[Ausbildung] Lucius Artorius Severus


  • COHORS II, CENTVRIA II, CONTVBERNIVM I


    Hier findet die Ausbildung der neuen Tirones statt, darunter unter anderem Lucius Artorius Severus. Hier scheuchen der Schleifer Centurio Aulus Trebellius Posca und sein Optio die Rekruten über den Campus.



    I. Einführung/ erste Exerzierübungen >


    II. Kampf- und Waffenübungen
    - Ringen >
    - Scutum/ Gladius/ Schwertkampf >
    - Pilum
    >
    - Bogenschießen >


    III. Formationen
    - Testudo >
    - Kavallerieabwehr
    - Keilformation


    V. Theorie


    VI. Belagerungsgeräte




    Grün = Abgeschlossen
    Braun = Laufend

  • Centurio Trebellius stand auf dem Exerzierplatz und war bester Laune. Es war Ende März und in Italia war es sicherlich schon frühlinghaft warm und angenehm. In Aegyptus dagegen tickten die Uhren anders. Hier würde es sicherlich noch eine oder zwei Wochen dauern, bis die winterliche Regenzeit endlich ihr Ende fand. Dementsprechend war der Exerzierplatz eine einzige Matschpiste, es nieselte und war unangenehm kühl. Der Centurio war in einen kratzigen Wollmantel gehüllt, ebenso sein Optio, der bei ihm stand und gelegentlich geräuschvoll die Nase rümpfte. Schließlich trafen die Rekruten Tröpfenweise auf dem Campus ein und sammelten sich auf dem fützenübersäten Platz. Centurio Posca wartete noch einige Augenblicke, dann entschied er genug gewartet zu haben.


    Nun trat zunächst der Optio Quintus Bruttius Structus vor und verschaffte er sich mit donnernder Stimme Aufmerksamkeit: "TIRONES! In aciem venite! State! Oculos ad prosam!" Die Kommandi kamen wie aus der noch nicht erfundenen Pistole geschossen, dann trat er wieder zurück und überließ den Rest seinem Centurio.


    Centurio Posca begutachtete einen Moment lang die Bemühungen der Rekruten, sich zu einer gerade Linie zu formieren und sich vernünftig auszurichten, dann schallte seine liebliche Löwenstimme über den Platz.
    "Tirones, spitzt eure Ohren! Ich bin Centurio Aulus Trebellius Posca und ich bin von heute an derjenige, der euch befiehlt was ihr zu tun und zu lassen habt. Ich sage euch, wann ihr esst, ich sage euch wann ihr schlaft, ich sage euch wann ihr scheißt. Ich sage euch wann ihr marschiert, springt, kniet, wann ihr stillsteht oder nicht. Was immer ihr tut, ihr tut es, weil ICH es so befehle!
    Ihr seid jetzt ein Teil der glohreichen Legio XXII Deiotariana! Aber was sehe ich? Ein Häufchen Elend. Jämmerliche Waschlappen, die nicht einmal in einer gerade Linie vor mir stehen können! Bei Iunos Titten, ihr seid weniger Wert als die Wurst, die ich heute Morgen in die Latrine gekackt habe!"


    Posca holte tief Luft und fuhr nach dieser gemeinen Ansprache in etwas versöhnlicherem Ton fort: "Aber das macht nichts, denn euer Arsch gehört jetzt mir. Ich werde euch so lange schleifen, so lange in Form bringen, bis ihr euch zu Recht als Milites der stolzesten Legion des römischen Reiches bezeichnen könnt. Ihr werdet an eure körperlichen Grenzen stoßen, Muskeln fühlen, die ihr noch nie im Leben benutzt habt, Qualen leiden, die euch die Tränen in die Augen treiben, aber am Ende werde ich aus euch die tödlichste Waffe des Exercitus Romanus machen: Ihr werdet Legionarii!"


    Eindringlich musterte er die kläglichen Gestalten, die vor ihm stramm standen.


    "Optio Quintus Bruttius Structus, diese Würmer gehören dir", ließ Posca dann verlauten, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Campus.

