Prekäres Wasser und seltsame Wünsche

  • Zitternd glitt der erschöpfte Verus in das kalte Nass, um seine Muskeln zu entlasten. Das tragende Wasser würde ihm helfen, seinen vom Sport geschundenen Körper zu erleichtern. Immerhin war Verus nahezu unsportlich und versuchte diesen mit erheblichen Mühen zu ändern. Nur - dank seiner angeborenen Faulheit - geschah dies nicht im erwünschten Rahmen, da er schnell die Standarte fallen ließ. Nur glaubte er, dass er bereits genug getan hatte, um seine wahnsinnige Idee umzusetzen, die ihm aus der leider schweren finanziellen Lage bringen sollte. Er brauchte Geld für seine Familie und für die Miete seiner Wohnbarracke. Verus war ein Mann, der nur schwerlich Stand in Rom fand und so blieb ihm als guter Römer, wenn er nicht korrupt oder kriminell werden wollte, nur eine Möglichkeit. Diese Möglichkeit musste er mit einem Verwandten besprechen, da es ein erheblicher Einschnitt sein würde. Ein Weg, der nicht einfach umzuschlagen war, wie eine schlechte Schriftrolle. Diese Entscheidung war maßgeblich für ein ganzes Leben. Als er so hinabtrieb in das Becken, blickte er schüchtern zur Decke. Seine Augen suchten auf dem weißen Putz Halt, den sie aber im fahlen Weiß nicht fanden. Mit beiden Armen stützte er sich am Beckenrand ab, das Wasser plätscherte um seine leichte Hühnerbrust. Der Römer stöhnte, da seine Muskeln doch recht schmerzten oder er sich dies einbildete. Nun hieß es warten. Hoffentlich hatte der Verwandte seine Nachricht erhalten. Herabstürzend sank sein Blick von der Hallendecke hinab und suchte die Umgebung ab.

  • Wie erwartet, kam der Tiberier alles andere als ruhigen Schrittes in den Thermen an. Sein neues Amt setzte ihm ziemlich zu, denn diese Stadt war mehr als nur dreckig, sie war im Grunde ein einziger Müllberg - zumindest kam es ihm so vor, da er sich schließlich tagtäglich mit nichts anderem beschäftigte. Eigentlich umso besser, dass er sich jetzt wenigstens selbst ein bisschen rein waschen konnte.


    Über das, was Verus wohl von ihm wollte, konnte er nur spekulieren. Vielleicht brauchte er Hilfe, um in der kaiserlichen Kanzlei? Schließlich war das ja sein letzter Plan und Lepidus rechnete bereits damit, dass sein Verwandter schon längst in irgendeiner Funktion angestellt war. Aber zu mehr Spekulation hatte er keinen Anlass. Im Schlepptau mit zwei Sklaven, kam er durch das Caldarium und suchte seinen tiberischen Verwandten wachen Auges. Nicht lange und er fand ihn auch endlich. Am Beckenrand abstützend, fand er ihn schließlich. "Sei gegrüßt, Abkömmling des Tiberinus. Das Wasser wird wohl immer unser spezielles Element sein." Begann er die Begrüßung mit einem netten Scherz, während er es sich neben Verus gemütlich machte. "Na, was hast du auf dem Herzen?" Und so wie er es sich natürlicherweise vorstellte, fügte er auch gleich noch an: "Achja, und wie läuft es eigentlich in er Kanzlei? Hattest du einen guten Einstieg?"

