Dura Europos - Das Zelt des Imperators

  • Es ist Nacht im römischen Feldlager vor Dura Europos. Wachen sind aufgezogen, die übrigen Soldaten schlafen in ihren Zelten. Im Zelt des Kaisers brennt noch Licht. Der flackernde Schein der Öllampen dringt leicht nach draußen, wenn ein Arzt, ein Gardist oder ein kaiserliche Sklave die Unterkunft des Feldherrn verlässt oder betritt. Stimmen sind zu hören, der Kaiser ist wach und diktiert einen Brief. Nicht den ersten in dieser Nacht. Das Murmeln erstirbt zwischendurch, dann geht es weiter.


    Wieder verlässt ein Gardist das Zelt und spricht mit anderen Soldaten, die im benachbarten Zelt Wache halten. Alle stehen auf und verteilen sich im Lager. Der Kaiser lässt die Legaten und seine engsten Berater wecken und zu sich kommen. Die Gruppe sammelt sich draußen vor dem Zelt an einem kleinen Feldaltar, der dort errichtet ist. Dann lässt der Kaiser sie geschlossen eintreten. Er liegt auf seiner Liege, nur leicht nach vorne aufgerichtet und von einer dicken Decke bedeckt gegen die Kälte der Wüstennacht.


    "Meine Herren, ich danke euch, dass ihr euren kostbaren Nachtschlaf der Tatsache opfert, dass ich wieder einmal nicht schlafen kann. Wie so oft in diesen Nächten seit jenem schicksalhaften Tag am Chaboras. Wir liegen vor Dura Europos und so uns die Götter keinen Strich gespielt haben, lagert das parthische Heer in der Stadt, das wir so lange verfolgt haben. Wir sind gekommen, um Roms Stellung zu behaupten und den Parthern ihre Grenzen aufzuzeigen. Grenzen, die wir zu ziehen in der Lage sind, wo immer wir es wollen. Soll die Grenze hier sein, so ist sie es; soll die Grenze woanders liegen, dann liegt sie dort. Ich habe diese Grenzen bestimmt und ihr seid mir treu gefolgt. Jeder an seinem Platz, jeder hat seine Pflicht erfüllt."


    Er deutet auf den Tisch neben seinem Lager.


    "Ich habe heute einige Briefe diktiert, an Menschen, deren Platz woanders ist und die dort ihre Pflicht erfüllen. Auch an meinen Sohn."


    Der Kaiser schlägt die Decke zurück. Sein Oberkörper ist nackt, die Schulter verschorft von allen Versuchen der Ärzte, die Blutvergiftung zu stoppen, die seine Wunde zur Qual macht. In dunklen Linien zeichnen sich Adern unter der Haut ab, quer über den Oberkörper, in Richtung des Herzen.


    "Ich habe die Götter befragt. Die bösen Omen aus Rom erfüllen sich. Dura Europos ist mein Ende. Für euch ist es erst der Anfang, doch ich kann euch nicht sagen, wohin euch euer Weg führt. Das wird mein Sohn tun."


    Der Kaiser gibt einen Wink an die Sklaven.


    "Öffnet das Zelt, ich möchte den Altar und die Stadt sehen. Und vergesst... nachher... die Münze nicht...! Die Wunde... ist so eine Qual..., dass ich nicht... noch unnötig... aufgehalten... werden möchte."


    Sim-Off:

    Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen, daher übernimmt die Spielleitung die Kontrolle über die Zeitebene, die von diesem Thread ausgeht. Die Nachricht vom Tod des Kaisers wird schrittweise über die Provinzen verteilt, jeweils durch ein Narrator-Posting. Erst wenn in eurer Provinz ein solches Posting erschienen ist, kann eure ID Sim-On über die Ereignisse sprechen. Im Feldlager vor Dura Europos ist das Ereignis ab sofort bekannt.

  • Sein Grossvater hatte ihm einmal gesagt, das es nie etwas gutes bedeutet, wenn man mitten in der Nacht gerufen wird. Vielleicht war das einer der Gründe, warum er, genauso wie sein Grossvater kaum schlief in der Nacht. Genauso war es auch in dieser Ncaht gewesen, der Melder hatte ihn am Vallum des Lagers gefunden, wo er auf die Stadt geblickt hatte und auch seinen Luchs beobachtet hatte, der im Vorfeld des Lagers auf der Jagd war.


    Das Klopfen auf seinen Oberschenkel war das Geräusch, das den Luchs dazu brachte, seine Jagd aufzugeben und dem Tiberier zu folgen.