  • Wie von Iuppiters Blitzen verfolgt, rannte Severus zum Campus. Er kam gerade noch rechtzeitig an, um zum Beginn des Appells mit den anderen Rekruten in einer Reihe zu stehen. So glaubte er zumindest. Die schneidigen Worte des Centurio machten ihm aber bald klar, daß das wohl nicht der Fall war. Die Ansprache des Centurio war klar und deutlich. Severus stellte sich auf unschöne Zeiten ein, die nun folgen würden.
    Etwas anderes machte ihm auch noch Sorgen: Er hatte nicht sehen können, ob noch Rekruten nach ihm angekommen waren, so daß er fürchtete, mit der unangenehmen Seite der Latrine Bekanntschaft zu machen. Doch zunächst wartete Severus ab, was der Optio nun mit ihnen vorhatte. Nach der Vorrede würde es sicher anstrengend werden...

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg "Ihr habt den Centurio gehört", fing nun der Optio Quintus Bruttius Structus an. "Ihr gehört mir! Ich will, dass ihr aufhört so verflucht lasche Weicheier zu sein und endlich ein paar Muskeln aufbaut. Deshalb dreht ihr jetzt erstmal zehn Runden um den Platz, damit ihr eure Beine spürt."
    Mit zusammengekniffenen Augen fixierte der Optio das jämmerliche Häuflein vor sich. Dann holte er ganz tief Atem und scheuchte die Rekruten los.
    "CUUUUUUURSIIIM PEEERGITE!"
    Und die Tirones liefen. Und liefen. Und liefen. Nach einigen Runden sah der Optio bereits einige Männer schwächeln. Das war ja nicht zu glauben. Er rannte neben den Waschlappen her, schrie und zeterte, beschimpfte sie, schmiss händeweise Dreck nach ihnen und verdonnerte jeden, der stehen blieb zusätzlich noch zu Liegestützen. Bona dea, hier hatte er viel Arbeit vor sich. Aber der Tag war lang und seine Möglichkeiten vielfältig. Optio Quintus Bruttius Structus verkniff sich ein verschmitztes Grinsen. Er freute sich bereits auf diese Rekruten.

  • Severus lief und lief und lief und lief. Seine Beine spürte er schon den ganzen Tag, seit er mit der gesamten Ausrüstung durch das Lager und dann überstürzt zum Campus gehetzt war. Es schien aber nicht so, daß er bald würde ausruhen können. Zumindest hatte niemand mehr die Reinigung der Latrine angesprochen, die als Preis auf den letzten Ankömmling auf dem Exerzierplatz warten sollte. Das war der einzig positive Lichtblick im Moment. Mit seinen Gedanken versuchte Severus, die Müdigkeit zu verdrängen, die sich seit der sechsten Runde langsam in ihm breit machte. In der siebten Runde mußte ein schmächtiger Kamerad vor ihm aufgeben. Als er stehen blieb, ließ der Optio nicht mehr von ihm ab, ging mit heftigem Geschrei auf ihn los und verdonnerte ihn zu zehn Liegestützen. Das fehlte Severus gerade noch. Also rannte er einfach weiter und versuchte durchzuhalten. Die Beschimpfungen des Optio ließ er geduldig über sich ergehen und bemühte sich, sie so gut als möglich zu ignorieren. Er kannte aber eine ganze Menge fieser Ausdrücke. Als er von einem Haufen Dreck getroffen wurde, den der Optio nach Severus geworfen hatte, kam er aus dem Rhythmus und strauchelte. "Nur nicht stehen bleiben..." dachte er die ganze Zeit.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Nach kurzer Zeit fiel der erste Schwächling bereits zu Boden. Wunderbar, da hatte Optio Quintus Bruttius Structus sogleich sein erstes Opfer gefunden. Der arme Kerl bekam sofort einen Fußtritt und wurde zum Weiterlaufen angetrieben. Noch waren es fünf Runden um den Platz zu laufen. Als dann bereits nach zwei weiteren Runden noch ein Rekrut stürzte und dann noch einer, wurde es dem Optio zu bunt - sollte man denken.
    "In aciem venite!" war der Befehl weit über den Exerzierplatz zu hören, der die Tirones in die Linie zurückbeorderte. Als alle schnaufend und hechelnd angetreten waren, begann die Tirade auf die Männer niederzugehen.
    "Mars sei mir gnädig. Was für ein erbärmlicher Haufen Elend ist auf meinem Exerzierplatz angeschwemmt worden? Bona dea, die billigsten Huren Alexandrias könnten die zehn Runden um den Campus schneller zurücklegen als ihr jämmerlichen Waschlappen! Ich sehe schon, hier gibt es noch viel zu tun. Aber keine Sorge, ich mache euch noch zu echten Kampfhunden." Er blickte hoch zum Sonnenstand, entschied dass es für die Mittagspause noch zu früh sei und ging dann die Linie ab, die die Tirones da vor ihm gebildet hatten.


