Eintreffen des Legatus Legionis

  • Meridius war die ganze Strecke von Numantia bis hierher am Stück geritten. Er hatte weder sich, noch seine Männer geschont, lediglich in Celsa hatten sie kurz die Pferde gewechselt und eine warme Mahlzeit zu sich genommen. Halbwegs müde und entkräftet saßen die Männer daher im Sattel, als die beiden Turmae vor dem Palast des Proconsuls eintrafen. Meridius stieg von seinem Pferd und schritt dann in den marmornen Bau. Wenig später stand er vor Lucidus.


    "Legatus! Du hast nach mir geschickt. Ich bin sofort aufgebrochen!"

  • "Du bist da.. gut."


    Ich stand auf und umarmte ihn.


    "Finstere Zeiten sind angebrochen, genau so wie es Marcellus prophezeit hat.. Ich nehme an du wurdest bereits informiert?"


    Ein Nuntius trat ins Büro, und überreichte mir wortlos einen Brief.

  • Meridius war etwas überrascht, dass ihn der Proconsul umarmte. Dann blickte er ihn an.


    "Informiert? Ich weiß, so gut wie nichts. Lediglich, dass es auf Dich ein Attentat gegeben haben soll, und dass ich unbedingt nach Tarraco kommen sollte..."

  • "Das ist die eine Sache ja.. die andere ist der aufwieglerische Legat Laeca der sich zum Caesar ernannt hat. Hier.."


    Ich reichte ihm die Schriftrolle die vor einigen Tagen hier eintrudelte..



    An den Legatus Augusti Pro Praetore Publius Tiberius Lucidus,


    Rom ist dabei unterzugehen!
    Die Bürger Roms spotten über die Götter, spotten über unsere Vorfahren, spotten über das, was wir und unsere Vorfahren erreicht haben!
    Jetzt frage ich dich: Willst du dabei zusehen oder willst du dich dagegen wehren?
    Ich habe mich entschieden: Ich will mich dagegen wehren! Ich will, daß der Name Roms reingewaschen wird! Ich will, daß der Imperator endlich seine Sünden bekennt, vor den Göttern, vor uns und vor ihm selbst.
    Deshalb frage ich dich: Willst du das auch?
    Wenn ja, dann tu dich mit uns zusammen! Errette Rom vor seiner Dekadenz, vor seiner Falschheit, und ja, vor seinem Imperator.
    Laß uns gemeinsam Rom erneuern! Laß unsere Feinde wieder den Namen Roms furchteinflößend wirken! Laß unsere Bürger wieder den Namen Roms anständig wirken!
    Der Ruhm auch deines Namens wird dir gewiß sein.
    Schließe Dich mir an!!!


    Appius Porcius Laeca
    Imperator Caesar Augustus



    Ich selbst öffnete inzwischen den Brief den der Nuntius vorhin brachte und las ihn.


    "Das hier ist eine weitere Angelegenheit.. Ich habe Augustus gebeten mich meines Amtes zu entheben. In diesem Schreiben gewährt er mir meinen Wunsch... Flavia Messalina wird meine Nachfolgerin."


    Ich wartete bis Meridius alles gelesen hatte und setzte dann erneut an..


    "Ich denke mittlerweile, daß Marcellus in all seinen Ausführungen recht hatte. Der Aufstand in Hispania, ein Gegenkaiser, das Attentat auf mich. Das alles angezettelt von höchster Ebene.."


    Ich zog den Halbmond hervor den Praetorianus dem toten Attentäter abgenommen hatte.


    "Hier.. Ein Patrizier. Und tags zuvor steckte man mir eine Nachricht zu in der stand, daß mir nicht alle aus meiner Gens gewogen sind. Meridius, ich bin verzweifelt... Wem kann ich noch glauben? Die einzig logische Konsequenz für mich war der Rückzug aus meinen Ämtern, die schwerste Entscheidung steht mir aber noch bevor..."

  • Meridius überflog die Schreiben und versuchte gleichzeitig den Ausführungen von Lucidus einen Sinn zu geben. Dann blickte er den kleinen Halbmond an.


