• Die Herrin und ich betraten das Bad. Ich ging vor und zeigte ihr Apodyterium, Frigidarim, Tepidarium und Caldarium. Es war alles gut in Schuss und sah sehr gepflegt aus. Vor kurzem war wohl noch jemand im Haus um es zu säubern.


    "Das Wasser kommt sofort, Herrin!"

  • Während sich Assindius um das Wasser kümmerte, sann ich der Gedanken nach, die mich auf dem Weg hierher beschäftigt hatten. Ich fand, mein Vorhaben war das beste der ganzen letzten Monate, und ich wollte gleich bei seinem Eintreffen mit der Übung anfangen, so lange Aintzane noch nicht zur Stelle war. In der Zwischenzeit schlenderte ich durch die Räumlichkeit, prüfte hier und da, wie reinlich die Anlage war, konnte allerdings tatsächlich nichts beanstanden. Ich würde nachher mit gutem Gefühl in das Becken steigen können.


    Glücklich darüber, dass in dieser Villa bereits eine Fußbodenheizung eingebaut war, schlüpfte ich schon einmal aus den Schuhen und folgte dem Steinmuster des Fußbodens mit entsprechend unregelmäßig großen Schritten. Nicht oft, aber manchmal kam das Kind wieder zum Vorschein, das längst zur Frau gereift war. Oft gesellte sich dazu der Wunsch, einfach noch einmal alles anders machen zu können, als es bisher im Leben gelaufen war. Es war ja nun beileibe nicht alles schlecht gewesen, keineswegs, aber die Chance, vor jeder einzelnen Situationen erneut zu stehen, die – aus welchen Gründen auch immer – einfach nicht gut gelaufen war, hatte etwas Tröstendes. Man könnte aus seinen Fehlern nicht nur im Nachhinein lernen, sondern sie ganz einfach gar nicht erst machen. Mir war klar, dass dies alles Wunschdenken war. Ebenso klar war, dass nicht einmal das Lernen aus Fehlern reibungslos funktionierte. In manch blöde Falle tappte man erneut. Warum konnte das Leben eigentlich nicht einfach sein?


    In diesen Gedanken hinein kam Assindius. Ich beendete meinen Balanceakt und sah ihn abwartend an. Sodann platzte ich einfach heraus:


    „Ich finde, es ist notwendig, dass ein Mann der Frau sagen kann, wie er sie versteht und umgedreht, denn nicht immer kommt das an, was man eigentlich übermitteln will, und von allein merkt man die Fehlleitung meistens ja nicht. Nur eben, wie geht das am Besten? Habt ihr Germanen dafür ein Rezept?“


    Ob es auf die mir wichtigen Römer übertragbar war, musste sich erst noch zeigen, aber gespannt war ich nun doch. Ich legte den Kopf leicht schief, verschränkte die Arme und wartete auf die Erklärungen.

  • Bevor ich einen Ton sagen konnte und bevor ich mich wundern konnte, was die Herrin da macht, wurde ich von ihren Fragen durchgeschüttelt und stammelte:


    "Ähm, ähm, völlig richtig! Man sollte sich immer sagen oder fragen können wie man Äußerungen versteht, vor allem wenn sie bei einem selbst negativ oder vielleicht sogar verletzend ankommen. Wenn man sich gut kennt und sich vertraut kann man das auch problemlos, sollte man zumindest! Wie geht das? Man fragt oder frisst! Letztere gehen daran kaputt und die Fragenden klären ihre Missverständnisse. Oder nicht?“

  • Ich legte den Kopf schief und die Stirn kraus. Natürlich waren die Aussagen keineswegs falsch, aber so einfach, wie Assindius es darstellte, war es eben nicht. Sicher, es gab nur die Wahl, zu schlucken oder auszuspucken, aber manchmal unterschied sich das Wollen vom Handeln. Vielleicht, weil man sprachlos war? Und grade dagegen musste sich ein Mittel finden lassen. Am besten getroffene Vereinbarungen. Bei diesem Gedanken reckte ich den Kopf wieder in die Höhe.


    „Das Dumme ist, dass nicht nur Inhalte falsch verstanden werden können. Was, wenn der andere in seinen Gesten abweisend wirkt, es aber eigentlich gar nicht ist? Vielleicht ist er ja auch abgelenkt und es kommt wie Interesselosigkeit an? Verschließt sich dann nicht automatisch der Mund?“


    Ich schüttelte den Kopf.


    „Langsam komme ich zu der Erkenntnis, dass man vor allem immer höflich bleiben muss, auch wenn man sich angegriffen fühlt. Nur so kann man erreichen, dass der andere stets offen für Argumente bleibt. Ein Rückzug muss ebenfalls ausgeschlossen sein, denn damit entzieht man dem anderen die Möglichkeit, zu erklären, richtigzustellen oder sich – falls sich doch ein fataler Fehler herausstellt – zu entschuldigen. Letztlich stellt sich ja doch in fast allen Fällen heraus, dass es einfach nur ein Missverständnis ist, aber ist man erst einmal verletzt, sieht man die Dinge kaum noch objektiv. Und genau da muss man aussteigen. Gibst du mir da Recht?“


    Mein Blick streifte das Becken und der Wunsch nach frischer Kleidung und einem Bad wurde übermächtig. Entschlossen, die Unterhaltung ein anderes Mal weiterzuführen, wandte ich mich wieder Assindius zu.


    „Und von „aussteigen“ nun zum „einsteigen“. Wo bleibt meine Sklavin? Wenn sie nicht kommt, musst du mir assistieren. Ich habe wenig Lust, hier noch länger zu warten.“

  • Aintzane kam hinein. "Verzeihung! Ich bin spät, ich weiß, soll nicht wieder vorkommen!", rief sie. "Hallo, Assindius.", bemerkte sie zum germanen hin. "Schon eingelebt?"
    Offenbar waren Assindius und Deandra tief ins Gespräch verstrickt. Etwas von einem Missverständnis? Egal, sie würde Assindius später noch fragen.
    "Seife... wo ist die Seife? Da sind die Handtücher, aber wo ist die Seife?", überlegte sie laut, halb zu sich selber, halb zu Assindius. "Die Seife... ach, da!" Triumphierend hielt sie ein Stück gallische Seife, die auf einem Brett herumlag, hoch.
    "Soll ich das Bad zuerst mit Schaum bedecken? Oder ist es recht so?", fragte sie Deandra, während sie mit einer speziellen Creme aus Africa, die Schaum im Bad erzeugt, herumhantierte.
    Anschließend tunkte sie die Hand in das Becken. Es war ziemlich heiß. "Ist diese Temperatur recht oder warten wir noch ein wenig?"