    Als er einmal hin und her gelaufen war, rümpfte der Optio geräuschvoll die Nase und rotzte vor die Füße seiner Rekruten. "Und das nennt ihr eine Linie? Ein Rudel reudiger Köter könnte eine bessere Linie bilden!" Mit einem schmalen Stock begann er die Männer zu stoßen und zu pieken, bis sie in einer seiner Meinung nach angemessenen Form dastanden. "Du, Schritt vor, Brust raus, Blick geradeaus! Stellt die Füße nebeneinander, verdammt nochmal, ihr seid doch keine Storche! Das kann doch nicht so schwer sein!" Das Gebrüll ging noch einige Zeit weiter, bis Quintus Bruttius Structus einigermaßen zufrieden aussah.


    "In Ordnung, das sieht ja schonmal etwas zivilisierter aus. Jetzt wollen wir mal sehen, wie römische Soldaten marschieren." Er holte tief Luft und gab dann im üblichen Befehlston weitere Anweisungen. "Ihr legt jetzt ruck-zuck eure Ausrüstung an. Nur die Rüstung, noch keine Waffen, kein Scutum, habt ihr Pappnasen mich verstanden? Ihr habt zehn Minuten Zeit. Abite!" Am Rande des Campus stand eine Sonnenuhr, auf der der Optio die Zeit abwarten würde. Er legte es darauf an, dass keiner der Rekruten schnell genug sein würde. "Tempo tempo" hieß Structus' Devise.

  • Geduldig ließ Severus das Brüllen des Optio über sich ergehen. Wahrscheinlich hatte er bereits jede Menge andere Rekruten auf die gleich Art beschimpft. Innerlich staunte er aber über die Ausdauer des Ausbilders. Als er die Linie entlangschritt und Severus mit seinem Stock bearbeitete, weil er seiner Meinung nach wie ein Storch da stand und die Füße nicht parallel ausgerichtet hatte, steckte Severus dies wortlos weg. Dennoch fand er die Behandlung demütigend. Er war römischer Bürger aus der Hauptstadt und sollte in der Linie aussehen wie ein Storch? Naatürlich war er in der Lage, seine Füße nebeneinander zu stellen! Er ärgerte sich innerlich, ließ sich aber äußerlich nichts anmerken. Severus ging jedem Blickkontakt mit dem Ausbilder aus dem Weg, um nicht zum Ziel seiner nächsten Attacke zu werden. Irgendwann verstummte das Gebrüll des Optio.
    Damit wurde die Lage aber keineswegs besser. Nach dem Befehl zur Anlegung der Rüstung rannte Severus so schnell er noch konnte zum Quartier. Niemand hatte ihm gezeigt, wie die verdammte Rüstung anzulegen war. Das konnte er sich in zehn Minuten beim besten Willen nicht selbst vermitteln. Also stellte er sich schon auf dem Weg auf den nächsten großen Anschiß ein. Er brauchte ohnehin die ganzen zehn Minuten, um allein zum Quartier und wieder zurück zu laufen. Das würde ein schöner Empfang werden, wenn er mit mit seiner halb herunter hängenden Rüstung, die nicht saß und nicht richtig zugeschnürt war, zurückkam...

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Optio Quintus Bruttius Structus verfolgte die Bemühungen der Tirones mit wachsendem Vergnügen. Die jungen Leute hasteten wie die Bekloppten zurück ins Lager und taten ihr Bestes, um nicht zu spät zurück zu kommen. Der Optio freute sich schon darauf, ihre Hoffnungen wie eine Amphore auf dem harten Dielenboden zerschellen zu sehen.


    Geduldig wartete er ab, bis die Zeit auf der Sonnenuhr gänzlich verstrichen war. Nur vier Tirones waren bisher wieder auf den Campus hinausgelaufen, wobei sie ihre Rüstung allerdings noch nicht vollständig angezogen hatten und dies in diesem Moment noch zu vervollständigen versuchten.


