cubiculum | Schwesterliche Gespräche I

  • Nach all den vielen neuen Gesichtern, denen sie in so rascher Zeit begegnet waren, den kunterbunten Eindrücken Roms und der langen Fahrt über die holprige Straße, holte auch schließlich die beiden munteren Zwillinge die Erschöpfung ein. Als Narcissa die Tür zu ihrem Cubiculum hinter sich zuzog, überkam sie bleierne Müdigkeit. Einen kurzen Moment lang lehnte sie sich gegen den Türrahmen und atmete tief durch, ehe sie begann sich auf dem Weg zu ihrem weichen, frischen Bett, das ihr nun wie die Verlockung aller Götter auf einmal vorkam, die Kleidung abzustreifen, zu ungeduldig, um auf die Hilfe Lysandras zu warten, die im Moment zweifelsohne ihrer Schwester half, sich von der schweren Stola zu befreien. Nur noch in eine Tunika gehüllt, hielt sie bei einer kleinen Wasserschüssel, die auf einer Truhe am Fußende des ausladend breiten Bettes stand. Sie schöpfte ein wenig Wasser mit den Händen und tauchte das Gesicht hinein, aber selbst das Kühle, leicht nach Rosen duftende Wasser, vermochte ihre müden Augen nicht mehr zu beleben. Rasch machte sich Narcissa bettfertig und tappste dann vollends hinüber, um sich in die weichen Kissen fallen zu lassen.
    Als Lysandra wenig später noch einmal nach ihr sah, da schlief die junge Patrizierin bereits tief und fest. Mit einem leisen Lächeln, huschte die Frau hinein und löschte die Kerzen, die immer noch in der Dunkelheit flackerten.
    Das gesamte Zimmer war bereits hell, als Narcissa am nächsten Morgen erwachte. Jedoch war es nicht jenes Licht, das einem am helllichten tag entgegenschlägt, sondern vielmehr das kühle, jungfräuliche Licht des herandämmernden Morgen. Schlaftrunken, wie sie war, musste sie sich im ersten Moment zunächst orientieren, wo sie überhaupt war. Alles sah so anders aus als Zuhause, in Terentum. Ihr Blick blieb an den frischen Blumen hängen, die auf dem Tisch standen, daneben ein Glas Milch. Lysandra war also schon da gewesen. Wohlig streckte und räkelte sie sich noch einmal in den weißen Laken und schlug dann die Decke zurück. Etwas überrascht stellte sie fest, dass sie nach wie vor die Tunika des vergangenen Tages trug. War sie doch tatsächlich so müde gewesen, dass sie sich nicht einmal mehr umgezogen hatte?, fragte sie sich verwundert. Eilig schritt sie barfüßig hinüber zu ihrer Truhe, in welcher ihre Kleidung verstaut lag und zog sich eine frische, weiße Tunika und eine dunkelblaue Palla heraus. Angezogen, und das Glas Milch als kleine Stärkung getrunken, klopfte sie leise an der Verbindungstür zu Floras Zimmer an. Kein Laut. Ein zweites Mal schlug sie mit den Fingerknöcheln dagegen und wartete einen Moment, ehe sie die Tür einen Spalt weit öffnete und den Kopf in das Zimmer hineinsteckte: „Flora, bist du schon wach?“, fragte sie mit gesenkter Stimme.

  • Ein langer aufregender Tag neigte sich dem Ende, obwohl sie reichlich erschöpft war, blieb sie dennoch einen Moment unschlüssig in ihrem Zimmer stehen. Ihr Blick wanderte durch den Raum, die Truhen waren ausgeräumt und die vielen kleinen persönlichen Dinge, gaben dem Zimmer seinen eigenen Charme, dennoch war es nicht dass selbe wie zu Haus in Terentum, es war alles noch so ungewohnt, das Bett war ein anderes und auch der Blick aus dem Fenster. Statt Wiese und Felder, sah sie nur einen kleinen Teil des Gartens und dahinter schon die Mauer und die Dächer anderer Häuser. Ihr Blick glitt hinüber zu der anderen Tür, dahinter war das Zimmer von Narcissa, kurz überlegte sie sich rüber zu schleichen und sich an ihre Schwester zu kuscheln, nur um etwas vertrautes zu haben. Leicht schüttelte sie über sich selbst den Kopf, das war doch albern. Jetzt wo sie endlich dem langweiligen Landleben entkommen war, hatte sie auf einmal Heimweh. So war sie doch sonst nicht. Schließlich nästelte sie entschlossen an der goldenen Spange die ihre schwere pala zusammen-hielt. „Ich helf dir domina!“ erklang die Stimme Lysandras hinter ihr und erfahrene Finger halfen ihr aus dem schweren Kleidungsstück. „Danke“, lächelte sie der Sklavin müde zu. Nur einen Augenblick später, lag sie dann auch zwischen decken und Kissen und schlummerte schneller als sie gedacht hätte.


    Im Gegensatz zu Narcissa war Flora jedoch ein Morgenmuffel, während ihre Schwester sich schon im ersten Licht des Tages anzog, drehte sie sich noch einmal um und zog sich die Decke über den Kopf. Sie murmelte etwas unverständliches im Schlaf. Mehr als ein paar verwirrte dunkle Locken waren nicht von ihr zu sehen, vielmehr war sie ein kleiner Hügel aus Lacken. Das leise Klopfen an ihrer Verbindungstür bekam sie gar nicht mit, statt dessen schien sie sogar noch ein wenig tiefer in den Schlaf zu sinken.


    „Mhm....“, machte sie wie aus Reflex als die allmorgendliche Frage kam, ob sie bereits wach war.