  • Ich registrierte erfreut, dass Aintzane inzwischen zur Stelle war und sich um die nötigen Vorbereitungen für das Bad kümmerte. Derzeit wünschte ich mir nichts sehnlicher, als den Reisestaub und mit ihm die Erinnerung an die teils traurigen Vorkommnisse während der mehrwöchigen Fahrt loszuwerden. Zu dem Streit über das Thema „Treue“ kam noch seine Zurückhaltung, die vermutlich erst den Boden für meine Zweifel vorbereitet hatte, denn seit ich in Mantua in die Kutsche gestiegen war, vermisste ich unsere gewohnte Vertrautheit, seine Aufmerksamkeit, selbst seine Nähe. Es gab kaum Zärtlichkeit.


    Der Gedanke ließ mich seufzen, denn er weckte Erinnerungen an Sophus. Auch bei ihm war die Zeit vor der offiziellen Absprache, vielleicht noch zwei oder drei Tage später, die schönste gewesen. Danach war alles abgeflacht. Vermutlich war es illusorisch zu glauben, liebevolles Verhalten überdauerte den Zeitpunkt der geglückten Absprachen, denn eine Frau galt dann ja als „erworben“. Warum sich also noch um sie bemühen? Allerdings hatte ich immer geglaubt, wenn das Herz bei einer Verbindung beteiligt ist, kommt man um einen gefühlsarmen Umgang drum herum.


    Aintzanes Frage riss mich aus den Gedanken, mein Kopf ruckte herum.


    „Ja, Schaum, aber du kannst das auch noch arrangieren, während ich bereits im Wasser bin. Wichtiger wäre, dass die Temperatur erträglich ist. Du schaust so skeptisch, ich habe sie nicht getestet. Das ist doch eure Aufgabe und ihr wisst, ihr mag ein gut temperiertes Bad: Nicht zu kühl, aber auch keineswegs zu heiß.“


    Ich blickte auffordernd zu Assindius, der nötigenfalls für Wassernachschub sorgen müsste.

  • Assistieren, ich? Da viel mir doch das erste mal ein, als ich ein römische Badezimmer betreten hatte :D und ich zupfte schon an meinen Klamotten um sie mir über die Augen zu binden. Aber Aintzane war schneller und ich überflüssig geworden. Ich war unsicher, ob ich in Gegenwart Aintzanes auf die Fragen der Herrin antworten sollte, also entschied ich mich das Bad zu verlassen. Der Blick der Herrin war eindeutig und ich ging mit den Worten:


    „Falls Ihr mich brauchen solltet, Herrin, stehe ich vor der Tür!“


    Und wieder kam die Erinnerung zurück. :D

  • Endlich wies das Wasser die richtige Temperatur auf. Ich ließ mich entkleiden und glitt in das Becken, dessen Inhalt inzwischen von einer beachtlichen Schaumschicht bedeckt war. Nur wer wochenlang nicht angemessen baden konnte, denn die Straßenstationen besaßen nur notdürftigen Komfort, der schätzte diesen Augenblick gleichermaßen wie ich.


    Doch das Bad gab mir noch mehr. Mein Fuß hielt das Nass in Bewegung, weil diese Berührungen genau das waren, was ich derzeit brauchte. Vielleicht stellten sie einen notdürftigen Ersatz für vermisste Zärtlichkeiten dar – ich wusste es nicht und wollte auch nicht darüber nachgrübeln. Mit geschlossenen Augen nahm ich jede sanfte Woge wahr, die über die Beine, den Bauch oder den Rücken rollte. Wasser war sanft, es umschloss lückenlos, kroch bis in jede noch so versteckte Stelle des Körpers vor. Winzige Perlen aus Luft entstanden, und während sie an der Hautoberfläche entlang rieselten, um wenig später an die Oberfläche zu steigen, überkam mich ein Gefühl der Sehnsucht nach etwas, das weder Wort noch Bild hatte. Es umfasste Sicherheit, Geborgenheit, Wärme, Sinnlichkeit und Aufregung gleichermaßen. Gab es so etwas denn? Und falls ja: Wo konnte man das finden? War es nicht vielleicht nur ein Wunschtraum? Eine Fantasie, die entstanden war, weil ich vor Wochen berührt wurde, wie noch nie zuvor.


    Bei diesem Gedanken angekommen wurde mir klar, dass die Frage nicht lautete, ob man es finden kann, sondern wie man es halten kann, ohne das es sich wie Wasserdampf verflüchtigte. Liebe war damit nicht gemeint, oder zumindest nicht allein, denn sie weilte ja in meinem Herzen; ich hatte sie nicht verloren, auch wenn sie auf eine Probe gestellt worden war. Aber was war dieses andere, dem meine Sehnsucht galt?

  • intermissio infesta?*



    Nach dem Gespräch mit Helena war ich durchaus besser gelaunt als zuvor. Ich stöberte Camryn in den Untiefen der villa auf und trug ihr auf, mir eine frische tunica samt neuen calcei und subligaculum ins balneum im Erdgeschoss zu bringen. Das Haus verfügte über zwei gleichartig ausgestattete Badezimmer, sodass ich niemand anderen stören würde. Ich ging davon aus, dass Deandra sich im Bad des ersten Stocks befand. Warum ich dies annahm, wusste ich nicht, aber es war so. Zielstrebig steuerte ich daher die Tür an. Dass Assindius davor stand, hätte mir sagen sollen, dass sich Deandra nicht dort befand, wo ich sie vermutete. Dennoch nutzte ich den Überraschungseffekt aus, den mir das Hervortreten hinter einer Säule verschaffte, und passierte Assindius vorerst unbehelligt. Kurz drauf stand ich im balneum und erkannte meinen Fehler, und so nebenbei noch einiges anderes zwischen den schumigen Perlen, die sich um Deandra herum auftürmten, aber bei weitem nicht alles verdeckten. Ich starrte sie an, dann warf ich Aintzane einen Blick zu. Inzwischen hatte sich vermutlich auch Assindius von meinem Überraschungsangriff erholt. Unschlüssig, ob ich kommentarlos gehen oder doch bleiben sollte, stand ich vorerst stumm und mit ausdrucksloser Miene im Raum, um Deandra die Möglichkeit zu geben, etwas zu sagen - wo doch eigentlich ich der Eindringling war.




    * feindliche Unterbrechung

  • Wat macht der Hampel denn hier. Die verdammten Sklaven, können die denn nichts alleine. Es gibt immer ein paar Speziez denen man sagen muss was sie machen sollen. So eine Gelegenheit hat der Typ genutzt. Wahrscheinlich war das auch noch eine Anweisung! Aber bis dir Herrin ihn rausschmeißen will, warte ich erst einmal ab.

  • Nicht einmal fünf Minuten konnte ich ungestört entspannen und sinnieren, als die Tür geöffnete wurde. Ein unwilliges Brummen entwischte mir, wenn auch ganz leise. Eine weitere Sklavin hatte ich nicht angefordert, also konnte es sich nur um Assindius handeln, der – und das kam ja öfter bei ihm vor – nicht immer alle Regeln des guten Anstandes beachtete. Ich beschloss, ihn einfach zu ignorieren, denn eine Zurechtweisung würde mich aus meiner Entspannung reißen. Als jedoch das erwartete Losplatzen ausblieb, blinzelte ich seitlich in Richtung Tür.


