Am Ende der Entspannung


  • Kurz nach dem Aufstehen, hatte ich beschlossen, den öffentlichen Thermen einen Besuch abzustatten. Aus unzähligen Berichten von Freundinnen und Bekannten, war es mir zu Ohren gekommen, daß die thermae über besonders fähiges und was noch viel wichtiger war, über ansprechendes Personal verfügte. Es ging doch nichts über einen begnadeten Masseur, der nicht nur wußte, was er mit seinen Händen zu tun hatte, sondern auch noch die Staue eines Adonis besaß.
    Ylva begleitete mich. Auch wenn ihre Talente vielseitig waren, so verzichtete ich doch besser darauf, von ihr massiert zu werden. Nein, diese überaus wichtige Aufgabe wollte ich doch lieber einem Profi überlassen! Aus sicherer Quelle wußte ich, an wen ich mich zu wenden hatte. Minos hieß der Gute und ich hoffte inständig, sein Name würde halten, was er versprach! Minos würde mich erwarten, nachdem ich dem frigidarium entstiegen war. Doch bis dahin sollten noch einige reizvolle Stunden vergehen. Das Beste kommt erst zum Schluß, sagte meine Ziehmutter immer, und ja, sie hatte recht damit!


    Meine Sklavin war mir beim Auskleiden behilflich gewesen. Im apodyterium verstaute sie meine Sachen in einer der dafür vorgesehenen Nischen. Während meines Bades hatte sie die Aufgabe, über meine Wertsachen zu wachen. Mit meinen hölzernen Badeschuhen, den notwendigen Badeutensilien und der entsprechenden Badekleidung einer Dame, betrat ich das caldarium. Mein Körper reagierte sofort auf die Hitze, die in diesem Raum herrschte. Mit einem Seufzer ließ ich mich in das warme Wasser gleiten. Wie wohltuend es doch war. Gelegentlich übergoß mich einer der Sklaven mit warmem Wasser. Ewig hätte ich dort verweilen können, wäre mir die Wärme mit einem mal nicht zu viel geworden.
    Nachdem ich eine Erfrischung zu mir genommen hatte, begab ich mich in das tepidarium, in dem eine etwas mildere Wärme herrschte. Dieser Raum diente alleine dazu, um den Übergang ins frigidarium etwas angenehmer zu machen. Dort angekommen, ließ ich es mir nicht nehmen, ins kalte Wasser zu springen. Das hatte ich schon in Kindertagen gerne getan und es ließ sich mir einfach nicht austreiben. Nachdem ich mich ausreichend abgekühlt hatte, trat ein Sklave an mich heran und reinigte mich, indem er meinen Körper erst mit Öl einrieb und dieses dann mittels eines strigilis mit samt dem Schmutz wieder abschabte.
    Und dann endlich kam- ja ganz richtig- Minos, mein griechischer Held. Ein vom Parthenon herabgestiegener Halbgott, lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet, welcher, wenn man genau darüber nachdachte, auch überflüssig war. Sein braungebrannter muskulöser Körper, die kräftigen Hände und seine kurzen schwarzen Locken regten meine Phantasie an. Oh, wie hatte ich mich auf diesen Moment gefreut! Seine strahlendweißen Zähne blitzen kurz auf während er lächelte, als er mich kommen sah. Er verbeugte sich kurz und sagte fragend "Domina Flavia?" Ich nickte freudestrahlend "Genau die bin ich!" Er geleitete mich zu einer Bank, auf die ich mich legte. Sogleich begann er mit seinen göttlichen Händen, wonach es mich verlangte. Oh ihr Götter! Es war lange her, seit ich mich in solch vollkomme Entspannung genießen durfte. Für mich war klar, dies war nicht mein letzter Besuch… Oh, Minos, mein Stier, wie gerne hätte ich ihn mit nach Hause genommen! Wahrscheinlich verfügte er noch über viel mehr ungeahnte Fähigkeiten, die hier leider im Verborgenen bleiben mußten. Viel zu kurz war jener Genuß. Dummerweise hatte ich nur für eine Stunde bezahlt!
    Mit einem entspannten und leicht verträumten Gesichtsausdruck ging ich zurück zum apodyterium, wo meine Ylva auf mich wartete. Sie hatte die Zeit damit verbracht, indem sie das eine oder andere Schwätzchen mit den anderen Sklaven hielt. Auch eine Möglichkeit, den Tag zu verbringen.
    Sie tat, was sie immer zu tun hatte. Nach dem Ankleiden widmete sie sich meiner Frisur. Aus irgend einem Grund dauerte es diesmal länger, als sonst. Aber ich sagte nichts, mir war es gleich. In meinem Geiste war ich immer noch bei Minos und seinen begnadeten Händen. Irgendwann waren wir bereit, zu gehen. Einige der Sklaven sahen mich so unverschämt an und grinsten. Unter normalen Umständen hätte ich ihnen den Marsch geblasen, doch nicht heute. Minos hatte mich noch in seinen Fängen und so ließ ich es durchgehen.
    Mehrere Stunden waren während meines Thermenbesuches vergangen. Auf dem Vorplatz blieb ich stehen, um darüber nachzudenken, was ich jetzt noch mit dem Rest des Tages anfangen sollte. Richtig Lust, um nach Hause zu gehen hatte ich nicht. Aber was konnte man den noch unternehmen? Und vor allem mit wem?


    Sim-Off:

    Reserviert! ;)

  • Mehrere Stunden hatte Ursus nun auf dem Forum zugebracht und in unzähligen Gesprächen und Diskussionen wieder einiges von dem aufgeholt, was er während seiner Abwesenheit verpaßt hatte. Es hatte sich schon einiges getan in dem einen Jahr. Natürlich vor allem durch den neuen Kaiser und seine Vertrauten. Besonders dieser Salinator gab den meisten hier Rätsel auf. Er tat ja nicht besonders viel, soviel man hörte. Doch der Kaiser hatte ihn nun als Praefectus Urbi eingesetzt, also als sein Stellvertreter, und er war praktisch ständig an der Seite des Kaisers. Das gab den Leuten natürlich schon zu denken.


