An Träume glauben und Nebel in Säcke einfangen ist ein und dasselbe – Auf der Suche nach Phantasos

  • Unterwegs in Trans Tiberim
    An Träume glauben und Nebel in Säcke einfangen ist ein und das selbe, so pflegte meine iberische Großmutter immer zu sagen. Und als wolle ich Nebel greifen, ebenso flüchtig zerstob mir das Bild des Träumers, wenn ich es genauer zu fassen versuchte. Wie hatte er ausgesehen? Schön. Irgendwie exotisch. Dunkel. Aber schienen im Opiumrausch – und ich hatte da natürlich den Rausch meines Lebens (...) gehabt – nicht alle Menschen mit einem mal wundersam attraktiv? Worüber hatten wir gesprochen? Ich konnte mich nicht so wirklich erinnern, dass wir uns überhaupt unterhalten hätten... ausser dass ich ihm eingehend erklärt hatte, warum die Mors Voluntaria der einzige Weg war der mir noch blieb und er das gar nicht verstehen wollte. (Meine Argumente fand ich im übrigen noch immer bestechend. Widersinnigerweise hatte ich trotzdem wieder Freude am Leben, Serapis sei Dank.) Was hatten wir sonst noch so miteinander angestellt? Keine Ahnung! Nächste Frage. Wie hieß er? Tja.
    Ich beschloß, ihm einen Namen geben, so für mich, auf meiner Suche, damit ich nicht immer als "der Träumer" oder "mein Retter" oder "der Fremde der so gut küssen kann" an ihn denken mußte.
    Morpheus? Nein... zu betäubend. Thanatos! Nnnein... Phantasos? Das gefiel mir.
    "Phantasos..." murmelte ich, den Namen erprobend. (Natürlich war ich nur auf der Suche nach ihm, weil ich mich bei ihm gebührend bedanken wollte. Das versteht sich doch von selbst. Alles andere wäre nach den Regeln der Kultgemeinschaft ganz unangemessen gewesen.)
    Phantasos hatte, dafür dass er ein so flüchtiges Traumgespinst war, allerdings ein sehr reales Turbantuch hinterlassen, als er verschwand. Von daher war er jedenfalls nicht nur aus einer Überdosis Rausch und meiner Verlorenheit entstanden, nein, es gab irgendwo einen Menschen in dieser Stadt, der sein Gesicht trug, mit seiner Stimme sprach, mich in seinen Armen gehalten hatte, als... lassen wir das, ich wollte daran nicht einmal mehr denken. - Jedenfalls: Irgendwo in dieser großen, großen Stadt gab es ihn, und ich mußte ihn finden.
    Während ich... langsam... den Weg vom Tempel zum Purpurgarten hinter mich brachte... es fiel mir alles andere als leicht, dahin zurückzukehren.... nahm ich das Tuch genauer in Augenschein. Es war eigentlich nicht rein rot sondern gemustert, blutrote Rauten wechselten sich mit feurig orangenen ab, und es hatte lange Fransen an den Schmalseiten. Vom Stil her erinnerte es mich an Stoffe, die ich in Syrien gesehen hatte. Und es roch... noch immer nach Opium... mhm... roch herrlich verlockend nach Opium.... und irgendeinem anderen guten Duft. Wenn ich ein Bluthund gewesen wäre, dann hätte ich damit jetzt Witterung aufnehmen können. Da dem aber nicht der Fall war, war ich auf auf klassische Ermittlungsarbeit angewiesen.
    Und die begann nun mal hier. Die Pforte des Purpurgartes lag vor mir...
    (Würde es eine von Horn oder eine von Elfenbein sein?)

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    Klient - Decima Lucilla

  • Im Purpurgarten


    Man hätte doch meinen sollen, dass ich, nach allem was geschehen war, das Opium nun als das sah, was es war: ein GIFT, das nur falsche Träume bescherte! Eine instinktive Abneigung hätte ich dagegen haben sollen, der Geruch alleine hätte meine Nackenhaare schon sich sträuben lassen sollen.
    Mitnichten.
    Köstlich schmeichelte er sich in meine Nase, liebkoste mit infamer Zärtlichkeit meine Phantasie... so dass ich da in dem verqualmten Innenhof des Purpurgartens stand, zwischen den üppigen Blumen und den grünen Lauben, nicht wie ein unerschrockener Sucher, nicht wie ein nüchterner Ermittler, sondern eher wie ein Verirrter, ein Treuloser, der zurückgekehrt ist zu seiner verführerischen Flamme, ohne die er ebensowenig sein kann wie mit ihr und... wo war ich noch gewesen? Ach ja. Phantasos. Ich suchte Phantasos.
    "Welche Freude dich wiederzusehen" begrüßte mich die hübsche Empfangsfrau ausgesprochen kühl.
    "Du bist sicher hier um die Rechnung zu begleichen."


    Das fing ja gut an. Sie führte mich in ein Seitenzimmer und präsentierte mir eine gesalzene Rechnung. Anscheinend hatte ich vergessen meine Überdosis zu bezahlen, oder jedenfalls behauptete die Frau das. Wobei sie mir alles hätte weismachen können, denn ich erinnerte mich wirklich an kaum etwas als an meine Verzweiflung... und an den Träumer.
    "Des weiteren haben wir die Sachen, die du hier vergessen hast, für dich aufgehoben." Aus einer Kiste kamen mein Prunkgladius und meine Feh-gefütterte Lacerna zum Vorschein. Wie Monumente meiner vergangenen Existenz lagen die Luxusgüter dort in den kleinen Zimmer auf dem Tisch deplaziert herum... (wie wenn man heutzutage in Ägypten vorbei reitet an einem der vom Sande verwehten Bauwerke der mächtigen Pharaonen... während ihre Nachkommen heruntergekommen als Viehtreiber oder Tagediebe in Rhakotis dahinvegetieren.)
    Leidig griff ich nach meiner Börse, und zahlte Denar für Denar auf den Tisch. Ermittlungen konnten teuer werden, darum hatte ich meine gesamte verbliebene Barschaft dabei – und das reichte gerade so. Unglücklich steckte ich den schlaffen Beutel wieder weg. Die Geldeintreiberin war nun wieder so zuvorkommend wie eh und je, und verpackte mir meine ausgelösten Sachen in einem bequem tragbaren Bündel.
    "Der Mann, der bei mir war, an, ähem, diesem Tag" fragte ich, "der mit dem roten Tuch um den Kopf, den morgenländischen Zügen – wer ist er?"
    "Zu meinem Bedauern kann ich dir da nicht weiterhelfen. Ich kenne ihn nicht."
    "Ich möchte mit den Angestellten sprechen. Wer hat an diesem Tag gearbeitet, wer könnte mehr wissen über ihn?"
    "Ich selbst habe ihn hereingeführt" erinnerte sich die Frau, "er kam zusammen mit einer Dame, einer parthischen Geschäftsfrau, soweit ich weiß ist sie nicht ohne Einfluß in der Subura."
    Eine Partherin. Ich kann dieses falsche, verschlagene Volk nicht ausstehen...
    "Wie sieht sie aus?"
    "Wie eine Rose mit stählernen Dornen..."


    Mit etwas Geduld bekam ich dann doch noch eine etwas weniger poetische Beschreibung der Partherin - und machte dass ich davon kam, und diesen gefährlichen Ort sehr schnell hinter mir ließ. Der Hauch des süßen Giftes war noch immer in meiner Nase und in meinen Gedanken, verfolgte mich hartnäckig die Straße entlang, als ich den Hügel hinabstieg, und den Weg zum Tiber einschlug.