    Nur mit knapper Not konnte ich mir verkneifen, die Augen vor Überraschung aufzureißen, als ich Corvinus gewahr wurde. ‚Das ist ein Ding!’, dachte ich, schloss im Eiltempo die Augen, hielt gleichzeitig in der Fußbewegung inne und versuchte den akut entstandenen Wirrwarr in Kopf zu ordnen. Das Wasser wogte indes weiter und trug die Schaumberge mal näher an mich heran und im nächsten Moment wieder fort.
    Hatte ich nicht gerade noch an Marc gedacht? Sowas gab es doch nur in Theaterstücken, dass der Held genau dann auftauchte, wenn von ihm die Rede war. Allesamt alberne Vorstellungen, deren realistischen Inhalt ich stets anzweifelte, nun aber völlig anderer Meinung war. Längst hatte sich ein Lächeln auf mein Gesicht geschlichen, weil der Götter Fügungen offensichtlich nicht berechenbar waren. Ohne mich zu regen, versuchte ich zu ergründen, wie er mit der Situation umzugehen gedachte: Blieb er oder verließ er den Raum? War er zufällig hier oder aus Absicht? Ein beständig kühler Luftstrom verriet, dass er noch immer bei geöffneter Tür im Badezimmer stand.


    Mein Lächeln verstärkte sich. Eine Reihe an verwegenen Bildern zog an meinem geistigen Auge vorbei. Die Neigung, an unüblichen, reizvollen oder gar gefährlichen Situationen Gefallen zu finden, stellte ich in letzter Zeit häufiger bei mir fest. Es war, als wäre ich des langjährigen Tageseinerleis überdrüssig geworden. Auch fragte ich mich, ob ein Lächeln wohl sämtliche Empfindungen widerspiegelte. Freude sicherlich – keine Frage, aber auch Risikobereitschaft, ein wenig Amüsement über die Situation oder gar eine unausgesprochene Aufforderung?
    Wieder blinzelte ich. Zunächst verfolgte ich einen Schaumberg, der quer über meinen unter Wasser befindlichen Bauch zog. Von ihm sprang mein Blick über den Beckenrand und wanderte seitlich die Fliesen entlang, bis er zwei Füße erfasste; ihnen folgten Männerbeine, eine rote Tunika und schließlich ein sehr vertrautes Gesicht. Marc besaß schöne Augen, ich mochte sie ljedoch ieber, wenn sie lachten. Zuletzt hatten sie oft ernst geblickt. Im Augenblick besaßen sie keinerlei Ausdruck, zumindest konnte ich keinen zuordnen.


    Der Entschluss war schnell gefasst: Ich war bereit für ein Spiel, dessen Regeln ich selbst noch nicht kannte, aber gerade das stellte für mich den Reiz dar. Marc hatte den Eröffnungszug gemacht, nun war ich an der Reihe. Ohne den Kopf zu wenden, suchte ich den Blickkontakt zu Aintzane; mit einer Kopfbewegung schickte ich sie aus dem Raum. Ein Lächeln, das mehr einer Andeutung glich, umspielte meinen Mund, als ich wieder zu ihm schaute.


    „Das Spiel ist freigegeben, du bist am Zug.“ Obwohl meine Stimme gedämpft war, mussten Botschaften zu erkennen sein: Das Blitzen der Augen verriet mein Vergnügen, das verschmitzte Lächeln die Herausforderung.



    edit: Rechtschreibung.

  • Ich stand noch unschlüssig herum, doch Deandra schien die Situation im Griff zu haben, denn sie schickte Aintzane fort und hatte dieses Dauerlächeln auf den Zügen. Damit verwirrte sie mich nur noch mehr. Aintzane passierte mich kurz darauf und schloss die Tür hinter sich und ließ mich mit Deandra allein im Raum. Nun hielt es mich nicht mehr auf der Stelle, und mit geschürzten Lippen umrundete ich das eingelassene Marmorbassin und setzte mich auf den Schemel, der eigentlich dem Sklaven zugedacht war, der beim Baden assestieren sollte. Ich lehnte mich nach vorn und stützte die Ellbogen auf meine Oberschenkel, die Hände haltete ich locker. Im Gegensatz zu dieser lässigen Haltung stand mein Gesichtsausdruck, der nicht so war, wie Deandra ihn gern sah, sondern ernst und undurchschaubar. Ihre Bemerkung erfolgte in dem Moment, in dem ich mich setzte. Mir entgingen zwar keineswegs die Verborgenheiten zwischen den Zeilen, doch konnte ich nicht darauf eingehen, weil ich nicht wusste, wie ich das in dieser Situation ernsthaft bewerkstelligen sollte.


    "Es tut mir leid, dass ich einfach so hereinplatze, ich dachte du wärst oben, aber wenn ich schon einmal da bin und dich störe... Deandra, wir sollten miteinander reden", sagte ich und sah sie ernst an. Vielleicht wurde sie nun wieder zornig und warf mich heraus, dann würde ich kommentarlos gehen und dann hatte sich die Angelegenheit mit meinem Entgegenkommen wider des Rates meiner Cousine wohl erledigt. Ich hätte viel darum gegeben, in ihren Kopf sehen zu können, denn so konnte ich Deandra rein gar nicht einschätzen. "Ich streite nicht gern und möchte dir anbieten, demnächst nicht mehr zu erwähnen, was vor deiner Adoption in die claudische gens gewesen ist." Das war das einzige Zugeständnis, das ich machen konnte, denn rückgängig machen konnte und wollte ich die Zeit nicht, vor der Deandra so in mein Leben getreten war, wie ich sie nun sah.

  • Ich folgte Marcs Rundgang mit den Augen und merkte dabei recht bald, dass er nicht in der Stimmung war, auf das Spiel einzugehen. Für ihn gab es etwas aus der Welt zu schaffen, er wollte reden. Ich nickte, um meine Zustimmung erkennbar zu machen, denn ich betrachtete es stets als Vorteil, Unstimmigkeiten zu klären und Störendes zu beseitigen, um eine unbelastete Grundlage zu schaffen, sofern sie zeitweise nicht vorhanden war. Mein verwegenes Lächeln war verschwunden, es hatte einem ebenfalls ernsten, aber keineswegs unfreundlichen Gesichtsausdruck Platz gemacht. Die zuvor eingenommene Rückenlage erschien mir ebenso unangebracht. Einem Sklaven gegenüber hätte es gereicht, wenn ich – falls überhaupt nötig – den Kopf gewendet hätte, aber ich hatte Marc vor mir. Also beendete ich den Schwebezustand unter Wasser, drehte mich ihm frontal zu und näherte mich der Beckenseite, an der er Platz genommen hatte. Die Unterarme auf den Marmor gestützt, der erheblich warm durch die Fußbodenheizung war, verharrte ich für Momente, indem ich seine Worte nachklingen ließ.


