[Officium Curionis] Ein heftiges Donarwetter

  • | Acanthos


    Es gab keine Alternative zu diesem Raum, in den Acanthos den Pontifex gebracht hatte. Er war klein, wurde durch zwei Stühle, einen Tisch und ein Regal beinahe komplett ausgefüllt und eignete sich eigentlich eher für ruhige, konstruktive Gespräche, denn für sowas, was wohl ohne Zweifel jetzt folgen sollte. Trotzdem lag er etwas abseits und da die dahinterliegende Einliegerwohnung noch nicht vergeben war, sollte auch nichts nach draußen drinen.


    Dein Klient wird sofort hier sein.


    sagte Acanthos neutral und verschwand dann sofort wieder auf dem Raum.

  • Er quittierte die Worte des Sklaven mit einem gleichgültigen Nicken - er war nun mal extrem gereizt - und setzte sich auf einen der Stühle. Dabei stützte er den einen Arm auf der Lehne ab, um sein Kinn auf seiner Faust abzustützen. Der andere Arm lag Flach auf der Lehne und mit seinen Fingern tippelte er ungeduldig auf dieser herum. Der duccische Pontifex versuchte sich zu beruhigen und überlegte dabei, wie er nun am besten vorgehen würde. Am liebsten würde er hinter der Tür mit einer Axt warten.. es gab auch schlechtes an der Romanisierung für Germanen. Derartige Möglichkeiten waren ausgeschlossen.

  • Viel Zeit hatte Verus nicht, um über die Vor- und Nachteile von Äxten, Schwertern und stumpfen Löffeln nachzudenken. Denn innerhalb weniger Minuten erschien Curio im Raum. Grade noch hatte er beim Abendessen mit der Familie gesessen, als Acanthos förmlich hineingestürmt war. Zielstrebig war er auf Curio zugegangen und hatte ihm ins Ohr geflüstert, dass Duccius Verus angekommen sei, ihn unverzüglich sehen wolle und aller Wahrscheinlichkeit nach bescheid wusste. Mehr musste der Makedone nicht sagen, denn schon war Curio erblasst, ruckartig aufgestanden, hatte sich entschuldigt und war ohne weiteren Umweg regelrecht ins Officium gestürzt. Und nun stand er hier, noch den Kopf leicht erhoben, denn es konnte ja immer noch etwas anderes wichtiges vorgefallen sein. Doch welche andere Angelegenheit, das fragte sich Curio ernsthaft, konnte schon so wichtig sein, dass es nicht bis morgen warten könnte. Letztlich blieb nur eines übrig und das wäre ein echtes Problem.


    Salve, Patron.


    grüßte er aber erstmal freundlich, aber vorsichtig, während er dir Tür hinter sich schloss. Gleiches hatte er auch mit der etwas dickeren Tür zum Atrium gemacht, damit nicht allzu viel hinausdrang. Weiteres sagte er nicht, wahrscheinlich auch, weil er gar nicht erst dazu käme.

  • Auch wenn sein Klient versuchte recht neutral und unbehelligt, was ihm gleich widerfahren würde, den Raum zu betreten, war sich sein Patron ziemlich sicher, dass Curio wusste, was ihn erwartete.


    Nur mit Mühe konnte sich der duccische Pontifex ruhig auf dem Stuhl halten, vermied es daher auch aufzustehen und den Helvetier vernünftig zu begrüßen. Er deutete mit einem Nicken auf den freien Stuhl, als ob er hier der Hausheer wäre. Als sich dieser dann gesetzt hatte, musterte Phelan ihn erst einmal mit durchlöcherndem Blick.


    Wohlwollend, wie er nun einmal war und wie man es von den Ducciern gewohnt war, wollte er seinem Klienten noch die Chance geben, selbst mit der Sprache herauszurücken.


    Während sich die ganze Wut in ihm anstaute, gab er seinem Gegenüber unter knirschenden Zähnen einen kleinen Impuls. Wie konnte dieser wohl aussehen?