  • An der Via Aurelia -"Salon Alicitarius - Edle Mode aus zweiter Hand"


    "Ist das Katze?!" krächzte der alte Händler, über meine Lacerna gebeugt, und wühlte mit seinen spinnenfingrigen Händen in dem Pelzfutter des guten Stückes herum. "Ich gebe dir 50."
    "Es ist Feh. Eichhörnchen! Federleicht, wärmt famos! Und das aussen ist Ziegenwolle, Indigo-gefärbt. Sie ist ein Prunkstück, mindestens noch 300 wert."
    "Ach, Kaninchen." trompetete der Händler, "Na dann 70!" und "Nein, Feh!" widerholte ich laut in seine halbtauben Ohren. "Eich! Hörn! Chen!"
    Bona Dea. Ich brauchte wenigstens ein bisschen Geld für meine Nachforschungen, drum versuchte ich gerade, meine wunderbare Pelzlacerna zu versetzen. Sie war damals, als ich sie mir schneidern ließ, so richtig, richtig teuer gewesen, und sie hatte mich, in der Zeit als ich nicht gerade unter den besten Bedingugen gehaust hatte, in so manch kalten Nächten warm gehalten. Es tat mir in der Seele weh, das schöne Ding zu verscherbeln. Andererseits war es für einen Serapisjünger sowieso nicht erlaubt Wolle zu tragen. Und schon gar nicht als so prunkvolles Gewand.


    "Die neueste ist sie ja nicht mehr..."
    "...aber noch immer so gut wie neu, noch immer ein Luxus, von dem die meisten deiner Kunden nur träumen können! Sieh dir nur diese herrliche Seidenbordüre an! Da sind Nilpferde drauf! Es ist ägyptischer Reliefstich! Absolut lebensecht! Nicht unter 300, und das ist schon ein Jammer, sie hat damals das achtfache gekostet!" (Nun ja, ein bisschen übertrieb ich auch.)
    "Die Borte? Naja. Was sind'n das für Flecken auf der Borte?"
    "Was für Flecken, da ist nichts." Höchstens ein bisschen Abrieb.
    "Ist wohl Blut, hä? Wie kommt so einer wie du überhaupt an einen Mantel wie diesen. Hast wohl den Besitzer erschlagen! 75, und ich werde noch für die Reinigung draufzahlen müssen!"
    "Krämer, was erdreistest du dich!" platzte mir jetzt aber heftigst der Kragen. Ich war zwar sehr schlicht angezogen, geradezu unscheinbar, aber ganz gewiss nicht wie ein zerfranster Straßenräuber! (Was er wohl zusammenphantasiert hätte, wenn ich ihm mein Gladius zum Kauf angeboten hätte? Was natürlich undenkbar war.)
    "Wäre ich solch ein Haderlump, dann hätte ich dich starrköpfigen Geizkragen schon längst wie ein Spanferkel mit der Sica aufgespießt! Doch ich bin ein friedliebender Mensch, und mache dir ein letztes Angebot, bevor ich den Mantel zu dem Händler Tychos in der Via Fortificata trage, der ist ein Kenner edlen Pelzwerkes und wird diese herrliche Qualitätsarbeit nicht durch läppische Angebote wie das deine beleidigen! 250!"
    "In meinem eigenen Geschäft bedrohst du mich? Na warte, Bube, wenn ich die Cohortes rufe wird dir das Lachen schon vergehen. 100, mein letztes Wort bevor ich mich vergesse!"
    "Ich gehe." schnaubte ich, packte die Lacerna und stolzierte zur Türe und über die Schwelle.
    "120 auf die Hand." klang es mir dann doch etwas hastig nach, durch die zufallende Türe.
    "200!" rief ich zurück, den Fuß in der Türe stellend. "Ein Spottpreis für eine Feh-Lacerna!"
    "Wucherer! 130!"
    "Blutsauger! Dir werfe ich sie nicht in den Rachen! Ich gehe zu Tychos!"
    "140."
    "140 und der Spazierstock dort."
    "Gut."
    "Abgemacht."


    Wir gaben uns die Hand darauf. Ich legte die Lacerna auf seinen Ladentisch, strich sie noch einmal wehmütig glatt. Adios meine Schöne.
    Der Händler zählte mir das Geld in die Hand, das ich sorgfältig auf zwei Beutel verteilte, von denen ich den schweren gut verbarg, den leichten am Gürtel trug. Ich erhielt auch den Spazierstock - ein solider Eichenstab, mit einem schweren messingnen Adlerkopf als Knauf. Sehr gut. Im Notfall würde das eine passable, und dazu völlig legale Waffe abgeben. Ich war schließlich auf dem Weg in die Gasse der parthischen Händler, in den tiefsten Tiefen der Subura...
    "Vale bene werter Herr, und beehre mich bald wieder!"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Im Gassenlabyrinth der Subura – kein Ariadnefaden in Sicht


    Meinen Spazierstock leicht in der Hand schwingend, schritt ich das Argiletum entlang. Meine Suche wurde soeben... zugleich auch so etwas wie eine Reise in meine eigene Vergangenheit. Denn in der Gegend hier hatte ich damals, direkt nach meiner Flucht aus dem erstickenden Muff der Provinz und meiner Ankunft in Rom gewohnt... blutjung, mich für unsterblich haltend, den Kopf voller unausgegorener Ideen... Da in der Garküche, da hatte ich mich zum ersten Mal mit Rufio getroffen. Und da, in diesem Antiquariat hatte ich oft in den alten Gedichtbänden geschmökert. Dort drüben hinter dem Venustempel, da hatte Hannibal gewohnt. Auf dem Platz dort hinten, da hatte ich mir dann immer abends, oder auch schon früher, mit Freunden den Kopf weggedröhnt...
    Das heillose Gedränge auf den Strassen, und vor allem der Gestank der Abwassergräben, der mir übel in die Nase wehte, bewahrten mich aber davor, allzutief in Nostalgie zu versinken.
    Auch später, in meiner respektableren Existenz als Stadtsoldat, war ich oft hier gewesen, ich erinnerte mich an eine Menge Prügeleien, hier eine Razzia, dort an dem Tor hatten wir mal mutmaßlichen Christianern aufgelauert, und dann waren da natürlich die vielen Leichen gewesen, die morgens kalt und gefleddert in der Gosse lagen. Und das große Rattenbeissen damals! (Ob Ultor wohl noch aktiv war?)
    Ich bog in die Gasse der Korbflechter ein, dann der Wäscher und Walker, wo es noch erbärmlicher stank. Hier begann dann so langsam der Bereich, in dem die Banden so gut wie unangefochten herrschten, und in den wir Urbaner damals nur äusserst ungern gegangen waren. Es war ja nicht so, dass man dort sofort ein Messer zwischen die Rippen bekommen hätte, wie es die Touristen immer meinen, aber man sollte eben auf der Hut sein, keine Schwäche zeigen und kein Pech haben.
    Selbstbewußt ging ich in der Mitte der Gasse und musterte die mir Entgegenkommenden genau, passierte einige echt dubiose Gestalten, und dann erreichte ich auch schon die ersten Ausläufer des orientalischen Marktes, wo Vertreter aller möglicher Völker des Morgenlandes, und darunter eben auch Parther, ihre Waren anboten.