  • Ein Lächeln breitete sich über Narcissas Züge aus. Alles war dann hier doch nicht so neu...wie gewöhnlich steckte ihre Schwester noch immer im Bett, die Decke über den Kopf gezogen, sodass sich nur ein paar Locken, die es nicht mit unter die Decke geschafft hatten, im Kontrast zu dem weißen Kissen abhoben. Doch das schreckte Narcissa, wie sonst auch, nicht davon ab, leise die Tür hinter sich zu zu ziehen, hinüber zu Floras Bett und mit unter die Decke zu huschen, um sich dort an ihre jüngere Schwester anzukuscheln. Eigentlich war sie inzwischen viel zu wach, um noch einmal in Dösereien zu verfallen, aber sie genoss viel zu gern die Nähe ihrer Schwester. Leise hörte sie Floras Atem, unter dem sich die Decke ruhig und regelmäßig ein wenig hob und senkte. Hier in der Wärme, neben Flora fühlte sich das fremde Heim, doch ein wenig mehr wie zu Hause an und wieder einmal überkam sie ein Schauer bei dem Gedanke, dass sich das eines Tages wohl für immer ändern würde.
    Schweigsam genoss sie eine Weile dieses ruhige Zusammensein.
    Die Tür ging einmal auf und Lysandra eilte auf leisen Sohlen herein, um auch Flora ein Glas Milch auf den Tisch zu stellen. Da die jüngere der Zwillinge in der Regel immer länger schlief als die ältere, hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, daher auch etwas später nach Flora zu sehen, um sie nicht in ihrem Schlaf zu stören. Es wunderte sie auch nicht sonderlich, dass sie einen zweiten Körper unter der Decke entdeckte. Schon Zuhause in Terentum, war Narcissa des Morgens ift zu ihrer Schwester hinüber gehuscht. Die beiden Schwestern boten somit ein sehr einträchtiges Bild. So leise wie sie herein gekommen war, entfernte sich die Sklavin wieder.
    Noch einige Zeit verging, ehe Flora allmählich etwas unruhiger wurde und langsam aus dem Schlaf zu erwachen schien. Genüsslich streckte sie sich etwas. "Na du Schlafmütze?", sagte Narcissa liebevoll lächelnd. "Bist du aus dem Schlafland gut zurückgekehrt?"

  • Unter der Decke war es herrlich gemütlich, auch wenn sie sich am Abend zuvor noch völlig fremd gefühlt hatte. Als sie dann nach einer Weile spürte, wie sich jemand neben sie legte, wusste sie, dass es Morgen war, auch wenn sie noch keine Lust verspürte wirklich wach zu werden. Wie jeden Morgen blieb sie einfach noch liegen und wandelte durch das Traureich. Aber schließlich regte sie sich dann doch unter der Decke und drehte das Gesicht zu ihrer Schwester. Blinzelnd sah sie ihr Ebenbild an. „Morgähn…“, nuschelte sie in die Decke und gähnte noch einmal, während sie sich streckte. Schließlich blinzelte sie ein wenig und richtete sich dann auf. Sie zog die Knie an ihren Körper, schlang ihre Arme um die Beine und bettete den Kopf dann darauf. Wie immer wirkte Narcissa munter und strahlte sie bereits an, wie der Sonnenschein.
    „Ich hab mich nicht verlaufen!“ versicherte sie ihr grinsend und ließ den Blick über die ungewohnte Umgebung gleiten. „Irgendwie ungewöhnlich nicht in den vertrauten vier Wänden auf zu wachen“, sagte sie und kräuselte kurz die Nase. „Irgendwie vermisse ich ein wenig Terentum… ich komm mir hier noch so fremd vor“, gestand sie gegenüber Narcissa. Sie ahnte, dass es ihrer Schwester ähnlich ging und sie eigentlich darauf gewartet hatte, mit ihr darüber zu reden. Wie gut das sie einander hatten, so gab es doch immer etwas vertrautes und sie waren nie allein.


    „Bist du schon lange wach?“ fragte sie dann und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

  • "Ja, ich weiß was du meinst", stimmte sie ihrer Schwester zu und wandte kurz den Blick hinüber zum Fenster. Normalerweise hatte sie zu dieser Tageszeit bereits die Geräusche der arbeitenden Sklaven vernommen, die sich munter um das Tagesgeschäft, wie den Garten kümmerten. Doch nun war nichts zu hören. Es war so still, man hätte eine Nadel hören können. Die Geräusche der Stadt drangen kaum bis hoch zum Quirinal, wo die prächtige Villa der Familie stand. Die Mauern, die das Anwesen umgaben, schirmten den Lärm zusätzlich ab.
    "Ich nehme an, es wird einfach noch etwas dauern, bis wir uns hier richtig wie Zuhause fühlen!..." Mit einem schelmischen Grinsen bemerkte sie: "Aber ich bin mir sicher, mit der herrlichen Bibliothek der Aurelier wird das rasch gehen..."
    "Noch nicht sehr lange...vielleicht eine Stunde, vielleich zwei...Du hast aber geschlafen wie ein Stein", Abermals grinste sie. "Lysandra hat dir einen Becher Milch gebracht", Mit einem Nicken deutete sie hinüber zu dem Tisch. "Meinst du wir sollten Mutter einen Brief schreiben, dass wir gut angekommen sind? Manius wird ihr bestimmt auch schreiben - na, zumindest hoffe ich das..."

  • Noch einmal musste sie gähnen, wirklich wach war sie immer noch nicht. Außerdem war es im Bett so herrlich gemütlich und wenn sie die Augen zu machte, konnte sie sich zumindest vorstellen, dass sie bei ihrer Mutter waren und nicht hier in Rom. Aber eigentlich wollte sie auch nicht vor der Realität weg laufen, sie hatte sich doch eigentlich gefreut, endlich mal der Langeweile entkommen zu können.
    Als sie dem Blick ihrer Schwester dann begegnete und diese dann auch einen Überfall der Bibliothek ankündigte musste sie lachen und ihre trüben Gedanken waren wie weg geblasen. „Ich ahne wo ich dich die nächsten Tage nur noch finden werden!“ kicherte sie. So langsam schwand ihre Müdigkeit und machte Abenteuerlust platz. „Naja ich war auch müde“, entgegnete sie dann, als Narcissa meinte sie hätte wie ein Stein geschlafen. „Die Reise war doch anstrengend... aber“, nun grinste sie wie ein kleiner frecher Kobold, „ich hätte Lust mir jetzt Rom anzusehen und vielleicht auch ein wenig einkaufen zu gehen. Ich fürchte nämlich, das meine ganzen Kleider total unpassend und langweilig sind!“ meinte sie und ließ sich gestreckt ins Kissen fallen. Einen Moment später kletterte sie dann aus dem Bett, es freute sie fest zu stellen, dass der Boden beheizt war. Sie griff sich das Glas mit der Milch und kam dann zurück zu Narcissa.
    „Wir können Mutter ja einen Brief schreiben und Manius nachher fragen ob er auch einige Zeilen für sie hat und dann gemeinsam ihn dann verschicken“, schlug sie vor. Schneller als ihr Lieb war, war die Milch alle und sie verspürte Hunger. „Was hältst du von Frühstück?“ Sie würde sich zwar noch anziehen müssen, aber das ging schnell, solange sie nicht darauf wert legte sich jetzt die Haare machen zu lassen.