  • Und so geschah es. Der gewünschte Heiland erschien dem Suchenden Verus. Mit einem traurigen Lächeln begrüßte er seinen Mit-Tiberius. "Willkommen," sagte der Römer vorsichtig und deutete neben sich ins Wasser, was dabei munter plätscherte. "In der Tat," kommentierte er den seichten Scherz zusätzlich mit einem nur von ein paar Tropfen aus dem nassen Haar begleiteten Nicken. Verus seufzte, warf sich ein wenig Wasser ins Gesicht, um seine Sinne zu wecken und blickte Lepidus dann ernst an. "Vieles," antwortete er auf die Frage, was der junge Mann auf dem Herzen hätte. Gleitend drehte er seinen Siegelring mit dem breiten Familiensymbol an seiner Hand. Verus war nervös, wenn nicht sogar aufgewühlt vor Sorgen. "Die Kanzlei hat mich nicht angestellt," warf der Römer direkt hervor, ohne auf größere Sprachästhetik zu achten. Lepidus sollte die Wahrheit wissen. "Ich habe mich...", suchte er die Worte. "Ich habe mich schlecht verkauft," kam es sichtlich schwer hervor. "Zumal sie zeitweise nicht glaubten, dass ich ein Tiberius bin." Ein gedrungenes Seuzfen aus tiefster Lunge drang durch seine Nase. "So ist es." Verus blickte vorsichtig herab, um Lepidus nicht tot zu starren. "Insofern sind wir bei meinen Problemen. Meine Geldmittel erschöpfen sich und Rom entpuppt sich für mich, welch' Ironie, einem Patrizier, als Abstieg in den Orcus." Wieder wuchs sein Blick auf, direkt in seine Augen. "Ich möchte nicht um Geld bitten. Ein echter Römer bettelt nicht. Ich möchte Überlegungen mit dir teilen," kam er nun zum Kerngeschehen seiner Sorgen. "Ich möchte zum Exercitus, da dies meine letzte Chance ist, meinen Namen zu retten und die Finanzen für Calena und Flaminina zu sichern. Ich möchte nicht, dass sie hungern oder auf vieles verzichten." Er schluchzte kurz, rang um eine feste Mimik, dennoch sagten seine Augen, dass die Sorgen seine Seele zerwühlt hatten. Sie waren glasig. Nun legte er die Lippen aufeinander, um die Reaktion seines anvertrauten Verwandten zu erwarten.

  • "Hmm...", konnte man es vernehmen, nachdem Lepidus sich alles angehört hatte. Er blieb recht ruhig und planschte ein wenig mit einer Hand im Wasser. Allerdings hätte er nun wahrlich nicht mit solch schlechten Nachrichten gerechnet. Auch in den Thermen war wohl heute nicht mit Entspannung zu rechnen. Er atmete förmlich schwer, während er mitleidig, aber dennoch auf eine gewisse Weise streng auf Verus blickte. "Das kommt wahrlich unerwartet. Ich hätte doch gedacht, dass du etwas besser Fuß fassen würdest..." Allerdings musste Lepidus wirklich sagen, dass Verus schon so etwas wie das Enfant terrible ihrer Familie war. Wahrscheinlich konnte man an keiner anderen Person die plebejischen Wurzeln der Gens Tiberia besser ausmachen, als an ihm. Dieses Plebejertum regte natürlich ganz besonderes Abscheu in Lepidus hervor, denn am liebsten hätte er sich doch von dieser Vergangenheit weitläufig distanziert, auf das nie wieder jemand daran denken sollte, dass die Tiberii 'nur' geadelt wurden.