    Der Optio hatte sich einen Cornicen kommen lassen, der jetzt aus vollem Halse das Horn blies und damit den Ablauf der Frist ankündigte. Optio Quintus Bruttius Structus stieß sich von der Sonnenuhr ab, an die er sich soeben noch angelehnt hatte und ging gemächlichen Schrittes auf die verzweifelten Tirones zu, die sich ihre Rüstungen anlegten. Während er dahinschlenderte, kamen immer mehr Rekruten angerannt und versuchten sich in einer Reihe aufzustellen, wie sie es erst wenige Minuten zuvor eingebläut bekommen hatten. Noch sagte der Optio nichts. Er wollte warten, bis der letzte der Rekruten wieder eingetroffen war.

  • Severus rannte abermals so schnell er konnte zum Campus. Schon auf dem Weg dahin hörte er das Horn, das vom Ende der gesetzten Frist kündete. Zu seinem Glück hatte ihm der Legionär Thyrsus, der gerade auf einem Rundgang war, beim Anlegen der Rüstung geholfen. Den Helm hatte er auch schon auf. Es ließ sich aber schlecht damit laufen, wie Severus fand. Während er hastig seinen Platz in der Linie der Rekruten suchte, legte er sich Gürtel und Schwert um. Jetzt fühlte er sich immerhin schon ein bißchen wie ein Legionär. Trotz aller Anstrengung kam er natürlich zu spät und stolperte an Quintus Bruttius Structus vorbei, der bereits die Linie auf und ab schritt. Das könnte Ärger geben. Zumindest saß seine Rüstung nach der Hilfestellung Thyrsus' professionell. Dadurch hob er sich von den anderen Rekruten ab. Vielleicht würde das einen guten Eindruck machen und die Verspätung etwas ausgleichen oder die Wut des Optio zumindest mildern. Er hoffte einfach darauf...

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Optio Quintus Bruttius Structus musterte die Rekruten verächtlich. "Fortuna steh mir bei! Seht euch einmal an. Sehen so etwa Milites des glorreichen Exercitus Romanus?" Jetzt pickte er sich der Reihe nach Tirones aus der Linie, an denen er Mängel entdeckte. Sie stellte er in einer Reihe vor den anderen auf. Dann entdeckte er einen Rekruten, der ausnahmsweise ziemlich ordentlich aussah. "DU!" rief der Optio und fixierte den Tiro Lucius Artorius Severus mit seinem Stock. "Nach vorn! Tirones, dieser eine Kerl hier hat es geschafft, sich halbwegs ordentlich in seine Ausrüstung zu werfen. Schaut genau hin und vergleicht diese Chaoten hier vorne mit seiner Aufmachung." Er wandte sich an Severus. "Wie ist dein Name, Tiro?"


    Nachdem er auf seine Frage eine Antwort bekommen hatte, stellte er sogleich weitere Fragen. "Und jetzt erkläre deinen nichtsnutzigen Kameraden mal ganz ausführlich, was du da am Körper trägst, wie die Ausrüstung genannt wird und wozu sie gut ist." Und mit Nachdruck fügte er hinzu: "Und zwar LAUT UND DEUTLICH!"

  • Etwas verduzt fand sich Severus plötzlich vor der Front seiner Kameraden wieder und zugleich vor eine schwere Aufgabe gestellt. Alle Einzelheiten wußte er selbst noch nicht. Er würde seine Unwissenheit einfach überspielen. Wie befohlen sprach er laut zu seinen Kameraden: "Die römische Armee ist auf den Nahkampf ausgelegt. Dafür ist sie mit besonderer Schutzkleidung ausgerüstet. Die Rüstung besteht aus der lorica hamata - das ist das Kettenhemd hier - und der lorica segmentata - dem Schienenpanzer! Beim Anlegen der Rüstung beginnt man oben, arbeitet sich dann langsam nach unten durch und achtet darauf, daß sich die Elemente nicht verkeilen! Der Helm - cassis - dient abschließend dem Schutz vor Kopfverletzungen! Pugio und cladius werden als Angriffswaffen am Gürtel befestigt und um den Körper gelegt!" Während er sprach konnte Severus den Optio nicht sehen, da er seitlich zu ihm stand und ihm der Seitenschutz des Helmes die Sicht auf den Ausbilder nahm. Daher nahm er auch keine Regung des Optio wahr und wußte nicht, was er von seinen Ausführungen hielt.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg "Habt ihr das gehört, ihr Kröten?" spie Optio Quintus Bruttius Structus den anderen Rekruten nach der Antwort des Artorius entgegen. "Merkt euch also, was euer Kamerad so hervorragend erklärt hat." Auch wenn Severus die Regungen seines Vorgesetzten nicht zu sehen vermochte, er musste ihn jetzt sehr gut hören können. "Also behaltet eins gefälligst im Kopf: Wenn ich hier noch einmal einen sehe, der seine Rüstung nicht ordentlich am Leib trägt oder gar mit schiefer Rüstung zu spät auf dem Campus erscheint, reiße ich demjenigen den Kopf ab und scheiße ihm in den Hals! IST DAS KLAR?!" Der Optio war nun an einen Rekruten herangetreten, der bei den anderen in der Reihe stand und tippte bei seinen letzten Worten mit Nachdruck mit dem Zeigefinger gegen dessen Brustpanzer.
    Der Tiro, der nicht unbedingt den Eindruck machte einer der Nervenstärksten zu sein, riss erschrocken die Augen auf und krächzte: "Jawohl..." Gleichzeitig setzte ein leichtes Zittern in den Knien des Tiros ein.
    "Das heißt: Jawohl, OPTIO BRUTTIUS!" brüllte der Optio daraufhin noch verärgerter über die Impertinenz des Ahnungslosen.
    "Jawohl, Optio Bruttius!" wiederholte der Tiro, wobei er unter jedem Wort des Optios zusammengezuckt war.