    Kein Sonnenstrahl fiel auf den Grund der Gassen. Wie Schluchten waren sie zwischen die Insula geschnitten, der Boden aus festgetretenem Dreck, gesäumt von Ständen und wimmelnd voll von Menschen, so dass man gar nicht stehenbleiben konnte, immer vorwärts geschoben und gepufft wurde. Es war, ohne zu übertreiben, ein echtes Labyrinth von krummen und schiefen Gassen, Tordurchgängen, Innenhöfen und Stiegen, und – habe ich schon erwähnt wie gedrängt voll es war?! Da oben auf den Hügeln, wo unsereins seine Atriumhäuser hat, ist es leicht zu vergessen, wie enormst überbevölkert unsere Stadt ist, und unter was für miserablen Bedingungen neun von zehn Bewohnern leben...
    Der Kopf schwirrte mir, auch ohne solcherlei Überlegungen, schon von der Vielzahl der Waren, Farben, Formen, Gerüche und Menschen, überall Menschen, dazu den Weg im Auge behalten und meine Börse bei mir. Brote, riesige Stapel davon, Gebäck, Süßkram – ob da wohl auch etwas mit Pistazien dabei war... - aber der Strom der Menge hatte mich schon vorbeigeschoben, Tand, Geschirr in allen Regenbogenfarben, dann waren da ein Haufen von Schrotthändlern mit allem möglichen zerbeultem Zeug, für das meiner Meinung nach doch niemand mehr ein As bezahlen würde... Aber auch in diesem Konglomerat von verrostetem Ausschuss wühlten die Menschen, als hofften sie einen verborgenen Schatz zu finden. Das erinnerte mich an die Legende - eine Menge Legenden rankten sich ja um die verborgenen Märkte der Stadt, "urbane Legenden" könnte man sagen – vom "Trödelmarkt der Träume", wo man angeblich seine verlorenen Träume wieder finden kann, und für einen sehr, sehr hohen Preis wieder erwerben. Manche sagen, er fände tief unter der Stadt in uralten etruskischen Katakomben am Rande eines bodenlosen Mundus statt, andere er würde direkt vor unserer Nase abgehalten, aber man würde ihn, wenn man ihn suche nie finden können, nur durch seltsame Zufälle darauf stoßen. Angeblich soll der Mann mit der Vogelmaske, selbst Thema so vieler schauriger Geschichten, seine Maske einst auf jenem Markt erworben haben.



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    Klient - Decima Lucilla

  • Im Gassenlabyrinth der Subura – die schöne Partherin


    Nein, ich wollte weder Kinderspielzeug kaufen, noch Wagenräder, noch fast nicht vergammelte Feigen zum Sonderpreis. Stur wühlte ich mich durch durch das Gewimmel bis ich tatsächlich in parthische Regionen kam. Dort begann ich mich bei den Händlern umzuhören, nach jener wunderschönen Partherin, die zusammen mit Phantasos zum Purpurgarten gekommen war. Doch es ging schleppend. Viele von ihnen sprachen kaum Latein, und Griechisch auch nur mit barbarischem, kaum verständlichem Akzent. Ich muß hier einmal abschweifen und sagen – es ist ja schön und gut, wie weltoffen unser Imperium ist, und dass bei uns selbst Parthern erlaubt wird, sich anzusiedeln und ihren Geschäften nachzugehen. Aber wenn sie sich nicht mal die Mühe machen unsere Sprache zu erlernen, dann zeigt das meiner Meinung nach, dass ihnen nicht wirklich daran gelegen ist, sich in unsere überlegene römische Gesellschaft zu integrieren. Ich finde das bedenklich. Die Parther sind nun mal ein heimtückisches Volk, das hat sowohl die Geschichte als auch meine persönliche Erfahrung bewiesen. Ein Verlust wäre es jedenfalls nicht, wenn sie alle wieder zurückgingen nach Cthesiphon - überteuerte Teppiche können wir uns auch von Nabatäern andrehen lassen. (Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.)


    Endlich – ich war schon Stunden unterwegs, und hatte schon einen ganzen Beutel voll Kram, den ich nur gekauft hatte um mit den Händlern ins Gespräch zu kommen – da meinte ein Laternenverkäufer, ja, er kenne eine Geschäftsfrau, auf die die Beschreibung genau passe, anmutig wie eine junge Gazelle sei sie, und hart wie Adamant, und ja, ihr Mann trage häufig einen roten Turban. Ihr Mann?! Oh je...
    Der Händler wies mir den Weg zu einem Kellerlokal inmitten des Marktes. Mit klopfendem Herzen ging ich die Stufen hinab. Über einen schmierigen Tresen hinweg verkaufte hier eine wirklich sehr aparte junge Frau gefüllte Teigfladen an die Hungrigen. Ich betrachtete das Mädchen während des Wartens. Ihr Haar war rabenschwarz, ihr Mund wie ein rotes Herz, ihre Gestalt klein doch sehr präsent. Mit bestimmten Anweisungen hielt sie die Gruppe von Gestalten in der verrauchten Küche hinter sich auf Trab, während sie nach vorne heraus bediente. Sie trug einen Kopfschmuck, von dem klimpernd viele kleine Kettchen schwangen. Könnte das die Besagte sein, könnte ich über sie den Phantasos aufspüren? Sie sah zwar nicht wohlhabend genug aus, um zum Klientel des Purpurgartens zu zählen – aber vielleicht stellte sie ihren Reichtum bloß nicht öffentlich zur Schau...


    "Was darf es sein?"
    "Einmal ohne Fleisch bitte." Ich kratzte meinen Charme zusammen und schenkte ihr ein ungelenkes Lächeln. "Und verzeih, ich habe eine Frage die...."
    "Ich bin nicht käuflich." unterbrach sie mich sofort vollkommen sachlich, ohne Verärgerung, "Nur meine Teigrollen es sind. Mit oder ohne Asant?" Ihr Latein war (für Subura-Verhältnisse) ganz passabel.
    "Mit."
    Sie rief eine Anweisung in unverständlichem Kauderwelsch in die Küche.
    "Meine Frage ist eine andere." fuhr ich eindringlich fort, sobald ich ihre Aufmerksamkeit erneut hatte. Ich sprach weiter, ganz so als wäre ich mir sicher dass sie die Besagte sei – in Verhören funktionierte das ja meist ganz gut, und sparrte vor allem Zeit.
    "Es ist wegen des Purpurgartens, in Trans Tiberim. Bei deinem Besuch dort, im Frühjahr, da hattest du..."
    "Purpur - garten?" wiederholte sie mit einer Verwirrung, die für meine Begriffe sehr echt aussah.
    "...einen Begleiter mit einem roten Turban. So wie der hier:" Ich zeigte ihr Phantasos' rotes Turbantuch. "Diesen Mann suche ich, und es ist mir sehr daran gelegen, ihn zu finden. Darum komme ich zu dir."
    Beim sehr griff ich unmissverständlich zu meiner Börse, doch selbst dies brachte kein Aufleuchten der Erkenntnis. Meine Felle schwammen davon...
    "Ich war doch in Trans Tiberim niemals noch" sagte die Frau erstaunt. "Ich verstehe nicht – vielleicht, mein Mann, du sprichst mit ihm..."
    Der letzte Hauch meiner Hoffnung verflog, als aus der Küche ein Kerl auftauchte, der in der Tat ein rotes Tuch um den Kopf trug – über einer knubbeligen Nase und einem wilden schwarzen Gestrüpp von Vollbart.
    "Schon gut. Es war wohl... eine Verwechslung."
    Geknickt schob ich ihr die Münzen für den Imbiss über den Tresen und trollte mich.
    Soviel dazu.