    "Nun?" dabei wich sein Blick nicht von Curio und er verharrte in der selben Position, in der er auch auf seinen Klienten gewartet hatte.


    Würde es etwas für Curio ändern, wenn er jetzt zugab, dass er etwas mit der Tochter seines Patrons am laufen hatte? - Nein.
    War es auf diese Weise für Curio tragischer und Nervenaufreibender? - Ja.

  • Er wusste es. Ohne Zweifel. Sein ganzes Auftreten, sein ganzes Verhalten und schließlich das hörbare Zähneknirschen, das Curio einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte, waren Anzeichen genug. Mehr brauchte Curio nicht zu wissen. Langsam setzt er sich auf den freien Stuhl. Konnte er noch etwas retten? Wohl kaum. Nun wunderte sich Curio nur, dass der Duccier ihn nicht gleich hier auf dem Tisch enthauptete, sondern sich offensichtlich sogar noch einen Spaß daraus machte, ihn hier zappeln zu lassen. Er lernte heute eine Seite seines Patrons kennen, die er bisher noch nicht kannte und die er eigentlich auch nie kennenlernen wollte.


    Nun, war das einzige Wort, das sein Patron sagte. Nun. Ein einziges Wort und und es schnitt dem jungen Helvetier wie ein scharfes Messer direkt ins Fleisch. Was wollte er hören? Die Wahrheit? Würde es das besser machen? Würde er auch nur ansatzweise verstehen, warum das alles passiert war? Und wenn es etwas ändern würde: Warum hatte es dann nicht bis morgen warten können. Der Blick des Ducciers ruhte auf ihm und verursachte zusätzlich Nadelstiche. Die Pause wurde immer länger, immer unangenehmer, immer schmerzhafter. Sekunde für Sekunde war es eine Qual. Er wollte etwas sagen, er musste etwas sagen, doch was hätte er sagen können? Nichts. Er wusste vermutlich genug, hatte vielleicht irgendwie dafür gesorgt, dass seine Tochter geredet hatte oder war sogar durch die üble Fama darauf aufmerksam gemacht worden. Letzteres allerdings wäre mit Abstand der schlimmste Fall, denn dann wäre es schon öffentlich und alles, ausnahmslos alles wäre vorbei. Er könnte hier mit allem abschließen, seine Sachen packen und direkten Weges nach Argentorate umziehen, um seine zukünftige Verlobte heiraten, bevor das wahre Gerücht auch dort ankommen konnte. Aber auch ersteres wäre ein Problem, da er Silvana gut genug kannte, um zu wissen, dass sie ihm die Stirn bieten wollte, letztlich aber doch das tat, was ihre Familie wollte.


    Und weiter verging die Zeit, flossen die Sekunden dahin, ohne dass Curio auch nur irgendwas erwidert hätte. Kurz schoss es durch seinen Kopf, dass er die unverbindliche Art anlegen könnte, die ihm während so manchem politischen Gespräch aus der Bredouille hinaus geholfen hatte. Doch hier, das war der Grund, warum er diesen Gedanken verwarf, würde diese Art wohl kaum helfen. So saß er hier nun zwischen Skylla und Charybdis, wobei erschwerend hinzukam, dass er nicht einfach den Kurs halten konnte (denn auch das wäre das Ende), sondern gezwungen war, zu steuern und damit unweigerlich einem der beiden Ungeheuer zum Opfer fallen würde.


    Und doch musste er jetzt kämpfen. Allein schon für Silvana. Es gab nichts mehr zu verschweigen. Es musste raus. Er atmete tief durch, griff zu Silvanas Geschenk, dem steinernen Anhänger mit dem helvetischen Widderhkopf unter seiner Tunika und blickte seinen Patron dann so fest an, wie es jemand konnte, dessen komplette Zukunft auf dem Schafott stand und auf ihre Hinrichtung wartete.