    "Nun, ich halte wahrlich nicht viel davon, jemandem stetig über die Runden zu helfen, von daher ist dein Grundsatz völlig berechtigt. Allerdings will ich auch nicht, dass jemand, der den Namen Tiberius trägt, irgendwann mit schmutzigen Kleidern durch die Straßen läuft!" Wenn das nicht deutlich erniedrigender für deutlich mehr Personen war, als eine simple Verletzung des Stolzes für einen einzigen, dann war das nicht außer Acht zu lassen. "Und ich gebe dir auch ehrlich gesagt lieber Geld, als dass ich dich beim Militär sehe! Wie bist du denn nur auf diese Idee gekommen? Und ich meine damit nicht, dass ich jenes nicht schätze, ganz im Gegenteil. Ein Dienst ist mehr als ehrenhaft. Aber ich meine, du bist nicht gerade in der Position Tribun zu werden, wie einst mein Onkel Maximus oder gar Legat wie Tiberius Vitamalacus. Von daher wirst du wohl noch lange brauchen, ehe du einem Patrizier angemessen dienen darfst. Dafür brauchst du den passenden Ordo und musst einen langen politischen Weg beschreiten." Dass Vitamalacus oder Maximus einst selber als einfache Legionarii anfingen, fiel dem Tiberier dabei gar nicht mehr ein. Das waren andere Zeiten. Klar gäbe es auch noch andere Lösungen, aber diese wollte der Tiberier erst einmal nicht bedenken. Erst einmal wollte er wissen, wie denn nun sein Verwandter dazu stand. "Bist du dir außerdem sicher, dass du etwas derartiges anstreben möchtest oder ist es gar nur eine Laune? Vor kurzem warst du ja auch noch recht überzeugt, in der Kanzlei dein Glück zu versuchen, wobei diese Überzeugung offenbar nicht ausreichte." Lepidus wurde wohl doch etwas ärgerlicher im Ton, aber in Anbetracht seines derzeitigen Stresslevels war es wohl nicht weiter verwunderlich, dass er gegenüber den 'Träumereien' von Verus ein wenig skeptisch gegenüberstand.

  • Ja, in der Tat war Verus eine Person, die nur schwerlich durch das Leben kam. Nein, er war nicht dumm, sogar recht gebildet und intelligent, dennoch stand ihm sein Charakter oft im Wege. Seine Schwermütigkeit, seine Melancholie und seine labile Lebenseinstellung blockierten oft einfache soziale Prozesse, die ihm sicherlich zu einem guten Status verholfen hätten. Nun war es aber leider nicht so. Der phonetische Ton seines Verwandten ließ Verus kurz im Wasser beben. "Das hätte ich auch gedacht," antwortete sein Mund mehr schlecht als recht akurat. "Manchmal haben die Götter einen anderen Weg im Sinn, wenn sie uns umlenken." Rasch lächelte er munter, wenn auch gespielt. Dieses Lächeln war mehr Selbstbetrug als Ausdruck seiner persönlichen Stimmung. Verus war vielleicht mehr philosophischer Bauer als Beamter oder Politiker. Ihm fehlte der Ehrgeiz oder wenn man so wollte, der Biss. Er war lahm in vielen Belangen aber gutherzig und klug. Nur Klugheit ohne Willenskraft war oft nutzlos, in einer Welt, die nur Leistung und Ruhm verlangte. Auch wenn Lepidus gerne seine eigenen ursprünglichen Wurzeln vergas und sich selbst gerne als erhabener Adel inszenierte. "Ich werde sicherlich nicht derartig abstürzen, keine Sorge! Ich muss eventuell nur eine Tätigkeit wahrnehmen, die vielleicht als unangebracht gilt. Vielleicht als angestellter Schreiber?" Ein lustloses Nicken. "Nein, die Götter möchten etwas anderes. Ich habe es in einem Traum gesehen, nachdem ich im Minerva Tempel war." Nun gut, eine seltsame Einleitung. "Gut, ich bin vielleicht nicht derartig religiös, wie diese Aussage vermuten lässt." Kurz tauchte er sein Gesicht ein, um seine Gedanken zu sortieren. Verus tauchte nach einer kurzen Sekunde wieder auf. "Der Dienst ist ehrenhaft, wie du selbst sagst. Ich habe mich beraten lassen und bin mir sicher, dass ich dadurch einen Namen in Rom erwerben kann. Gut, dieser Glaube mag naiv sein." Wieder ein Seufzen. "Die Kanzlei stellte mich nicht an. Überzeugungen zählen in diesen Zeiten nicht. Ich brauche Arbeit. Eine Arbeit, die mich nicht entehrt und mich voranbringt. Mir ist klar, dass ich sicherlich nicht als Offizier beginnen kann und mir der entsprechende Ordo fehlt. Dennoch ist es keine Träumerei. Zumal ich glaube, dass das Heer mir Fähigkeiten geben wird, die ich später gebrauchen kann." Kurz wischte er über sein Gesicht, um Wasser aus seinen Augen fernzuhalten. "Ich kenne aber Geschichten von Unser-Gleichen, die als einfache Soldaten dienten und so den Respekt der Truppe erwarben, ferner den des einfachen Volkes," sagte er halb-leise, da Verus selbst nicht wirklich daran glaubte. "Ich bin mir nicht sicher, Lepidus." Sein Blick suchte seine Augen, wie der Blick eines Hundes seinen Herren.