  • "Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht", sagte Narcissa verlegen - was eine reine Untertreibung war. Es hatte Tage gegeben - vor allem im Winter - da war sie von morgens bis spät in die Nacht nur zwischen Buchseiten gesteckt. Lysandra hatte sie teilweise sogar zum Essen oder Schlafen zwingen müsse, weil sie sich einfach nicht hatte losreißen wollen. Aber so sollte es hier in Rom natürlich nicht werden. Sie wollte etwas sehen und so sprach ihre Schwester denselben Gedanken aus. Allerdings musste sie ihr in einem Punkt massiv widersprechen: "Deine Kleider unpassend und langweilig?!" Sie machte große Augen. "Liebe Schwester deine Kleider sind alles andere als das!" Mit einem schelmischen Augenzwinkern fügte sie dann aber noch hinzu: "Aber das weiß Manius ja zum Glück nicht - und ich hätte auch durchaus Lust die Läden hier zu erkunden!"
    Als die Sprache dann auf Frühstück kam, war sie rasch aus dem Bett heraus und zog ihre Palla enger um die Schultern. "Eine sehr gute Idee! Ich sterbe fast vor Hunger" - Immerhin war sie nun auch schon um einiges länger wach, als ihre jüngere Schwester. Wie als hätte sie es erahnt, kam im nächsten Moment auch schon Lysandra herein...

  • Etwas kritisch sah sie ihre Schwester an. Sie kannte sie zu gut, als ihre Untertreibung einfach hin zu nehmen. „Ich wird dich schon aus deinem Schneckenhaus holen. Rom ist viel zu spannend, als das du dich den ganzen Tag in der Bibliothek verkriechen solltest!“ grinste sie und machte sich daran, ihren Kleiderschrank zu durch stöbern um etwas Passendes zu finden. „Ich hab gar nichts zum anziehen“, beschwerte sie sich scherzhaft und legte sich dann eine blaue Tunika und eine farblich passende pala raus. Vor ihrer Schwester genierte sie sich nicht, deswegen warf sie ihr Nachthemd einfach aufs Bett und schlüpfte in ihre Kleider. Sie musste lachen, als Narcissa meinte, Manius wüsste ja nicht, wie gut ihr Kleiderschrank ausgestattet war und sie ihm das auch nicht unbedingt unter die Nase reiben brauchte. „Ich denke mal gegen einen Einkaufsbummel hat er sicherlich nichts einzuwenden“, lächelte sie zuversichtlich. Sie begann ihre Haare auszubürsten, in diesem Moment eilte ihr dann Lysandra zur Hilfe. „Lass mich das machen, domina!“ sagte sie und mit geschickten Händen entwirrte sie die Locken. Kurz sah die Sklavin Narcissa kritisch an. „Dich sollten wir auch etwas heraus putzen. Wir sind nun nicht mehr in Terentum und etwas Schminke und eine etwas aufwändigere Frisur werden deine Persönlichkeit nur unterstreichen!“ erklärte sie und nahm den Kampf auf, den ihre Mutter schon fast aufgegeben hatte: Sie versuchte Narcissa etwas aufzupeppen. Meist war ihre Schwester eher zurückhaltender und bescheidener. „Lass sie doch!“ sagte Flora. Sie liebte ihre Schwester so wie sie war und jeder der das nicht tat, war es in ihren Augen nicht wert, sich mit ihr abzugeben. Doch so schnell wollte Lysandra nicht aufgeben: „Sie soll sich ja nicht umkrempeln, nur eben etwas mehr aus sich machen!“ Flora verdrehte nur die Augen, was sollte sie darauf schon erwidern. Einen Augenblick später war sie dann auch schon fertig, das Haar war ihr hoch gesteckt worden und nur ein paar kleine freche Locken umschmeichelten ihr Gesicht. „So, du bist dran, Narcissa!“ sagte die Sklavin und dirigierte den zweiten Zwilling nun auf den frei gewordenen Stuhl. Flora betrachtete sich derweil im Spiegel. Wirklich eitel war sie nicht, aber sie liebte eben Schmuck und Kleider.