    Wie dachte wohl Vinicius Hungaricus darüber? Er war anscheinend einfach abgesetzt worden, niemand hatte etwas davon gesagt, daß er nun einen anderen hohen Posten bekleidete. War sein Stern am Ende am sinken? Das konnte sich Ursus eigentlich nicht vorstellen. Der Vinicier hatte auch ohne solch einen Posten großen Einfluß und unzählige wertvolle Kontakte.


    Langsam schlenderte Ursus durch die Straßen, kam an den Thermen vorbei und blieb unwillkürlich nachdenklich stehen. Die Frauenzeit müßte doch eigentlich mittlerweile vorbei sein, oder? Eigentlich wäre es nicht das schlechteste, zu baden, vielleicht eine Massage zu nehmen oder auch mal wieder einen kleinen Ringkampf zu wagen. Er war fit wie noch nie zuvor durch seinen Militärdienst. Jetzt würde er wohl so manchen in den Sand schicken, der früher für ihn unbesiegbar gewesen war.


    So stand er nachdenklich auf dem Vorplatz, wobei sein Blick eher zufällig auf zwei Frauen fiel. Die eine unübersehbar eine Dame, die andere vermutlich ihre Sklavin. Doch irgendwie wirkte die junge Dame derangiert, zumindest hatte sie eine recht wüste Frisur, und unschlüssig. Als wüßte sie nicht recht, wie es weitergehen sollte. Einen Moment zögerte Ursus. Es war vielleicht ein wenig dreist, sie einfach anzusprechen. Doch... sie war sehr schön. Und mit etwas Phantasie konnte man schon annehmen, daß sie vielleicht in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte und Hilfe benötigte. Ja genau. So derangiert brauchte sie bestimmt Hilfe. Ein guter Grund, ein sehr guter Grund.


    Ursus trat also einfach auf die junge Dame zu. "Salve. Bitte verzeih, daß ich Dich so einfach anspreche. Doch... brauchst Du vielleicht Hilfe? Ist Dir etwas zugestoßen?", fragte er in besorgtem Tonfall. "Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Titus Aurelius Ursus ist mein Name." Er deutete ganz leicht eine Verbeugung an. Auf keinen Fall zuviel, immerhin wußte er ja noch nicht, wer sie war.

  • Immer noch unschlüssig, was jetzt zu tun war, sah ich mich um. Sollte ich noch ein wenig einkaufen gehen? Ach nein, das war langweilig! Oder eine Kleinigkeit essen gehen? Alleine machte so etwas nur halb so viel Spaß! Im Circus war zur Zeit auch nicht viel los. Ich seufzte. Nun lebte ich schon am Nabel der Welt und trotzdem wußte ich nicht recht, wie ich mir die Zeit vertreiben konnte! Oder sollte ich doch besser zur Villa zurückkehren und einmal wieder der Bibliothek einen Besuch abzustatten. Ach nein, das konnte ich doch jeden Tag machen. Jetzt war ich in der Stadt und jetzt wollte ich auch etwas erleben!
    Eigentlich dachte ich an nichts böses, nichts was mich in irgendeiner Weise irritieren konnte. Fast hatte ich mich schon entschlossen, doch noch Gucchius einen Besuch abzustatten und etwas Geld auszugeben, als urplötzlich dieser Mann vor mir auftauchte, der mein Idyll mit einem Mal zunichte machte, indem er mich ansprach. Ich verstand erst nicht recht, was er eigentlich von mir wollte. Sah ich etwa so hilflos aus oder machte ich etwa den Eindruck, Opfer eines Verbrechens geworden zu sein? "Wie bittte, was, wer ich?" Der Mann machte nicht unbedingt den Eindruck, als wolle er sich mit mir einen Spaß erlauben. Aber irgendetwas mußte ihn doch bewogen haben, mich anzusprechen.
    "Nein, ich denke, ich brauche keine Hilfe. Besten Dank auch!" Dann stellte er sich vor und ich traute kaum meinen Ohren. Schon wieder ein Aurelius! Das war doch wirklich seltsam! Wenn ich in dieser Stadt jemandem begegnete, dann war es mit Sicherheit einer der Aurelier. Nunja Aurelier gab es ja viele. Ich fragte mich, ob er näher mit den mir bekannten Aureliern verwand war.
    "Sehr angenehm! Mein Name ist Flavia Celerina. Entschuldige wenn ich so aufdringlich bin, doch bist du mit Corvinus von den Aureliern verwand?"

  • Sie sah auf seine Frage hin verwirrt aus. Aber nicht unbedingt wie jemand, der in Not war. Eher, als hätte er sie aus tiefen Gedanken gerissen. Und tatsächlich wehrte sie sein Hilfeangebot sogleich ab. Sehr schade aber auch. Doch mit ein wenig Glück ließ sich nun wenigstens ein Gespräch anknüpfen. Dann stellte sie sich als Flavia Celerina vor und das zauberte ein strahlendes Lächeln auf Ursus' Gesicht. "Du bist eine Flavia? Sehr erfreut, Dich kennenzulernen, Flavia Celerina. Ich war eindeutig zu lange von Rom fort. Sonst hätten wir uns gewiß schon kennengelernt. Immerhin besteht eine tiefe Freundschaft zwischen unseren Familien", stellte er erfreut fest.


    "Und ja, ich bin mit Corvinus verwandt. Genau genommen ist er mein Onkel, auch wenn wir altersmäßig nur wenig auseinander sind. - Entschuldige bitte, ich wollte nicht dreist oder frech sein. Doch Du machtest gerade einen leicht verlorenen und... naja... also einen verlorenen Eindruck." Wie sagte man einer hübschen jungen Frau, daß ihre Frisur zerzaust war? Eigentlich gab es keine Möglichkeit, so etwas zu sagen, ohne daß sie sich beleidigt fühlen mußte.

