Von Fanum Fortunae nach Norden – Die Garde auf dem Marsch II oder: Die in den Sumpf gingen


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    Ab Fanum marschierten wir auf der Via Aemilia die Küste entlang. Und schon bald erhielt ich von den Spähern sehr merkwürdige Berichte. Angeblich stand das gesamte Padusdelta unter Wasser. Das konnte ich zwar kaum glauben... doch die Welt scherte sich nicht um das was ein Decimus Serapio glauben konnte oder nicht, und ich mußte mir eingestehen, dass wir uns den direkten Weg über Ravenna abschminken konnten. Über Verona zu marschieren ging natürlich auch nicht, denn alle Berichte waren sich einig, dass dort der Feind versammelt war.
    Glücklicherweise hatte sich mir schon vor langer Zeit, und zwar damals bei dem Desaster am Chaboras, eingeprägt, dass das Wichtigste bei einem Feldzug gute Aufklärung und gute Ortskenntnis waren. Und hier waren wir nicht etwa in Mesopotamien, sondern in Italia, und somit war es nicht schwer gewesen, genug ortskundige Führer und detailliertes Kartenmaterial zu beschaffen, um eine alternative Route zu finden.
    Hinter Ariminium wandten wir uns landeinwärts, passierten wachsam Bononia, direkt danach verließen wir die Via Aemilia und stießen auf einer schmaleren Handesstraße Richtung Patavium in die sumpfige Ebene vor. Mehrere kleine Wasserläufe mußten wir überqueren, dann die durch das regnerische Wetter angeschwollenen Padusarme, was uns nicht wenig Zeit und mehrere Karren kostete.


    Trübe graue Wolken hingen schwer über dem platten Land. Schilfwälder zogen sich bis zum Horizont, schlammige Tümpel beleckten die Straße, und der morastige Boden heftete sich in schweren Klumpen an die Sohlen der Caligae und die Hufe der Pferde. Alles war feucht und klamm und roch faulig. Keine Menschenseele war zu sehen, kein Leben, nur hin und wieder flog aus dem Röhricht ein ein quäkender Wasservogel auf.
    Dies war die Gegend, durch die ich als junger Rekrut gezogen war, unter dem Adler der Legio Prima. Jetzt zog ich unter dem Zeichen des Skorpions gegen die Prima....
    Wenn das hier vorbei ist, quittiere ich den Dienst, dachte ich, ja, das werde ich tun. Ich hatte diesen Traum, in dem ich Schwert und Rüstung ablegte, schon so oft gehabt, nachts. Nur noch dieses eine Mal. Wenn ich über die Kolonne der Soldaten hinwegblickte, verschmolzen die schwarzen Gestalten in der Ferne mit dem dunstig grauen Hintergrund.


    Schlammverkrustet und verspätet erreichten wir schließlich die Gegend von Patavium. Die Späher hatten schon von der Plünderung der Stadt berichtet. Ich wollte meinen Augen und Ohren nicht trauen! Es mußten Aufständische gewesen sein, die hier geplündert hatten, und es den kaisertreuen Truppen nun in die Schuhe schoben! Schließlich hatten Palmas Brandstifter auch schon in Rom an den Kornspeichern gezündelt! Das war jedenfalls die Darstellung der Ereignisse, die ich an die Soldaten weitergeben lies, und ich sorgte auch dafür, dass wir an der Stadt vorüber, nicht mittendurch marschierten, um die Männer nicht unnötig ins Grübeln zu bringen.
    Ich selbst.... wußte nicht was ich glauben sollte. Zum einen war ich davon überzeugt, dass kein römischer Legat so dämlich sein könnte, eine italische Stadt zu plündern und zu brandschatzen, und durch diesen Frevel alle Welt gegen sich, und gegen die Sache für die er kämpfte, aufzubringen. Zum anderen waren alle Kriegsherren die hier in Frage kamen... Römer.


    Letzlich war diese Frage aber eine, die es später zu klären galt. Nun hieß es weiter marschieren, denn die illyrischen Legionen waren bereits weitergezogen, und ich hatte gewiss nicht vor, mit meinen Männern erst dann zu erscheinen, wenn die Entscheidung bereits gefallen war. Die Streitkräfte zogen sich bei Vicetia zusammen, und dorthin marschierten auch wir....

  • Immer weiter durch den Sumpf, immer weiter marschierten die Männer in Richtung des Donnergrollens, und außer dem matschen und platschen der Sandalen im über weite Strecken knöcheltiefen Wasser, herrschte eine gespenstische Stille.
    Ab und an mussten dann auch ein paar Soldaten aus dem tiefen Schlamm befreit werden, Seneca hasste diese Gegend, so hatte er sich Germanien oder Britannien vorgestellt, aber nun waren seine Beine mit Schlamm und Dreck verkrustet, mitten in Italia.
    Am Abend müsste er den Männern ein wenig was bieten, dieser Marsch schlug aufs Gemüt und die Moral, und er hoffte dass der Kampfgeist der Männer noch strahlen würde, wenn sie auf die Rebellen trafen...

  • Wo sind wir hier gelandet?, fragte Avianus sich mit einem Seufzen. Das Wasser, der Dreck und der Schlamm machten das Marschieren nicht leichter. Es war nur eine Frage der Zeit bis die Beine des Iuniers müde werden würden.
    Hinter ihm stolperte ein Mann und landete im kalten Nass. Avianus reichte ihm die Hand und half ihm wieder hoch.
    "Wie lange wird das noch so weitergehen?", brummte er.
    Niemand antwortete. Nicht das Avianus etwas anderes erwartet hätte.
    Eine Mücke surrte um seinen Kopf. Mit einer wegwerfenden Handbewegung scheuchte er sie zum nächsten Soldaten.

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