Hadrianus macht Urlaub in Mantua

  • Nach einem prüfenden Blick auf die Anpflanzungen, die mir längst noch nicht zusagten, nahm ich Platz.


    „Bitte, setz dich doch“, forderte ich Hadrianus auf. „Bist du zum ersten Mal in Mantua?“, fragte ich nebenbei, weil bereits die Getränke eintrafen.


    „Was darf ich dir anbieten?“

  • Besuch? Aha, wer mag das wohl sein. Ich erwartete keinen Besuch. Meine Wachstäfelchen legte ich beiseite und nickte Aristos zu, er möge ohne mich die Planungen fortführen. Ergo begab ich mich ins Atrium, um zu sehen, wer uns denn beehrte. Meine Nichte war in Gegewart eines fremden Mannes zugegen. Und als ich mich näherte, da räusperte ich mich hörbar. Für den fall, dass beide ein intimes gespräch hätten, so könnten sie nun noch schnell das Thema wechseln.

  • Armut schien hier ein Fremdwort zu sein und spürbar fühlte ich mich an meine Kindheit und Jugendzeit im kaiserlichem Palast erinnert ehe ich mich auf die Straße zurückzog und ein ärmliches Leben führte.


    Nur kurz war ich einmal hier. Es war, kurz bevor ich nach Germanien zu den Legionen ging, um Rom zu dienen. Aber es war mir gänzlich anders in Erinnerung... Einen Becher voll Wasser hätt ich gern. Kristallklar und eiskalt für einen kühlen Kopf, den wir noch brauch... . Du erwähntest, daß du Blumen und die Tiere liebst?


    Brachte ich nach dem Eintreten eines Mannes unsere kleine Konservation schnell auf ein anderes Thema.

  • Sim-Off:

    Oh, was dichtet ihr mir denn an? 8o ;)


    Bevor ich auf Hadrianus eingehen konnte, machte sich mein Onkel bemerkbar. Bildete ich mir merkwürdige Gedankengänge der beiden Männer ein oder war dem so? Fragend blickte ich von einem zum anderen. Schließlich - der Anstand gebot es - machte ich die Männer miteinander bekannt.


    „Darf ich vorstellen, Onkel? Das ist Hadrianus aus dem Hause Aelia. Er gehört in das konservative Lager innerhalb des Reiches, verfügt über einen großen Wissensschatz, manchmal allerdings auch über eine spitze Zunge und nicht immer das rechte Taktgefühl, seine klugen Ansichten am richtigen Ort zur rechten Zeit zu platzieren. Ich habe dir von ihm erzählt, als du deine Gesprächsabende mit gescheiten Köpfen geplant hast.“


    Ich schaute den Aelier an. „Hadrianus, das ist mein Onkel Cicero. Er ist in Mantua Magistratus und er vertritt, wie jeder in meiner Familie, Ansichten, die den Göttern gefallen.“ :)


    Ich lächelte und beobachte fortan die Begrüßung der Männer.

  • Ah, das war also unser Gast. er war mir zwar nicht persönlich, doch aber namentlich wohl bekannt. So manch kleingläubiger Römer nannte ihn einen Provokateur. Die wenigsten Römer aber nannten ihn einen weisen Streiter, der den Finger in die Wunde legte, um so die Blutung zu mildern. Ich hörte einiges von ihm. mein bruder berichtete, ebenso meine Nichte. Ich war sehr erfreut, diesen wortgewandten Außenseiter begrüßen zu können. Und ich war über die maßen gespannt, wie es kam, das meine Nichte diesen Mann hier begrüßte, wo wir docg erst kürzlich von ihm sprachen. Bei meiner Nichte wundert mich eh nichts mehr, also würde ich diesen anregenden Tag genießen wollen. Ich antwortete beiden zugleich.


    "Deandra, ich befürchte, die Götter lieben es zuweilen, Männer an die Macht zu lassen, deren Ansichten ihnen eigentlich nicht gefallen. Doch wird es wohl eine Prüfung für die anderen Menschen sein, die darunter zu leiden haben."


    Dann wandte ich mich an unseren Gast.


    "Oh ja, per aspera ad astra. Doch sage mir, wen oder was willst Du besiegen?"


    Meine Neugierde verbergend, schaute ich beide abwechselnd an.

  • Die Feinde Roms zu besiegen und unters Joch zu führen ist die von den Göttern gegebene Aufgabe eines jeden Römers!


