Moesia inferior

Aus Theoria Romana
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Lage und Geografie

Das Gebiet der römischen Provinz Moesia inferior entsprach im wesentlichen einem etwa 40-50 km breiten Streifen südlich der Donau, der 400 km vor der Mündung des Flusses begann und bis zum Schwarzen Meer reichte. Lediglich am Unterlauf der Donau, der deutlich nach Norden abknickt, behielt die Südgrenze der Provinz ihren geraden Verlauf entlang des Balkankamms ostwärts bei, so dass die Provinz letztlich etwa mehr als 300 km Küstenlinie entlang des Schwarzen Meeres abdeckte, die von der Donaumündung im Norden bis zur Bucht von Mesembria (heute Nesebar) im Süden reichte.

Der Unterlauf der Donau ist von weiten Ebenen geprägt, während das sonstige Provinzgebiet hügelig bis bergig mit Höhen bis 500 m ist.

Vorrömische Geschichte

Bereits im Zuge der griechischen Kolonisation wurde die Küstenregion des Schwarzen Meeres von griechischen Siedlern besetzt, die dort zahlreiche Städte gründeten. Das Landesinnere wurde von thrakischen Stämmen besiedelt, die ihren freien Status bis in die römische Kaiserzeit hinein behalten konnten. In Abstimmung mit Rom organisierten die thrakischen Stämme in dem als ripa Thraciae bezeichneten Gebiet die Kontrolle der Donaugrenze selbst und erhielten nur dann Unterstützung von Rom, wenn Angriffe der nördlich siedelnden Skythen, Bastarner oder Roxolanen nicht alleine zurückgeschlagen werden konnten.

Die griechischen Städte entlang der Küste des Schwarzen Meeres erhielten 71 v. Chr. den Status von civitates foederatae, ohne dass jedoch eine direkte Landverbindung zum römischen Reich geschaffen wurde. Eine dieser Städte war das von milesischen Siedlern gegründete Tomis (heute Constanza), das seit 8 n. Chr. Verbannungsort für Publius Ovidius Naso war, der dort auch 17 oder 18 n. Chr. starb.

Römische Geschichte

Im Jahr 44 n. Chr. wurde das Gebiet der ripa Thraciae zunächst der benachbarten Provinz Moesia zugeschlagen und erhielt wenig später zwei Legionsstandorte in Oescus (heute Gigen) und Novae (heute Staklen). Zu Beginn der Dakerkriege wurde das Provinzgebiet 86 n. Chr. geteilt und die ehemalige ripa Thraciae zur kaiserlichen Provinz Moesia inferior unter einem konsularischen Statthalter mit Sitz in Novae. Als zeitweiliger dritter Legionsstandort kam Durostorum (heute Silistra) hinzu, während die Legion in Oescus unter Traian nach Troesmis (heute Iglita) und später weiter in die Provinz Dacia verlegt wurde.

Die ehemaligen Griechenstädte wie Nicopolis ad Istrum (heute Nikup) oder Marcianopolis (heute Reká Dévnja) am Schwarzen Meer konnten sich zeitweise Sonderrechte mit eigenen Territorien erhalten. Von besonderer Bedeutung war zudem 102 n. Chr. die Neugründung von Tropaeum Traiani (heute Adamklissi) als Siegesmal für den erfolgreichen Abschluss der Dakerkriege.

Im 3. Jh. verstärkte sich von Norden der Druck auf die Grenze am Unterlauf der Donau, nachdem Marcus Aurelius in der 2. Hälfte des 2. Jh. n. Chr. hier noch Erfolge gegen die Jazygen hatte erzielen können. Von Osten her wurde zudem die Alanen und Goten zu einer größeren Bedrohung. Unter Diocletian wurde die Provinz in Moesia II im Südwesten mit Hauptstadt Marcianopolis und Scythica im Nordosten mit Tomis als Hauptstadt geteilt. Beide Teile bildeten zusammen mit dem benachbarten Thrakien auch später noch das Kernstück des Oströmischen und Byzantinischen Reiches.

Strategische und wirtschaftliche Bedeutung

Die weiten Ebenen am Unterlauf der Donau brachten der Provinz den Ruf einer Kornkammer ein und machten entsprechende Baumaßnahmen zur Schaffung und Erhaltung der Land- und Flussverbindungen zum restlichen Teil des Reiches notwendig. Im bergigeren Hinterland wurde zudem in umfangreichem Maß Bergbau betrieben, etwa im Gebiet der Stadt Montana, die dadurch zum municipium aufstieg. Höherwertige Stadttitel waren dagegen selten. Von den militärisch geprägten Siedlungen erhielt nur Oescus in der mittleren Kaiserzeit den Titel einer colonia, während Durostorum und Troemis municipia blieben und der Statthaltersitz Novae möglicherweise nicht einmal diesen Titel führte. Neben diesen militärisch geprägten Siedlungen bildeten sich mit beispielsweise Storgosia und Melta auch Hauptorte in landwirtschaftlichen geprägten Gebieten aus.

Literatur: Tilmann Bechert, Die Provinzen des römischen Reiches, Mainz, 1999