    "Gut", sagte Bruttius dann in gespielt versöhnlichem Ton und erklärte dann laut: "Und damit ihr Würstchen euch meine Worte auch ordentlich einprägt und in Zukunft hier in Reih und Glied pünktlich und in vernünftiger Aufmachung anzutreten wisst, verordne ich euch allen für die nächsten drei Tage charakterstärkende Fleißarbeit."


    Womit der Optio jenen Befehl einläutete, den sämtliche Milites fürchteten:


    "Contubernia tironum ad stercus!"


    Der Befehl war erteilt, aber das hieß nun noch lange nicht, dass der erste Ausbildungstag für die Rekruten vorbei war. Statt dessen schickte der Optio sie vielmehr noch eine Runde um den Platz. Dann gab es die erste Mahlzeit, die die Rekruten in kürzester Zeit zu sich nehmen sollten, um dann wieder auf dem Exerzierplatz zu erscheinen, wobei sie diesmal ihr Scutum mitzubringen hatten. Nachdem der Optio die Reihe erneut auf Ordentlichkeit untersucht und ein paar arme Trottel zur Sau gemacht hatte, erteilte er die weiteren Befehle:
    "So, jetzt hört mal her! Einige von euch Waschweibern brennen sicherlich schon darauf, mit dem Gladius herumzufuchteln und sich in voller Montur lächerliche Kämpfe zu liefern. Daraus wird heute nichts! Ich habe euch euer Scutum mit herbringen lassen, weil ich erst einmal will, dass ihr mit eurer Ausrüstung im Alltag umzugehen lernt. Wir werden jetzt also zweierlei Dinge gleichzeitig üben.
    Erstens: Das Marschieren! Und zweitens: Das Scutum dabei zu tragen! Denn täuscht euch nicht, diese Dinger sind schwer. Wer sich also einbildet hier mit seinen mickrigen Ärmchen zu bestehen, der kann gleich wieder nach Hause zu Mutti kriechen. Ich will, dass ihr Oberarme wie Stiere bekommt und euren Schild im Notfall mit dem kleinen Finger hochheben könnt. Und bevor einer von euch jetzt dumme Fragen stellt: Keine Sorge, um die Muskeln in eurem rechten Arm kümmern wir uns noch früh genug!"


    Nach dieser Ansage erklang dann auch der Befehl, der die Rekruten in Marschbereitschaft versetzen sollte: "Tirones in agmen venite!"


    Nochmal holte der Optio tief Luft und rief, während er die halbwegs gerade Kolonne per Stock wieder in Form bringen musste: "Ihr werdet jetzt das Marschieren im Gleichschritt lernen. Gleichschritt bedeutet, dass ihr alle mit dem linken Fuß zu marschieren beginnt und im selben Tempo wie eure erbärmlichen Kameraden vorangeht. Wenn es 'ad dextram' und 'ad sinistram' heißt, schwenkt ihr in die entsprechende Richtung um. Wenn das Kommando 'consistite' und 'retro' ertönt, macht ihr auf der Stelle kehrt und marschiert nach entsprechendem Befehl in die entgegensetzte Richtung zurück. Gut, dann ist ja alles klar." Der Optio trat ein paar Schritte zurück und holte noch einmal tief Luft...