  • Mit einem Mal waren alle meine Sorgen und Nöte wie fort gewischt! Der bis dahin unbekannte Mann, der mich einfach so angesprochen hatte, erwies sich als ein interessanter Gesprächspartner. "Ja unsere beiden Familien verbindet so einiges", sagte ich lächelnd, zumal mich selbst schon die Freundschaft mit Minervina verband und auch gegen Corvinus´ Gesellschaft war ich nicht im geringsten abgeneigt. Als er nun erläuterte, wie er im Stammbaum der Aurelier verwurzelt war, staunte ich. "Ach ja wirklich? Corvinus ist dein Onkel? Das ist aber sehr interessant! Ich wußte gar nicht.. Du sagtest, du wärest lange fort gewesen von Rom! Wohin hat es dich denn verschlagen, wenn ich fragen darf." Ich trat etwas näher heran, damit ich mich besser mit ihm unterhalten konnte. Geschichten aus fremden Ländern oder Städten mochte ich besonders gerne. Ich stellte mir dann immer vor, wie es dort war, auch wenn ich selbst noch nicht an jenen Plätzen gewesen war. Es war doch etwas anderes, wenn man nur die Beschreibungen fremder Länder aus Büchern kannte. Dann war mir ein Bericht aus erster Hand viel lieber. Doch auf die Dauer war das simple herumstehen äußerst unbequem. Unauffällig sah ich mich nach einer Möglichkeit um, wo man sich setzen konnte und sich ungestört unterhalten konnte. Dabei fielen mit gelegentlich Passanten auf, die mich so seltsam ansahen. Einige gristen auch und ich fragte mich, weswegen grisen die so blöde? Doch davon ließ ich mich nicht weiter stören. "Sollen wir uns nicht irgendwo setzen?"

  • Nun schien er ja ihr Interesse doch noch richtig geweckt zu haben. Wenn auch leider nur über Corvinus. Aber immerhin besser als gar nicht, nicht wahr? "Ja, er ist tatsächlich mein Onkel. Mein Vater war sein Bruder, wenn auch der wesentlich ältere Bruder. Demnach kennst Du Corvinus bereits?" Eine überflüssige Frage. All ihre Worte, ihr ganzes Verhalten, zeugte davon. "Ich war für ein Jahr in Germanien. Als Tribun. Und es war auch gar nicht übel dort, nur ist man in solch einer Provinz entsetzlich abgeschnitten von allen Neuigkeiten. Bis sie dort ankommen, sind sie veraltet. Und es schaffen auch nur die Hälfte aller Neuigkeiten bis dort." Er lachte. Ob sie das wirklich interessieren würde? Hoffentlich langweilte er sie nicht nur.


    "Nun, ich finde die Idee mit dem Setzen wirklich nicht schlecht. Ein Stück die Straße dort hinunter gibt es ein angenehmes Lokal mit gutem Wein und kleinen, aber leckeren Mahlzeiten. Man kann dort gut draußen sitzen. Im Schatten. Wollen wir dort hingehen?" Er bot ihr galant seinen Arm an. Sicher wäre es besser, wenn sie Begleitung hätten, doch wenigstens war diese Sklavin dabei. Das mußte für heute eben genügen.


    "Bitte verzeih mir die vielleicht etwas... dreiste Frage. Doch... ist Deine Frisur eine neue Mode, die ich einfach noch nicht kenne?" Auch das konnte natürlich sein, er war ein ganzes Jahr fort gewesen und die Mode trieb manchmal die eigenartigsten Blüten. Allerdings hatte er noch keine andere Frau gesehen, die so frisiert war. Im Gegenteil, schienen einige Passanten recht amüsiert oder zumindest erstaunt über ihr Aussehen. Das brachte Ursus in ein Dilemma. Sagte er nichts und setzte sie so dem Spott und Gelächter der Leute aus, würde sie erst recht zornig auf ihn sein. Und dann tatsächlich mit Recht. Daher fragte er nun doch lieber.

  • "Oh ja, Corvinus habe ich bereits kennengelernt," antwortete ich und ich hatte so das Gefühl, daß es ihm unangenehm war, da sein Onkel nun zum Gegenstand unseres Gesprächs geworden war. Vielmehr zeigte ich Interesse für seine eigene Geschichte. "Germanien? Aha, das klingt ja interessant! Ich selbst war noch nie in Germanien. Bevor es mich nach Rom verschlagen hatte, lebte ich mit meinem verstorbenen Ehemann in Lutetia. Ich selbst stamme aber aus Hispania. Ach ja, Ylva hier, stammt aus Germanien." Ich wies auf meine Sklavin und gebot ihr, einen Schritt heran zu treten.
    Ylva ließ sich nicht lange bitten. Sie wußte zwar nicht, ob sie etwas sagen sollte oder ob sie einfach für die eventuellen Fragen des Aureliers bereit stehen sollte. Wobei sie auf Letzteres nicht sehr erpicht war. In Gegenwart Fremder war sie immer etwas zurückhaltend.
    Das Lokal, welches er empfehlen konnte, war mir noch nicht bekannt. Doch ich ließ mich, gerade was neue Lokalitäten betraf, gerne überraschen. Er bot mir seinen Arm an und ich hakte mich gerne ein. "Das hört sich verlockend an! Nach meinem Thermenbesuch könnte ich nun gut und gerne etwas essen!" Sogleich setzten wir uns in Bewegung. Ylva folgte uns mit einem angemessenen Abstand. Es war doch wirklich erfreulich, wie dieser Tag in den Thermen nun doch noch einen gelungenen Abschluß fand! Allerdings verwirrte mich dann doch die Frage des Aureliers. Abrupt blieb ich stehen und sah ihn forschend an. Meine Frisur? Was war denn mit meiner Frisur. Ich sah zu Ylva hinüber, die aus heiterem Himmel errötete. "Meine Frisur? Was bitte, ist mit meiner Frisur? In der Regel trage ich stets die neuesten Frisuren. Nachdem ich hier angekommen war, habe ich meinen Friseur aus Lutetia nachkommen lassen und hier einen erfolgreichen Betrieb gegründet. Rom liebt Vidalus´ Kreativität!" Ein seltsames Gefühl beschlich mich, daß es wohl besser gewesen wäre, einen Handspiegel mitzunehmen.