    Tiberius Vitamalacus ist einer der vier Legaten, die vor den Imperator treten, seine Miene ist kalt und ausdruckslos wie immer, auch wenn er schon bei den ersten Worten ahnt, das nichts erfreuliches zu erwarten ist und diese Ahnung mit jedem Wort des Imperators bestätigt wird. Die Wunde war also doch wesentlich schwerer, als der Imperator ihnen hatte glauben machen wollen. Gut, er hatte es geahnt, doch jetzt hatte er Gewissheit darüber und auch Gewissenheit darüber, das der Imperator diese Nacht nicht überleben würde.
    Als der Imperator seine Letzten Worte an die Männer im Zelt gerichtet hat, tritt Tiberius Vitamalacus einen Schritt vor, steht wohl ein letztes mal vor seinem Imperator stramm und grüsst militärisch perfekt.


    "Wir folgten dir ! Wir werden deinem Sohn folgen !"


    Seine Worte sind aufrichtig und von Herzen gemeint, die Prima war nicht nur die legion des Iulianus, sie hatte auch schon dem Caesar gehorcht und würde es wieder tun. Doch auch ein kleiner Zweifel macht sich breit in ihm, zu lange hatte man kaum etwas vom Caesar gehört. Würde Rom dem Willen des Imperators folgen ? Würden die Provinzstatthalter ihm folgen ? Und was war mit dem Feldzug ? Fragen über Fragen, in unruhigen Zeiten.


    "Imperator, es war eine Ehre !"


    Das sind seine letzten Worte an den Imperator, Worte bei denen es im schwer fällt, seine Stimme nicht beben zu lassen.

  • Lucius Aelius Quarto fühlte sich wie betäubt. Die Luft im Zelt schien ihm auf einmal stickig und drückend zu sein. War das der Hauch des nahen Todes?
    Schon seit Wochen hatte er böse Vorahnungen gehabt. Er hatte befürchtet, dass dieser Feldzug kein gutes Ende nehmen würde und ihn hatte der Starrsinn des Kaisers erschüttert, der die Armee, fast schon besessen von seiner Mission, unbeirrt weiter durch das feindliche Land führte. Er hatte von der Verwundung des Kaisers gewusst und auch, dass die Ärzte sich deshalb sorgten. Aber das es so schlimm stand, dass hatte man ihm nicht gesagt und das hatte er auch nicht geahnt.
    Er konnte es nicht glauben und er wollte es auch nicht. Dort lag der Kaiser, dem er so lange Jahre als Magister Domus Augusti gedient hatte und dem er ein enger und loyaler Ratgeber gewesen war. Dort lag er und sprach ruhig und gefasst. Man konnte sehen das er litt, aber das er im Sterben lag...? Am liebsten hätte er einen dieser Quacksalber gepackt und geschüttelt, einen von denen, die es nicht vermocht hatten den Kaiser zu heilen, einen von denen, die ihn seit der blutigen Schlacht am Chaboras behandelt hatten und den Wundbrand trotzdem nicht hatten besiegen können.


    Tatsächlich hatte Aelius Quarto diesen Tag niemals herbeigesehnt. Bei all seinen Fehlern war Iulianus immer bemüht gewesen, ein gerechter und maßvoller Herrscher zu sein und davon abgesehen hatte Quarto ihm viel zu verdanken. Aber natürlich war ihm nur zu bewusst, was dessen Tod für ihn und seine Familie neben all der Trauer auch bedeuten würde. Denn jener Sohn, auf den der Kaiser seine Getreuen auf dem Sterbebett einschwor, jener Caesar Gaius Ulpius Aelianus Valerianus, dass war niemand anderes als sein leiblicher Bruder.


    Nein, er wollte es noch nicht wahrhaben und er klammerte sich an eine Hoffnung, die der Kaiser selbst wohl schon verloren hatte. Nach Hilfe suchend blickte er zu einem der Ärzte. Eben noch wollte er einen dieser Männer packen und anbrüllen, doch nun blickte er ihm nur eindringlich in die Augen. Der aber schüttelte den Kopf. Es gab keine Hoffnung mehr. Der Kaiser würde sterben.


    Also besann sich Quarto auf das, was nun am Wichtigsten war, nämlich, die reibungslose Nachfolge sicher zu stellen.


    “Wenn es der Wille der Götter ist... dann geh' ohne Sorge. Das Reich wird in guten und starken Händen sein. Dein Erbe ist gesichert und man wird dein Andenken in Ehren halten. Heil dir, Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus!“



    ...und Nona, Decuma und Morta lachten über seine Worte.