    Irgendwie hatte ich das Gefühl, daß er erstaunt war mich hier zu sehen. Meines Lebenswandels und dessen Wirkung bewußt meinte ich nur trocken und weniger emotional als der vorherige Satz:


    Wenn ein Mensch seine Pflicht tut, kann es ihm gleichgültig sein, ob ihn die Leute preisen oder schmähen... Aber, ich habe gehört, daß die Aurelier eine der größten und schönsten Pferdezuchten in Italien haben. Kann ich später einen Blick auf die Pferde werfen? Oder auch 2 ? ;)

  • Ich schaute meinen Onkel an und setzte sogleich meine Gedanken in Worte um.


    "Meinst du wirklich, die Götter lieben es, jene Männer oder noch schlimmer Frauen an der Macht zu sehen, die vor allem Frevel begehen? Vielleicht sind die Götter ja nur viel zu geduldig."


    Ich schaute fragend, doch wer konnte darauf schon eine sichere Antwort geben? In Folgenden lehnte ich mich zufrieden zurück, um dem Gespräch der Männer zu lauschen. Es gefiel mir ausgesprochen gut, Zuhörer zu sein, aber nur bei solchen Menschen, wo ich sicher sein konnte, dass sinnreiche Worte den Mund verließen. Eben solchen Männern, die über Intelligenz verfügten, denn es gab wenig, das für mich so befriedigend war wie die Neuaufnahme von Wissen.


    Als jedoch die Rede auf die Pferdezucht kam, warf ich zwei Sätze dazwischen.


    "Obwohl mich deine Aussage stolz macht, habe ich zu Beginn deines Satzes angenommen, du meinst, die Aurelier sind dafür bekannt, politisch tätige Frauen zu ächten. Ich zumindest kenne keine zweite Gens, die derart homogene Ansichten vertritt und dann auch noch diese." :)

  • Ein Lächeln überzog mein Gesicht.


    Wie kann man etwas ächten, was vor den Göttern überhaupt nicht existiert?
    Einzig Nichtrömer glauben nicht an die göttliche Ordnung. Aber dafür sind sie Barbaren und so lassen wir sie gewähren sofern sie Roms Macht und Größe spüren.

  • Ich lächelte gleichsam und tiefgründig.


    "Soll ich dir was sagen? Ich habe mir von Sophus und meinem Vater abgeschaut, eben diese Dinge als nicht existent zu betrachten. Diese Frauen sind einfach Frauen oder besser Traditionsbrecherinnen, deren Amt mich keinen Pfifferling interessiert, weil ich es nicht zur Kenntnis nehme, wohl aber deren Verfehlungen. Diese reibe ich ihnen gar zu gern unter die Nase. Ich weiß, eine anständige römische Frau tut das nicht, aber was soll’s? Ich betrachte diese Frauen kaum als Menschen sondern vielmehr als reparaturbedürftige Dinger."


    Mit einem zufriedenen Schmunzeln lehnte ich mich zurück. Zuhören war eigentlich viel schöner, nur eben bei diesen Themen konnte ich nicht wiederstehen.


    "Du vertrittst gute Ansichten, Hadrianus. Möchtest du sie nicht in anspruchsvoller Form publizieren?

  • Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich das Lachen dabei nicht verbergen konnte.


    „Natürlich existiert der Senat. Wie er aber seine beratende Funktion ausübt, ist doch die Frage. Na ja, und auch wie er an Ansehen bei Traditionalisten durch die Aufnahme von Frauen verloren hat. Du könntest natürlich – wie ich schon sagte – in anspruchsvoller Form ähnlich einer Satire Kritik üben. Dabei ist dir belassen, ob du es in Schriftform publizierst oder in Form anspruchsvoller Konversationen in der Öffentlichkeit.


    Glaub mir, Spott ist wirkungsvoller als emotional geleitete Entgleisungen bzw. Tiefschläge verbaler Art.“

  • Hm. Irgendwie klingt das gut. Zu gut, wie ich meine, denn glaube mir: du kannst einem Ochsen zig mal erzählen, daß er Milch geben soll, er wird es wohl nie tun. Warum sollte sich also der Senat den Ast, auf dem er bisher sicher saß selbst absägen?


    Ich dachte kurz nach und mumelte mehr vor mich hin.


    Hm...um vielleicht auch dem letzten Römer im Reiche zu zeigen, daß er selbst zum Sägen nicht zu gebrauchen ist bei der ganzen Weiberansammlung dort.

  • Schmunzelnd, und voller Freude, verfolgte ich das Gespräch. Eigentlich hätte ich ja viel eher wieder das Wort an unseren Gast richten wollen, doch als von "Pferden" die rede war, da wusste ich, meine Nichte wäre nicht zu bremsen. Und das daraus hervorgehende Gespräch reizte mich als Zuhörer über die Maßen. Dieses Thema lag mir am Herzen.


    "Der Senat........"


    Ich legte eine Pause ein.