  • Ursus lächelte. "Nun, dafür kenne ich Lutetia noch nicht. Ich hörte, es soll eine sehr faszinierende Stadt sein. Die Leute dort sollen ein gutes Gespür für exzellente Speisen haben. Und ich hörte, wer in die kleinen Gassen gerät, findet nie wieder heraus." Naürlich waren das wieder alles Gerüchte und er konnte nicht wissen, ob davon überhaupt irgendetwas wahr war. "Germanien fand ich sehr faszinierend, selbst den Winter, auch wenn die Kälte kaum zu ertragen ist. Doch diese Schneemengen sind schon erstaunlich. Die Wälder sind dunkel und undurchdringlich und die Menschen mißtrauisch und brummig. Bis zu dem Moment, wo Du ihr Vertrauen errungen hast. Dann wird Dir eine geradezu überwältigende Gastfreundschaft zuteil und dann zeigen sie auch, daß sie viel Humor und eine unglaubliche Trinkfestigkeit besitzen." Auch wenn ihr Humor teilweise wirklich gewöhnungsbedürftig war.


    "Es ist ein nettes Lokal der gehobenen Klasse. Ich bin sicher, es wird Dir gefallen, auch wenn es nur klein ist." Er deutete nach vorn und führte sie die Straße entlang. Bis sie dann nach seiner Bemerkung über die Frisur einfach stehen blieb. Verlegen blickte Ursus von Celerina zu Yvla und wieder zurück. Kreativ? Naja. Kreativität fand er ja nicht schleht, aber das hier sah einfach... zerzaust aus. Aber vermutlich fehlte ihm mal wieder das nötige Kunstverständnis, das ihm auch in Griechenland bei einigen höchst begehrten Kunstgegenständen gefehlt hatte. "Oh, verzeih bitte einem modisch ungebildeten Mann, der immerhin ein Jahr in der finstersten Provinz verbracht hat. Ich habe offenbar nicht nur an politischen Begebenheiten, Klatsch und Tratsch etwas nachzuholen, sondern auch bei der Mode. Du glaubst nicht, wie peinlich mir das jetzt ist. Was mußt Du für einen Eindruck von mir haben..." Zumal sie trotz allem eine Schönheit war. Eine echte Schönheit konnte eben nichts entstellen.

  • Ich nickte zustimmend, obwohl ich mich nie richtig in Lutetia heimisch gefühlt hatte. Doch der Grund dafür lag weniger an der Stadt, als an meinem Gemahl. "Gut kochen können sie in der Tat! Und ein Händchen für exzellente Mode haben sie auch. Und um aus den Gassen wieder herauszukommen gibt es einen einfachen Trick, stets sollte man nach Norden gehen, dann gelangt man zur Sequana, dem Fluß an dem die Stadt liegt." Ich lächelte wieder. Nie war ich in die Verlegenheit gekommen, mich in den Gassen der Stadt zu verirren, was aber auch daran lag, da ich nur sehr selten das Haus verlassen hatte. An die Vergangenheit in Lutetia wollte ich mich nicht mehr erinnern. Zuviel war geschehen und weh hatte es auch getan. Das war nun vorbei und ich richtete meinen Blick wieder nach vorne.
    Aufmerksam verfolgte ich seine Erzählung vom tiefverschneiten Germanien, den dunklen Wäldern und den urigen Menschen. Ein wenig war ich wieder an Lutetia erinnert. Der Winter konnte dort auch sehr hart sein. "Das ist wirklich sehr faszinierend. Nun die Mentalität dieser Leute ist mir nicht so fremd. Ylva ist manchmal auch brummig und etwas ungestüm. Bist du denn auch einigen von den wilden Stämmen begegnet, die jenseits der Grenze leben? Entspricht es der Wahrheit, daß diese Menschen ihren Wein aus den Schädeln ihrer Feinde trinken?" Ich hatte ja so manche Schaudergeschichte über die Barbaren gehört, die einfach unglaublich klangen.
    Das Lokal war bereits in Sichtweite gerückt. Ich war zwar immer noch wegen meiner Frisur beunruhigt, doch zog ich es vor, wieder weiter zu gehen. Vielleicht war es ja wirklich so, wie er es sagte. Ich konnte mir gut vorstellen, wie verwildert und zerzaust die germanischen Frauen aussahen. Jüngstes Beispiel war ja jene Sklavin gewesen, der ich in der auelischen Villa begegnet war. "Ach mach dir keine Sorgen! Du wirst sehen, es dauert nicht lange und du wirst wieder auf dem Laufenden sein! Du hast nicht zufällig einen Spiegel dabei, nein?"

  • Sollte es ihn jemals nach Lutetia verschlagen, würde ihm dieser Trick vielleicht noch von Nutzen sein. Natürlich setzte er voraus, daß man die Himmelsrichtung ausmachen konnte. Entweder an der Sonne oder an den Sternen. Was tat man, wenn es bewölkt war? Nun, er wollte die junge Dame natürlich nicht mit derlei kuriosen Gedanken langweilen, sondern ging dann lieber auf ihre Fragen ein. "Ja, es war mir vergönnt, an Verhandlungen mit einem der mit uns verbündeten Stämme in Germania Magna teilzunehmen, den Mattiakern. Sie legten trotz des Bündnisses zunächst ein ziemliches Mißtrauen an den Tag, welches aber verständlich wurde, als wir hörten, daß das Dorf, welches wir ansteuerten, erst vor kurzem einen Überfall durch die Hermunduren hatte hinnehmen müssen. Es muß sehr schnell gegangen sein und die Hermunduren haben sich auch gleich wieder in ihr Gebiet zurückgezogen, so daß wir unseren Bündnispartnern leider nicht hatten helfen können. Jedenfalls waren sie natürlich nach diesem Überfall sehr vorsichtig und lieber zu mißtrauisch als zu vertrauensselig." Er hatte dort zum ersten mal in echter, unmittelbarer Gefahr gesteckt. Zumindest hätte es eine Gefahr werden können, wenn die Mattiaker beschlossen hätten, doch lieber Rom den Rücken zu kehren.


    "Was das Trinken aus den Schädeln angeht... In meiner Gegenwart haben sie das jedenfalls nicht getan. Ich traue es ihnen grundsätzlich zwar durchaus zu, doch eigentlich glaube ich, daß es sich hierbei um eine Gruselgeschichte handelt. Oder sie tun es vielleicht bei kultischen Handlungen. Aber das wird Dir Deine Sklavin sicher besser sagen können als ich, da mir ja nur ein ganz kleiner Einblick in die Lebensweise der Germanen vergönnt gewesen ist. Außerdem hat mir ein Römer germanischer Herkunft einmal eindringlich erklärt, daß jeder Stamm seine eigenen Gebräuche hat, so daß diese Schädelsache vielleicht nur bei einem oder wenigen Stämmen üblich ist. Und daß es eigentlich gar keine Germanen gibt, da sie sich nicht als ein Volk empfinden. Nur wir Römer sehen sie als Ganzes."