  • Lepidus schüttelte ungläubig mit dem Kopf. "Ja, nette Geschichten mag es viele geben, doch die Wirklichkeit ist manchmal deutlich unerbittlicher." Viele Optionen hatte der Mann sicherlich nicht. Ohne Ordo und mit den standesmäßigen Einschränkungen fiel nun einmal einiges weg. Die Götter sollten es bewahren, dass ein Patrizier jemals die Mittel abhandenkamen, so wie es in diesem Fall geschah. "Ich weiß, dass der Verlust an Land, Haus und Einkommen sehr an dir nagt und du verzweifelt nach einem Ausweg suchst, der dir gerecht wird. Diese Aufgabe ist sicher nicht einfach, doch es gibt Grenzen, die ich nicht zu überschreiten vermag. Wenn du also von 'einfacher Soldat' sprichst, so hoffte ich wahrlich nicht, dass du ernsthaft in Betracht ziehst einen gemeinen Legionarius aus dir zu machen." So verzweifelt eine Lage auch immer war, aber das konnte Lepidus nun wirklich nicht zulassen. "Doch ich vermag Minverva nicht der Lüge bezichtigen, hat sie uns doch bisher immer den rechten Weg gewiesen. Dennoch ist die Situation mehr als bedauerlich... ich weiß wirklich nicht, was ich in dieser Hinsicht für dich tun soll." Lepidus wog den Kopf, ließ das warme Wasser auf sich wirkten und legte gleichsam die Stirn in Falten. "Nein, wenn du wirklich dienen möchtest, dann geht dies nicht als einfacher Soldat. Wenn du dies tatsächlich tust, sehe ich unsere verwandtschaftliche Verbindung fortan als nichtig an... Jedoch kommen wir deinem Wunsch vielleicht auf andere Weise etwas näher. Es gibt zwei Bedingungen, die du mindestens erfüllen musst, damit du das Ansehen deines Namens halbwegs würdigen kannst: Der eine Punkt ist, dass du in einer Legion dienen musst. Hilfstruppen sind vollkommen ausgeschlossen! Der andere Punkt ist, dass wir einen Weg finden müssen, dich in einem höheren Dienstgrad einsteigen zu lassen. Das ist keinesfalls ungewöhnlich für einen Mann mit guter Herkunft. Dafür brauch man allerdings die richtigen Beziehungen..." Wieder fing der Tiberier an zu überlegen. Er versuchte sich irgendeine Konstellation vorzustellen, wie dies erfolgreich sein kann, gleichsam überlegte er, ob er irgendjemanden kannte, der gute Verbindungen zu einer Legion hatte. Gar nicht so einfach, wie der Tiberier fand, obwohl er da tatsächlich etwas im Hinterkopf hatte. Unabsichtlich spannte er seinen Verwandten damit wohl ein wenig auf die Folter.