    Ich nehme an, du möchtest mir etwas sagen, Patron. Und ich nehme auch an, dass dies hier kein angenehmes Gespräch werden wird.


    antwortete er, wobei er wahrscheinlich deutlich selbstbewusster klang, als er eigentlich war. In jedem Fall bereitete er sich jetzt darauf vor, dass irgendwas auf ihn einprasseln würde. Das kannte er aber schon von seinem Vater. Man könnte sagen, dass er bereits umfangreiche Erfahrungen mit solchen Situationen hatte sammeln können Er hoffte nur, dass ihn der Duccier nicht gleich aus dem Haus schleifen und auf dem Forum ausstellen würde. Die Duccier konnten bestimmt recht spontan eine öffentliche Hinrichtung organisieren, auch zu solch einer unrömischen Uhrzeit. Auf der anderen Seite wären damit alle Probleme buchstäblich mit einem Schlag gelöst...

  • Das konnte ja wohl nicht wahr sein. Nachdem Curio sich in den ersten Momenten sichtlich von seinem Patron und seinen Blicken eingeschüchtert gezeigt hatte, sprachen seine Worte und sein Haltung nun ganz andere Töne an. Fest pressten sich Phelans Finger in die Lehne des Stuhls, bevor er sich aus diesem erhob, um sich wie ein Berg vor seinem Klienten aufzubauen. Dann setzte er endlich voller Wut an, er wollte endlich seine Schimpftirade loswerden, die Curios Antwort nur noch hatte schlimmer werden lassen. Der duccische Pontifex fing noch verhältnismäßig ruhig an, würde sich aber Wort für Wort in Rage reden.


    "Ich frage dich, Iullus.. Helvetius.. Curio.." bei jedem seiner Namen machte er eine kurze Zäsur, derer sich Eltern in ihrer Erzieherrolle oft bedienten, wenn sie ihren Spross zurechtweisen wollten ".. wie kannst du es wagen diese Töne anzuschlagen und die Chance eines Geständnisses, welches ich dir angeboten habe, derart mit Füßen zu treten? Wie kannst du.. obwohl du genau weißt worum ES HIER GEHT?!" Ausbruch Nummer 1. Bei seinem letzten Wort war er schon einen Schritt in Richtung Tisch vorgedrungen, hinter dem Curio saß, und schlug mit der Faust auf eben diesen - den Tisch, nicht Curio - sodass die darauf liegenden Sachen kurz der Schwerkraft nachgaben, um danach wieder Geräuschvoll der Anziehungskraft zum Opfer zu fallen.


    "Nicht, dass du dich nur mit meiner Tochter triffst, nachdem ich zu Beginn ihrer Ausbildung KLIPP UND KLAR gesagt hatte, dass diese Art Beziehung zwischen euch VÖLLIG AUßer FRAGE steht.. du triffst dich auch noch HINTER MEINEM RÜCKEN mit ihr und ich erfahre das erst JETZT?! JETZT!? ALS LETZTER!?" Ausbruch Nr. 2. Natürlich wussten das erst eine Hand voll Leute, aber wenn man in Rage war, übertrieb man gern und stellte es so dar, als hätten es alle gewusst außer einem selbst..


    "Wie stehe ich da? Ich stehe da wie ein VERDAMMTER NARR! Vermutlich reden sie schon über mich!" dann ließ er seinen Kopf kurz nach unten fallen. "Oh Curio.." er benutzte hier absichtlich diese Anrede, um zu signalisieren, dass jeglicher Anspruch auf Respekt gerade und in Zukunft erloschen war. Während der kleinen Pause hob er wieder seinen Kopf und richtete sich erneut auf, sein Zeigefinger war dabei auf den Angeklagten gerichtet, welcher - der Zeigefinger, nicht Curio - immer vor und zurückschnellte, je nachdem bei welchem Wort sich der Pontifex gerade befand. "Wie groß und unerschüttert war mein Vertrauen, welches ICH in DICH gesetzt habe. Wie oft und mit welcher Selbstverständlichkeit habe ich dich überall wo ich nur konnte gelobt, angepriesen und meine HAND für DICH ins FEUER gelegt. Er ist zu jung für eine Schülerin, haben sie gesagt. Ich wies dir trotzdem diese Aufgabe zu und bot dir eine Möglichkeiten, dich zu beweisen. Meine Tochter absolvierte ihre Ausbildung mit Bravur und alle lobten dich und MEINE ENTSCHEIDUNG, DICH mit dieser Aufgabe zu BETRAUEN! Und jetzt? Wie stehe ICH da?" eine kurze Pause folgte, in der sich seine Augen zu schlitzen formten und der Duccier einen Blick aufsetzte, der wie Feuer auf der Haut des Helvetiers brennen musste. "Wie sehr hast du mein Vertrauen MISSBRAUCHT?! Wie sehr hast du meine Gutmütigkeit AUSGENUTZT?!". Ausbruch Nr. 3, wieder donnerte wie von Donars Zorn persönlich gestärkt die Faust auf den Tisch, weswegen dieses mal sogar einige der Griffel auf den Boden fielen.