    Erschöpft setzte ich mich auf eine schiefe Treppenstufe am Rande der Menschenmenge – der ganze Dreck um mich rum kümmerte mich schon gar nicht mehr - und biss in die Teigrolle. Dubioser Linsenmischmasch quoll aus der fettigen Hülle. Es schmeckte abscheulich. So zuversichtlich, wie ich diese Jagd begonnen hatte, so vollkommen hoffnungslos und töricht erschien sie mir nun. Eine Nadel im Heuhaufen, ein Sandkorn in der Wüste, ein Tropfen im Ozean...
    Ein Strassenhund, noch ganz klein aber schon sehr räudig, bettelte mich mit großen Augen an. Gleichgültig warf ich ihm das ungenießbare Essen hin. Ein paar Ratten krochen aus ihren Löchern und hielten ebenfalls darauf zu, doch der kleine Hund vertrieb sie mit einer Wildheit als wäre er der Cerberus persönlich und machte sich gierig über das Mahl her.
    Müde stützte ich den Kopf in die Hand. Vielleicht, so dachte ich in meiner Bitterkeit, dies alles abwesend betrachtend, sollte mir Phantasos besser eine verwischte Erinnerung bleiben, das verwehte Traumgespinst eines Retters, das ich vortrefflich mit meinen eigenen Ideen füllen konnte, und an den ich den Rest meines Lebens mit Wärme und Dankbarkeit denken konnte.
    Wenn ich ihn wirklich fände... wäre er womöglich auch so ein schmieriger Imbissbudenbetreiber, und das Treffen eine herbe Enttäuschung. War doch die Wirklichkeit stets nur das verzerrte Schattenbild des Ideals.

  • Die Parther hielten zusammen, sie waren eine Gesellschaft in der Gesellschaft. Fremde fielen hier sofort auf. Und dieser hier war aufgefallen.


    Neugierige Augen, neugierige Blicke – Fremde die Fragen stellten. Ein Fremder der Fragen stellte. Warum suchte er sie? Warum? Was wollte er von ihr? Wusste er nicht, dass sie nicht mehr hier war? War er ein weiterer Kopfgeldjäger? Einer dieser Sklavenfänger? Einer von diesen die Morrigan hier weggeholt hatten?


    Zwei Parther die nicht gerade freundlich aussahen gingen auf den am Straßenrand sitzenden zu. Im gebrochenen Latein sprachen sie den im Straßendreck sitzenden an.
    „Du stellst Fragen! Zu viel Fragen, was willst du hier?“ Ihre Minen waren finster, ihre Körperhaltung drückte Wut und Unmut aus. Sie bauten sich nun mit ihrer bedrohlichen Haltung vor dem Eindringling aus, ja hier war er ein Eindringling, wenn sie auch mitten in Rom waren, so waren sie doch so weit weg von Rom wie man nur sein konnte, hier war er nicht in seiner Welt, hier war er in der ihren. In der Gesellschaft die sie hier erschaffen hatten.
    Und sie waren wütend, wüten darüber, das es Häschern des Patrizier gelungen war Morrigan zu fangen. Sie war, was für sie wohl zu hoffen war schon tot, oder zumindest kurz davor. Sie die ihnen allen hier etwas Sonnenschein in ihr Leben gebracht hatte, mit ihrem Wesen Licht in das Dunkel der Subura gebracht hatte, sie die sich um so viele hier gekümmert hatte...
    Ihre Wut steigerte sich und einer der Beiden packte den Römer an seinen Sachen und zog ihn auf die Füße. „Sag was willst du von Morrigan?“

  • Doch im Grunde... waren diese Gedanken wahrscheinlich auch nicht weiser als die des Fuchses, als er nicht an die Trauben heranreichte. So grübelte ich traurig über Spleen und Ideal... über Verlorenes und Vergängliches... und war nicht mehr auf der Hut. Dummer Fehler. Dabei hatte ich, als ich vom Argiletum abbog, mir doch genau diese Überlebensregel nochmal eingeschärft und nun – hatten sich mit einem mal zwei Strolche vor mir aufgebaut, denen "wir suchen Streit" auf die Stirn geschrieben stand.
    "He, ruhig Blut" japste ich erschrocken als der eine mich gleich packte. Ihr grober parthischer Dialekt, ihre grausamen Orientalengesichter, die schlugen bei mir in eine ganz alte Kerbe und weckten blitzartig die Furcht von damals wieder auf: vor den blutrünstigen Bastarden, ihren heimtückischen Überfällen... brennende Zelte, massakrierte Kameraden, tödliche Pfeile aus dem Nichts heraus... Egal was ich in der Zwischenzeit alles erlebt, egal dass ich hier nicht jenseits des Euphrates stand – alles in mir erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen: die Parther waren unsere Todfeinde, der Parther an sich ist eine tödliche Gefahr!
    Kreidebleich war ich geworden... erahnte unter ihren Mänteln das tödliche Waffenarsenal das sie zweifelsohne mit sich herumtrugen... mein Kopf war wie leergefegt, es war zu spät zum Flüchten, kämpfen wäre eine echt dumme Idee, Stadtsoldaten gab es meilenweit keine... (Aber einen Verbündeten hatte ich anscheinend doch: der kleine Köter, dem ich den Fraß hingeworfen hatte, der fletschte seine Zähne und knurrte die beiden Halsabschneider wenig beeindruckend an.)


    "Von... Morrigan..." widerholte ich mit bebenden Lippen um Zeit zu schinden – dann erst kam es bei mir an, dass ich womöglich gerade den Namen der Frau erfahren hatte, die mich zu Phantasos führen könnte. Morrigan.
    "Ein Angebot. Ein Geschäftsangebot habe ich für sie," fügte ich hastig hinzu, "...das sie sehr lukrativ finden wird!" Meine schweißfeuchte Rechte krallte sich um den Griff meines Stockes. Der Kerl war zu dicht an mir dran, um ihm den vor den Latz knallen zu können. Aber wenn er Anstalten machte nach seinem Messer zu greifen, oder seiner Faustklinge (Ziaar jedenfalls hatte ein Faible für Faustklingen gehabt...) dann würde ich nur eine ganz sparsame Bewegung brauchen, um ihm die Spitze in den Fuß zu rammen, und dann... dann würde ich improvisieren...
    "Ich würde vorschlagen: ihr bringt mich zu ihr und überzeugt euch selbst. Es wird euer Schaden nicht sein."
    Das einzige was bei diesen Barbaren noch stärker war als ihr Blutdurst, das war bekanntlicherweise ihre Geldgier...

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    Klient - Decima Lucilla

  • Die Beiden schaute verächtlich. Was sollte er schon für ein Angebot haben? Den griff immer noch nicht lockernd wurde dem Römer also wieder im gebrochenen Latein entgegengeworfen. „Sie macht keine Geschäfte mit Sklavenfängern, wie du einer bist.“ Böse war der Zweite noch ein. „Und du kommst eh zu spät, andere waren schneller als du.“
    Zu ihr bringen, fast hätten die beiden angefangen zu lachen. Niemand hier wusste ob sie überhaupt noch am Leben war. Ja man hatte sich umgehört, zumindest hat der Claudier bis her nicht in einer der Arenen den Löwen zu Fraß vorgeworfen, aber das hieß ja noch lange nicht, dass sie am Leben war.
    Ja sie waren wütend, wütend genug um irgendwen dafür büßen zu lassen, dass es Fängern des Claudier gelungen war sie hier zu fange, sie der Subura zu entreißen, sie zu ihrem Besitzer zurückzubringen. Ihre Wut steigerte sie gerade wollte einer aufholen und zuschlagen....