    "Ich schaudere vor Abscheu vor all denjenigen die meinen, sie seien etwas besonderes. All diejenigen die denken, ihr Mangel an Charakter in Kombination mit einer Kompetenz-Atrappe genüge, um der Welt ein leuchtendes Beispiel zu sein.


    Der Niedrigste von allen, der aber Courage beweist, der ist mir um ein Vielfaches lieber. Möge auch sein Geist bescheiden sein, solange sein Wesen rein und aufrecht ist."

  • Ich war gespannt, was sich die Männer noch zu sagen hätten, daher lehnte ich mich bequem an und schaute interessiert von einem zum anderen.


    Die Getränke kamen und mit ihnen das eiskalte und kristallklare Wasser. Ich ließ mir einschenken. Hadrianus und mein Onkel würden ganz sicher selbst den Sklaven Anweisungen geben.

  • Meinen Kopf hin und her wiegend, schaute ich von einem zum anderen.


    "Was Recht und Unrecht ist, das wird ja stets von dem bestimmt, der am Herrschen ist. So wie auch die Geschichtsschreibung das, was wir Wahrheit nennen, stets nach dem Ermessen dessen, verfassen, dem sie sich verpflichtet fühlen.


    Nun gut, so manche Ausnahme wird es wohl schon gegeben haben."


    Ein leichtes Lächeln huschte über mein Gesicht, doch eine gewisse Bitterkeit war sicher nicht zu überhören. Dann wandte ich mich an unseren Gast.


    "Nun, Hadrianus. Was kann man tun? Eine schwere Frage, die sich leicht beantworten lässt. Wir müssen handeln! Doch wie?"


    Ich ging einige Schritte auf und ab und blickte Hadrianus an. Meine Nichte brachte mich mit Ihrer "Spott-Bemerkung" auf eine Idee."

  • Bilde deine Urteilskraft sorgfältig aus. Das ist das wirksamste Mittel, daß keine Meinungen in dir entstehen, die der Natur und einem vernünftigem Geschöpfe widersprechen. Die Vernunft schreibt uns vor:
    Enthaltung von jeder Überstürzung in unseren Urteilen, Wohlwollen für die Menschen, Gehorsam gegen die Befehle der Götter.
    Betrachten wir unser Problem genau, so stellen wir fest, daß der Senat und der Kaiser die Schöpfung der Götter in Frage stellten und die Menschen zwingen dies ebenfalls zu tun. Die Frevler so zu strafen, wie es schon die Alten taten dürfte schwierig werden bei Ihrer Machtfülle.


    Ich wiegte nachdenklich den Kopf kam mir doch ein Gedicht des Archilochos in den Sinn, als ich an meinen Vetter Quarto, und vor allem an seine Gemahlin Adria und ihren vormaligen Bettgenossen Hungaricus dachte, der sie aus seinem Hause warf ehe er sich auf zahllose amoröse Abenteuer einließ, was lange Stadtgespräch in Rom war.



    Ein andrer Mann mag Adria frein. 0 weh!
    Sie wurde feist; des Mädchens Blüte ging dahin.
    Der frische Reiz ist fort, der Übermut nur blieb.
    Der Jugend Grenzen zeigt ein rasend Weib.
    Zum Kuckuck! Weg mit ihr! Nicht dazu kam ich her,
    ein solches Weib zu holen mir. Ich würde doch
    den Nachbarn zum Gespött. Ich nehme lieber dich:
    Du bist nicht treulos, nicht voll Wankelmut.
    Sie aber ist recht kühn. Viel Freunde holt sie sich.
    Ich fürchte, daß sie blinde Frühgeburten wirft
    bei solchem Ansturm. Nun, die Hündin tut das auch!

  • Ich strich mir sorgenvoll über die Stirn und musste mich aus einem dringenden Bedürfnis heraus nun doch zur Sache äußern.


    „Hadrianus, sag nicht so etwas gegen Adria“, bat ich leise. „Sie ist eine wunderbare Frau. Es ist ein großer Fehler, die beiden Frauen im Senat über einen Kamm zu scheren. Adria wäre sofort bereit, ihre Position und das ganz ohne Entschädigung aufzugeben. Hungaricus hält allerdings dagegen.
    Wer aber das entscheidende Übel in dieser Angelegenheit ist, lässt sich nun an den Fingern abzählen – Tiberia. Sie wehrt sich vehement gegen den Verlust ihrer errungenen Position. Mit keiner Art und Größe an Entschädigung ist sie einverstanden, ihr ist Tradition egal, sie stellt persönliche Interessen über die des Erbes unserer Ahnen. Nun ist sie sogar Consul. Ich bedauere bereits jetzt meinen Vater und bin höchst gespannt, wie er dieser Tatsache aus dem Weg gehen wird, denn dass er es tun wird, steht außer Frage.“

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