Vor den Toren des Castells der Legio Prima

  • Iulianus wurde nun verrichteter Dinge aus dem Castell geführt und notierte sich schnell einige Gedankengänge und Namen.
    Dann wies er seinen Männern mit einem Handzeichen an zu warten, denn er wollte mit Vesuvianus reden.
    Wartend blickte er auf das Castelltor.

  • Vesuvianus nahm an, dass der Verwandte ein Anliegen hatte, weil er explizit auf seine Begleitung bestanden hatte. Weil er jedoch in seinen Überlegungen zu keinem Ergebnis kam, ließ er die Spekulationen sein und durchdachte stattdessen die Vorbereitungen zu einem neuen Scholakurs.
    Als er beim Lagertor ankam, nickte er den Wachen zu. Er hielt es nicht für notwendig, sich abzumelden, da ihr die Wachen durchaus kannten und er zudem nicht vorhatte, das Castellum zu verlassen.


    Vielleicht etwas unfreundlich klingend, aber das war nun einmal seine Art, trat er an Iulianus heran. "Was gibt’s?"

  • Iulianus erwartete keine Höflichkeitsflosskeln, standen sie sich doch nie nahe - man munkelte sie seien sich gegenseitig verhasst.
    Ohne eine freundliche Erwiderung drehte auch er sich zu dem Verwandten.


    "Du musst mir einen Gefallen tun."


    Er hatte lange und gründlich darüber nachgedacht, es war beschlossen.


    "Du kennst sicherlich den kleinen Lucius, dein Mündel. Nun, als ich damals in Baiae weilte, habe ich ihn oft gesehen, er ist mir ans Herz gewachsen und darum möchte ich, dass du mein gesamtes Vermögen, abzüglich des Anteils, den ich für mein Vorhaben brauche, mitsamt dem Grundstück für ihn verwahrst. Wenn er alt genug ist, wird er mein Geschenk sicherlich begrüßen.
    Warum ich nicht zu den Vestalinnen gehe, hat seine Gründe. Denn ich habe nicht vor zu sterben, ich werde verreisen, darum ist es auch kein Testament.
    Meine Beweggründe musst du nicht kennen, ich muss es tun. So denn du mir diesen Gefallen nicht tun wirst, so doch um des Jungen Zukunft willen, seine strahlenden Augen, wenn du ihm meinen Willen übergibst.
    Tust du es?"


    Der doch eher ruhige Iulianus sah ihm streng in die Augen.

  • Vesuvianus verfolgte den ungewohnten Redeschwall seines Verwandten, staunte, dass dieser seinem Mündel ein erhebliches Vermögen hinterlassen wollte, sagte aber vorerst nichts, sondern hörte weiter zu. Iulianus ließ ihn über sein Vorhaben im Ungewissen, aber das war nicht weiter tragisch. Er hoffte, niemand würde großartige Fragen stellen, die er später nicht beantworten konnte. Auf die abschließende Frage nickte er bedächtig. Immerhin hatte er mit allem, aber nicht mit einem solchen Anliegen gerechnet.


    "Es ist nahe liegend, dass ich mein Mündel kenne, ja", erwiderte Vesuvianus zunächst. Unterdrückte jedoch eine belustigte Regung im Gesicht und sprach nach kurzem weiter.


    "Selbstverständlich verwahre ich bis zur Volljährigkeit Lucius’ Vermögen und wenn du ihm etwas hinterlassen möchtest, kannst du es getrost tun. Er wird zudem erfahren, vom wem dieser Anteil ist, darauf gebe ich mein Wort. Hast du bereits einen Verwalter mit der Umschreibung beauftragt?"


    Das Organisationstalent und die über Jahre in der Legion geforderte Notwendigkeit einer sauberen Buchführung ließ den Tribun sogleich die Angelegenheit praktisch sehen.

  • "Ich habe es dem Verwalter meines Grundstücks in Kampanien bereits mitgeteilt. Und das Barvermögen wird ein Sklave übergeben - keine Sorge, er ist mir loyal."


    Antwortete er sogleich und blickte seinem Verwandten nur kurz in die Augen. Er wusste, dass sein Verlust nicht schmerzlich sein würde, wie auch er ohne Melancholie ging.

  • Claudius war sich nicht sicher, ob das bereits alles gewesen war. Er wartete noch einen Moment, dann leitete er die Verabschiedung ein.


    "Tja, dann bleibt mir nicht mehr, als eine gute Reise zu wünschen und den Schutz der Götter."


    Letzteres war Vesuvianus zur Angewohnheit geworden und zumindest in diesem Punkt war er sich der Vorbildlichkeit seines Verwandten sicher. Immerhin ein Punkt.

  • "Ich danke dir und wünsche dir auch die wohlwollende Hand der Götter über deinem Haupt. Grüße deine Töchter von mir. Vale, Claudius Vesuvianus."


    Ein großer Abschied lag nicht in seinem Sinn und so nickte er Vesuvianus noch einmal zu und bestieg die Kutsche, die ihn nach Rom und danach weit weg bringen sollte.

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