    "Ihr kommt BEIDE auf MICH zu und lamentiert, dass diese LUPA ein Gerücht über DICH und Alpina in die Welt gesetzt hat und sät dann selbst alle Voraussetzungen für ein Gerücht mit einer derartigen Tragweite, welches sich in diesem Falle sogar BEWAHRHEITEN WÜRDE? OB IHR BEIDE VOLLSTÄNDIG AUF DEN KOPF GEFALLEN SEID, MUSS ICH MICH AN DIESER STELLE DOCH WIRKLICH FRAGEN!" Ausbruch Nr. 4, Schlag auf den Tisch Nr. 3? Nein, sein Zeigefinger, der die ganze Zeit wie ein Revolver auf den Angeklagten gerichtet war, klopfte nun heftig gegen die Schläfe des Pontifex bzw. in dieser Rolle eher treffender des Vaters.


    "Beantworte mir jetzt eine Frage, Curio." sagte er wieder etwas leiser, um sich dann nach einem Knall, welche die beiden Handflächen auf dem Holz erzeugt hatten, mit beiden Händen auf dem Tisch abzustützen und mit tiefernstem Blick und Todbringendem Tonfall zu fragen "HAST DU SIE ENTEHRT?!" wäre das der Fall, konnte der Helvetier sich vermutlich verabschieden, denn das, würde ALLES ändern und den Vater alle römischen Sitten völlig vergessen lassen, die ihm hier schon die ganze Zeit aus der Hand geglitten waren.

  • Letzlich passierte das Unvermeidliche. Und es passierte schnell und laut. Curio kannte solche Situation zu genüge, er wusste, wie er sich zu verhalten hatte und er wusste, was er zu unterlassen hatte. So blickte er auf die Tischplatte vor sich - bloß nicht ins Gesicht schauen, das provozierte nur noch mehr - , verkrampfte seine Hände um die Armlehnen, zuckte dann und wann zusammen, wenn es besonders laut wurde und die Höhepunkte der einzelnen, fast schon theatralen Akte erreicht waren und mit großen Finalen über ihn hereinbrachen, beobachtete wie einzelne Gegenstände von dem ohnehin nur spartanisch belegten Tisch hinunterfielen - besonders ein Stilus hatte es ihm angetan, der in allegorischer Weise von der Mitte des Tisches bei jedem Handschlag seines Patrons auf die Tischplatte weiter zum Rand wanderte und schließlich mit einem beeindruckenden Salto den Tisch in Richtung Boden verließ - und hörte einfach nur zu, was sein Patron ihm erstaunlich detailliert, mit teils verbittertem, teils vor Wut regelrecht schnaubenden Ton vor den Kopf warf. Dabei widersprach er nicht - auch das war ein absolutes Tabu in solchen Situation, da vor allen wenn, wie es hier der Fall war, die meisten Dinge stimmten und alle anderen Dinge zum aktuellen Zeitpunkt unmöglich widerlegt werden konnten, ohne eine weitere Tirade herauszufordern, die ungleich heftiger über ihn hereinbrechen würde - sondern hörte einfach nur zu.