    Sie hatten das Lokal natürlich längst erreicht und Ursus führte Celerina an den besten noch freien Tisch. "Welchem Stamm gehört Deine Sklavin eigentlich an?", fragte er mit erwachender Neugierde. Er erinnerte sich an das Gespräch mit Lando, das ihn hatte aufhorchen lassen. Seit dem war für ihn die Frage nach dem Stamm durchaus von Wichtigkeit.


    Bei der Frage nach einem Spiegel mußte Ursus dann lachen. "Nein, tut mir leid. Ich trage so etwas für gewöhnlich nicht bei mir. Doch ich bin sicher, die Bedienung hier wird Dir einen bringen, wenn wir einen verlangen. Was darf ich Dir denn bestellen? Saft? Wein? Der Besuch in den Thermen hat Dich doch gewiß auch hungrig gemacht?" Es war für ihn keine Frage, daß er sie einlud. "Übrigens habe ich germanischen Wein, Met heißt er und er wird aus Honig hergestellt, aus Germanien mitgebracht. Wenn Du möchtest, schicke ich Dir einen Krug zum probieren."

  • Solche Geschichten waren es, die ich mir sutndenlang anhören konnte. Geschichten, in denen es um fremde Länder, fremde Völker und deren Eigenheiten ging. Mir sagten zwar diese Namen wie Mattiaker oder Hermunduren nicht sonderlich viel, aber spannend war es allemal! "Das ist ja ungemein aufregend! Aber sag doch, stimmt es, dass die Menschen sich dort mit Tierfett einreiben und in Bärenfellen herumlaufen?" Man hörte ja wirklich die unglaublichsten Geschichten. Wenn das stimmt, mussten diese Leute doch furchtbar stinken! Als er mich dann jedoch auf meine Sklavin verwies, die es hätte wissen müssen, sah ich etwas verwirrt zu Ylva hinüber, die immer roter wurde. Ich fragte mich, was sie nur hatte. Störte es sie etwa, dass wir uns über ihre Leute unterhielten? "Was ist los mit dir? Nun erzähl schon dem Herrn, woher du kommst und zu welchem Stamm du gehörst!" Dieses Ding! Manchmal mußte ich mich doch noch über sie wundern, obohl sie doch nun schon so lange bei mir war.


    Ylva trat heran. Es mußte ihr unglaublich peinlich gewesen sein. Den Ort ihrer Herkunft kannte sie nur aus Erzählungen. Sie war bereits als kleines Mädchen in die Sklaverei geraten und ihre Erinnerungen an eine Zeit, da sie frei war, waren längst schon verblasst. "Aus Noviomagus, Herr. Isch komm aus Noviomagus. Des is am Rhenus gelege. Isch mein, das liegt am Rhenus. Und ich glaub, mein Stamm waren die Nemeter."
    Ja, ja, die gute Ylva! Manchmal stand ihr Mundwerk nie still und nun tat sie so mädchenhaft. Aber es gab wichtigeres, worüber man sich Gedanken machen mußte.
    Mein Begleiter hatte ein schönes Plätzchen gefunden, wo wir dann auch Platz nahmen. Er hatte in keinster Weise übertrieben! Dieses Lokal hatte etwas! Ich liebte es einfach, draußen zu sitzen. Auch wenn dies bedeutete sich längere Zeit der Sonne aussetzen zu müssen, die dann den Teint wieder zu stark bräunte, was wiederum zur folge hatte, daß man sich stärker schminken mußte.
    Unglücklicherweise trug er keinen Spiegel bei sich, was auch nicht sehr verwunderlich war. Aber der Tip mit der Bedienung war gut. Sobald sie auftauchen würde, um die Bestellungen aufzunehmen, würde ich danach fragen. "Oh, ja! Etwas essen könnte ich durchaus. Eine Kleinigkeit vielleicht. Ein Saft, mit Wasser verdünnt wäre gut! Mein Bruder ist ein großer Freund von Birnensaft! Meinst du, hier gibt es so etwas?" Was er über jenes germanische Getränk erzählte fand ich auch sehr spannend! Met, das hatte ich noch nie gehört, geschweige denn getrunken. "Da hört sich interessant an. Ja, das würde ich gerne einmal probieren."

  • Zum Glück waren die Plätze hier schön schattig, so daß sich Celerina eigentlich keine Sorgen um ihren makellosen Teint machen mußte. "Tierfett? Das kann ich nicht sagen, doch gestunken haben sie eigentlich nicht. Sie haben im Gegenteil sogar ein sehr effektives Reinigungsmittel. Seife. Hast Du davon schon gehört? Man verreibt die Seife mit Wasser zusammen. Das schäumt dann und entfernt jedweden Schmutz. Ich habe diese Seife auch hier auf den Märkten schon mal gesehen. Teilweise ist sie mit Duftstoffen versetzt. Also, schmutzig kann man die Germanen tatsächlich nicht nennen, auch wenn sie ansonsten recht raue Gesellen sind. Bärenfelle habe ich durchaus gesehen, doch nicht als Kleidungsstücke. Sondern sie wurden zur Abpolsterung der Schlaf- und Sitzgelegenheiten genutzt. Allerdings war ich auch im Sommer dort. Im Winter mag es sein, daß sie solche Felle auch tragen." Er lächelte, ja solcherlei Geschichten hatte er auch schon viele gehört.


    Der Ton, den die Flavierin ihrer Sklavin gegenüber anschlug, befremdete ihn allerdings ein wenig. Warum war sie so unfreundlich zu ihr? Vermutlich hatte es da schon Zwischenfälle gegeben, bevor sie sich getroffen hatten. Daß Celerina gewöhnlich so mit dem Personal umging, glaubte er keinesfalls. Auf jeden Fall lächelte er der offensichtlich unangenehm berührten Sklavin zu. "Von den Nemetern habe ich noch nicht gehört. Doch das nehme ich als positives Zeichen, ich kenne eher die Namen der Stämme, mit denen es immer wieder Ärger gibt." Er nickte Ylva kurz zu und wandte sich dann wieder Celerina zu. Die Sklavin war offenbar schon als solche geboren, wenn sie so wenig über ihre Herkunft wußte.