    Sim-Off:

    Wir setzen das Exerzieren jetzt auch praktisch um. Du startest in Feld 77 und blickst nach oben. Für jeden Anzähltakt des Optios rückst du ein Feld vor. Und natürlich befolgst du seine Befehle.


    Beispiel: "Aequatis passibus pergite! Unus - duo - tres - quatuor. Ad dextram pergite! Unus - duo. Consitite!" Dann bist Du vier Felder vorgerückt (37) nach rechts gedreht und noch zwei vor und daher auf Feld 39.





    "Tirones aequatis passibus pergite! Unus - duo - tres. Ad sinistram pergite! Unus - duo - tres - quattuor. Ad dextram pergite! Unus - duo. Consistite!"


    Sim-Off:

    Wie gesagt, Start auf Feld 77. Wo steht ihr jetzt und wohin seht ihr?

  • Severus freute sich. Wenigstens dieses eine Mal hatte der Ausbilder nichts an ihm auszusetzen. Das Glück hatten nicht alle seine Kameraden. Der flattrige Tiro, den der Optio wegen der Rüstung angeschnauzt hatte, war noch für die nächste ganze halbe Stunde völlig aufgelöst und zitterte selbst beim Essen noch unentwegt. Auf ihn würde man künftig sicher aufpassen müssen.
    Endlich gab es nach der Schinderei mal was zu essen! Aber die Freude hielt nicht lang an. Severus war zwar einer der ersten bei der Essensausgabe gewesen - die hinteren hatten wegen der knapp bemessenen Zeit fast nichts mehr runterbekommen -, aber die hastig runtergeschlungene Mahlzeit lag ihm verdammt schwer im Magen.
    Noch viel weniger gefiel ihm der Befehl, der ihnen die Bekanntschaft der Latrine einbringen würde: "Na prima", dachte sich Severus, "jetzt lernen wir ganz schnell doch die Latrinen kennen. Freue mich schon riesig drauf."
    Aber bevor es so weit war, mußten sie alle wieder zu ihrer Unterkunft rennen, hastig ihr Scutum packen und wieder wie angestochen zum Campus zurückrennen. Severus war nicht ganz wohl dabei, denn sein Magen machte sich schon bemerkbar, dem das wilde Reindrücken der Mahlzeit in kurzer Zeit gar nicht gefallen hatte.
    Marschieren im Gleichschritt fiel Severus erst mal gar nicht so leicht, weil der Kamerad vor ihm den Takt nicht halten konnte und ständig aus dem Rhythmus kam, so daß alle Tirones hinter ihm im Versuch den Gleichschritt zu halten über den Campus schlingerten und damit alles andere als eine ordentliche Marschformation abgaben. Das frustrierte Severus, dem zudem mittlerweile richtig schlecht geworden war. Er dachte so bei sich: "Das kann ja wieder ein großer Spaß werden. Damit wird der Optio ganz bestimmt nicht zufrieden sein. Und wir dahinter sind nachher alle die Dummen." Unbeirrt marschierte er dennoch weiter und folgte den Marschanweisungen des Optio. Die Ausrüstung wurde ihm dabei im Laufe der Zeit immer schwerer. Sie waren alle ungeübte Zivilisten und der Optio lag aufgrund seiner Erfahrung völlig richtig: Das Scutum machte sich allmählich unangenehm bemerkbar und wurde ihm zur großen Last.


    Sim-Off: Severus steht nach dem Exerzieren auf Feld 23 mit Blickrichtung auf Feld 13.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Optio Quintus Bruttius Structus sah sich die Marschversuche der Rekruten einige Augenblicke tatenlos an, dann hielt er es nicht länger aus. Diejenigen, die aus dem Tritt kamen und ihre Kameraden durcheinanderbrachten, handelten sich Stockschläge und Flüche ein. Der Optio gehörte nicht gerade zu der Art Ausbilder, die einem mit Geduld und Spucke ihre Lektionen beibrachten. Optio Bruttius prügelte den jungen Burschen seine Lektionen lieber mit Gewalt ein. "Mars hilf mir! Geht das nicht besser?" rief Bruttius gespielt verzweifelt, als er die Männer anhalten ließ. "Jetzt probiert es verdammt nochmal ordentlich. Legt euch ins Zeug. Bona dea, meine Großmutter kann besser marschieren als ihr winselnden Jammerlappen!"