    Irgendwann endete es dann. Immer endete es irgendwann, manchmal waren es nur Pausen, in denen das Gegenüber Energie und Luft für eine weitere, meist umso heftigere Tirade sammelte, manchmal lauerte es darauf, einen weiteren Anstoß für eine Tirade aufzuschnappen, manchmal verlangte es aber auch Erklärungen, weitere Informationen oder Rechtfertigungen. Letzteres war hier gegeben. Das erste Mal, seitdem die Tirade über ihn hereingebrochen war, schaute Curio nun auf. Und nun hatte Curio ein Dejavù. Er würde sich jetzt einmal auflehnen, so wie er sich an seinem letzten Tag auf dem Weingut seines Vaters aufgelehnt hatte. Es würde ihm wenig nutzen, ebenso, wie es ihm damals genutzt hatte - wobei man dabei auch durchaus unterschiedlicher Ansicht sein konnte - doch er konnte jetzt nicht schweigen. Seine Lippen zitterten etwas, als er nun zum Reden ansetzte, ebenso wie seine Hände leicht zitterten.


    Ich liebe deine Tochter, Pontifex.


    setzte er an und war nun bewusst in eine andere Anrede gewechselt, da er es nach den letzten Worten des Ducciers nicht mehr wagte, ihn mit Patron anzusprechen.


    Ich liebe sie über alles. Es ist mehr als eine fixe Idee oder eine tumbe, kurzlebige Romanze. Ich liebe sie wirklich und ich könnte mir nichts schöneres vorstellen, als für immer mit ihr zusammen zu sein.


    Da war es raus und es fühlte sich irrational gut an, dass es nun raus war und es nun in dieser Hinsicht keine Unwahrheiten mehr zwischen ihm und dem Duccier gab, den er doch so sehr schätzte.


    Aber um deine Frage zu beantworten: Ich habe sie nicht entehrt. Niemals. Mein...


    Er zögerte, es selbst auszusprechen, weil er damit etwas manifestierte, das unausgesprochen zwischen ihnen stand. Denn letztlich verband sie mehr, als eine unredliche Beziehung mit seiner Tochter, nämlich ein Patronat, das wohl aber den heutigen Tag nicht überstehen würde.


    Mein Wort mag für dich keinen Wert mehr haben und dennoch versichere ich: Es ist nie passiert.


    Und schon fiel sein Blick wieder hinab auf die Tischplatte, um die nächste Tirade über sich ergehen zu lassen.

  • Mit zusammen gekniffenen Augen musterte Phelan den jungen Helvetier, als er ihm versicherte, seine Tochter nicht entehrt zu haben. Die Axt konnte also stecken bleiben - vorerst. Auch wenn die Basis des Vertrauens stark erschüttert - um nicht zu sagen zerstört - war, glaubte er dem Jungen. Wie ein Häufchen Elend saß er da in seinem Stuhl und offenbarte seine Träumereien.


    "Liebe?" wiederholte der Pontifex. "Bei den Göttern, Curio. Liebe?" mittlerweile hatte er sich etwas beruhigt und war in einen weniger beängstigen aber immer noch äußerst angespannten Tonfall gewechselt. "Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich mich als Vater einer Duccia auf deren Gefühle richten kann, wenn es darum geht einen geeigneten Ehemann zu finden?" eindringlich schaute er den Helvetier an und tippte sich wieder mit dem Zeigefinger an die Schläfe "Hast du den Verstand verloren? Du wagst es hier tatsächlich von Liebe zu sprechen in dieser Situation? Bei Iuppiter.. haben dir deine Gefühle zu meiner Tochter derart den Verstand vernebelt? So etwas gerade von dir zu hören ist maßlos enttäuschend." Ausgerechnet Curio brachte die Liebe hier ins Spiel, der sonst so gewissenhaft, strebsam und klug war. Er musste doch wissen, dass es bei derartigen Verbindungen lediglich auf Einfluss, Vermögen und Macht ankam und nicht auf irgendwelche Liebeleien. Diesem Zauber musste der Pontifex ein Ende setzen. Erst wollte er das in einem ruhigeren aber bestimmenden Ton tun, bis ihm dann wieder in den Sinn kam, dass er sich ja sogar mit Curio über seine Pläne mit dem Fundanier unterhalten hatte und er ihm dabei sogar zugestimmt hatte. Hier sprach der Junge von Liebe, dieses Spiel musste also schon eine lange Zeit hinter seinem Rücken vor sich gegangen sein. Da baute sich der Germane wieder vor dem Jungen über dem Tisch auf und ging in Runde 2 über.