  • "Ich habe NICHTS," sprach er ernstlich, fast zornig, ohne dabei seine gesunde Distanz zu seinen Emotionen zu verlieren. Nur wurden seine Worte deutlicher und seine jugendliche Stimme erhob sich leicht. "Nicht einmal eine Entschädigung habe ich erhalten," zog er eine nüchterne, deutlich zynische Rückschau. "Verzeih' mir," entschuldigte sich Verus für seine drastischen Worte. "Vielleicht ist es von den Göttern so gewollt," fiel der Römer in einen Hauch Religiösität ab. Kurz schwieg der geschundene Patrizier, um das Wasser zu betrachten, welches seltsam blau, klar und angenehm daherkam. Warum faszinierte ihn in diesem Moment das Wasser? Seine natürliche Schönheit, seine Kraft und sein Zustand reizten den mitleidigen Geist von Verus ungemein. Kurz wirkte Verus fast abwesend, bevor er erneut zu Lepidus sprach: "Ich möchte dienen, auch um mir selbst zu beweisen, dass ich kämpfen kann. Ich bin vor den Plünderern davongelaufen, vor meinen Pflichten und oft vor mir selbst. Ich muss in vielerlei Hinsicht Milites werden." Ein sehr weit gefasste Auslegung des Soldaten-Begriffs offenbarte der Römer da. Vielleicht sah er das Soldatensein falsch? Eindeutig sah er es falsch. Soldat sein war vorallem blanke Rationalität und oft berechnende Monotonie. Verus belog sich, wie so oft, selbst. Nur dieses mal, ja eindeutig, schoben ihn die Götter in eine Richtung, aus der er nicht mehr entfliehen konnte. Es gab dieses mal kein Versagen mehr. Sieg oder Scheitern, keine Flucht mehr. Ein seltsames Stück war das Leben von Tiberius Verus. Ein Mann, der alles hatte, Hof, Fabriken und viel Geld; verlor all dies in einer Nacht, so dass er gebrochen als melancholisches Wrack in einem Bad hing, das Wasser beglotzte und sich mit einem aufsteigenden Politiker, noch dazu seinem Verwandten, über etwas unterhielt, was er sonst nie in Erwägung gezogen hätte: das Militär.


    Verus fuhr sich mit seiner Linken über den Schädel, nervös, wie immer. Alles erschien unsicher. Es gab keine Versicherungen mehr, keine klare Linie, sondern nur noch einen Mann, der eine Familie hatte. Eine Familie, die es zu versorgen galt; egal, wie. Verus ließ die Linke zurück ins Wasser fallen, dabei entstanden kleinere Wellen, die sich an den Oberkörpern der beiden Männer brachen. Der Frustrierte holte Luft, bevor er sprechen wollte. "Für mich kam ohnehin nur die erste Legion in Mantua in Frage," antwortete der Patrizier aus dem Geschlechte des Tiberius dann möglichst banal, um den Zorn (- wohl angemerkt, nicht gegen Lepidus gerichtet, sondern gegen seinen eigenen Zustand) aus seinen Worten zu nehmen.


    "Ich bin bereit, die Akademie in Rom zu besuchen, sofern ich denn Soldat werde. So kann man vielleicht vor der Truppe einen höheren Rang rechtfertigen. Natürlich braucht man Kontakte, wie du selbst sagtest, mein Freund." Eifrig nickte er, wobei sein Kinn das Wasser streichelte und sich Tropfen an den kleinen Bartstoppeln in seinem Gesicht bildeten. "Ich bin entschlossen, Lepidus, mit deiner Hilfe," schob er zwei Sätze zusammen und zeigte seinem Verwandten somit, dass es ihm ernst war. "Ich werde sicherlich nicht als einfaches Frontlinienfußvolk dienen," eitelte Verus ein wenig. Doch stand ihm diese Eitelkeit nicht so, wie seinem Gegenüber. "Ich muss auch eine gute Münze verdienen," formulierte er mit einem deprimierten Grinsen.