  • Nein, ihrer Schwester konnte sie nichts vormachen. Es gab kaum etwas, dass sie ihr nicht anvertraut hätte - und selbst dann, wenn sie es nicht aussprach, schien Flora stets instinktiv zu spüren, was in ihr vorging. Sie war sich nicht einmal sicher, weine Schandtat vor ihr verbergen zu können. Das unsichtbare Band, dass sie beiden seit Beginn ihrer Existenz verband, war allzu stark. "Ja, du hast Recht", gestand sie ihr zu. "Vollkommen Recht..aber so ein bisschen stöbern, hmm?", Sie deutete dieses "bisschen" mit den Fingern an und kniff ein Auge zu, als würde sie den Abstand, den sie mit Daumen und Zeigefinger andeutete abmessen. "Du weißt doch, Flora, beschriebene Seite brauche ich zum Leben wie die Luft zum Atmen...",
    Narcissa beobachte ihre Schwester noch einen Augenblick lächelnd, als die sich daran machte, ihren Kleiderschrank zu durchwühlen, der vor feinen Togen, Tuniken und Pala förmlich überquoll, dann wandte sie sich dem Fenster zu und blickte hinaus auf einen Teil des hortus, dem sich die Mauer der Villa anschloss und schließlich unzählige Häuserdächer, sodass es aussah, als blickte sie auf eine unendliche Terrasse hinab, die sich dem Stadtzentrum sprunghaft annäherte. Ein Außerstehender würde wohl nun annehmen, dass Flora nichts anderes als Kleidung im Sinn hatte, was aber absolut nicht stimmte. Das war nur eine ihrer Seiten. Sie mochte eben schöne Stoffe. Manchmal entwarf sie auch selbst Muster und Schnitte - natürlich heimlich. Andererseits waren sie beide gemeinsam auch schon bis zu den Waden im Schlamm gestanden, wenn ein plötzlicher Regenschauer sie bei einem ihrer Ausritte überrascht hatte. Da hatte sie dann nicht mehr so fein ausgesehen - und sich stattdessen herrlich über die Sauerei amüsiert (die Sklavinnen hatten die Matschspuren im Haus nicht so lustig gefunden und als Strafe hatte ihr Mutter angeordnet, sie mit kalten Wasser von oben bis unten abzuseifen...).
    "Wieder das alte Lied, Lysandra?", entgegnete Narcissa wenig erfreut, über die Äußerung der Sklavin. "Ich dachte, wir hätten dieses Thema zur Genüge durchgekaut..." Sie drehte sich wieder um. Ihre Schwester saß auf einem Stuhl und erwiderte ihren Blick über den Spiegel, während Lysandra hinter ihr stand und ihre Locken zu einer kunstvollen Frisur steckte. Sie stand ihr gut. Dankbar lächelte sie Flora zu, als diese sie in Schutz nahm. Schon ihre Mutter hatte stets auf sie eingeredet doch einmal etwas Schminke aufzulegen, diese oder jene Frisur zu versuchen oder Schmuck anzulegen. Für gewöhnlich hatte sich Narcissa dagegen behaupten können. Lediglich wenn Feste oder Besuche angestanden hatten, hatte sie sich dazu durchgerungen. Aber hier war sie Zuhause, sollte sie Zuhause sein und so sah sie nicht, weshalb sie sich "herausputzen" sollte. Ihre Verwandten würden ihre Sympathie schließlich nicht davon abhängig machen, ob sie sich schminkte oder nicht - zumindest hoffte sie das. Leider konnte sie sich auch nicht damit herausreden zu sagen, dass sie Lysandras Händen nicht vertraute. Sie sah es ja an ihrer Schwester, die einfach umwerfend aussah! "Ich habe es deiner Mutter versprochen! Vor den Göttern musste ich dafür schwören!", sagte Lysandra jetzt, sich in den letzten Zügen von Floras Frisur befindend. "Das hättest du nicht tun sollen...", erwiderte Narcissa knapp. flora erhob sich vom Stuhl und trat ein Stück zur Seite, um sich im Spiegel zu betrachten. Die hochgesteckten Locken umschmeichelten ihr Gesicht. Bedrohlich kam Lysandra auf Narcissa zu. "So, du bist dran, Narcissa!", In ihren Ohren klang das wie eine Kriegserklärung. Sie wich einen Schritt zurück, doch die Sklavin war schon bei ihr und nahm ihre Hand. "Versuch es doch einmal, euer Bruder wird sich sicherlich freuen, zu sehen, dass ihr euch darum bemüht ihm Ehre zu machen - so machst du ihm jedenfalls keine!", Sie nahm eine von Narcissas Locken, die nach wie vor wild und ungezähmt um ihr Gesicht lagen, und hielt sie ihr vor die Nase. Sie versuchte sie wirklich mit allen Mitteln zu überreden. Die Erwähnung ihres Bruders war ein böses Foul, denn sie fühlte sich ihm natürlich verpflichtet - immerhin hatte er sie bei sich aufgenommen! Böse sah sie die Sklavin noch einen Moment an und gab dann schaufend kleinbei..."Aber nichts aufwändiges, ich warne dich - und bleib mir mit diesem Bleizeugs fern!" Nur widerwillig ließ sie sich zu dem Stuhl führen. Was man nicht alles tat! Kritisch beobachtete sie dann, wie Lysandra erst ihre Haare ausbürstete und sie dann schlicht hochsteckte - und nicht wie sie es schon einmal getan hatte, zu einem wahrhaftigen turm auftürmte. Schließlich war sie ganz zufrieden damit, verwehrte aber weiterhin Schminke. Nachdem Narcissa noch kurz in ihr Zimmer hinüber gehuscht war, um noch eine zart hellbgelbe Toga anzulegen, hatte sie schon fast ein Loch im Magen, vor lauter Hunger. "So, lass uns schnell etwas frühstücken", meinte sie geqäult zu ihrer Schwester, als sie zurückkam.

  • Manchmal hatte sie das Gefühl Narcissa besser zu kennen, wie sich selbst. Jede kleine Schwäche, jede Stärke und alles was die Schwester überhaupt ausmachte. Umgekehrt war es genauso, Narcissa wusste absolut alles über sie und konnte sie Besser einschätzen, als es jemand anderes könnte. „Na gut, stöbern darfst du. Aber nicht den ganzen Tag in der Bibliothek dich eingraben!“ erklärte sie dann lachend. „Aber erst einmal lernen wir unser neues zu Hause kennen und sehen uns Rom an!“ meinte sie ziemlich entschlossen, lächelte aber dabei liebevoll. Wusste sie doch das Narcissa ihre Bücher brauchte, damit sie glücklich war. Sie gönnte es ihr. Auch würde sie Narcissa niemals gegen ihren Willen verändern wollen, so wie es Mutter immer versucht hatte und nun Lysandra es sich zur Aufgabe machte. „Lass Narcissa in Ruhe, wenn sie nicht will, kannst du sie nicht zwingen. Sie ist hübsch genug!“ sagte sie leicht genervt und schnappte sich die Schminke um die Sklavin davon abzuhalten, sich damit auf ihre Schwester zu stürzen. Flora nahm ihre ältere Schwester oft genug in Schutz. Sie lächelte ihrem Zwilling zu. „Du musst jetzt nicht wie Mutter anfangen. Das würde nur wieder zu Tränen führen“, meinte sie, da sie sich vor allem auf die Seite ihrer Schwester stellte, hatte Lysandra nichts mehr einzuwenden. Gegen die geballte Macht schwesterlichen Liebe waren ihr die Hände gebunden. So tat sie nur das, was man von ihr verlangte.
    Liebevoll sah Flora zu Narcissa rüber und zwinkerte ihr kurz zu. „Du siehst gut aus“, lächelte sie. Waren einmal die wilden Locken gebändigt und hochgesteckt, so erstrahlte ein hübsches Gesicht. Sie wusste eigentlich nicht warum sich Narcissa zu verstecken suchte. Hübsch waren sie Beide und was besonderes und das konnten sie ruhig zeigen. Aber ihre Schwester war nun einmal etwas schüchterner.
    „Frühstück klingt gut, vielleicht treffen wir ja noch auf jemand anderes aus der Familie…“, meinte sie hoffnungsvoll.

  • „Vielen Dank…”, gab sie schüchtern lächlend zurück. Komplimente war sie nicht so sehr gewöhnt. Dabei hatte sie gar nicht im Sinn sich irgendwie zu verstecken – zumindest glaubte sie das felsenfest – sondern machte sich einfach nicht so sehr etwas daraus.„Das kann ich nur zurück geben.” Auch im Gesicht ihres Zwillings flammte ein Grinsen auf. Die Situation war allzu komisch. Ebenbilder.
    „Na hoffentlich…vielleicht treffen wir ja heute morgen Prisca…”, fügte sie hinzu, hakte sich bei ihrer Schwester unter. Arm in Arm wagten sie sich hinaus in ihr neues ungewohntes Zuhause mit all seinen Bewohnern….