    "Wie lange geht dieses Spiel schon? Mh? WIE LANGE? Oh jetzt wird mir einiges bewusst. Du ERDREIßTEST dir, mir auf dem FEST ins GESICHT zu lügen, als ich dich in meine Pläne mit dem Fundanier EINGEWEIHT habe?! Wieso STRAFST du mich mit einer DERARTIGEN UNVERFRORENHEIT? Du ERLAUBST dir jetzt hier noch von LIEBE ZU SPRECHEN!? DAS WORT LIEBE ÜBERHAUPT IN DEN MUND ZU NEHMEN?!" Bumms, da knallte es wieder auf dem Tisch. Ein Wunder, dass bis jetzt noch niemand der Hausbewohner herbeigeeilt war.
    Jetzt kam das vernichtende, ausradierende Finale: "Ich sage dir jetzt, wie es um deine, ihre, eure Liebe steht." Phelan holte mit dem rechten Arm von links aus, streckte den Zeigefinger und schnitt die Luft in einer ruckartigen Bewegung nach rechts. "ES WIRD KEINE GEMEINSAME ZUKUNFT GEBEN." Bumms, Schlag auf den Tisch. Da fiel der riesige Hammer Donars dem jungen Helvetier buchstäblich auf den Kopf und ließ ihn noch kleiner werden. "Vergiss deine Gefühle. Du wirst dich NIE WIEDER mit meiner Tochter treffen. Du wirst NIE WIEDER mit ihr in der privaten Sphäre reden. Eure Begegnung und euer Austausch ist auf die kultischen Belange RE-DU-ZIERT! HABE ICH MICH KLAR GENUG AUSGEDRÜCKT?! ODER MUSS ICH DIE GÖTTER ANFLEHEN, DIR ES IN EINER NOCH VERSTÄNDLICHEREN SPRACHE IN DEIN OHR ZU LEGEN?!" Und da schleuderte Donar noch ein paar Blitze hinterher, sodass es um Curios Kopf nur so zischte.

  • Zu Curios Überraschung folgte kein weiterer Ausbruch. Der Duccier war sogar überraschend als er die romantischen Vorstellungen Curios mit chirurgischer Präzision zu zerstören. Besser hätten es seine eigenen Eltern auch nicht geschafft. Daher erwiderte er darauf auch nichts, sondern ließ einfach alles, was der Pontifex da von sich gab unkommentiert. Es hätte keinen Sinn. Wahrscheinlich hatte es ihm tatsächlich alles den Verstand vernebelt, doch hatte er sich nie so wohl gefühlt, wie in ihrer Gesellschaft. Sie hatte an seinem Anstandspanzer gekratzt, immer und immer wieder, bis sie ein kleines Loch gefunden hatte und an den Vinalia ihn letztlich aufgesprengt hatte. Aber ihm ging es gut damit. Nach außen vorbildlich und anständig, nach innen und im privaten Bereich aber gefühlsbetont.


    Und dann passierte etwas, dass ihn bei den Ducciern immer verwunderte, sie hatten allesamt ein beeindruckendes Timing, denn in dem Moment, als der junge Helvetier über die Vinalia gedacht hatte, schien es bei Verus Klick gemacht zu haben. Denn schon brach es wieder aus dem Duccier heraus, logisch, denn noch vor ein paar Wochen hatte Curio ihm noch quasi zugestimmt, als es um den Fundanier ging. Na ja, da kam er wohl nicht mehr raus. Aber wollte der Duccier es wirklich wissen? Na ja, er würde wohl sonst nicht fragen und so brachte Curio, nach einem kurzen Zögern alles andere zu.