    Die Bedienung kam eilig herbei, als sie sah, welch edle Gäste zu ihr gefunden hatten. Doch auch ihre Blicke waren mehr als erstaunt angesichts der eigenwilligen Frisur der Dame. Ursus räusperte sich leicht und gab dann die Bestellung auf. "Verdünnten Obstsaft, - was für Sorten hast Du vorrätig? Birne vielleicht? Für mich verdünnten Wein. Und dann stell uns doch bitte eine Auswahl an Speisen zusammen, einen kleinen, abwechslungsreichen Imbiß." So wurde jeder Geschmack getroffen und er konnte nichts falsch machen bei der Bestellung.


    "Achja und bring uns bitte einen Handspiegel", forderte er die Bedienung auf, die große Augen bekam, ja, geradezu erschrocken dreinschaute. Doch sie nickte. "Jawohl, ich werde... einen bringen, aber ich bitte dafür um ein wenig Geduld. - Obstsaft haben wir, aber leider keine Birne. Apfel natürlich, Pfirsich und Kirsche. Und - nun, wir haben einen Sirup aus Holunderblüten, vielleicht ist so etwas auch genehm?" Ihr Blick wanderte zwischen Ursus und Celerina hin und her.

  • Sei-fe? Was war das denn? Man konnte es zum reinigen benutzen? Welch Kuriositäten die Provinzen doch hervorbrachten! Bei meinem nächsten Marktbesuch wollte ich unbedingt Ausschau halten, nach dieser Sei-fe. "Hast du diese Sei-fe denn auch selbst einmal probiert? Woraus wird sie gemacht?" Mein Wissensdurst konnte kaum gestillt werden. So sog ich jede Information in mich auf, die ich bekommen konnte.


    Ylva indes versuchte das Lächeln des Aureliers zu erwidern. So nett wie er, waren nur die wenigsten römischen Herrn zu ihr gewesen. Daß ihm die Nemter nicht bekannt waren, machte ihr nicht viel aus. Die wenigsten, mit denen sie tagtäglich zu tun hatte, interessierten sich überhaupt für sie. In der Zwischenzeit war die Bedienung erschienen und nahm die Bestellung auf. Daß man unter anderem einen Handspiegel bestellt hatte, war Ylva entgangen. Zu sehr hatte sie die Reaktion des römischen Herrn aus dem Gleichgewicht gebracht. Dadurch fühlte sie sich mit einem Mal auch bestärkt, noch etwas zu sagen, obwohl Celerina ihr das nicht ausdrücklich erlaubt hatte. "Die Nemeter sind Verbündete der Römer, glaub ich.. Sie leben links und rechts des Rhenus bis hinunter zum Lacus Brigantinus." Als Ylva sah, wie Celerina sie anstarrte, verstummte sie und sah verlegen zu Boden.


    Ylva war stets für eine Überraschung gut. Erst wollte sie nicht sprechen und wenn sie wieder schweigen sollte, sprach sie! Wenigstens diesmal in einer verständlichen Sprache, damit man sich nicht auch noch für sie schämen mußte. Doch ich wollte gar nicht so sein. Um Störungen dieser Art aus dem Weg zu gehen, zückte ich meinen Geldbeutel und gab ihr einige Münzen. "Ylva, ich benötige dich im Augenblick nicht. Du kannst dir eine Erfrischung holen, aber du bleibst in der Nähe, verstanden?"


    Genau in diesem Moment erschien auch schon schwungvoll die Bedienung mit einem vollbeladenen Tablett. "Sooo, da hätten wir einmal den verdünnten Wein für den Herrn und den verdünnten Pfirsichsaft für die Dame und einen Vorspeisenteller für zwei Personen. Und zu guter letzt auch noch den Handspiegel. Ist´s recht so?" Sie stellte alles auf den Tisch und lächelte freundlich. Dann verschwand sie wieder genauso schwungvoll, wie sie gekommen war.
    Ylva wollte sich schon umdrehen und gehen, doch dann sah sie den Handspiegel. Sie wusste genau, was jetzt kommen würde! Wenn Celerina erst einmal das Chaos auf ihrem Kopf entdeckt hatte, dann war nicht mehr gut Kirschen essen mit ihr. Sollte sie ihr nicht lieber gleich beichten? Doch zu spät. Bevor die Germanin noch länger darüber nachdenken konnte, ertönte bereit ein Schrei.


    „OH ihr Götter!!! Was ist das!!! Ylva!“
    Ylva schloß die Augen und blieb. Ihre Chance war vertan. Nun gab es kein Entrinnen mehr für sie. "Es tut mir leid Herrin, aber.." Sie konnte ihren Satz nicht mehr zu Ende führen, da die Flavierin sie unterbrach.


    "Es tut dir leid, es tut dir Leid? Papperlapapp! Du kommst jetzt sofort mit mir und dann wirst du das in Ordnung bringen! Du machst mich vor aller Welt lächerlich!"
    Ich sprang mehr als wütend auf und wollte schon ins Innere des Lokals gehen, damit diese nichtsnutzige Sklavin meine Frisur ordentlich zu Recht machte. "Du entschuldigst mich für einen kleinen Moment, Aurelius?" Schon war ich mit meiner Sklavin verschwunden.

  • "Ohja, nachdem ich sie einmal ausprobiert hatte, habe ich sie regelmäßig benutzt. Sie ist wirklich eine Errungenschaft und ich möchte sie nicht mehr missen." Die Germanen mochten Barbaren sein, doch diese Erfindung war einfach nur genial. "Woraus sie hergestellt wird, kann ich Dir leider nicht sagen. Sie wird irgendwie gekocht, hörte ich mal. Aber eigentlich ist es doch auch gar nicht wichtig, wie sie hergestellt wird, solange sie nur gut ist."