    Sim-Off:

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  • Die Last ihrer Gedanken und Gefühle erdrückte sie schier. Sie war durcheinander und verstand nicht einmal warum. Cimons graue Augen schienen sie auf Schritt und Tritt zu verfolgen, bis in ihre Träume hinein. Träume an die sie sich am Morgen dann nicht mehr erinnern konnte, nur dass sie diese Träume willkommen geheißen hatte. Verdammt er ist ein Sklave, sagte sie sich immer wieder. er hat seinen Platz und ich meinen. Er hatte aber keinen Platz in meinem Leben! Doch wenn sie sich versuchte das einzureden, dann verspürte sie nur einen schmerzhaften Stich und heiße Tränen auf den Wangen.
    Mehr als sonst hing sie Tagträumen nach und Lysandra ließ sie gar nicht mehr aus den Augen, dafür benahm sich Flora einfach viel zu merkwürdig. Aus der sonst recht lebhaften jungen Frau war eine stille in sich gezogene junge Dame geworden. Das machte sie misstrauisch, das war nicht Flora. Zu diesen Dingen kamen nun auch noch andere Gedanken, es war zwei Tage her, dass Siv, die Freie, ein Kind zur Welt gebracht hatte. Dass sie Marcus mitten in der Nacht in den Gängen der Villa begegnet war und es war ein Tag her, dass sie ihren Verdacht, wer der Vater sein könnte, unbedacht gegen über Titus geäußert hatte. Es war nur eine Vermutung, aber sie war wohl nicht die Einzige. Titus teilte ihre Meinung, hatte sie aber ermahnt ihre Gedanken für sich zu behalten. Aber mit Narcissa musste sie reden. Ohne anzuklopfen öffnete sie die Zwischentür und fand Narcissa wie so häufig lesen in ihrem Zimmer. Sorgfältig schloss sie die Tür und sah sich nach Sklaven um, doch sie waren allein. Erleichterung durchströmte sie. Sie setzte sich auf den Boden, dicht neben Narcissa und lehnte den Kopf an deren Hüfte an.


    „Zissi“, begann sie und nutzte den Kosenamen denn sie ihr gegeben hatte. Etwas was sie nur dann tat, wenn sie irgend etwas bedrückte.

  • Narcissa reagierte zunächst nicht, als sich jene Tür öffnete, die sie mit dem Zimmer ihrer Schwester verband, zu sehr nahmen sie die Worte gefangen, die da Zeiel für Zeile vor ihren Augen vorbei huschten. Erst seit kurzer Zeit war sie aus der Stadt zurück, wo sie versucht hatte in den Buchhandlungen etwas Zerstreung zu finden, nachdem sie Flora am Morgen nicht gefunden hatte, um mit ihr ihren merkwürdigen Traum teilen zu können. Schon seit einiger Zeit hatte sie ihre Schwester nun schon nicht mehr gesehen, denn sie war oft unterwegs. Es beunruhigte sie etwas, denn es war bisher selten vorgekommen, dass die beiden sich so oft trennten. Natürlich wusste sie, dass da ganz normal war, dass das früher oder später so kommen würde, dass sie ihre eigenen Leben leben würden - und dennoch, mochte sie nicht daran denken. Nachdem sie also ein paar neue Bücher gefunden hatte, war sie rasch nach Hause zurückgekehrt, um sich in ihrem Zimmer neugierig auf die Literatur zu stürzen.
    Erst als sich ihre Schwester an sie schmiegte und sie bei ihrem Kosenamen nannte, blickte sie auf, als hätte sie soeben noch geschlafen, war jedoch im nächsten Moment sogleich alarmiert vom Klang ihrer Schwesters Stimme. Nur selten rief Flora sie bei diesem Kosenamen. Ein Blick genügte und sie wusste, dass ihren Zwilling etwas bedrückte. "Da bist du ja...", sagte sie und kam nicht umhin sie zu umarmen. "Was ist los mit dir?", erkundigte sie sich sanft und blickte ihr wieder ins Gesicht.

  • Aus Erfahrung wusste sie, dass Narcissa in ihrer eigenen Welt abtauchte, wenn sie las und sie Zeile für Zeile ein Buch verschlang. Meist störte sie dann ihr Ebenbild nicht, ließ ihr die Freiheit zu Flüchten, ebenso wie sie meist die Flucht ergriff. Auf andere Weise, meist in dem sie ritt, mit dem Wind. Trotz aller Ähnlichkeit, besaßen sie doch vieler Unterschiede, nicht wirklich sichtbar, aber spürbar, wenn man sich mit den Zwillingen auseinander setzte.
    Zu ihrer eigenen Überraschung stellte sie fest, das Rom sie veränderte. Sie Beide. War das gut? Sie suchten längst nicht mehr so die Nähe zueinander wie früher. Aber eines würde sich nie ändern: Das imaginäre Band von schwesterlicher Liebe und Zuneigung. Ein wenig Angst bekam sie dann doch, sie wollte sich nicht verändern. Es sollte alles so bleiben wie es war. Doch es hatte sich etwas verändert, sie hatte sich verändert. Cimon, wieder geisterte er in ihren Gedanken umher. Sie sah seine grauen Augen, seine dunkle Haut und die unzähligen Narben. Als Narcissa ihre Arme um sie schlang, verschwand das Bild. Sie verspürte gleichzeitig Dankbarkeit und Wehmut. Oh, ihr Götter. Was ist nur los mit mit? fragte sie sich nicht zum ersten Mal. Automatisch schmiegte sie sich an ihr Ebenbild und schloss die Augen. Kurzes Vergessen verdrängte ihre Gedanken und ließ eine herrliche Leere und Leichtigkeit zurück. Ihrer Schwester war es schon immer gelungen sie zu besänftigen und zu beruhigen, nicht mit Worten, sondern mit ihrer Anwesenheit und ihren Gesten. Sie strahle unendlich viel Ruhe aus. Ihr fehlte diese Ruhe, dafür war sie all das, was manchmal Narcissa fehlte: Leidenschaftlich, wild und auch temperamentvoll. Seltsamerweise konnten sie hin und wieder die Rollen tauschen, dann war Narcissa wie Flora und Flora wie Narcissa. Wie das kam, war ihnen schleierhaft, aber es lag wohl an ihrer einzigartigen Verbindung.
    Die Frage ihrer älteren Schwester holte sie dann zurück ins Hier und Jetzt. Sie seufzte tief. Sie wusste ja selbst nicht was los mit ihr war.
    „Ich weiß es nicht“, gab sie ehrlich zu. „Hast du das von dem Kind gehört? Die Freie hat ein Kind bekommen. Weißt du das Marcus mir in der Nacht über den Weg gelaufen ist? Der war ganz schön durch Wind... Titus glaubt, dass er der Vater ist!“ berichtete sie ihr erst einmal. Das lenkte ab. „Aber sag das bloß niemandem. Es ist nur eine Vermutung!“ Das sie diese ausgesprochen hatte, ließ sie erst einmal weg. „Und ach, Titus will ein neues Pferd kaufen. Wir dürfen ihm dabei helfen wenn wir wollen. Und ich finde wir sollten unsere Pferde aufs Land bringen lassen. Rom tut ihnen nicht gut und wir haben kaum Gelegenheit auszureiten... Wir haben ein Landgut hier in der Nähe. Aber leider nicht so nahe, dass wir täglich unsere Pferde sehen könnten!“ sie redete und redete, das tat sie meist, wenn sie durcheinander war.