  • Denn etwas emotionalen Einwurf überhörte Lepidus fast gänzlich. Zu sehr war er in Gedanken vertieft und überlegte, wie er denn diese Sache am besten in die richtige Richtung lenken konnte. Erst viel später reagierte er auf das Gesagt. "Die Legio I also... Hmmm..." Letztlich kam er auf ein paar Ideen, die das Vorhaben des Verus vielleicht etwas vereinfachen sollten. "Ich denke, ich kenne da ein oder zwei Personen, die man ansprechen kann. Einerseits wäre da Senator Purgitius Macer, der lange Zeit Legat der Legio I war. Womöglich hat er noch gute Kontakte zur Legion und möglicherweise kann er ein Wort für dich einlegen, wenn ich nett darum bitte. Womöglich habe ich sogar noch eine weitere gute Anlaufstation. Wenn mich nicht alle täuscht, dann dürfte ein guter Freund von mir, sogar der Verwandte des Praefectus Castorum der Legio I sein. Ich meine, dass er so etwas in den vielen Gesprächen, die wir miteinander geführt haben erwähnte." Die Verbindung, die über seinen Patron zum Legaten Aurelius Ursus herstellen könnte, erwähnte er dagegen eher nicht. Soweit Lepidus wusste, war dieser derzeit immer noch verletzt und würde die Legion wohl derzeit nur eingeschränkt führen. Wahrscheinlich war der besagte Praefectus Castorum da tatsächlich derzeit die vielversprechendere Variante. "Ich werde mich jedenfalls ein wenig schlau machen und sehen, was ich für dich tun kann." Wenn sich da mal die Freundschaft zum Iulier nicht erneut auszahlen würde. Hoffentlich würde dieser nur keine allzu große Gegenleistung verlangen. Lepidus tat das hier schließlich nicht für sich selbst und würde deshalb auch ungern einen hohen Preis für Verus bezahlen. "Vielleicht würde es aber deine Chancen sogar noch ein wenig verbessern, wenn du bereits einen abgeschlossenen Kurs auf der Akademie vorweisen könntest. Das nötige Geld, welches du als Noch-Zivilist aufbringen müsstest, würde ich dir auch leihen, bis du es mir zurückzahlen kannst. Was hältst du davon?" Lepidus hielt das für die sicherere Variante. So hätte man vielleicht noch ein zusätzliches Argument, Verus in einem höheren Dienstgrad einsteigen zu lassen. Das alles wollte schließlich gut vorbereitet sein.

  • Eifrig lauschte Verus seinem Gegenüber mit spitzen Ohren. Immerhin gab ihm Lepdius wertvolle Ratschläge und war ein wichtiger Anker für seinen gewagten Plan. "Ich denke, dass beide Männer geeignet für unsere Absicht sind," stellte der Patrizier mit den wirren Gedanken fest. "Ich danke dir, Lepidus," schob er nach, um die Tatsache zu bekräftigen. "Ich werde gerne die Akademie besuchen, wenn du mir entsprechendes Geld vorstrecken kannst. Ich wäre durch diesen Kredit deutlich erleichtert. Natürlich zahle ich es dir alsbald zurück." Verus unterstrich seine Aussagen mit einem heftigen Nicken, so dass ein wenig Wasser aufgewühlt wurde. "Du bist ein guter Mann." Der junge Mann, dessen Mut sowie Zuversicht wankte, war seinem Verwandten wirklich dankbar, so denn er ihm vorsichtig die Hand auf die Schulter legte. "Ein wirklich guter Römer," setzte Verus pathetisch nach, während er seine Hand zu einem Klopfen bewegte. Während er die Hand zurücknahm, diese ins Wasser zurück-glitt, machte er sich ein paar flüchtige Gedanken. War der Weg ins Militär wirklich der Richtige? War er überhaupt Soldat genug? Sicherlich noch nicht aber ihm blieb kaum eine Wahl, da er seine Vorstellung in der Kanzlei versemmelt hatte, ferner kaum Kontakte in Rom besaß. Viele verzweifelte Männer opferten viele Jahre ihres Lebens im Militär, nur um zu überleben. Verus als römischer Mann konnte nicht einfach das Schwert ins Getreide werfen und sich weinend in seinen vier Wänden einschließen. Es musste gehandelt werden, wenn auch - so würde die Zukunft zeigen - sicherlich mit fatalen Folgen für sein Seelengemüt.

  • Lepidus nickte und war natürlich geschmeichelt von den Worten. Allerdings ließ er sich das nicht lange anmerken, denn sein nächster Gedanke war sogleich: 'Das ist ja auch das Mindeste!' "Ich werde dir das Geld zukommen lassen. Gleichsam werde ich versuchen, so bald wie möglich die entsprechenden Gespräche zu führen. Über das, was dabei herausgekommen ist, informiere ich dich zeitnah." Lepidus bewegte sich indessen hinaus aus dem nassen Element. "Gibt es sonst noch etwas? Ich würde mir ansonsten jetzt noch eine kleine Massage gönnen und die Thermen anschließend wieder verlassen." Es war ein kurzer Besuch, aber immerhin konnte er mal wieder eine gute Tat vollbringen - man müsste ihn auszeichnen für so viel Gutmütigkeit, dachte sich Lepidus noch selbstgefällig.