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    „HALT!“ brüllte schallte meine Stimme durch die Gasse, die Serapio wohl noch bekannt sein dürfte.
    „Was glaubt ihr was ihr da tut? Lasst ihn los!“ Bisher hatte ich noch nicht erkannt, wen die Beiden da am Schlafittchen hatten. Ich hatte nur den Tumult mitbekommen und Morrigans Namen gehört. Ja seit sie weg war, waren einige der Perser hier immer in Alarmbereitschaft. Morrigan hatte ihnen, soweit ich wusste, eingeschärft, falls ihr was passieren sollte, auf alle im Lupanar aufzupassen, vor allem sollten sie Apolonia und Dracon schützen, die ja so wie auch Morrigan geflohen waren.
    Ich trat näher und nun erkannte ich... Mir stockte einen Moment der Atem. Ein Trugbild, es konnte nur ein Trugbild sein. Nein ich träumte schon wieder, wie oft habe ich schon geglaubt eben jenes Gesicht in der Menge erkannt zu haben? Wie oft habe ich schon gedacht seine Stimme vernommen zu haben. Immer und immer wieder spielten mir meine Sinne einen Streich. Unwirsch schüttelte ich den Kopf und blinzelte mit den Augen.
    Als ich sie wieder öffnete, war er immer noch da. „DU?“ war alles was ich noch hervorbringen konnte, zu mehr war ich gerade nicht im Stande.


    Die beiden Perser hatten meiner Aufforderung aber folge geleistet und hatten Serapio losgelassen und waren sogar einen Schritt zurück getreten. Einer der beiden fragte mich nun in ihrer Landessprache. „Du kennst den?“ Als ein Nicken folgte, zogen sich die Beiden, wenn auch immer noch missmutig zurück.

  • Falsch gedacht. Wahrscheinlich hatten sie "lukrativ" nicht verstanden. Aber seit wann war ich ein Sklavenfänger? Diese Paranoia stank ja förmlich nach entlaufenen Sklaven. Unwillkürlich suchte mein Blick nach Kennzeichen an den beiden, nach Brandmarkung oder den Schwielen von Ketten. (Mein Parthersklave war mir auch irgendwann abgehauen. Ich hätte ihm besser gleich unser Wappen auf die Stirn brennen lassen.)
    Bevor ich noch was erwidern konnte, ging der vor mir zum Angriff über, reflexhaft spannte ich mich an, riss den Stock hoch, um mich dem zu erwehren – doch eine Stimme... eine ganz seltsam vertraute Stimme aus dem Nichts pfiff die beiden zurück.
    Phantasos.
    Ungläubig starrte ich, an den Schlägertypen vorbei, auf seine... so ganz real wirkende... Erscheinung. Die Parther kuschten vor ihm, trollten sich. Ich ließ den angehaltenen Atem entweichen, senkte den Stock. Und stützte mich darauf, wie ein Invalide, denn meine Knie waren mit einem mal so verdammt weich. Derangiert ordnete ich meine Tunika, raffte meine Würde zusammen.
    "Ich habe dich gesucht." sagte ich, und meine Kehle war ganz kratzig vor Ergriffenheit. Da stand er, im Gossenstaub, ganz bescheiden ohne Fanfarengeschmetter oder Chorgesang im Hintergrund. Er war es, sah selbst ganz verblüfft aus, und das beste war: er machte keine Anstalten sich in Luft aufzulösen. Langsam ging ich auf ihn zu, und ein verstohlenes Lächeln breitete sich über mein Gesicht.
    "Ich wußte nur nicht, ob du wirklich bist."

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

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    So ungläubig wie er mich anstarrte musste wohl auch mein Gesicht aussehen. Da stand er nun einfach hier vor mir mitten in der Subura, der Mann der seit jener Begegnung mein Leben grundlegend verändert hatte. Seither geisterte er durch meine Träume, ich sah sein Bild vor mir, so manches Mal auch am Tage, wenn ich meinen Träumen gestattet auch am Tage in mein Bewusstsein vorzudringen. Seit her war es mir nicht mehr möglich, meiner Aufgabe im Lupanar nachzugehen. Nein ich konnte nicht mehr über meinen Schatten springen und die Frauen beglücken oder bei einem anderern Mann liegen. Ich hatte es noch ein paar Mal versucht, aber ich konnte es nicht mehr. Unter Tränen hatte ich es Morrigan gesagt. Die schlimmsten Befürchtungen hatte ich deswegen, nahm ich doch an, dass sie mich vor die Tür setzen würde. Was sollte sie auch noch mit mir, jetzt wo ich nicht mehr zum Geschäft beitrug.
    Doch entgegen meiner Befürchtungen hatte sie ganz anders reagiert. Sie hatte mich in den Arm genommen und getröstet. Hatte mir gesagt, dass sie mich versteht und sie weiß wie weh unerfüllte Liebe tun kann. 'Versuch ihn zu vergessen hatte sie gesagt.'
    Ja wenn das so einfach gewesen wäre.


    Sie hat mich nicht vor die Tür gesetzt, nein sie hat mir einfach andere Aufgaben übertragen.
    Und gerade jetzt wo meine Gedanken nicht mehr nur um ihn, sondern fast ausschließlich um Morrigan und ihr Schicksal kreisten steht er hier hier vor mir. Einfach so.
    Und was sagte er da? Er hat mich gesucht? Mich?
    Mein Gesichtsausdruck muss entsprechend aussehen, eine Mischung aus Überraschung und Verständnislosigkeit.
    Doch dann machte sie auch auf meinem Gesicht ein Lächeln breit, ja fast war es schon Euphorie, die sich in mir ausbreitet. Er hat MICH gesucht. Wegen MIR war er hier.
    In mir jubilierte alles.


    Er stand vor mir und ich war es, der seine Hand hob und sanft seine Wange berührte. „Ja ich bin wirklich, so wirklich, wie die Sonne die jeden Morgen aufgeht um einen neuen Tag zu begrüßen.“


    Ich hätte noch so vieles sagen können doch erst musste ich es wissen ja ich musste wissen warum er tat was er tat, was seine Beweggründe waren. Nicht das wieder falschen Hoffnungen geweckt wurden oder ich mit einer neuerlichen Enttäuschung leben musst. „Warum? Warum hast du nach mir gesucht?“

  • Zuvor, als die Schläger mich belästigt hatten, da hatten die Passanten allesamt Abstand gehalten und sorgsam nicht hingesehen. Jetzt, da die Kerle sich verzogen hatten, war diese Blase geplatzt, und um uns drängte und drängelte sich wieder das Leben – ein lumpiger Sklave mit riesigen Tuchballen auf dem Kopf wankte vorbei, ein Bettler streckte uns mitleidheischend die verwachsenen Glieder entgegen, und das Geschnatter und Geschrei der Händler und Käufer flutete um uns und über uns...


    Und doch war es mir gerade, als wären Phantasos und ich die einzigen Menschen auf diesem Markt. Mein Lächeln war noch immer etwas benebelt, als ich da vor ihm stand, und andächtig sein Bild in mich aufnahm, es zusammenfügte mit den Traumfetzen unserer schicksalshaften ersten Begegnung, es mir tief einprägte. Das waren die Arme, die mich gehalten hatten, als alle Welt mich aufgegeben hatte. Das war der Mund, der versucht hatte mir Hoffnung zu spenden, als es keine mehr gab. Und dies waren die Augen, die um mich...der ich zerschellt war an der bräsigen Gleichgültigkeit der stumpfen Masse... Tränen von echter Anteilnahme vergossen hatten.
    Und dies hier.... das war der Zwischenraum zwischen uns, und da schwirrten gerade eine ganze Menge Schwingungen zwischen uns umher, soviel war sicher...
    Seine Hand berührte kaum meine Wange, da schlug schon mein Herz höher, und mein Magen begann zu flattern, als wäre ich ein Jungspund beim ersten Stelldichein und nicht ein kaputter, zernarbter, invalider und abgeklärter Veteran der Liebe. (Ich sagte ja schon, die Suche nach Phantasos war eine Art 'Reise in meine Vergangenheit'.)