  • "Was?", entfuhr es Narcissa, wobei nicht klar war, ob sich ihre Überraschung auf jene Geburt bezog, die einfach so an ihr vorbei gegangen war oder auf Titus Vermutung. Ihre Schwester sah nicht auf, kuschelte sich weiterhin an sie heran, als wäre sie ein Anker und sprach immerfort wie ein Wasserfall. Schon immer war sie so etwas wie der ruhende Pol für Flora gewesen. Der Punkt, der auch dann nicht in Schwingung geriet, wenn ihre eigene Welt erzitterte. Und Flora war im Gegenzug ihr Ruhepol. Wenn sie etwas umtrieb, beschäftigte, dann war es Flora, zu der sie ging. Bei allen Veränderungen, die da auf sie zukommen würden, das würde sich bestimmt nie ändern. Dieser Gedanke beruhigte sie dann doch zumindest etwas.
    "Von der Geburt habe ich nichts mitbekommen", antwortete sie, als sich Flora etwas beruhigte und sie zu Wort kommen ließ. Kurz fragte sie sich, ob das vielleicht der Schrei in diesem merkwürdigen Traum gewesen war. "Marcus der Vater?" Diese Ungeheurlichkeit machte sie für einen Moment sprachlos. Es war unglaublich! "Titus vermutet das tatsächlich?" Bei der Mutter konnte es sich nur um Siv handeln, die Freigelassene, die sie in der Bibliothek gemeinsam mit Cimon getroffen hatte. Hatte sie doch endlich ihr Kind bekommen. War sie der Typ Frau, der Marcus gefiel? "Was meinst du zu der Sache? Glaubst du es ist möglich? Ich meine Marcus ist ein durch und durch vernünftiger Mann, dem das Wohl der Familie am Herzen liegt!"Sie war so ganz und gar von dem Thema gefesselt, dass sie Floras zweite Neuigkeit fast überhört hätte. "Ja, das klingt gut...Es wird wohl besser sein, sie aufs Land zu bringen... Ich würde auch gern Mal wieder etwas längere Strecken reiten. Hier in Rom ist man so eingeschränkt..."

  • „Ich konnte nicht schlafen und als es mir im Bett zu langweilig geworden ist, wollte ich in die Küche und mitten in den Gängen laufe ich dann Marcus über den Weg. Ich bin also eher zufällig da rein gestolpert“, berichtete sie, woher sie von der Geburt erfahren hatte. Schließlich war einer der Sklaven in ihrem Zimmer aufgetaucht und hatte die freudige Kunde verbreitet. Leicht zuckte sie mit den Schultern, im Grunde war es auch egal.
    „Naja, er hat es nicht wirklich gesagt und als ich meine Vermutung geäußert habe, hat er nicht widersprochen, sondern nur etwas vom Wohle der Familie gemurmelt“, wieder zuckte sie mit den Schultern. Es war eine sehr merkwürdige Nacht gewesen und sie wusste immer noch nicht, was sie davon halten sollte. Außerdem kannte sie Marcus nicht gut genug um wirklich zu sagen, dass sie richtig lag. Er war immer so beherrscht, nur eben in dieser besagten Nacht nicht. Nicht wirklich. Da war mehr gewesen, vor allem Anspannung, verborgen hinter einer Maske der Beherrschung. „Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. So gut kenne ich Marcus nun auch wieder nicht. Ich weiß nicht was ich glauben soll... Schade das du nicht dabei warst. Du besitzt mehr Feingefühl für so was“, seufzte sie dann. „Vernünftig ist er auf jeden Fall und die Familie ist auch für ihn das wichtigste. Aber das heißt nicht dass er als Mann vor allen Schwächen gefeit ist!“ gab sie dann zu bedenken.
    Narcissa stimmte ihrem Vorschlag zu, die Pferde aufs Land zu bringen. Nicht, dass die wertvollen Geschöpfe ihnen eingingen. „Titus wird seinen Arbo schon bald weg bringen lassen. Er ist alt und soll sein Gnadenbrot erhalten. Ich dachte mir, dann können unsere Stuten ihn auch gleich begleiten!“ schlug sie vor. Wann das sein würde, wusste sie jedoch nicht. Nur das es notwendig war und schon sehr bald.
    Wie zufällig kam das Thema dann auf Ausritt und sie musste sofort an den Ausflug mit Cimon denken, der ja nun wirklich echt in die Hose gegangen war. Außerdem schämte sie sich, dass sie Narcissa nicht mitgenommen hatte.
    „Ich bin vor zwei Tagen ausgeritten. Entschuldige das ich dich nicht mitgenommen hab. Es war eine spontane Idee. Keine Sorge ich war aber nicht allein unterwegs!“ erzählte sie und war froh, dass Narcissa gerade nicht ihr Gesicht sehen können. Dennoch würde sie die Veränderung merken, die in Flora vorging, als sie davon erzählte. Verlegenheit, Unsicherheit und wieder dieses mehr das sie nicht bestimmen konnte.

  • Der Bericht ihrer Schwester über ihr nächtliches Abenteuer entlockte ihr bei alleim Ernst der Geschehnisse ein lächeln. "Das bist typisch du, Schwesterlein. Oft zur falschen Zeit, am falschen Ort..." Aufmunternd strich ihr Narcissa über den Kopf.