    „Ich wusste nicht, dass dich die Vorkommnisse noch immer belasten“, erwiderte ich schließlich leise. „Ich hatte angenommen, wir konnten vor Ort alles klären, aber offensichtlich habe nur ich den erlebten Schreck bereits verarbeitet. Du hingegen warst über meine Reaktion entsetzt und ich verstehe das, aber ich wusste bisher nicht, wiesehr es dich getroffen hat.“


    Ich legte mein Kinn auf einen der Handrücken und dachte an die Reise zurück. Eigentlich war ich diejenige, die geschockt wurde, aber bei all dem Schreck hatte ich einen Fehler gemacht. Das war mir inzwischen klar. Und doch empfand ich bei all dem ausgestandenen Stress sogar im Nachhinein Dankbarkeit, weil ich wichtige Erkenntnisse aus seinem Verhalten gezogen hatte, weil ich selbst dazugelernt hatte und die erfolgte Klärung der Verhältnisse mir – selbst unter diesen schmerzhaften Umständen – wichtiger als der Erhalt der aufgebauten Scheinrealität war. Ich hob den Kopf und schaute ihn an, denn er wartete ja noch immer auf eine Antwort.


    „Streiten liegt auch nicht in meinem Interesse. Ich denke jedoch, dass wir dieses Vorhaben auch dann umsetzen können, wenn dein Vorleben einmal wieder zur Sprache kommen sollte, denn ich habe aus den Ereignissen gelernt. Nicht ist wichtiger, als dem anderen bedingungslos Glauben zu schenken, selbst dann, wenn nicht nur Worte, sondern Fakten scheinbar gegen ihn sprechen. Und was dein Angebot betrifft: Es muss uns möglich sein, über alles, also auch deine Vergangenheit, sprechen zu können, denn alles was zählt, ist nicht sie, sondern unsere Zukunft. So sehe ich das jedenfalls.“


    Ein Lächeln verdrängte den ernsten Gesichtsausdruck. Aus meiner Sicht war alles gesagt. Natürlich wäre ich noch für seine Äußerungen offen, aber mir lag gleichzeitig daran, das in ihm aufgestapelte germanische Eis abzutragen. Ich benetzte daher meinen rechten Zeigefinder und tippte ihn zwischen die Reimchen seiner Sandale.


    "Wolltest du nicht baden?", fragte ich lächelnd.

  • Die Leichtigkeit, mit der Deandra sich im Wasser herumdrehte und raubkatzenhaft dem Beckenrand entgegenstrebte, ließ mich sogleich auf andere Gedanken kommen. Ich sah fort, zum Stuhl mit der frischen Kleidung hin, die auf Deandra warten würde, wenn sie genügend entspannt und sauber war. Als sie zu sprechen begann, wandte ich ihr erneut den Kopf zu, und außer zu ihrem Antlitz wanderte mein Blick flüchtig über ihre nicht vollständig verdeckte Kehrseite. Ich hätte nur zu gern alle Gedanken fortgeschoben und ein Techtelmechtel veranstaltet, aber das erschien mir nicht angemessen, immerhin ging es genau darum, und Mücken bekämpfte man auch nicht, indem man mehr Mücken einsetzte. Was sie allerdings sagte, verblüffte mich so sehr, dass mein Mund ein wenig offen stand und ich sie fassungslos ansah. Das Problem machte also nur ich, so zumindest klangen die Worte. Ich schloss den Mund wieder und wirkte nun mürrisch. Hätte ich geahnt, dass sie alles unter den Teppich kehren wollte, wäre ich sicherlich weitaus besser gelaunt gewesen während der letzten zwei Wochen der Herreise. Oder machte es ihr plötzlich nichts mehr aus. Mit grübelndem wie verwundertem Blick maß ich die sich vor mir im warmen Wasser räkelnde Schönheit und gestattete mir ein vernehmliches Seufzen. Wie sie dort im Wasser schwebte und zu mir aufsah, konnte man sie einfach nur gern haben. All der Groll und die schlechte Laune schmolzen bei diesem Anblick dahin, der sich mir ganz sicher nicht einmal absichtlich, sondern zufällig bot. Die weiteren Worte gingen sozusagen in ein Ohr hinein, verweilten nur kurz und verschwanden danach durch das andere Ohr wieder. Zurück blieb nur die generelle und allumfassende Dankbarkeit, dass diese Sache nun gegessen war. Vielleicht nicht entgültig, vielleicht auch nicht dauerhaft, aber vorerst schon.


    Mein Blick ruhte auf Deandra, verlagert hatte ich meine Körperhaltung nicht, aber die Konturen des Gesichtes erschienen sicherlich weicher, auf eine gewisse Art besänftigt. Ich stimmte in so ziemlich allen Sachen mit dem überein, was sie gesagt hatte, dennoch erwiderte ich nichts auf ihre Worte, sondern lehnte mich nur zurück und verschränkte die Arme in der Luft hinter dem Kopf. So saß ich eine Weile da und beobachtete den makellosen Körper, soweit die Schaumperlen es zuließen. Das Lächeln verlieh ihrem Gesicht den dringend nötigen Ausdruck, denn so wie sie es an mir mochte, sah auch ich viel lieber eine fröhliche Deandra als eine ernste oder gar unglückliche. Ich erwiderte das Lächeln und beäugte ihre Handbewegung zu meiner Sandale hin. Leise lachte ich bei ihrer feuchten Berührung und beugte mich nun wieder nach vorn. Doch blieb ich nicht auf dem Schemel sitzen, sondern hockte mich zwischen eben jenen und Deandra, benetzte meinen Zeigefinger mit etwas Schaum und stupste ihr diesen auf die Nase. Anschließend beugte ich mich etwas weiter herunter und stellte ihr schmunzelnd eine Frage.


    "Ist das ein unmoralisches Angebot?"

  • In dem Maße, wie sich seine Gesichtszüge lockerten, wuchs ein Gefühl der Befreiung in mir. Es erstaunte mich immer wieder, wie bedeutungsvoll sein Wohlbefinden für meine Zufriedenheit war. Gleich einer Welle schwemmte es jeden belastenden Gedanken fort. Zurück blieben die Leichtigkeit des Augenblicks, die Dankbarkeit darüber, dass es ihn gab, dass er so viel von sich gab, wenn er unbeschwert war, und die Vorfreude auf die sich eröffnende Möglichkeit, Zweisamkeit zu genießen. All das spiegelte sich in einem Lächeln wieder, das sich wie das vorherige dauerhaft hielt.