    Seit den Vinalia.


    schob er ein und senkte den Kopf dann noch mehr. Es war lang, sehr lang, wahrscheinlich so lang, dass es für den Duccier endgültig das Fass zum überlaufen brächte. So nickte Curio auch nur noch verschüchtert, als Verus ihm die Modalitäten der zukünftigen Nichtbeziehung von Silvana und ihm auseinandersetzte, brachte noch ein


    Verstanden...


    hervor und war damit nun komplett in sich zusammengesunken. Kein Widerstand, kein Widerwort, kein Nein, wenn oder Aber mehr. Nur noch vollumfängliche Zustimmung.


    Er blickte immer noch nicht hoch, als er aus dem ganzen Gespräch nun einen einigermaßen logischen Schluss zu ziehen versuchte.


    Ich... nehme an, dass du... nun... unter diesen Umständen... auch dein... Patronat nicht mehr... aufrechterhalten willst?


    Es war der einzig logische Schluss. Wenn Curio Glück hatte, würde es in stillem Einverständnis erfolgen und ohne großes Aufsehen. Bis zum nächsten Wahlkampf war ja noch Zeit und eine Auflösung des Patronats könnte ja auch vielfältig begründet werden, ohne dass an Silvana auch nur der kleinste öffentlich Zweifel entstünde. Sein eigenes Prestige war ihm zumindest im Moment recht egal. Denn so, wie er grade runtergeputzt worden war, könnte er sich nur glücklich schätzen, wenn es einfach nur vorbeiginge.

  • Als er dem duccischen Pontifex eröffnete, dass diese ganze Sache um ihn und Runa seit den Vinalia lief, verkrampfte dieser seine Hände kurz zu zwei Fäusten und auf seiner Stirn legten sich Falten des Zorns, fuhr dann aber fort.


    Der Bursche zeigte sich resigniert, er war völlig in sich zusammengesackt und machte keine Anstalten zu widersprechen, was nicht nur eine wahnwitzige Vorstellung sondern sicher auch sein Todesurteil gewesen wäre.


    Bezüglich Runa und Curio war nun alles geklärt. Ein großes Thema stand jetzt noch im Raum und eben jenes sprach der Helvetier nun ängstlich an.


    "Das Patronat nicht weiter aufrechterhalten?" wiederholte er die Frage seines Gegenübers mit immer noch wütender Stimme. "Das hättest du wohl gerne, was?" das war natürlich eine rhetorische Frage, auf die er jetzt keine Antwort hören wollte.
    "Du wirst mein Klient bleiben, Curio." die erneute Nennung des Cognomen verdeutlichte die Macht, die Verus über den Jungen ausübte. "Du wirst mein Klient bleiben, ob du willst oder nicht. Ich werde mir nicht die Schmach geben, irgendwelche wahnwitzigen Erklärungen aus heiterem Himmel zu formulieren, falls mich die Leute fragen. Es würde zeigen, dass mein ganzes in dich gesetztes Vertrauen die ganze Zeit auf einem brüchigen Boden gestanden hätte und meine Entscheidungen somit falsch waren, so große Stücke auf dich zu setzen. DU.." sein rechter Zeigefinger zeigte auf Curio "wirst schön in meiner Gewalt bleiben und das tun, was ich dir auftrage. DU wirst deine Karriere weiterhin so verfolgen wie bisher und ich werde dich dabei unterstützen. NICHT deinetwegen, sondern vorrangig MEINETWEGEN. DU bist MEIN Projekt. DU bist MEIN Aushängeschild. DU wirst ein noch jüngerer Pontifex sein, als ICH es war und die Leute werden sehen, dass das auf MICH als dein Patron zurückfällt.", was Phelan natürlich einiges an Ansehen verschaffen würde. Er machte jetzt eine kurze Pause, ging langsam um den Tisch herum zu seinem Klienten, legte ihm seine Hand auf die Schulter und sprach mit aufgesetzt freundlichem Tonfall "Da du durch unser weiterhin bestehendes Patronatsverhätlnis profitieren wirst, gehe ich davon aus, dass du mir in keinem dieser Punkte widersprichst, es akzeptierst und dich meinen Weisungen fügen wirst, nicht wahr?" was war das? Richtig, eine rhetorische Frage. Würde sich der Junge hier anmaßen zu widersprechen, wäre das sein Todesurteil. Der Helvetier wusste genau, was passieren würde. Sein Patron war ein wichtiger Mann in Mogontiacum und über dessen Grenzen hinaus und war ein Duccier. Er hatte die Macht und die Möglichkeiten die Karriere des jungen Magister Vicis auf einen Schlag zu beenden, bevor sie richtig angefangen hatte.
    "Gut." quittierte er seine Frage also in Curios Namen selbst. "Vorerst wirst du mir bei der Salutatio nicht mehr unter die Augen treten, aber das wirst du sicher verstehen. Ich lasse es dich wissen, wenn ich wieder bereit dafür bin." Das war ja wohl nur mehr als verständlich, dass der Patron in Anbetracht dieser Umstände kein Interesse daran hatte, seinen Klienten zu hören geschweige denn zu sehen.