    "Du hast mir das Leben gerettet." sagte ich bewegt, "Mir bewiesen, dass in diesem Pestsumpf von Stadt in der Masse all der Heuchler und Lügner und Kürbisköpfe... manchmal eben doch ein... guter, ein wunderbarer Mensch... zu finden ist... und unverhofft auftaucht wenn man es am allerwenigsten erwartet. Ich mußte dich wiedersehen! Ich brenne darauf zu erfahren wie du heißt und wer du bist, und -" Ich stockte. Nicht dass er sich jetzt verfolgt vorkam! "Verzeih, ich will nicht aufdringlich sein. Aber ich möchte dir danken!"
    Ich nahm seine Hände in die meinen und drückte sie heiß.
    "Ich stehe tief in deiner Schuld. Es wäre mir eine große Freude, wenn du mir erlauben würdest, auch einmal etwas etwas für dich zu tun... auch wenn ich wohl niemals heranreichen kann an deine edle Tat mir gegenüber, aber.. also wenn es irgendwas gibt, wo ich dir irgendwie helfen kann, zögere nicht, jederzeit..."
    Zwar verfügte ich nur noch über einen Schatten meines früheren Einflusses und Reichtumes, aber für Subura-Verhältnisse war das vielleicht nicht zu verachten.


    "Ausserdem..." wollte ich ihn echt furchtbar gerne mal zum Essen einladen, oder ins Theater, oder sonstwohin, aber mit einmal mal überfiel mich eine geradezu adoleszente Schüchternheit (auch ein Effekt der Reise in die Vergangenheit?), und ich dachte so bei mir, dass ich viel zu kaputt war, mit den ganzen Altlasten, und wenn er zusagte nur gleich wieder alles versauen würde... und dass ein echtes Rendez-vous auch den Regeln der Kultgemeinschaft nicht entspräche... und dass er womöglich nur aus Mitleid zusagen würde, weil er mich aufgrund des verkorksten ersten Eindruckes für so labil hielte, dass er sich als guter Mensch gar nicht trauen würde mir einen Korb zu geben vor lauter Bedenken ich würde dann dann sogleich von der nächsten Insula in den Tod hüpfen...
    "...hattest du dein Tuch vergessen." bog ich darum hastig auf eine unverfänglichere Strasse ab. Ja, das vergessene Tuch, der Klassiker des wie-wärs-mit-einem-Wiedersehen. Ich packte es aus und reichte ihm das scharlachrote Accessoire.

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    Die Welt stand still, für einen kurzen Moment war es so, als hielte die Erde den Atem an. Nur um sich dann in rasender Geschwindigkeit weiter zu bewegen. Ein Gewirr von Stimmen und Menschen um uns herum, doch sie beachteten uns nicht, waren wir für sie doch nur zwei Gestalten in einer gesichtslosen Masse.
    Fast schon musste ich lächeln hatte er nichts schon mal gefragt wer ich bin?
    „Nur ein Träumer.“ sagte ich leise zu ihm.
    Meine Hand legte sich auf seine Schulter.
    „Ich nein ich habe dich nicht gerettet. Ich habe dein Leben in die Hand deiner Götter, nein in die Hand eines bestimmten Gottes gelegt. Denn wenn nicht er wer hätte dich dann retten sollen? Du warst verzweifelt, wolltest nicht mehr hören, das es für jeden ein Licht in der Dunkelheit gibt. Ich bin froh das der Gott, der dein Namenspatron ist, dich gerettet hat. Ihm musst du danken.“ Ja natürlich hatte ich schon damals gewusst, wer er war. Aber was interessierten schon Namen, ein Ruf? Was sagte das schon über einen Menschen aus. Er hatte sich jedoch damals nur über seinen Ruf, seine Errungenschaften definiert. Wie hätte ich ihm begreiflich machen können, dass er mehr ist als das. Das es nicht wichtig ist wie einen andere sehen, das Geld, Macht und Ruhm eben nicht alles im Leben sind. „Ich habe es gern getan. Ich sagte dir damals schon, das jedes Leben, mag es auch für den Moment so bedeutungslos erscheinen wertvoll ist.“
    Er wollte etwas für mich tun? Ich stutze bisher hatte ich nur einen Menschen kennen gelernt, der wirklich was für mich getan hat, Morrigan, ja und was hat sie nun davon, dass sie gut zu mir war? Das sie gut zu uns allen war?
    Ich schüttelte also traurig den Kopf. „Nein du kannst nichts für mich tun. Du stehst nicht in meiner Schuld.“ Es gab nur zwei Dinge die ich mir wirklich wünschte und keins von beiden würde sich wohl erfüllen.
    Ich nahm das Tuch entgegen und drehte es unsicher in meinen Händen. Ich schaute auf das Tuch, welches mich an jenen Abend erinnerte. Ja die Erinnerung daran war allgegenwärtig. Mochte er auch noch so am Ende gewesen sein, hatte er es dennoch geschafft mich vollkommen in seinen Bann zu ziehen. Ob er eigentlich wusste welche Wirkung er hatte? Wer brauchte schon Opium, wenn man sich an ihm berauschen konnte?
    Er hatte mir also nur danken wollen, er war gekommen um mir mein Tuch zu bringen nicht um meiner Selbstwillen. Ja ich war ein Träumer, ein hoffnungsloser Träumer. 'Vergiss ihn, es ist besser.' hatte sie gesagt oh ja wie recht sie doch gehabt hatte. Aber wie sollte ich ihn vergessen? Wie? Nein das würde ich nicht können.Ich würde mich lieber weiter meinen Träumen und falschen Hoffnungen hingeben.
    Ich hielt ihm das Tuch wieder hin. „Behalte du es, als Mahnung und auch als Erinnerung. Ich danke dir. Ich danke dir, dass du mich für einen kurzen Moment in deinem Leben überhaupt wahrgenommen hast.“ Ja eigentlich war das schon mehr als mir die meisten Römer je entgegengebracht haben. Für sie war ich doch nur ein Nichts ein Niemand. Einer von so vielen. Und jener hier hat mich zumindest für einen Moment an seinem Leben teilhaben lassen, hatte mich wahr genommen und sogar nach mir gesucht. Ja dafür sollte ich dankbar sein. Ich lächelte also, ja ich brachte ein ehrliches Lächeln zustande.

  • "Wenn Du mir deinen Namen nicht verrätst..." erwiderte ich verwirrt, "dann werde ich dich für den Rest meines Lebens Phantasos nennen müssen. - Bist du denn ein Genius, " versuchte ich ihn ein wenig zu necken, "ein Wüstengeist, der seinen Namen hüten muß, auf das kein Beschwörer Macht über ihn bekommt?"
    Wie in den Märchen, die Ravdushara manchmal erzählt hatte.
    Das Tuch war zu Phantasos und zurück zu mir gegangen, und nun war wieder ich derjenige, der es unschlüssig in den Händen hielt. Er wirkte so ernst bei dem was er sagte, zuletzt geradezu vorwurfsvoll, und es klang schon fast nach Abschied.
    "Ähem... Warte!" rief ich, und legte ihm kühn die Hand auf den Arm, "du kannst doch wohl nicht leugnen, dass DU mich gerettet hast! Natürlich hat Serapis unsere Wege zusammengeführt, selbstverständlich, doch nichtsdestotrotz hast du, also du selbst, so gehandelt wie du gehandelt hast, also, dich entschieden so zu handeln wie du gehandelt hast, du verstehst was ich meine, oder? Und damit stehe ich ohne Zweifel in deiner Schuld! Auch wenn du es leugnest, es ist so!" bekräftigte ich, es mit energischen Gesten unterstreichend, die ihrerseits von dem flammendrot hinterherwehenden Tuch unterstrichen wurden.
    "Ich habe ganz Rom durchkämmt auf der Suche nach Dir, habe blutsaugerischen Krämern die Stirn geboten und, ähm, sirenenhaften Schönen, bösartigen Schlägern und..." - mein Blick fiel auf den Strassenköter, der sich immer noch in unserer Nähe rumtrieb, anscheinend auf mehr Futter hoffend – "reißenden Bestien. Also, gib mir zumindest eine Chance... meine Schuld irgendwie auszugleichen."
    Hastig überlegte ich, was ich ihm meinerseits geben könnte, aber ich hatte ja nichts ausser wertlosem Marktkrempel... und meinem Serapisamulett das ich stets um den Hals trug. Meine Hand fuhr dorthin, und erspürte meinen Equesring, der ebenfalls an einer Kette um meinen Hals hing, unter der Tunika verborgen. Aus einem Impuls heraus nahm ich ihn ab, ohne nachzudenken, und drückte ihn Phantasos diskret in die Hand. Der Ring war schwer, aus Gold, graviert mit dem Hengst und dem 'X' unserer Familie.
    "Hier, für dich. Ich behalte dein Tuch nur, wenn du ihn annimmst. Es ist mir ernst. Nimm den Ring als Geschenk, er soll dich erinnern, an mich, der ich dir in Dankbarkeit von Herzen verbunden bin, und daran dass ich dir so viel schulde. Ich meine... auch wenn dir jetzt nichts einfällt zum Ausgleich - das ist ja auch gerade alles sehr abrupt! - irgendwann ergibt sich doch bestimmt mal was. Du findest mich... noch immer beim Tempel des Serapis... ich lebe jetzt dort in der Kultgemeinschaft. Und falls ich dann vielleicht... nicht mehr dort sein sollte... der Priester Anastasius wird wissen wo ich zu finden bin."