  • Auch Verus trat mit Lepidus aus dem Becken hinaus. "Du findest mich in meiner Insula," sagte er noch, bevor er sich von einem Sklaven ein Handtuch reichen ließ, um sich sein Gesicht zu trocknen. "Ich würde mich gerne über die Neuigkeiten aus Rom mit dir unterhalten und über dein neues Amt. Ich denke, dass du recht stolz bist," erklärte der Mann, der auf dem Weg war, Soldat zu werden, mehr oder minder leidlich. "Ich begleite dich also gerne zur Massage." Immerhin hatte er so Zeit, die Kontakte zur Familie enger zu knüpfen und Lepidus seinen Respekt zu zollen. Gut, unbemerkt von sich selbst, reduzierte sich Verus so zum Büttel von Lepidus Gnaden. Eine Tatsache, die ihm selbst erst später in den Sinn kommen. Doch irgendjemandem diente man immer und so war es besser sich einem Gensmitglied an den Hals zu werfen.

  • "Oh, ich bin wahrlich stolz", ließ der Tiberier verlauten, als sie auf dem Weg zur Massage waren. Hier und da grüßte Lepidus den ein oder anderen Bekannten. Ein kleines Lächeln für die Kontakte musste er ebenso aufbringen. "Es war zwar ein recht knappes Ergebnis, doch gewählt ist gewählt, nicht wahr?" Das sagte sich zum Glück leichter als es sich anfühlte. "Naja, und das Amt, welches ich eigentlich wollte, habe ich ebenso nicht bekommen. Nun muss ich mich um die Straßen Roms kümmern. Versteh nur einer diese Senatoren - dabei hörte ich nicht das Geringste an Kritik gegenüber meiner Kandidatur im Senat. Es scheint seit der Herrschaft des Usurpators üblich geworden zu sein, seine kritischen Anmerkungen nur noch im Stillen zu vollführen - da wo es eben nicht wehtut." Lepidus war viel zu uneinsichtig, um den Fehler bei sich selbst zu suchen? Hätte er noch mehr Senatoren-Häuser abklappern sollen? Sprüche an die Wände Roms malen oder gar Brot durch die Straßen schmeißen? Dazu war sich der Herr Tiberius dann doch etwas zu fein. Es war schon stets ein schwieriger Akt sich zwischen notwendiger Bettelei um Stimmen und der Würde des eigenen Standes zu bewegen. Die Balance zu halten war wahrlich nicht einfach. "Alles in allem bin ich aber sehr zufrieden. Wie geht es eigentlich deiner Frau? Weiß sie überhaupt schon von deinen Gedanken über die Zukunft?"

  • Verus büttelte hinter Lepidus her, während dieser sprach. Er kommentierte jedwede Ausführung des Amtsträgers mit einem gezielten Nicken und Zwinkern. Schließlich sagte der angehende Lakai des Schwertes: "Politik ist immer ein schmutziges Geschäft." Ein einfacher Satz, der im Grunde Verus Meinung abbildete. "Wer die Wahrheit spricht, braucht ein schnelles Pferd und ich denke nicht, dass die meisten Senatoren gut reiten können," scherzte der Patrizier mit einem nüchternen Grinsen, während man endlich die Massagebänke erreichte. Schwungvoll nahm Verus Platz, legte sich auf den Bauch und winkte die Bediensteten heran. "Meiner Frau geht es soweit gut. Ich habe ihr noch nicht davon berichtet, da es bedeuten würde, dass sie ihren delikaten Lebensstil ändern müsste," warf Verus aus seinem Mund. "Ich fürchte, dass sie mich verlassen könnte, weil ich nicht derartig erfolgreich bin, wie ich sein sollte." Gut, er liebte seine Calena aber reichte das für eine Beziehung aus? Geld sollte keine Beziehung ausmachen aber der junge Mann befürchtete, dass seine großartige Calena primär aus Status mit ihm verheiratet war. Ein Gedanke, der sich seit Wochen in seinem Kopf wuchs. Wie ein Buch ohne Worte, ein Klanginstrument ohne Saiten, ein Epistel ohne Adresse, das war sein Zweifel. Seine Gedanken waren, wie eine Säule, die nichts stützte und so fürchtete er um seine Calena.