    Mein Blick wanderte überall dort entlang, wo ich ihn gern berührt hätte, aber wegen der uns trennenden Entfernung nicht hingelangen konnte. Und plötzlich erfasste mich wieder dieses bittersüße Gefühl der Sehnsucht, die, so erstrebenswert ich sie auch empfand, gleichsam etwas Quälendes hatte, weil Wünsche unerfüllt blieben, die mehr und mehr auf der Seele brannten. Ich fragte mich, was sich wohl derzeit alles in meinen Augen widerspiegeln mochte. Mehrfach wurde mir bereits gesagt, dass ich Empfindungen stets mehr als deutlich erkennbar machten konnte, wobei das nie beabsichtigt und mitunter nicht einmal vorteilhaft war.
    Als er sich an den Beckenrand kauerte, registrierte ich einen erhöhten Herzschlag und ein Kribbeln auf der Haut, das dieses Mal nicht durch die Berührung des Wassers zustande kam, sondern einem Aufruhr im Innern entsprang. Ich schaute für einen Moment zur Seite, um hinter einem verlegenen Lächeln zu ergründen, warum er so viel Macht über mich hatte. Zu einem Ergebnis kam ich nicht, denn ein Schaumklecks auf meiner Nase lenkte mich vom Nachdenken ab. Ich wandte mich ihm wieder zu und schmunzelte Augenblicke später über seine Frage.


    „Unmoralisch ist es nur in den Augen Dritter, aber wir sind allein, und zwischen dir und mir kann doch gar nichts unmoralisch sein, oder?“, flüsterte ich - einerseits von der Richtigkeit der Aussage überzeugt, aber andererseits in Unkenntnis darüber, wie Marc dachte. Inzwischen war er zum Greifen nahe, was den Wunsch nährte, über sein Gesicht zu streichen. Es kostete dennoch Überwindung, die Hand zu heben, denn da war eine Scheu durch den emotionalen Abstand aufgekommen, gegen die ich ankämpfen musste. Die Selbstverständlichkeit solcher Berührungen war verloren gegangen – zumindest lag sie im Ringen gegen das Verlangen, das unzweifelhaft vorhanden war. Der erste Kontakt war daher mehr als zaghaft. Ich strich über seine Schläfe und die Wange, registrierte ganz nebenbei, wie das Lächeln gewichen war, weil ich mich teils befangen, teils gefangen genommen fühlte, weil Wünsche mit selbst aufgebauten Blockaden im Streit lagen. Und doch zogen mich seine Lippen magisch an, sodass sich der anfangs nur mit den Fingerkuppen erfolgte Hautkontakt in ein Auflegen der Hand wandelte, während der Daumen sachte die Form seines Mundes nachzeichnete.


    Offensichtlich waren die Wünsche im Kampf gegen die Unsicherheit erfolgreich gewesen, denn ein zaghaftes Lächeln kehrte zurück. Ich unterbrach die Erforschung seiner Lippen, drückte einen Kuss auf die Innenseite der Finger und legte sie anschließend auf seinen Mund, der trotz der Nähe für meine Lippen in unerreichbarer Ferne lag. Anschließend stieß ich mich von Beckenrand ab und ließ mich, ohne den Blick abzuwenden, in die Mitte des Bassins gleiten. Ich war gespannt, wie er sich weiter verhalten würde.

  • Mit geneigtem Kopf betrachtete ich Deandras Gesicht. Eben noch verspielt, wirkte sie während des Sprechens ernst, dann schien erneut eine Veränderung über ihr Gesicht zu huschen, die ich im ersten Moment nicht recht zu deuten vermochte. Forschend sah ich ihr in die Augen, erkannte darin das unnachahmliche Glitzern einer Frau, die... Ich blinzelte und sah mich um Raum um, der allmählich von Nebelschwaden durchzogen wurde. Mein Blick führte zu meinem Unterarm, auf dem sich winzigste Kondenstropfen zu kleinen Wasserperlen verdichteten und die zarten Härchen ummantelten, die sich aufstellten, als Deandra mich berührte. Langsam hob ich den Blick, entgegnete nichts weiter auf die Worte, die den Scherz in meiner Äußerung nicht verstanden zu haben schienen. Doch das war nicht weiter tragisch. Deandras feuchte Finger berührten meine Schläfe und zogen eine sacht glitzernde Spur über die Wange. Diese schlichte Berührung wirkte außerordentlich elektrisierend auf mich. Wie in einem Bann gefangen, drehte ich den Kopf derart, dass ihre Hand für den Bruchteil einer Sekunde länger meine Haut berührte, ehe die Fingerspitzen am Mundwinkel anlangten und fortan sanft die Konturen meiner inzwischen leicht geöffneten Lippen nachzeichneten. Spätestens in diesem Moment war es erneut um mich geschehen. Seit dem Abend des Banketts war ich nicht mehr in dieser Laune gewesen, hatte ich den Wunsch nach dem kleinen Vorgeschmack des elysium nicht mehr derart intensiv verspürt wie ich es nun tat. Die Augen schlossen sich von allein, ich küsste ihre Fingerkuppen und merkte, wie sie meine Lippen kurz darauf verließen. Zu lange blieb die reizvolle Berührung aus, sodass ich eines der Lider hob und zu Deandra spähte, die eben einen Kuss auf ihre Finger hauchte und ihn mir so überbrachte wie der griechische hermes mit seinem kerykeion und den Flügeln, die aus seinen blonden Locken sprossen. Unsinnigerweise kam mir das abstruse Bild dieser Statue in den Kopf, die im Hause meines altehrwürdigen Lehrmeisters in einer Nische auf einem Podest gestanden hatte, doch die Berührung der zarten Frauenfinger löschte beinahe jeglichen Gedanken aus. Nur mehr der Wunsch, das warme Wasser nebst verlangenden Händen auf meinem Körper zu spüren, blieb.


    Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn jedoch unverrichteter Dinge, als Deandra sich abstieß und rücklings in die Mitte des Beckens treiben ließ, ohne den Blickkontakt zu lösen. Mochte sie sagen, was sie wollte - in dieser Situation war sie meine venus, die liebliche aphrodite, die mit wachem Geist und zielgerichteten Bewegungen genau das erreichte, was sie wollte, und was ich wollte. Die calcei waren auch ohne helfende Sklavenhände rasch abgestreift, der staubigen tunica entledigte ich mich mit einem selbstsicheren Ruck über den Kopf, was nun noch folgte, war die Losschnürung des subligaculum, das ebenso rasch fiel wie die Sandalen und die tunica. Ohne Zweifel war mir die Erregung bereits anzusehen gewesen, als ich mich vom Beckenrand erhoben hatte.


