Die Seeschwalbe erreicht Ostia

  • Derbe Flüche erfüllten die Luft. Sein Schiff setzte zur Einfahrt in den geschäftigen Hafen von Ostia an. Beladen mit Getreide aus Ägypten war die Seeschwalbe eher mit einer lahmen Ente zu vergleichen und warum sollte man diesem kränkelnden Vogel auch die Zeit zugestehen, die er brauchte? Im Gewirr von Masten und Segeln, nicht zu vergessen die Ruder, die es zu umschiffen galt, wenn wieder einmal ein Kapitän zu spät das Kommando zum einholen gegeben hatte, die Orientierung nicht zu verlieren war für ihn kein sonderlich großes Problem. Schließlich war er schon seit Jahren erfolgreich im Geschäft.
    Aber der Mangel an Rücksicht auf sein Schiff, dass doch als eines von vielen für Rom so wichtig war ärgerte ihn jedes Mal aufs neue. Schon wieder hatte ihm eine dieser dekadenten Privatjachten einen Ankerplatz vor der Nase weggeschnappt und das gegen alle Regeln, die hier galten. Doch wer sich ein solches Prunkobjekt leisten konnte, dem war es ein Leichtes auch die Strafen im Hafen zu bezahlen. Wütend knurrte er vor sich hin. Als wären diese Ärgernisse nicht schon genug, hatte er sich schon mächtig verspätet und das würde seinen Gewinn beträchtlich schmälern.
    Zum Glück hatte er ja noch diesen Passagier an Bord, vielleicht konnte er ja aus dem noch ein wenig mehr herausleiern. Nicht dass es seinen Verlust aufgewogen hätte, doch er nahm gerne jeden aus, bei dem sich Gelegenheit bot. Andererseits war es bei diesem schweigsamen Gesellen vielleicht nicht die beste Idee. Irgendwie schien ihm mit diesem Kerl nicht zu spaßen zu sein. Besser wurde er ihn schnell wieder los. Nicht dass er etwa mit einem in Verbindung gebracht wurde, der etwas auf dem Kerbholz hatte.


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    Der Mann an den der geschäftstüchtige Kapitän der kleinen corbita gedacht hatte war kein anderer als Catubodus, der sich mit gefärbten Haaren und unter neuem Namen per Schiff nach Italien begeben hatte. Er trat mit seinem Beutel schon auf den Schultern an Deck, marschierte zur Reling und warf einen Blick auf das geschäftige Treiben am Hafen. Ein Brief, oder vielmehr eine kurze Botschaft hatte ihn zu der Reise veranlasst. Er zog den Zettel hervor und warf nochmal einen Blick darauf:


    Zu Händen Aristophanes von Chersonesos


    Es gibt Arbeit.


    gez. Asellus


    Er knüllte den Papyrus zusammen und übergab ihn den Wellen. Wann würde der kleine Gauner endlich Briefe mit eindeutigerem Inhalt versenden? Vielleicht war es ganz gut so, aber die Neugier zerfraß Catu förmlich. Ne wenigstens war ihm die Reise nicht auf den Magen geschlagen. Ein Pferderücken war eine weit angenehmere Reisemöglichkeit, wie er befand. Wenn er auch nicht zu jenen gehörte, die sich bei einer Schiffsreise so manches nochmals durch den Kopf gehen ließen, so schätzte er diese Fortbewegungsmöglichkeit höchstens wegen der Schnelligkeit die sie bot.
    Was mochte Asellus an der Hand haben? Ob es ein lukrativer Auftrag war? Vermutlich ein schwieriger, sonst hätte er ihn nicht gerufen. Zumal es seine Zeit dauerte, bis die Nachricht bei ihm einging und er dann auch in Rom war. Da Schwierigkeiten in seinem Geschäft immer auch höhere Gewinne bedeutete, hätte er wohl frohlocken können, doch Catubodus pflegte das Fell des Bären erst zu verteilen, wenn dieser auch erlegt war.
    Ob er sich in Rom noch auskennen würde? Er hatte seit Jahren die ewige Stadt nicht mehr mit einem Besuch geehrt, nachdem er sie recht eilig hinter sich gelassen hatte.
    Mit Wehmut erinnerte er sich daran wie er sie vor mittlerweile fast einem Jahrzehnt zum ersten Mal erreicht hatte. Voll Zuversicht, ein neues Leben beginnen zu können. Doch schon bald war er von Pfad der Tugend erst in den Morast und schließlich in den Sumpf geraten. Mit seinen Talenten war in Rom nur auf eine Art Geld zu verdiene gewesen und ihm Jungspund hatte man nicht leichtfertig Aufträge anvertraut. Noch dazu hatte man ihn mit lächerlichen Almosen abgespeist. In dieser Zeit hatte er Asellus kennen gelernt, der als Botenjunge in der Unterwelt sein Auskommen gehabt hatte. Er hatte ihm seinen ersten bezahlten Mordauftrag überbracht. Einen Freund würde er ihn deswegen nicht nennen aber er vertraute ihm. Zumindest so weit wie er ihn werfen konnte.
    Trotz dieser recht wackeligen Verbindung war Asellus sein Kontaktmann geblieben und er war der Einzige, dem er gelegentlich Aufenthaltsort und Decknamen übermittelte. So hatte Asellus ihn erreicht. Ein einfacher Zettel, einem einfachen Matrosen mit einer Beschreibung des Weges zu einem bestimmten Haus und dem Versprechen auf eine reiche Belohnung mitgegeben. Seine Belohnung war ein Messer zwischen die Rippen gewesen, als er mehr als die vereinbarte Summe wollte. Nun verfaulte er in einer Absteige in Rhakotis. Das war ohnehin sicherer.


    Endlich hatten sie einen freien Liegeplatz erreicht und die Matrosen warfen eilig die Taue hinüber zum Kai. Gelangweilt schaute Catubodus ihnen zu wie sie das Schiff festmachten. Da trat der geschwätzige Kapitän an ihn heran und wollte ihn augenscheinlich ansprechen. Catu war weder zu Plaudereien noch zu nachträglichen Verhandlungen bezüglich seiner Überfahrt aufgelegt, verfinsterte daher seine Miene und rollte leicht mit den Augen. Der Kapitän überlegte es sich tatsächlich anders und marschierte an ihm vorbei. Kopfschüttelnd schaute Catubodus ihm kurz hinterher. Dann war das Anlegemanöver endlich beendet und sobald die Planke den Kai berührte balancierte Catu über das rutschige Holz. Froh darüber, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben strebte er eilig davon, auf dem Weg nach Rom.


    [SIZE=1]edit: edit editiert und link... danke übrigens noch an den "Verschieber"[/SIZE]

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