    Auch sie kannte Marcus noch viel zu wenig, als das es ihr gestattet gewesen wäre, irgendwelche Vermutungen anzustellen. Zudem war er der Herr des Hauses, dem man besser nicht böses unterstellte. Aber wie Flora bereits gesagt hatte, auch er war nur ein Mann. Und Männer konnten zuweilen ganz schön schwach sein. Letztendlich war es dann auch nicht ihr eigener Verdacht, sondern der des Titus Aurelius Ursus, den dieser, wenn auch nicht direkt, unbedacht geäußert hatte. Und die beiden Männer mussten sich nun schon Ewigkeiten kennen! Im Grunde hatte sie die ganze Geschichte ja eigentlich auch nicht zu interessieren - jedoch hatten auch die Zwillinge einen kleinen Teil in sich, der sich brennend für Tratsch und Klatsch interessierte.
    "Es ist durchaus etwas schwer, sich das bei einem so beherrschten Mann wie Marcus vorzustellen, aber wie du sagtest...wir alle haben Fehler", meinte sie etwas gedankenverloren und lächelte dann abermals: "Na, dann sind wir schon zu zweit...Rom macht mich so müde, dass ich jede Nacht schlafe, als wäre ich tot. Ich hoffe, dass sich das bald ändert...Vielleicht ist es der Winter..." Sie zuckte leicht mit den Schultern. Es war nicht wichtig. "Warten wir ab, vielleicht ergibt sich bald genaueres..."


    "Dann hätte der alte Herr auch noch etwas Gesellschaft", sie nickte zustimmend. "Wie weit ist denn das Landgut von hier entfernt?"


    "Mach dir darüber keinen Kopf! Ich kann mich ja schließlich auch selbst beschäftigen...", Letzteres war mehr eine Ausrede. Dahinter stand die Furcht vor jenen Veränderungen, die sie mehr und mehr trennen würden, aber auch die kluge Einsicht, dass es keinen Sinn machte zu versuchen sie aufzuhalten oder sich darüber zu grämen. Deshalb lächelte sie und hoffte, dass Flora ihren Trost annehmen würde. Die Chancen standen nicht schlecht, denn sie hatte in dem Moment, als sie sprach das Gesicht abgewendet und konnte so nicht in die Züge ihrer Schwester blicken. Dafür nahm Narcissa diesen leisen Unterton in ihrer Stimme war, der ihr verriet, das längst noch nicht alles ausgesprochen worden war. Deshalb blieb die Spannung. "Mit wem warst du unterwegs?", fragte sie und wusste nicht, dass sie damit die entscheidende Frage für Floras Verwirrung angesprochen hatte.

  • Wenn sie so darüber nachdachte, so besaß doch ihr nächtlicher Ausflug eine gewisse Komik. Wie so häufig war sie wieder einmal unbeabsichtigt in Schwierigkeiten geraten. Aber es passierte ja nicht nur ihr, sondern auch Narcissa ständig. Sie neckte ihre Schwester zurück: „Nicht nur ich. Du schaffst das ja auch ständig!“ schmunzelte sie. Wie gut es doch tat mit Narcissa zu reden, sich ihr anzuvertrauen. Leicht streckte sie sich der Hand Narcissas zu, welche sie sacht streichelte. Es tat gut und brachte die Ruhe, welche sie gesucht hatte. Sie hätte schon viel früher zu ihrer Schwester gehen sollen.


    „Mal sehen, irgendwann werden wir schon erfahren, wer der Vater des Kindes ist. Oder auch nicht. Es bringt nichts, wenn wir uns über Dinge den Kopf zerbrechen, die wir eh nicht beeinflussen können“, meinte sie dann schon fast abschließend zum Thema Marcus und die Freie und das Kind. Trotzdem sie war neugierig, verdammt neugierig. Aber in diesem Moment schlug wieder einmal ihre Erziehung durch. Ihre Mutter hatte nie viel von Gerüchten gehalten und diese immer vehement im Keim erstickt. Von daher würde sie sich zügeln und einfach abwarten.
    „Ich glaub es liegt am Winter und an Rom. Uns fehlen die Sonne und auch die Freiheiten die wir bei Mutter hatten. Was hältst du von der Idee sie im Sommer für ein paar Wochen zu besuchen? Ich hab gehört, dass Rom dann kaum zu ertragen ist. Du weißt schon der Gestank, die Hitze. Sie würde sich freuen wenn wir sie besuchen. Manius könnte uns ja begleiten und seine Verlobte dann auch gleich“, es war nur eine Gedanke, aber er gefiel ihr. Und im Grunde sprach ja nichts dagegen. Viele römische Familien zogen sich im Sommer aus Rom zurück.


    „Mhm… das weiß ich leider nicht. Ich hab auch vergessen danach zu fragen. Ich wird es aber nachholen. Aber wenn es nicht weit ist, ergibt sich vielleicht für uns die Gelegenheit alle paar Tage raus zu fahren.“ Da war sie endlich in Rom und dann wollte sie aber auch gleich der Stadt entkommen. Eigenartig. Es lag wohl daran, dass sie ganz andere Vorstellung von Rom gehabt hatte. Aber sie ahnte das es Narcissa ein klein wenig auch so ging.


    „Natürlich kannst du dich allein beschäftigen. Ich hätte dich aber dennoch mitnehmen sollen“, sagte sie, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie es nicht getan hätte. Sie hatte mit Cimon allein sein wollen… Da war es wieder das mehr. Wie ein kleines Ungeheuer lauerte es in dem Schatten ihres Herzens und stürzte sich in einem schwachen Moment auf sie um sie durcheinander zu bringen. Was war es nur? „Ich war mit Cimon unterwegs. Das ist der Leibsklave von Titus!“ antwortete sie und versuchte neutral zu klingen und sich nichts von ihren aufgewühlten Gefühlen anmerken zu lassen. Was schwer war, denn Narcissa wusste immer was in ihr vorging.