    Keine fünf Sekunden später stand mir das warme Wasser des Bassins bis kurz unter die Brust. Deandra trieb, umgeben von kleinen und größeren Schaumbergen, im Wasser. Ich betrachtete sie nur eine Winzigkeit, dann legte sich ein wölfisches Grinsen auf meine Züge und ich tauchte unter, um mich mit den Füßen abzustoßen und den Weg zu meiner amphordite tauchend zurückzulegen. Das warme Wasser umschmeichelte meinen nur kurz dahingleitenden Körper, denn trotz des Luxus war das Wasserbecken nur wenig größer als das heimische in Mantua. Die Seifenlauge brannte in den Augen, doch kurz darauf war ich bei Deandra angelangt, ergriff ihre Hüfte beidseitg und brachte sie zurück in die Senkrechte, dann erst tauchte ich nahe ihres Körpers auf und holte Luft. Ein kleiner Schaumfetzen hing an meinem Ohr, das Wasser floss aus meinen dunkelblonden Haaren, und ich brachte Deandras Rücken dem Rand des Bassins näher, indem ich sie rückwärts schob und gleichzeitig voranstrebte. Das wölfische Grinsen war einem verlangenden Ausdruck gewichen, die Worte, die ich gegenüber Vesuvianus erwähnt hatte, waren zu leise um noch gehört zu werden. Meine Hände glitten allmählich an den wasserumschmeichelten Seiten Deandras nach oben, ich umschlag und verschlang sie regelrecht, als ich sie umarmte und ihr einen stürmischen Kuss raubte. Die Atmosphäre, die Umgebung und das warme Wasser vermischten sich zu einer klebrigen, stickigen Dimension der Leidenschaft, in der ein bestimmtes Körperteil vehement Beachtung forderte und in der ich nicht anders konnte, als Deandra an den Rand zu drängen und mit Händen und Zunge zu liebkosen. Weit bog ich ihren Kopf zurück, suchte die feuchte Haut ihres Halses mit meinen Lippen, ergriff ihre Brust und fuhr mit langsamen Bewegungen über die Brustwarze, die sich mir entgegen reckte. Still sein konnte ich längst nicht mehr, mein Puls jagte dahin und mein Verstand befand sich inzwischen in jener kleinen Ecke, die Lust und Leidenschaft ihm zugedacht hatten.

  • Sachte Bewegungen der Unterarme hielten mich sowohl in der Mitte des Beckens als auch in annähernder Rückenlage. Noch immer erfasste mein Blick Marc, aber die folgenden Eindrücke waren mehr als die bloße Registrierung, dass die Sandalen abgestreift wurden oder die Tunika fiel. Bereits sein Entgegenkommen bei der Erforschung der Lippen hatte mir gezeigt, dass meine Wünsche auch seine waren, wer wen inspirierte oder ob wir uns gegenseitig hoch puschten, war egal. Ich war aufgeregt und sein Entkleiden steigerte noch den Pulsschlag und die Körperwärme. Er war weit von mir entfernt und doch erreichte er mich durch den sich bietenden Anblick und die Vorfreude auf den lange entbehrten Hautkontakt.


    Spätestens als das Subligaculum fiel, war der bislang eingenommene Schwebezustand nicht mehr zu halten. Das Herz schien bis in den Hals zu schlagen, die Armbewegungen wurden fahriger und ich musste schlucken. Atmen bei geschlossenem Mund war unmöglich geworden. Mein Blick klebte so lange fest, bis ihm das Wasser in Hüfthöhe stand und das verbarg, was mich fesselte. Ich suchte seine Augen und fand einen Ausdruck darin, der vermutlich meinem zum Teil glich, obwohl er zusätzlich den Anteil eines Jägers innehatte. Beute zu sein, hatte in diesem Moment etwas unsagbar Schönes, weil mich sein Verlangen aufreizte. Weil das Zentrum der Lust, das sich zwar ohnehin bereits im Aufruhr befand, auf jede noch so kleine Geste mit einer neuen Welle dieser begehrenswerten inneren Schauer reagierte, die mich die Luft anhalten ließen und dabei gleichzeitig einen kleinen Seufzer entlockten.


    Als er tauchte, musste ich schmunzeln. Die Ungewissheit, wann er auftauchen würde und was er beabsichtigte, hatte seinen Reiz. Wie gebannt schaute ich auf die Wasseroberfläche, die nur teilweise den Blick unter Wasser zuließ, und obwohl bei der Größe des Beckens das Auftreffen gut abschätzbar war, hatte diese Aktion dennoch etwas sehr Aufregendes für mich. Als er an der Hüfte zufasste, konnte ich mir daher auch einen kleinen Quieker nicht verkneifen.


    Danach überschlugen sich förmlich die Ereignisse: Marc drängte zum Beckenrand. Die Art, wie er meinen Körper umfing, wie er küsste, sein Blick, sein Körperzustand – so hatte ich ihn noch nie erlebt. Nie hätte ich vermutetet, welche Auswirkungen das auf mich hatte. Glaubte ich bislang, Verlangen sei mit Sehnsucht vergleichbar, dann kannte ich das Wort „Begehren“ noch nicht. Ich wollte ihn spüren, drängte einerseits seinem Körper entgegen und hielt ihn andererseits mit den Armen fest. Während ich mich dem Kuss hingab, suchte meine Hand den Zustand zu verändern, der ein vollkommenes Anschmiegen derzeit unmöglich machte. Ich hielt die begehrenswerteste Sache der Welt jedoch für einige Augenblicke umschlossen, bevor ich sie zwischen seinen und meinen Bauch bettete, um nun den Kontakt auf ganzer Länge auszukosten, es konnte nicht genug Hautkontakt sein. Und als ob er nicht bereits genügend Körperdruck ausübte, drängt mein Becken an seines, und suchte meine Hand seinen Po noch näher an mich zu pressen.
    So schön seine Berührung an der Brust auch war, der ich mich hingab und die ich mit geschlossenen Augen genoss, ich passte vor allem darauf auf, den Kontakt zu seinem Becken nicht zu verlieren. Daher beließ ich die eine Hand an seinem Po, während die andere durch seine Haare fuhr. Oder konnte man das noch „fahren“ nennen? War es nicht mehr ein Greifen oder ein Andrücken? Den Kopf zurückgelehnt war es fortan schwer zu entscheiden, auf welche Berührungen ich vordergründig achten sollte, denn allesamt waren geeignet, den Verstand auszuschalten. Mein Atem kam stoßweise und immer dann, wenn sein Atmen, seine Geräusche, in mein Bewusstsein drangen, lösten sie ein körperumfassendes Kribbeln aus, dass ein leises inneres Pulsen zur Folge hatte. Es war nicht der Wille, der steuerte, sondern eine unweigerliche Körperreaktion, die es unmöglich machte, die Beine geschlossen zu halten. Groß war der Wunsch, fast übermächtig, ihn zu spüren, ihn aufzunehmen.

  • Eine feine Gänsehaut hatte meinen Körper überzogen, obwohl das Wasser warm und die Situation mehr denn heiß war. Das Leben pulsierte nicht nur durch meine Venen, sondern ließ auch anderes erbeben vor Verlangen. Mit fahrigen Bewegungen, ja beinahe zitternden Händen beschrieben Zeige- und Mittelfinger der Rechten immer wieder neue Kreise um die Brustwarze, mal größer, mal kleiner, mal um die eine, mal um die andere. Die Hand an meinem Hintern und die Tuchfühlung, auf der wir uns befanden, machten mich schier wahnsinnig vor Verlangen. Meine Zunge umspielte ihre, meine Lippen küssten vom Mundwinkel bis in die Halsbeuge und ließen Schauer um Schauer über meinen Körper laufen. Ob es ihr genauso erging?