  • Eine nette Metapher, wie Lepidus dachte und zeigte sich amüsiert, während er ebenso auf einer Bank Platz nahm. Seinen -Sklaven wies er beiseite und ließ sich eine sanfte Rosenöl-Massage verabreichen. Wohl genau das richtige für seinen stressgeplagten und angespannten Körper. Gut, dass Lepidus lag, denn dadurch konnte er nicht mehr so gut mit gem Kopf schütteln, wie es Verus durchaus wieder provoziert hätte. "Eine Frau muss hinnehmen, was der Mann ihr sagt, sei es, was es wolle." Das fehlte schließlich noch, dass man gewichtige Entscheidungen nicht treffen konnte, weil irgend so ein Weib, es nicht so wollte. Das passte so gar nicht in die Vorstellungen, die Lepidus hatte. Liebesheiraten waren ihm ohnehin zuwider. "Und sie dich verlassen? Das wäre ja noch schöner. Wären wir doch nur nie von den Traditionen abgerückt und hätten wir die Möglichkeit der Scheidung einzig bei den Männern gelassen, wie es einst war - viele Probleme wären uns sicher erspart geblieben." Daneben hatte das ganze jedoch auch noch eine andere Dimension - eine politische. "Darüber hinaus wäre eine Auflösung eurer Ehe derzeit wahrlich kein Glanzstück. Die Decimer sind derzeit politisch wieder auf dem Vormarsch." Wissen die Götter, wie sie das angestellt hatten. "Ich würde ungern Spannungen mit jenen aufkommen lassen, zumal es alles andere als vorteilhaft aussehen würde, wenn jemand aus einer bekannten Familie einfach verlassen wird." Lepidus sah dieser Ehe zwar von Anfang an skeptisch entgegen, aber jetzt musste man eben damit leben, vor allem seit er wusste, dass Calena eine Nichte des Triumphators Meridius war. Umso mehr war er daran interessiert, dass dies alles in geregelten Bahnen lief.

  • Kannte Lepidus Calena nicht? Sie konnte eine Furie von Weib sein, die jeden Mann in Hinterlist und Arglist schlug. Kurz zuckte Verus als der Masseur einen verkrampften Muskel bearbeitete. Seine Augen kniffen sich eng zusammen, wie auch sein Mund als sich durch die sanften sowie öligen Hände des Muskelarbeiters die Verkrampfung löste. "Calena ist eine Decima," erklärte der Gepeinigte. "Diese Frauen haben Feuer und - auch wenn ich als römischer Mann gerne widersprechen würde - haben sie oft stärkeres Leder unter den Sohlen als mancher Mann." Ungerne sprach er diese Worte, dennoch klang eine gewisse Bewunderung mit. "Diese Traditionen sind leider gebrochen." Wieder diese scharfe Hand in seinem Nacken, die auf die nächste Verspannung traf. "Uuaah...", machte Verus fluchend, während er seinen Kopf zur Seite legte.


    "Die Decimer waren nie verschwunden. Ich befürchte, dass sie es geschafft haben, einen Nimbus zu erwerben, der den unseren sogar übertrifft." formulierte der Patrizier nüchtern, während das Öl sanft über seinen Körper lief. "Ich liebe Calena und beabsichtige die Ehe nicht zu lösen", stellte er terminiert fest. "... und ich hoffe, dass sie es auch tut. Unsere Ehe mag zwar damals auch unter anderen Vorzeichen entstanden sein aber ich denke, dass uns die Götter mit echter Liebe gesegnet haben," romantisierte der junge Verus im Nachgang.

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