus kommt selten allein" kichert sie und hebt das Baby Avarus entgegen, als er es aufnimmt.
    "Ist er nicht allerliebst?" Ganz verzückt beobachtet sie den Herrn Papa, wie auch er gleich mit aiaiai und duziduzi beginnt - so ein Kind vereint eben auf allen Ebenen.
    Voller Glückseligkeit strahlt sie von dem Kleinen zu Avarus zu dem Kleinen und wieder zurück. "Du musst ihm einen Namen geben, Medicus." Im Fall eines Sohnes ist das so. Wäre es eine Tochter gewesen, hätte Lucilla ihren Namen schon bei der Geburt ausgeschrieen, aber der Sohn gehört ganz dem Vater. Lucilla grinst breit. "Germanicussi gilt nicht."

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