    Dann zählte der Optio erneut an: "Tirones retro! Aequatis passibus pergite! Unus - duo - tres - quattuor - quinque. Ad sinistram pergite! Unus - duo - tres - quattuor - quinque - sex - septem. Ad sinistram pergite! Unus - duo - tres. Consistite!"




    Sim-Off:

    Korrekt. Von der 23 aus geht's weiter.


    Übrigens, Sim-off-Texte wie diesen kannst du auch ganz einfach mit der entsprechenden Schaltfläche links über dem Eingabefenster einfügen. Dann hast du den Rahmen usw. automatisch mit dabei.
    Das sieht als Code dann so aus:

    Code
    [simoff]text text text[/simoff]
  • Der arme Kamerad vor ihm zog die ganze Wut des Ausbilders auf sich. Er hatte die ganze Marschkolonne durcheinander gebracht und bezog nun ordentlich Prügel. Der wild um sich schlagende Optio traf dabei auch Severus mehrmals. Bei den ersten Stockschlägen versuchte er, seine Schmerzen zu unterdrücken. Als aber auch er immer und immer wieder die Wut des Ausbilders abbekam, schrie er nach einer Weile vor Schmerzen laut auf: "Aah! Optio, ich versuche doch mein bestes. Was habe ich getan?" Das gefiel dem Optio natürlich gar nicht. So machte sich Severus zum Ziel seiner Stockhiebe, die er nun reichlich einsteckten mußte.
    Als die Prügelei ein Ende hatte, machte die Marschkolonne einen neuen Versuch. Severus konnte vor Schmerzen kaum gerade mit dem Scutum stehen, das war sicher nicht der Inbegriff eines stolzen Legionärs. Dabei konnte er doch nichts dafür, daß die Leute vor ihm die Kolonne durcheinander brachten. Aber künftig würde er sich trotz allem zurückhalten, diese Lektion hatte er schon mal gelernt.
    Beinahe zum Glück für Severus stolperte diesmal der Kamerad links von ihm andauernd und brachte die benachbarte Reihe dadurch zum wanken. Es war der äußerst nervöse Tiro, der bereits wegen seiner Rüstung aufgefallen war und eine donnernde Standpauke erhalten hatte. Jetzt bekam er die wilden Hiebe des Ausbilders ab, der eine ganze Weile auf den armen Kerl einschlug.
    Severus konzentrierte sich angestrengt auf das Marschieren. Das half die Schmerzen zu verdrängen, vergessen konnte er sie nicht. Und dann wurde ihm noch das Scutum immer schwerer. Die Ausbildung zehrte an seinen Kräften und Nerven. Am liebsten hätte er das verdammte Ding einfach weit weggeworfen.



    Sim-Off:

    Herzlichen Dank für den Hinweis! Jetzt wird die Sache langsam. Severus steht nun auf Feld 50 mit Blickrichtung auf Feld 40.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Optio Quintus Bruttius Structus bemerkte zufrieden, dass das Marschieren mit jedem Schritt ein bisschen besser klappte, auch wenn er hier und dort noch immer ein paar Ohrfeigen verteilen musste.


    "Na, geht doch!" brüllte er daher in der Zuversicht die jungen Männer dadurch motivieren zu können. "So langsam seht ihr schon fast aus wie Soldaten. Also, weiter!" Auch wenn der Optio feststellte, dass die Schilde den Rekruten mittlerweile richtig schwer wurden, so schickte er sie noch ein letztes Mal über den Campus. Die sollten sich ruhig einmal richtig kaputtmachen und ihre Muskeln spüren. Besonders am nächsten Tag würden die Männer ihren Spaß damit haben. Jedenfalls hatte Bruttius bereits beschlossen, dass die Tirones nach diesem Manöver reif für ihre Stuben waren.


    Und damit zählte der Optio noch einmal an: "Tirones ad sinistram! Aequatis passibus pergite! Unus - duo - tres. Ad dextram pergite! Unus - duo - tres - quattuor. Retro! Unus - duo - tres - quattuor - quinque - sex - septem. Consistite! Retro."