    Bald ließen die Hände von ihr ab, fuhren hinab und tauchten ins Wasser. Kein bisschen dachte ich mehr an dieses sinnlose Versprechen, das ohnehin zum Scheitern verurteilt war, denn ich wusste, dass ich mich nicht würde beherrschen können. Kurz schossen mir die Vorzüge einer Liebesehe durch den Kopf. Wie viel besser war es doch, die Leidenschaft mit jemandem zu teilen, der sie auch erwiderte und nicht nur ertrug oder gar fürchtete? Ihre Hand unterbrach meine Abwärtsbewegung knapp unter der Hüfte, als sie meine Erregung umschloss. Ich vergrub meinen Kopf an ihrer Halsbeuge, küsste halbherzig ihre weiche Haut und genoss vielmehr die Empfindungen, die sich von der Leibesmitte her ausbreiteten und deren Ursache Deandras feingliedrige Finger waren. Viel zu bald hörte sie auf, und ich erinnerte mich meiner Abwärtsbewegung wieder und führte sie nun zu Ende. Während die Rechte am tiefsten Punkt ihres Oberschenkels liegen blieb, den ich stehend erreichen konnte, griff ich mit der Linken an die Innenseite und hob den Oberschenkel somit an. Ich drängte mich an Deandra, war ihr so nah, dass es kaum mehr auszuhalten war, doch noch zögerte ich eine Winzigkeit vor jenem alles entscheidenden Schritt.


    "Bei mars, dieses Verlangen wird mich auf der Stelle umbringen", flüsterte ich beinahe zitternd in ihr Ohr. "Bitte..." Ich setzte ein paar wenige Küsse auf ihren Hals, schnaufte ergeben und riss mich schließlich einen Moment los, um sie anzusehen. Die Brauen zogen sich zusammen, mir war es schlicht und ergreifend schnurz, was die hochgelobte Jungfräulichkeit bei einer Heirat betraf. Hochzeitsnacht hin oder her, Deandra würde ohnehin mich ehelichen, und mir war es rechtgehend egal, ob sie die Unschuld nun jetzt verlor oder in einem Jahr. Dies verkörperte auch der Blick, mit dem ich sie maß. Eines war sicher, ich würde nichts gegen ihren Willen tun, aber mein Körper sehnte sich nach der allumfassenden Erleichterung, die zwar sicherlich auch anders, aber bei weitem nicht so intensiv wie mit richtigem Sex zu erlangen war. Vielleicht war das zum Großteil eine Kopfsache, aber schließlich zählte das Gefühl. Sie musste ihr Becken nur eine Winzigkeit neigen, mir den Hauch eines Blickes zuwerfen und ich würde es als Zustimmung betrachten. Ich zwang mich, trotz des klopfendem Herzen zu warten, kleine Wellen auf der schaumigen Wasseroberfläche verursachend und dabei in jeder Sekunde einen kleinen inneren Tod sterbend.

  • Nach der Überflutung mit den durch die Sinneseindrücke ausgelösten Empfindungen war es eine der schönsten Erfahrungen gewesen, Marc in ähnlicher Situation zu erleben. Nicht nur zu empfangen, nicht als einzige wie ein Spielball den aufregenden Handlungen des anderen und damit ihm ausgeliefert zu sein, sondern selbst über so viel Einfluss zu verfügen, um dem anderen die Beherrschung zu rauben, bei ihm solcherlei Empfindungen aufkommen zu lassen, dass er für Momente handlungsunfähig wird – das war ein einzigartiges Glücksgefühl, das mit nichts anderen zuvor Erlebtem vergleichbar war. Der Augenblick, in dem ich ihn an jeder besonderen Stelle berührte, die mich ohnehin wie ein Magnet anzuziehen schien, und in dem er seinen Kopf in meiner Halsbeuge vergrub, stellte ein beeindruckendes Erlebnis dar. Er wirkte für Momente schwach und vermittelte mir gleichzeitig ein Gefühl der Macht, wo doch bislang ich diejenige war, die sich der durch ihn ausgelösten Empfindungen wegen ausgeliefert fühlte. Zu wissen, dass ich, so unerfahren wie ich war, gleichsam geben konnte, war tröstlich, war ermutigend und beflügelnd. Ich hatte meine Hand liebevoll auf seinen Hinterkopf gelegt, ihm einen Kuss auf den Blondschopf gegeben, die Augen geschlossen und den Kopf an seinen gelehnt, während ich die samtige Haut an der bei ihm offensichtlich heißesten Stelle berührt, ihn umschlossen und mit sanftem Druck Bewegungen ausgeführt hatte. Anschließend lag er zwischen uns gebettet, was sich allerdings änderte, als Marc dazu ansetzte, mein Bein anzuheben.


    Weil der Wunsch, ihm nahe zu sein, so groß war, legte ich bereitwillig das angehobene Bein um seine Hüfte, und als er herandrängte, spürte ich ihn dort, wo derzeit abertausende Tastkörperchen danach lechzten, irgendeinen Berührungsreiz wahrzunehmen. Seine Worte und die Sprechweise lösten zusätzliche Schauer aus, die spürbar über oder durch den Körper jagten. Regelrecht hilflos den Empfindungen ausgeliefert erwiderte ich seinen Blick, der zudem Bände sprach. Bei den Göttern, ich wollte ihn so gern, aber mein Verstand rüttelte mich just in diesem Moment wach. Es durfte nicht sein, es war gegen die Sitte. Ein quälender Ausdruck trat in meine Augen, bevor ich sie schloss, meine Stirn bei ihm anlehnte und hauchte:


    „Es darf nicht sein. Aber, bei Iuno, ich würde es dir so gerne geben.“


    Während eine Hand inzwischen von seinem Kopf auf die Schulter herab geglitten war, suchte die zweite, die bislang seinen Po gestreichelt hatte, seine Hand, die mein Bein angewinkelt hielt. Ich schob die Finger darunter, löste damit seinen Griff, behielt die Hand in meiner und führte sie zu meinem Gesicht. Die Lippen berührten zunächst die Handinnenfläche, bevor ich sie an meine Wange drückte und dort festhielt. Ich fühlte mich traurig wie lange nicht mehr, denn ich hatte unser beider Wünsche ignoriert und Regeln nachgegeben, deren Nutzen ich derzeit nicht einmal verstand. Wenigstens sollte er nicht leer ausgehen, das beschloss ich. Was mit mir geschah, war in diesem Moment egal.