    Die Bedienung kam und brachte die Speisen und Getränke. Als er die Teller mit gefüllten Eiern, gefüllten Weinblättern, verschiedenem Käse, frischen Brot, Oliven, Datteln, Trauben und ähnlichen Köstlichkeiten sah, nickte er zufrieden. Das sah doch wirklich ansprechend aus. Er war noch damit beschäftigt, die Speisen zu inspizieren, als plötzlich der Aufschrei von Celerina erfolgte. Ihr Zorn war unüberhörbar und Ursus stellte verwirrt fest, daß sie wohl entsetzt über ihr Spiegelbild war. Dann war das doch keine gewagte Kreation einer neuen Mode? Eigentlich ein beruhigender Gedanke.


    "Ähm, natürlich", sagte er und erhob sich kurz, als sie wütend davonrauschte, die arme Ylva im Schlepptau. Der Sklavin warf er einen durchaus mitleidigen Blick zu, dann setzte er sich wieder und nippte an seinem Wein. Gespannt, wie diese Geschichte sich weiterentwickeln würde, blickte er zur Tür des Lokals. Was für eine temperamentvolle junge Dame! Wer immer sie einmal zur Frau bekam, würde es gewiß nie langweilig haben, dachte er und grinste in sich hinein.

  • Es hatte einige Zeit in Anspruch genommen, bis das mein Haar wieder gebändigt war. Ich konnte mir nicht erklären, was in Ylva gefahren war! Sie stotterte etwas davon, daß sich mein Haar nach dem Themenbesuch nicht sonderlich gut frisieren ließ, warum auch immer. Für diese grottenschlechte Ausrede hatte ich ihr eine Ohrfeige verpaßt. Irgendwie mußte ich mich ja abreagieren! Bevor ich mich diesmal der Öffentlichkeit zeigte, überprüfte ich noch einmal mein Aussehen. Dergleichen sollte mir nicht ein zweites Mal passieren. Diesmal war ich mit meinem Spiegelbild zufrieden. Das war auch gut so, denn sonst hätte der Aurelier noch länger warten müssen und das wollte ich nun gar nicht verantworten müssen.
    Beschwingt und wieder gut gelaunt kehrte ich an unseren Platz zurück. "So da bin ich wieder," bemerkte ich nur kurz. Keinesfalls wollte ich länger über diese peinliche Situation nachdenken.


    Ylva war ihrer Herrin mit einem gewissen Abstand gefolgt. Mit der einen Hand hielt sie sich ihre Backe, die immer noch schmerzte. Mit der Ohrfeige hatte sie ja gerechnet, nur daß sie so schmerzhaft sein würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Nachdem Celerina wieder Platz genommen hatte, blieb sie Sklavin hinter ihrem Stuhl stehen.


    "Oh, das sieht ja lecker aus!" Endlich hatte ich die Muse, mir die Speisen zu betrachten. Ich ließ es nicht nur beim betrachten, nein ich griff auch zu. "Gefüllte Weinblätter! Wie köstlich! Die Griechen nenn sie glaube ich Dolmades! Dafür könnte ich sterben!" Das war natürlich völlig übertrieben, doch ich liebte diese kleinen Röllchen abgöttisch.

  • Während der nicht unerheblichen Wartezeit hatte Ursus sich nur an den verdünnten Wein gehalten und mit dem Essen gewartet. Sonst wäre wohl auch nicht mehr viel übrig gewesen, als sie zurück kam. Ohja, jetzt sah das schon ganz anders aus. Ihre Schönheit, die ihm durchaus vorher auch schon aufgefallen war, kam jetzt noch mehr zur Geltung. Obwohl ihm nun das leicht verwegene fehlte, das sie vorhin noch an sich gehabt hatte. Ja, man konnte eben nicht alles haben. Er sparte sich eine Bemerkung über ihre Frisur, sondern schob einladend die Platte in ihre Richtung. "Nun, wenn Du sie so liebst, dann greif nur zu."


    Dann fiel sein Blick auf die Sklavin und für einen Moment hob sich seine Augenbraue. Das hatte wohl eine saftige Ohrfeige gegeben, ganz unübersehbar. Doch natürlich enthielt er sich auch hier eines Kommentars, es stand ihm nicht zu, anderen vorzuschreiben, wie sie ihren Sklaven behandeln sollten. Er hatte eben seine eigenen Ansichten dazu und wußte, daß er damit nur auf Unverständnis stieß. Manchmal verstand er sich ja selbst schon nicht.


    "Die Griechen machen die besten. So lecker ich diese hier auch finde, ich meine, in Athen wären sie noch köstlicher gewesen. Aber hier, der Käse ist auch nicht übel." Er hatte gerade ein Stück probiert und etwas von dem frischen, knusprigen Brot dazu genommen. "Und bevor Du mich für einen Weltreisenden hältst: Ich war in Griechenland und in Germanien. Das war es schon. Und eigentlich bin ich auch ganz zufrieden damit, hier in Rom zu sein. Ich liebe diese Stadt, mit all ihren Fehlern. Und wie ist das mit Dir? Welchen Ort liebst Du am meisten?"

  • Die Dolmades hielten, was sie versprachen! Ihr Geschmack war einfach köstlich! Auch der Käse und die Oliven sahen verlockend aus. So nahm ich mir von allem ein bißchen. Dann wurde es still an unserem Platz, ein Zeichen dafür, daß es uns beiden schmeckte. Wäre da nur nicht das Wissen um Ylva Anwesenheit hinter mir. Ich konnte ihren Blick regelrecht spüren. Das störte mich einfach und auf lange Sicht würde es mir auch den Appetit verderben. Außerdem gab es keinen Grund mehr für mich, böse auf sie zu sein. Ihre Strafe hatte sie ja bereits erhalten."Ylva, du kannst gehen, bevor ich es mir wieder anders überlege!" Sie hatte ja immer noch die Münzen, die ich ihr gegeben hatte. Hinter hörte ich ein leises "Danke, Herrin," und einige Schritte, die sich von mir fort bewegten. Das arme Ding, sie hatte ja heute auch noch nicht viel gegessen!


    "So, in Griechenland warst du als auch! Du bist in der Tat ein Weltreisender. Ich habe außer Hispania , Lutetia, Massalia und natürlich Rom noch nichts gesehen. Doch ich träume davon, einmal nach Ägypten zu reisen. Dieses Land fasziniert mich einfach! Nicht nur wegen der Katzen!"