  • Schmunzelnd nahm Narcissa die leise Neckerei ihrer Schwester auf. Auch sie hatte ein gewisses Talent dafür in Situationen zu geraten, in die sie eigentlich nicht hatte hinein geraten wollen. Situationen, in denen sie sich wie ein Fremdling fühlte, der hineinplatzte und für einen Augenblick alle Aufmerksamkeit auf sich zog. "Bisher habe ich mich hier ganz gut gehalten...",entgegnete sie zu ihrer Verteidigung. Sie spürte wie sich Flora ihrer Hand entgegenstreckte. Tatsächlich hatte sie im Vergleich zu ihrer Schwester recht wenig aufregendes erlebt. Man konnte fast schon annehmen, dass das Leben in Rom immer so beschaulich ging. Andererseits, waren sie hier in der Villa auch ein wenig abgeschirmt von der Welt da draußen mit all ihrem pulsierenden Leben und verwirrenden Durcheinander. Hier herrschte eine gewisse Ruhe. Aber auch diese wurde bisweilen erschüttert, wie sich nun mit Floras Bericht herausstellte. "Im Grunde ist es auch nicht wichtig - zumindest nicht für uns", nahm sie den Faden ihrer Schwester auf. Ihre Mutter wäre von so einer vernünftigen Einsicht hellauf begeistert gewesen. Doch die Vernunft war nur augenscheinlich. Die Neugierde brodelte weiterhin ganz dicht unter der Oberfläche vor sich hin...


    "Eine gute Idee! Vielleicht entspannt sich dadurch das Verhältnis der beiden...", Es konnte aber genauso gut das Gegenteil der Fall sein. Ihre Mutter war stur und würde ihrem Sohn gewiss Vorwürfe machen - auch wenn sie diesen vor den beiden Schwestern stets in den Himmel gelobt hatte. Sie kannte Manius noch nicht gut genug, um seine Resistenz gegen solche Triaden einschätzen zu können. Wo steckte ihr Bruder überhaupt? Schon seit einigen Tagen hatte sie nicht einmal einen Stofffetzen von ihm um eine Ecke huschen sehen..." Hast du Manius die letzten Tage gesehen?", fragte sie bei Flora nach. Vielleicht wusste sie ja, wo ihr Bruder steckte. Der Gedanke jedenfalls der sengenden Sommerhitze in der Stadt entkommen zu können und sie gegen kühles Grün eintauschen zu können, klang wie Musik in Narcissas Ohren. An dem kleinen Bächchen, das unweit ihres Landguts durch einen kleinen Hain floss, war es immer besonders schön gewesen. War sie der Großstadt etwa schon müde geworden? Dabei waren sie doch erst vor kurzem angekommen...Sie fühlte sich merkwürdigerweise auch nicht wirklich von der Stadt eingeengt, war immer noch erfüllt von der Neugierde und der Lust auf das Neue. Aber schließlich hatte sie auch noch nicht allzu viel erlebt. Was sie vermisste war jedoch das Grün und sich allein, ohne ständige Bewachung bewegen zu können. "Hast du genug von Rom, Schwesterchen?"


    Flora gab sich alle Mühe neutral zu klingen. Aber es gelang ihr nicht.
    Narcissa las es an ihrer Körpersprache, hörte es in ihrer Stimme. Sie war angespannt wie eine Bogenfeder. Kamen sie nun der Sache näher, die ihre Schwester so aufgewühlt hatte? Wenn es Titus Vermutung gewesen wäre, dann hätte sie eigentlich schon längst wieder beruhigt sein müssen. Doch das war sie nicht. Ganz und gar nicht. Anstatt etwas zu sagen, schwieg sie, aufmerksam, darauf wartend, dass Flora berichten würde. Sie wollte sie nicht drängen.

  • Sie musste schmunzeln. Lange würde es wohl nicht dauern, bis auch Narcissa ihr Talent für peinliche Situationen zeigte und mitten in irgend etwas stolperte, aus dem sie nicht so einfach heraus kam. Das passierte ihnen Beide oft. Irgendwie. Sie kicherte. Der Knoten der Anspannung löste sich in ihrem Inneren und sie fühlte sich wesentlich besser. Diese Gespräche unter Schwestern waren Balsam für ihre Seele und wohl das wichtigste an ihrem Zwillingdasein. Es gab niemanden, der sie besser verstand und mehr mit ihr teilte. Manchen schüttelten über so viel Zuneigung nur verwundert den Kopf, sie wussten nicht, wie es war jemanden zu haben, der alles wusste und alles teilte.
    „Warts ab, lange wird es nicht dauern“, prophezeite sie und lachte. Sie schmiegte sich an Narcissa und genoss deren Nähe und Verständnis. Niemals würde die ältere Schwester sie verurteilen. Sie würde zwar anderer Meinung sein, aber doch immer zu ihr stehen.
    Das Thema Marcus war nun beendet, auch wenn sie ihre Neugierde nicht wirklich verdrängen konnte. Nur würde sie diese nicht zeigen und sich einfach gedulden. Merkwürdig war es auf jeden Fall.


    „Es wäre schön, wenn die Familie wieder etwas zusammen rückt. Fragt sich nur ob Manius auch so begeistert ist von der Idee. Aber eine Gelegenheit wäre es auf jeden Fall“, meinte sie nachdenklich. „Wann er uns Arvinia vorstellt? Was meinst du, wie ist sie?“ fragte sie nachdenklich. „Sie wird sicher nett sein. Hast du gesehen, als er von ihr erzählt hat, sah er glücklich aus. Ich glaub er mag sie sehr!“ äußerte sie ihre Gedanken. Mit Narcissa konnte sie darüber reden. Oftmals hatten sie ähnliche Gedanken, nur einer sprach sie dann zuerst aus. „Manius hab ich in den letzten Tagen nicht gesehen“, sie klang etwas enttäuscht. Sie hatte eigentlich gehofft ihn besser kennen zu lernen. „Sicher ist er beschäftigt!“ meinte sie dann mit einem leichten Schulterzucken. Es brachte nichts, wenn sie sich den Kopf zerbrach Bei Gelegenheit würde sie ihn Fragen.
    „Eigentlich nicht, nur Rom ist anders als erwartet!“ gab sie dann offen auf die Frage Narcissa zu. „Ich fühl mich ehrlich gesagt, ein wenig wie im goldenen Käfig. In Terentum war es doch anders und das merk ich erst jetzt!“


    Angenehmes schweigen hüllte sie ein und weckte das Vertraute zwischen ihnen. Narcissa drängte nicht. Tat sie niemals. So war es immer. Sie sollte von allein reden.
    „Weißt du...“, begann sie ohne wirklich zu wissen was sie sagen wollte. Langsam konnte sie ihre Gedanken und Gefühle sortieren und analysieren. Wieder schwieg sie, nur kurz. „Der Ausflug an sich war ja eine nette Idee nur die Ausführung miserabel. Ich hab ein unfreiwilliges Bad in einem Bach genommen“, erzählte sie. Da waren sie wieder die Situationen in die sie unbeabsichtigt hinein stolperte.

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