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  • [wrapIMG=left]http://www.bilder-hochladen.net/files/k2r8-g-c74d.jpg[/wrapIMG]Ich lächelte ein Geist, ja mach mal wäre ich das wohl gern, doch noch bevor ich auf seine kleine Neckerei eingehen konnte, erklärte er mir Wort- und Gestenreich, was er alles unternommen hatte um mich zu finden. Mein Lächeln wurde warm, ja mir wurde gar warm ums Herz, auch wenn er wohl bei dem ein oder anderen ein bisschen übertrieb, so hatte er wohl doch einiges auf sich genommen um mich zu finden, Als ich nun auch noch plötzlich den Ring in meinen Händen hielt, konnte ich zunächst nur staunend von ihm zum Ring und dann wieder zu ihm schauen. War das sein ernst? Er wollte mir diesen kostbaren Ring schenken?
    Ich schluckte schwer, ja ich musste mit den Tränen kämpfen. Mein Leben lang hatte ich es nur mit Mensch zu tun, die mich ausnutzen, nur benutzen wollten und dann traf ich innerhalb kurzer Zeit gleich zwei Menschen, die es wirklich ehrlich mit mir meinten? Fortuna musste wirklich gerade einen paar gute Tage haben.
    Ich schluckte schwer. „Brokan.“ stammelte ich meinen eigenen Namen, so dass er sich selbst in meinen Ohren fremdartig anhörte. „Ich heiße Borkan.“ Ich versuchte zu lächeln und drehte nun wie zuvor schon das Tuch eben jenen Ring unsicher in meinen Händen.
    Ich blickte ihm in die Augen, meine Hand legte sich auf die sein, welche auf meinem Arm ruhte. „Ich weiß nicht warum ich dich gerettet habe. Es war ein Instinkt. Ich war nie besonders mutig, ja eigentlich bin ich sogar eher feige. Aber ich konnte dich dort nicht einfach deinem Schicksal überlassen. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht dich dort sterben zu lassen.“
    Wieder sah ich auf den Ring in meiner Hand, dann wieder zu ihm. Ja er sah besser aus, in seine Augen war der Lebensmut zurückgekehrt, dass letzte Mal war in seinen Augen nur einen unendlich Traurigkeit und Leere, er hatte mit dieser Welt abgeschlossen. Aber heute konnte ich in seinen Augen wieder Leben sehen, auch wenn seine Seele wohl immer noch verletzt war. „Der Tempel hat dir gut getan.“ Stellte ich lächelnd fest, während sich meine Hand um den Ring schloss. „Ich danke dir für dein Geschenk.“ Aber konnte ich wirklich annehmen? Was war mit dem letzten Mensch passiert, der gut zu mir war? Ich wusste nicht mal ob sie noch am Leben war. Ja ich brachte Menschen die es gut mit mir meinten Unglück und ihm Unglück bringen, nein das war das letzte was ich wollte. So schaute ich ihn nun wieder ernst an, Tränen füllten meinen Augen. „Ich kann es nicht annehmen, so gern ich es auch würde. Ich bringe Menschen Unglück, gerade Menschen, die gut zu mir sind.“ Die erst Träne rollte nun über meine Wange, sie ließ sich einfach nicht aufhalten und bahnte sich ihren Weg. „Morrigan, sie war auch gut zu mir, sie haben sie gefangen. Deswegen waren die Perser vorhin auch so aufgebracht, sie dachten du bist auch ein Sklavenfänger, als du nach ihr gefragt hast. Ich weiß nicht mal ob sie noch lebt.“ Ich schluckte schwer bevor ich weitersprach. „Ich würde es nicht ertragen, wenn dir auch was passiert.“
    Ob das Schicksal von Morrigan nun meine Schuld war oder nicht, ich bildete mir das zumindest ein. Sie war der erste Mensch, dem ich mich seit langer Zeit geöffnet hatte, zu dem ich Vertrauen hatte und dann …
    Immer noch war meine Hand um den Ring geschlossen. „Ich wünschte so sehr ich könnte dein Angebot annehmen.“ sagte ich schließlich und öffnete meine Faust.
    Oh ja wie sehr ich mir das wünschte, ich wünschte es mir von ganzem Herzen. Aber ich wollte ihn nicht mit hinabziehen. Denn ich hatte vor Morrigan zu befreien, egal was es kosten würde und wenn es mein Leben wäre. Aber einen Römer in so was mit reinziehen. Bei den Göttern nein.
    Meine freie Hand war es, die ihm nun sanft über die Wange strich, denn das andere was ich mir wünschte war er, ja er. Dieser Mann, der mich in meinen Träumen verfolgte, so sehr, dass ich sogar schon tagsüber von ihm träumte, dass ich nicht mal mehr in der Lage war mich im Lupanar zu verstellen und die Kunden zu bedienen. Den Göttern sei Danke, dass man dort Verständnis hatte und mir einfach andere Aufgaben übertragen hat.
    Und nun verlor ich mich schon wieder in der Tiefe seiner Augen, in jeden Augen, die mich wann immer ich sie sah in ihren Bahn zogen. Jene Augen, die seinem harmonischem Gesicht das gewisse Etwas gaben, was mich anzog wie das Licht eine Motte.
    Sanft streichelte ich ihn nun, nur einen Moment wollte ich mich meinen Träumen hingen. „Du bist so einmalig.“ flüsterte ich bevor ich meinen ganzen Mut zusammen nahm und und meine Lippen sanft die seinen berührten. Ja nur einen Moment wollte ich mich meinen Träumen hingeben, ein Moment ein Wimpernschlag in der Zeit, aber ausreichend für mich um ein Leben lang davon zu zehren.