  • Auch Ursus nahm sich von den Oliven und ließ es sich schmecken. Er hatte gar nicht gewußt, wie hungrig er war. Noch ein Grund, froh zu sein, daß er diese junge Schönheit getroffen hatte. Noch dazu eine Flavierin. Sie war nicht nur wunderschön, sondern auch intelligent, elegant und wortgewandt. Sicher war sie schon seit Jahren versprochen. Nur wem, das wäre doch mal interessant zu erfahren. Aber eine Frage, die nicht wirklich schicklich war. Schon gar nicht beim ersten Treffen.


    Die Sklavin erhielt die Erlaubnis, sich zu entfernen und Ursus glaubte, so etwas wie Erleichterung in ihren Zügen zu lesen. Sicher hatte sie auch Hunger. Es war wohl wirklich nicht so leicht zuzusehen, wenn die Herrschaften sich die schönsten Sachen schmecken ließen. Einen Moment lang blickte er der Germanin hinterher, dann wandte er sich wieder dem Essen und der Unterhaltung mir Celerina zu.


    "Hispania und Gallia, da würde ich auch nicht gerade nichts sagen. Gerade in Massalia soll man ja durchaus Persönlichkeiten der Gesellschaft antreffen können. Ist das so? Hast Du interessante Bekanntschaften geschlossen?", fragte er interessiert. Er selbst war ja noch nie dort gewesen.


    "Ich muß ehrlich geschehen, daß mich gerade Aegyptus so ganz und gar nicht reizt. Der viele Sand, die Hitze. Sicher eine alte, faszinierende Kultur, beeindruckende Bauwerke, doch eigentlich ist doch nur die Gegend direkt am Nil annehmbar, nach allem, was man so hört und liest. Ein Vetter von mir war kürzlich erst dort und auch wenn es ihm wohl gefallen hat, so fand ich das, was erzählte, nicht unbedingt eine solch weite Reise wert. Was genau reizt Dich an diesem Land?" Es war eine ehrlich interessierte Frage. Vielleicht war ihm ja irgendetwas entgangen.

  • Mein früheres Leben war nicht gerade ein Zuckerschlecken gewesen. Zwar lebte ich in einer reich ausgestatteten Villa, hatte alles, wonach sich andere Frauen nur sehnen konnten. Doch dies war alles nur Fassade gewesen. In Wirklichkeit war die Villa meines Gatten ein Gefängnis gewesen, in dem ich acht lange Jahre einsitzen mußte. Als man mich mit fünfzehn Jahren verheiratete und von zu Hause fortbrachte, in ein fremdes Land, in eine fremde Stadt, nahm ich dies, ohne zu murren, hin. Damals war ich noch so naiv, zu glauben, ich sei am Ziel meiner Träume angekommen. Doch das änderte sich schnell. Mein Ehemann war mehr als doppelt so alt gewesen, als ich es war. Er hätte mein Vater sein können. Ich merkte schnell, daß ich nur schmückendes Beiwerk war. So etwas wie Liebe, gab es nicht. Und dann war da noch die Fehlgeburt…
    Das Beste, was mir passieren konnte, war der Tag, an dem die Götter beschlossen hatten, seinem Leben ein Ende zu setzen. Von da an war ich frei! Da begann ich zu leben! Ich konnte das Haus ohne schlechtes Gewissen verlassen und ich beschloß, Lutetia den Rücken zu kehren!


    Einen Moment verharrte ich noch in diesen Erinnerungen. Wann wüde ich mich endlich frei machen können, von der Vergangenheit?
    "Von Luteia habe ich nicht allzu viel gesehen. Ich glaube, die Besuche in der Stadt kann ich an beiden Händen abzählen. Und in Massalia war ich nur auf der Durchreise. Meine Sklavin und ich verweilten nur einige Tage dort, da wir auf unser Schiff nach Ostia warteten. Aber ich kann dir versichern, Massalia ist eine bemerkenswerte Stadt. Ein Besuch lohnt sich!" Vielleicht konnte man es spüren, meine Gelassenheit war etwas abgekühlt und hatte der Ernsthaftigkeit Platz gemacht.


    "Nach Aegyptus zu reisen, war bereits ein Kindheitstraum von mir. Das, was ich davon gehört habe, hat schon immer meine Phantasie beflügelt. Die alten Bauwerke, die Menschen und vor allem ihre Geschichte und Kultur. Außerdem habe ich eine Schwäche für Katzen. Nicht diese Streuner, die allerorts herumlungern. Nein, es ist die Bastet, der Inbegriff aller Katzen!" Ich bezweifelte, daß er meine Vorliebe nachvollziehen konnte. Schließlich war er ein Mann!

  • Man konnte schon merken, daß die Stimmung sich etwas geändert hatte und viel ernster geworden war. Ursus fragte sich, was er wohl falsch gemacht hatte. Irgendwie schien es ihr unangenehm zu sein, über Lutetia zu sprechen. Überhaupt über Gallia zu sprechen. Also nahm er sich vor, das Thema fallen zu lassen. Besser war das, man vermieste einer schönen Dame nicht so einfach die Stimmung. "Nun dann werde ich Massalia auf jeden Fall auf die Liste der Städte setzen, die ich unbedingt besuchen sollte." Er lächelte und hoffte, so die Stimmung wieder ein wenig aufhellen zu können. Von ihrer Vergangenheit und ihren eher schlechten Erfahrungen mit ihrem verstorbenen Ehemann konnte er ja nichts ahnen.


    Und nein, natürlich konnte er diese Vorliebe nicht nachvollziehen. Doch das hieß nicht, daß er nicht freundliches Interesse zeigen konnte. "Bastet? Die Katzengöttin? Was genau fasziniert Dich so an ihr? Gehörst Du ihrem Kult an?" Bestimmt gab es einen Bastet-Kult in Rom. Es gab alles in Rom. Und ausländische Kulte waren ja irgendwie immer modern.


    "Wenn Du Aegyptus so liebst, wirst Du gewiß eine Möglichkeit finden, einmal dorthin zu reisen. Ich wünsche Dir, daß Du dort das findest, was Du Dir erhoffst." Er verstand es nicht. Doch er spürte, daß ihr Herz daran hing und so lächelte er sie aufmunternd an.

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