    "Einen schönen Abend noch, Helvetius. Ich finde selbst hinaus." verabschiedete er sich mit kühlem schaurigem Ton und verließ das Officium in Richtung Porta. Dass der Pontifex hier wieder den nomen gentile benutzte signalisierte, dass das Thema für ihn abgeschlossen war und nun alles wieder seinen gewohnten Weg ginge. Die Unterredung würde selbstverständlich unter den beiden bleiben, was er natürlich nicht erwähnen musste.

  • Wünschte er sich, dass dieses Patronat beendet würde? Keineswegs. Er hatte nie und gegenüber niemandem einen Zweifel gelten lassen, dass Pontifex Decimus Duccius Verus der denkbar beste, zuverlässigste und fürsorglichste Patron war, den man sich vorstellen konnte. Umso mehr quälten Curio auch bei jedem Treffen mit Silvana die Gedanken, dass er mit dem, was er tat, seinen Patron hinterging und eine Auflösung des Patronats aktiv provozierte. Es hätte so enden müssen und umso überraschender war Curio nun, dass der Duccius offensichtlich trotzdem daran festhalten wollte.


    Als er dann aber hörte, warum Verus an all dem festhalten wollte, war die Demütigung komplett. Curio war ein duccisches "Projekt", ein duccisches "Aushängeschild". Er würde davon proftieren, keine Frage, doch wollte er solch ein Patronat haben? Die Antwort darauf war nicht von Belang, denn Curio konnte sich bestens vorstellen, was geschehen würde, wenn Curio jetzt hier Widerspruch erheben würde. Wahrscheinlich wäre dann die öffentliche Hinrichtung oder wenigstens die öffentliche Demütigung mit anschließender Zuschaustellung es ehemals so aufstrebenden Iullus Helvetius Curio nicht nur wieder auf dem Tisch, sondern ausgemachte Sache. Er hatte nun nicht mehr zu hinterfragen oder gar zu widersprechen, er hatte zu gehorchen. So nickte er, wollte grade antworten, doch kam ihm Verus dabei zuvor. Es konnte nun gar kein Zweifel mehr darin bestehen, wie das Patronat aussehen würde. Die folgende "Verbannung" von der Salutationes vervollständigte dieses Bild nur noch, denn es war nicht nötig, dass sie miteinander sprachen. Er würde in Zukunft schriftliche Anordnungen bekommen, die er umzusetzen hatte.


    Ohne eine weitere Antwort Curios abzuwarten, verließ Verus schließlich den Raum und die Casa. Curio hingegen blieb noch einige Minuten sitzen, ließ das, was passiert war, Revue passieren und fragte sich, was er von all dem halten sollte. Sicherlich, seine Karriere war damit in seltsamer, surrealer Weise gesichert, doch konnte das für jetzt wirklich noch alles bedeuten?

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