  • Welch ein Wunderwerk ist das Herz. Borkan. Als er den Namen das erste mal aussprach, da tönte er in meinen Ohren barbarisch, wie das rauhe Krächzen einer Krähe. Borkan. Als er ihn zum zweiten Mal sagte, da klang er schon, wie das Grollen eines majestätischen Gewitters in der Ferne. Borkan. Und als ich ihn zum drittenmal hörte, als er in meinem Inneren wiederhallte, da waren die fremdartigen Silben bereits von exotischem Liebreiz erfüllt.
    "Borkan." wiederholte ich andächtig, und ab diesem Moment hätte ich geschworen, dass mir diese geheimnisvollen Laute schon seit jeher so wohlklingend wie die allerschönste Musik gewesen waren.
    Und weil ich aus schlechten Erfahrungen zwar nicht klug, aber womöglich doch ein bisschen klüger geworden war, hörte ich in diesem Augenblick auch auf, ihn für mich Phantasos zu nennen. Ich wollte mir nämlich nicht (ein weiteres Mal) von meiner eigenen Wünsche Irrlichtbildern die Sicht auf mein wahres Gegenüber verstellen lassen. Oder so was in der Art...


    Bewegt lauschte ich seinen Worten, aus denen so viel Edelmut sprach, und erwiderte seinen Blick, sah ihm unverholen direkt in die Augen. Wie freimütig er behauptete, feige zu sein! Ich lächelte ungläubig, und schüttelte sacht den Kopf. Er hatte mir schließlich bewiesen, wie tapfer er war wenn es darauf ankam! Und geradeeben hatte er dann noch dazu die beiden Schläger dazu gebracht, vor ihm zu kuschen!
    Ja, der Tempel hatte mir gut getan. "Mhm." murmelte ich, und lächelte noch wärmer, als er die Hand schloß, und mein Geschenk annahm – scheinbar, denn gleich darauf mußte ich bestürzt hören, dass er es nicht nehmen könne.
    "Aber..." Bona Dea, er weinte! Und erzählte mir von dem Kummer um seine Freundin. Sklavenfänger... Oh je. Ich war voll Mitgefühl, nicht zuletzt weil ich an Hannibals furchtbares, grausames, unverdientes Ende denken mußte, und hätte Borkan wirklich gerne meinerseits in den Arm genommen, aber... naja... wir standen hier mitten im Markttreiben rum... was würden die Leute denken?
    "Das... das ist schlimm." sagte ich hilflos, auch wenn ich nicht so recht verstand, wieso er für ihr Unglück verantwortlich war. "Vielleicht... kann ich dir ja helfen etwas herauszufinden... - Aber... hör mal! Natürlich kannst du es annehmen. Du und Unglück?! Du hast mir schon so viel Glück gebracht, dass ich dich als meine persönliche Fortuna in Mamor hauen lassen sollte!"
    Eigentlich keine schlechte Idee... Die alte hatte ich ja zerschlagen, das treulose Wesen.


    Einmalig? Ich lächelte überrascht und erfreut, und war mittlerweile, zaghaft zwar, aber doch schon fast bereit zu glauben, dass er mich wirklich nicht ungern sah.... und nahm gerade all meinen Mut zusammen, um ihn doch noch zu fragen, ob er nicht vielleicht mal Lust hatte, mit mir zusammen essen zu gehen.... da geschah es.
    Er küsste mich.
    Einfach so!
    Auf offener Strasse.
    Ich war vollkommen überrumpelt.
    Stand erst starr wie ein Stein.
    Doch dann... züngelte das Feuer in mir empor, und wie in einem Traum, in dem man verrückte Dinge tut ohne das sie einem verrückt erscheinen, legte ich meine Arme um seinen Nacken und küsste ihn heiß und innig zurück. Das war schon immer einer meiner Wunschträume gewesen. In aller Öffentlichkeit, am hellichten Tage, draussen auf der Strasse, unter Menschen, ohne sich zu verstecken, einfach zu küssen. Natürlich hatte ich es niemals getan. Bis heute. Atemlos, schwindelig und glücksselig löste ich mich von ihm, und – ehrlich - dann erst fiel mir siedendheiß ein:
    "Ich.... ich darf das nicht..." stammelte ich erblassend und errötend, komplett konfus. Hochkant aus der Tempelgemeinschaft würde ich fliegen! "Und ich... glaube ich muß... so langsam mal wieder... -"
    Hastig wandte ich mich zur Flucht. Entweder das, oder... es würde nicht bei einem Kuss bleiben.
    Natürlich gafften die Leute. Aber hier kannte mich ja keiner. Zerrissen wandte ich mich wieder zu Phan... - zu Borkan. "Komm mich besuchen. Ja? Komm einfach vorbei. Vale! - Du wirst doch kommen, oder, ja?! Vale, auf bald!"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Alles in mir jubilierte, als er sich nicht nur von mir küssen ließ, nein er war es der den von mir doch eher zaghaft aufgeführten Kuss in ein Feuerwerk der Gefühle verwandelte. Nun verlor ich endgültig den Boden unter den Füßen um nur Augenblicke später mal wieder echt unsanft auf den Boden der Realität aufzuschlagen. Oh grausame Fortuna, zum himmelhochjauchzend zu Tode betrübt. Irgendwo dazwischen befand ich mich gerade und dann brach er auch noch überhastet auf. Ich war zu weit gegangen oder nicht? Zumindest wollte er mich wieder sehen. Wollte er oder?


    Weg er war weg. Ich weiß nicht wie lange ich noch hier stand, regungslos, wie ein Fels in der Brandung, der von dem Menschen die die Gasse passierten umschifft werden musste, und auf die Stelle starrte wo er eben noch gestanden hatte.
    Es war ein Traum, bestimmt nur ein Traum!
    Doch als ich die Faust öffnete sah ich darin seinen Ring. Ein warmes Lächeln umspielte meine Lippen. Es war wirklich. Ja er war es wirklich gewesen...

  • Mindestens ebenso erschrocken wie euphorisch, so verstört wie beschwingt trat ich den Rückzug an... sah noch einmal sehnsüchtig über die Schulter zurück... tauchte in eine Gassenschlucht ein... in meinem Kopf ein Wirrwarr von Ich muß ihn wiedersehen! und WAS FÜR EIN KUSS und Faustus, denk an das was du im Tempel versprochen hast und Du kennst ihn doch gar nicht! und Lass es, lass es, lass es einfach sein!. Und während ich mir sagte, dass das alles gar nicht gut war, äusserst kontraproduktiv für mein Leben in der Kultgemeinschaft, dass ich Klarheit brauchte anstatt Verstrickungen, und dass da am Horizont doch schon die nächste Katastrophe aufzog (denn immer wenn es mich zu Beginn wie ein Blitz durchfuhr, dann hatte es katastrophal geendet!)... während ich mir also all diese vernünftigen Gedanken machte, schon auf halbem Weg zum Forum Transitorium, hob sich meine Hand, berührten meine Fingerspitzen verträumt meine Lippen, auf denen – man verzeihe mir die abgeschmackte Wortwahl, es entspricht aber Wahrheit – sein Kuss wie Feuer brannte.
    Beflügelt kehrte ich zum Tempel zurück. Ich hatte den Träumer tatsächlich gefunden, und, ob Nebel, ob Horn, ob Elfenbein, es fühlte sich mit einem mal alles so lebendig an. Wie ein echter Neuanfang, wie das Versprechen, dass auch auf mich kaputten Kriegsversehrten vielleicht dann doch noch das ein oder andere... schöne... im Leben warten könnte. So ganz unverhofft. Wie dieser unglaublich heiße Kuss. Ach.


    In meinem Bestreben, mich erkenntlich zu zeigen, wandte ich mich tags darauf an meinen alten Kameraden Musca, der noch immer bei den Stadtkohorten war. Ich bat ihn, sich umzuhören, nach der wiedereingefangenen Parthersklavin namens Morrigan. Doch alles was er mir zu dem Zeitpunkt sagen konnte war, dass sie in letzter Zeit keine solche Sklavin gekreuzigt hatten. (Immerhin.)


    Bald darauf suchte Borkan mich im Tempel auf...


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