  • Es war der Wille der Götter!
    Wenn Aelius Quarto den Hauch des Todes zu verspüren glaubte, dann irrte er sich nicht, denn Pluto war unter ihnen!
    Seine eisige Präsenz kroch den Anwesenden in die Glieder und der Geruch der Vergänglichkeit erfüllte das Zelt.


    Seine kräftige, rohe Hand strich dem Todgeweihten sanft über die Wange und er nahm alles Leid, alle Furcht und alle Sorgen von ihm.
    Dann brachte er zuende, was ein parthischer Pfeil begonnen hatte. Unerbittlich packte er die Seele des Sterbenden, riss sie aus dem faulenden Körper, presste sie kraftvoll und zugleich zärtlich an sich und führte sie nackt auf ihre letzte Reise in die Unterwelt.
    Alles Leben wich aus den sterblichen Überresten des Mannes, der einst der Herrscher der Welt gewesen war.


    Der Kaiser war tot.

  • In dem Zelt herrschte Schweigen, als der Kaiser seinen letzten Atemzug tat.


    Der Tribun der Garde stand mit unbewegtem Gesicht hinter der Liege des Imperators. Die Garde hatte versagt, sie war ihrer Pflicht, den Kaiser zus chützen nicht hinreichend nachgekommen. Die Leibwächter hätten verhindern müssen dass der Pfeil auf dem Schlachtfeld den Herrscher getroffen hatte; In diesem Augenblick spielte es keine Rolle dass dies wohl schwerlich möglich gewesen war.


    Die in dem Zelt wachenden Praetorianer standen stumm, mit versteinerten Gesichtern.

  • Wie viele Menschen hatte er in seinem Leben sterben sehen ? Wieviele hatte er selbst vom Leben zum Tode befördert ? Für beides hatte er keine Zahl bereit, doch es waren sicher viele gewesen. Der Hauch des Todes war für ihn keine Besonderheit mehr, er hatte ihn in vielen Kämpfen erlebt, doch so Intensiv wie in dem Moment, da der Imperator sich auf den Weg in das Elysium machte, hatte er ihn noch nie wahrgenommen. Hier starb ein wichtiger Mann und Pluto musste sich seiner selbst angenommen haben.


    Ein kalter Hauch fuhr seinen Rücken entlang, er glaubte den Gott in ihren Reihen wirklich spüren zu können. Doch das Gesicht des Tiberiers blieb hart und ausdruckslos, genauso wie seine ganze steif und streng militärisch war. Sein Blick traf die Ärzte, die in seinen Augen versagt hatten und die in Zukunft nur noch die Bewohner der Subura behandeln sollten. Den Imperator für die nötigen Rituale vorbereiten sollten sie noch tun, doch dann hatte sie in seinen Augen ausgedient.


    Und dann blickte er in das Gesicht des Praetorianer Tribuns, dessen Miene zwar nichts verriet, doch er ahnte, was in dessen Kopf vor sich gehen musste, hatte doch die Garde es nicht geschafft, den Imperator vor dem kleinen Pfeil zu schützen. So Schwierig die Aufgabe doch war, letzlich änderte sich nichts daran, dsas auch die Garde versgat hatte. Und dennoch, fragte sich Tiberius Vitamalacus, wie sich die Garde nun verhalten würde. Würden sie auch dem Caesar als neuen Imperator folgen ? Oder würden sie einen anderen Kandidaten unterstützen oder gar selbst einen ins Rennen schicken ? All das würde erst die Zukunft zeigen, in diesen Moment gab es genug zu tun.


    Er trat einen Schrit vor, direkt an Senator Quarto. "Senator, würdest du die Münze übernehmen ?" fragte er, einem spontanen Einfall folgend. Es mochte eine symbolische Geste sein die Münze für den Fährmann zu stellen, doch eine Geste mit grosser Bedeutung. Würde einer der Legaten die Geste vollführen oder der Tribun der Praetorinaer, könnte jeder von ihnen das in dieser Situation für den eigenen Vorteil ausnutzen, einem Vorteil, der nicht unbedingt der stabilität des Reiches zu gute kommen würde. Wenn dies aber der der Bruder des Caesars tat.


    "Danach sollten wir die Leichenbestatter ihre Arbeit machen lassen. Wir haben viel zu besprechen....." Als er dies sagte, blickte er in die Gesichter seiner Kollegen und des Tribuns der Praetorianer. Es ging um viel, nicht nur um das Wohl der Truppen vor Dura Europos, sondern um das Wohl des Imperums...

  • “Natürlich.“, antwortete Aelius Quarto mit belegter Stimme und versteinertem Gesicht.