    Sim-Off:

    Korrekt. Von der 50 aus geht's dann zum letzten Mal weiter.
    Ansonsten helfe ich auch bei allen anderen Probleme gerne aus. ;)

  • Das Exerzieren mit der schweren Ausrüstung wollte wohl gar kein Ende mehr nehmen. Severus war langsam am Ende der Kräfte. Der Kommilitone drei Positionen vor ihm mußte sich gar beim Marschieren übergeben. Die ungewohnte Anstrengung in der unerträglichen Hitze forderte ihren Tribut. So schlimm stand es bei Severus noch nicht, aber er kämpfte nur noch gegen seine Mattigkeit an, überall hatte er Schmerzen, entweder von den Schlägen des Optio oder von der ungewohnten Haltung mit schwerer Ausrüstung. Er zwang sich bei jedem Schritt zum Weitermarsch. Es reichte ihm allmählich und als die Marschkolonne die Befehle des Optio ausgeführt hatte, hoffte er auf einen baldigen Dienstschluß.


    Sim-Off:

    Severus steht nun ziemlich erschöpft auf Feld 77 mit Blick auf Feld 67.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Optio Quintus Bruttius Structus blieb schließlich stehen und musterte die völlig verschwitzte und total erschöpften Rekruten mit blitzenden Augen.


    "HA!" rief er gespielt überrascht aus. "Sieht so aus, als könnte aus euch doch noch etwas werden", sprach er ein Lob auf seine Art und Weise aus.


    "In aciem venite!" befahl er daraufhin, denn er wollte die Entlassung in den Feierabend vor einer ordentlich aufgestellten Truppe halten. Da dies aber keine lange Rede sein sollte - dieser kaputte Haufen hatte vermutlich eine Konzentrationsspanne von ganzen fünf Sekunden - entließ der Optio die Rekruten mit nur wenigen Worten, die hauptsächlich organisatorischer Natur waren:
    "Tirones! Heute habt ihr einen ersten Eindruck eurer Ausbildung bekommen. Ihr werdet jetzt in eure Stuben einrücken und euch ordentlich ausruhen, denn der morgige Tag wird genauso hart sein wie heute und bei Sonnenaufgang beginnen." Optio Bruttius warf den letzten beinahe amüsierten Blick für heute auf die abgewetzte Truppe. "Abite!"


    Sim-Off:

    Wunderbar. :D Unten geht's weiter.

  • http://www.sai.uni-heidelberg.…vatare/Legionarius009.jpg Es waren nun bereits fünf Tage vergangen, an denen die Rekruten ausschließlich marschiert waren oder andere Übungen zur körperlichen Ertüchtigung absolvieren mussten. Wenn die Rekruten nicht marschiert waren, hatten sie gelernt wie man die Ausrüstung blitzeblank hält, wie man klingen schleift und wie man sich im Feld verpflegt.
    Optio Quintus Bruttius Structus hatte sie schließlich heute auf den Campus befohlen, wo er einen Sack bereithielt. Die Rekruten hatten in voller Rüstung und mit Scutum antreten müssen und konnten vermutlich ahnen, was heute passieren würde. Oder vielmehr hoffen, denn jeder angehende Soldat will schließlich irgendwann den Umgang mit der Waffe lernen.
    "Tirones" begann der Optio süffisant, während er die müden Gesichter der jungen Männer sah, die er die letzten Tage ordentlich durch die Mangel gedreht hatte. "Heute ist der Tag, auf den ihr vermutlich alle schon gewartet habt. Heute lernt ihr, wie man mit dem Gladius umgeht", kündigte er dann an.


    "Ad arma", befahl er daraufhin und warf den Sack vor sich auf den Boden, aus dem Holzschwerter hervorlugten. Die Rekruten - es waren mittlerweile zwei dutzend, denn es kamen immer wieder mal ein paar dazu - schauten ein bisschen enttäuscht drein.
    "Aufheben, los! Und dann findet euch paarweise zusammen. Immer zu zweit, na los." Der Optio klatschte auffordernd in die Hände. "Mann oh Mann, sogar meine Großmutter ist zügiger als ihr lahmen Hunde, geht das nicht schneller?!" Ausnahmsweise wartete der Optio geduldig, bis die Männer sich aufgestellt hatten.

  • Jetzt ging es also an die Waffenausbildung. Damit fühlte sich Severus auf dem Weg zum Legionär einen guten Schritt weiter. Schnell griff er ein Holzschwert aus dem Sack und stellte sich mit Marcus Aemilius Lepidus, mit dem er sich inzwischen angefreundet hatte, paarweise auf. Gespannt erwarteten sie den nun folgenden Ausbildungsabschnitt. Er würde sicher individueller als das Exerzieren in der Marschkolonne werden und allein deshalb schon abwechslungsreicher. Severus spürte eine gewisse Vorfreude.

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