    Daher nahm ich die Hand von seiner und tauchte erneut in das Wasser ein. Das Lächeln kehrte zurück, als ich ihn umschloss. Ihm stand es frei, sich in meiner Hand zu bewegen oder sich zwischen die relativ geschlossenen Beine zu betten. Weil ich jedoch letzteres der Illusion wegen lieber erleben würde, führte ich ihn nahe heran und kam ihm sogar ein Stück entgegen, bevor ich die Beine wieder zusammendrückte. Er war genau dort, wo er vorhin schon einmal war, allerdings – das nahm ich zumindest an – war ein Eindringen bei gleichzeitiger Außenreizung in diesem Winkel unmöglich. Ich wusste es nicht, aber es fühlte sich trotz des Verzichtentschlusses gut an und nichts anderes zählte. Wieder nahmen die unzähligen Tastkörperchen jede Nuance einer Bewegung wahr, während mein Herz hoffte, dass er Verständnis zeigte und seine Enttäuschung für mich verarbeitbar war.

  • Der Winkel, in welchem sie ihr Bein um meine Hüfte geführt hatte und die Ferse dieses Fußes, die ich gelegentlich am Po und am Oberschenkel spürte, ließen mich vor Vorfreude erzittern. Fast war ich versucht, nicht auf eine Antwort zu warten und mir das zu nehmen, was ich wollte, was ich brauchte. Manchen Männern sagte man doch nach, dass sie Streit am liebsten mit Sex schlichteten. Vielleicht war ich auch so, vielleicht war dies der Grund, aus dem mein Organismus gerade auf Hochtouren lief und der Verstand derart ausgeschaltet war, dass mich nichts zu bremsen vermochte. Es war einzig und allein der winzige Funken Anstand, der mir noch geblieben war, und der mich davon abhielt, Deandra hier und jetzt der Unschuld zu berauben, die sie eigentlich mit in die Ehe bringen sollte, nichts mehr und nichts weniger. Nur mehr fahrig liebkoste ich die Brüste, wartete doch vielmehr auf das Signal, dass sie mich genauso begehrte wie ich sie - doch es blieb aus.


    Schon als ich einen kurzen Blick gewahrte, den sie mir zuwarf, ehe sie die Lider niederschlug und die zarten Lippen sich teilten, um Worte zu wispern, die ich nicht hören wollte, wusste ich, dass ich es keine zwanzig Sekunden lang aushalten würde, wenn ich nun nicht das bekam, was ich unbedingt haben wollte. Bestürzt blickte ich sie an, der Herzschlag um eine Winzigkeit ausgebremst. Der mars in mir wollte zornig aufbegehren und alles Weibische außer acht lassen, doch dieser Funken Anstand, der mich schon eben vor einer Tat bewahrt hatte, die ich gegen ihren Willen ausgeführt hätte, hielt nun auch den mars in meinem Inneren in Schach. Die folgenden Bewegungen wollte ich verhindern, aber ich stand wie festgewurzelt im Wasser, während um mich herum dunstige Schwaden hämisch in der Luft hingen und das Wasser schadenfroh zu glucksen schienen. Was Deandra tat, entging mir zwar nicht, doch zollte ich ihren - wenn man es genauer betrachten würde, wozu ich nicht fähig war in dieser Situation – guten Absichten nicht die nötige Aufmerksamkeit. Ich hatte ohnehin gerade genug damit zu tun, alles Patrizische zu hassen, mir zu wünschen, ein einfacher Mann zu sein und diese idiotischen Sitten schlichtweg zu ignorieren, zu vergessen, auch wenn ich wusste, dass ich darin gefangen war und nicht hinaus konnte, wenn ich der gens Ehre bringen wollte.


    Sie löste meinen beinahe eisernen Griff, denn ich hielt ihren herrlichen Schenkel, als sei er mein Rettungsring in kalter Finsternis, sie führte meine Hand an ihr Gesicht, und nur widerwillig gab ich diesem Aufwärtsstreben nach und berührte sie. Nicht, weil es abstoßend war, sondern weil ich meine Hand um so vieles lieber an anderen Stellen gewusst hatte. Währenddessen litt meine Erregung unter den gedachten Gedanken, wurde allerdings neu angefacht, als Deandra sich redlich bemühte, meiner Gier nach Erlösung Abhilfe zu schaffen, doch nichts, gar nichts war vergleichbar mit diesem Gefühl, was ich haben wollte, was ich haben musste, wenn ich nicht auf der Stelle vergehen wollte. Ich schnaufte gequält, selbst das Lächeln Deandras und ihre Berührungen an meiner empfindsamsten Stelle halfen nicht, mich wieder in jene Ekstase zu versetzen, die ich bis eben noch gespürt hatte.


    Beinahe schmerzlich zogen sich meine Augenbrauen zusammen, als ich nach ihrer Hand griff und sie innehalten ließ, wenngleich ich sie nicht fort nahm, doch ich wollte ihre volle Aufmerksamkeit auf mich gerichtet wissen, auf die Worte, die aus meinem Mund purzelten, ohne vorher vom Verstand auf ihre Sinnhaftigkeit und Angemessenheit geprüft worden zu sein. „Niemand bekommt es mit, es würden doch nur du und ich wissen, niemand sonst, keiner wird es je erfahren... Oh ich bitte dich...“ raunte ich ihr zu, küsste die Wange, die Nasenspitze und drängte mich wieder an sie heran, die Absichten waren deutlich. Erneut schnaufte ich, brachte meine Lippen ihrem anderen Ohr näher, so nahe, dass sie es beim Wispern berührten. „Es ist mir egal, ob es sittsam ist oder nicht... Was zählt, ist dein Wille... Ich brauche keine Jungfrau im Hochzeitsbett, ich will sie hier und jetzt...dich will ich hier und jetzt, Deandra, verwehre dich nicht, ich bitte dich...“


    Für einen Außenstehenden hätte das vermutlich nach billiger Überredungskunst geklungen, aber das war alles, was mein benebelter Verstand im Moment größter Bedrängnis in seinem winzigen Gefängnis zustande brachte. Zweifelsohne wiederholte sich der Ausdruck, die Intention war gleich und die Wortwahl platt und simpel, anderenorts hätte ich mich geschämt, so auf jemanden einzureden, aber hier in dieser Situation war ich felsenfest davon überzeugt, dass Deandra nun gar nicht mehr anders konnte, als meinem Drängen nachzugeben. Auf eine Reaktion wartend, glitten meine Lippen von ihrem Ohr fort, folgten der Biegung des Kieferknochen und hinterließen eine feurige Spur aus winzigen Küssen, bis sie am Mundwinkel ankamen und sie zuletzt auf ihren Mund senkten. Mit verklärtem Blick suchte ich kurz ihre Augen, schloss meine dann allerdings und drängte mein Becken an ihres. Wie ich reagieren würde, wenn nun erneut eine Abfuhr mit Vertrösten auf anderes kam, wusste ich nicht, daran dachte ich auch nicht, denn ich wollte Deandra, und ich wollte sie jetzt.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!