    Dann sah er sich Hilfe suchend um, als ihm einfiel, dass er gar kein Geld bei sich trug. Zum Glück war ein Leibsklave des Kaisers zur Stelle und drückte ihm unauffällig eine Münze in die Hand. Es war ein alter, aber blank polierter Aureus. Die Goldmünze lag schwer in der Hand. Sicherlich war sie gut einhundert Jahre alt, denn sie zeigte das Porträt des ersten Kaisers Augustus. Eine sehr geschmackvolle und würdige Wahl, fand Quarto und dankte insgeheim dem klugen Sklaven, der ihm dieses Geldstück gereicht hatte und nicht etwa einen kümmerlichen Quadrans.
    Ein anderer Sklave öffnete behutsam den Mund des toten Kaisers und Quarto schob ihm die Münze unter die Zunge.


    “Heil dir, Lucius Ulpius Iulianus. Mögen die Götter dich in ihrer Mitte freundlich empfangen.“, sagte er leise.

  • Der Imperator war tot, gestorben an einem kleinen unbedeutenden Pfeil, zu einem Zeitpunkt der kaum ungünstiger sein konnte, an einem Ort, der kaum als passend zu bezeichnen wäre. Doch die Legaten der vier Legionen hatten keine Zeit all dies zu beklagen, denn sie waren es, die nun in der Verantwortung standen, zu entscheiden wie es weiter ging, jetzt da ihr Oberbefehlshaber nicht mehr da war. Vier Legaten, alle sowohl Politiker als auch Soldaten, alle eher gewohnt Befehle zu erteilen, als denn Befehle zu bekommen.


    Doch alle vier wussten auch, das sie hier nicht im Senat waren, das sie sich nicht tagelang mit Diskussionen aufhalten konnten. Der Tod des Imperators war schlimm genug, uneinige Legaten wären das sichere Ende aller vier Legionen.


    Und während die notwendigen Vorbereitungen für die Reise des Imperators in das Elysium getroffen wurden, schloss sich in einem Nebenzelt ein Vorhang hinter den vier Legaten, das was hier besprochen wurde, sollte nur unter diesen acht Augen und acht Ohren besprochen werden. Und die beiden Posten der Garde, welche den Zugang bewachten, mochten ihre Ohren noch so anspannen, kaum ein verständliches Wort drang zu ihnen. Nur gelegentlich wurde der Wortwechsel etwas lauter, doch auch dann waren es kaum verständliche Wortfetzen.


    So ähnlich die vier Legaten sich waren, so verschieden waren sie auch und so verschieden waren auch ihre Meinung was genau jetzt zu tun war. Eigentlich ging es nur darum, zu gehen oder zu bleiben, denn das sie den Caesar als neuen Imperator ansahen, darüber waren sie sich zumindest nach außen sofort einig. Das manch einer von ihnen dem Treueschwur des anderen noch nicht traute, war zwar nicht offensichtlich, dennoch waren diese Zweifel da. Diese Zweifel würde nur die Zukunft beseitigen können.


    Bleiben oder gehen, so einfach die Frage klang, so schwierig war die Entscheidung. Man könnte bleiben, weil man es dem Imperator schuldete, die Parther für seinen Tod bezahlen zu lassen, weil die Stellung, welche man hielt, teuer erkauft war oder weil man einfach nicht wusste, welche Pläne der neue Imperator hatte. Wenn blieb könnte man einen glorreichen Sieg erringen, oder das Erreichte gänzlich verlieren. Man ging, weil der Tod des Imperators ein Zeichen der Götter war, ein Zeichen sich zurückzuziehen oder weil es nun, da unruhige Zeiten bevorstanden, es an der Zeit war, die Truppen näher an das Imperium zu bringen.


    So kühl die vier Männer alle sein konnten, so wenig sie über ihre Emotionen nach außen teilten, so war doch auch klar, das zumindest zwischen dem Legaten der I. und dem der X. spätestens seit der Schlacht am Chaboras das Tuch gerissen war. Und auch zwischen den anderen mochte so manches im Argen sein, das man nicht auf den ersten Blick sehen mochte. Aber, egal was der eine vom anderen hielt, sie waren sich ihrer Verantwortung bewusst, ihrer Verantwortung für das Leben von Tausenden Soldaten und auch ihrer Verantwortung für das ganze Imperium.


    Und als der Morgen begann zu grauen, waren sie über eingekommen, das sich das Heer zurückziehen würde, nicht überstürzt, nicht ohne das Gesicht zu verlieren, aber man würde sich zurück ziehen. Die Prima war die Legion des Imperators gewesen und alle anderen Legionen würden ihr folgen.


    Zumindest für die erste Zeit...

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