    "Was meinst Du, mit das Schwerste kommt noch?"


    Erst jetzt erkannte er, dass Lucidus eine Narbe in seinem Gesicht hatte.

  • "Auch wenn die Hinweise nur arrangiert wurden, meine Familie nichts von alledem weiß, kann ich ihnen jemals wieder trauen?
    Wer auch immer das Attentat ausführen ließ, auch wenn ich nicht getötet wurde, so erreichte er doch daß ich fortan als gebrochener Mann durchs Leben gehe. Ich kann keinem mehr trauen und suche nur meine Ruhe... Wie schwer wiegt da doch die Last des Namens den ich trage..."

  • Meridius versuchte verzweifelt in die Worte, die er hörte einen Sinnzusammenhang zu bringen. Er dachte nach. Worauf wollte Lucidus hinaus?


    "Nun, das mit dem Vetrauen ist so eine Sache. Doch würde ich an Deiner Stelle nicht so schwarz sehen. Du hast Deine Familie... Ich könnte meiner Familie immer trauen, egal, welche Gerüchte aufkommen, denn ich weiß, sie stehen hinter mir. Die Frage ist, wie ist das bei Dir? Und was ist mit Deinen Freunden? Politische Vertraute?"


    Er blickte ihn fragend an.


    "Überstürze nichts, es trifft mich sowieso schon schwer, dass Du Deinen Posten hier aufgegeben hast. Hispania hätte Dich gebrauchen können, gerade in diesen schweren Zeiten..."

  • Ein verbitterter Unterton mischte sich in meine Stimme..


    "Du kennst doch mein Verwandtschaftsverhältnisse zur Gens, oder? Ich bin adoptiert, und jene die mich adoptierten und großzogen sind tot. Ich habe nur entfernte Verwandte die ich kaum kenne.. Und dann das jetzt. Nein, ich kann das nicht.. Früher, als ich noch jung war hätte ich mich gestellt.. Aber mein Wille und mein Kampfgeist sind gebrochen."


    Laut seufzend setzte ich mich wieder, wie üblich war ich während meiner Ausführung durch den Raum geschlendert...


    "Meridius, du warst mir immer ein Freund, ich weiß deinen Rat zu schätzen. Aber ich sehe keinen anderen Ausweg mehr... Ich werde meiner Gens den Rücken zuwenden."

  • "Deiner Gens den Rücken kehren? Bist Du Dir sicher?"


    Meridius stand in der Mitte des Raumes und blickte zu Lucidus, der offensichtlich am Ende seiner Kräfte schien. Er holte tief Luft.


    "Und wenn Du Dich ersteinmal entspannts, um über alles nachzudenken? Reise nach Rom. Geh in die Thermen, in die Theater, leg Dir einen Landsitz zu, lese Komödien und Dramen, such Dir eine Frau, Du wirst sehen, dass alle diese Lasten wieder weichen werden..."

  • "Und darauf warten, daß ich erneut angegriffen werde? Ich sehe vielleicht Andeutungen dort wo keine sind, aber darum geht es nicht.. Die Zweifel die mich seit Tagen den Schlaf kosten werden mich eines Tages vereinnahmen und ich werde als Verrückter enden. Im besten Fall.
    Nein, ich will mich keiner solcher Herausforderung stellen und wähle den einfachen Weg. Dieser bringt Verzicht mit sich, aber damit kann ich leben.


    Meridius, ich habe lange darüber nachgedacht ob ich diesen Schritt tun soll und ich habe mich dafür entschieden. Sei mir ein wahrer Freund und erweise mir den größten Dienst den ich jemals von dir verlangen könnte..


    Nimm mich in deine Familie auf, lass mich die Geborgenheit einer fürsorglichen Familie wie die deine spüren und so in Zufriedenheit den Rest meines Lebens verbringen. Ich bitte dich darum."


    Ich endete mit einem Zittern in der Stimme und wartete gespannt auf seine Antwort.

  • Meridius stand in der Mitte des Raumes und der Raum schien zeitgleich größer und kleiner zu werden. Was sollte er antworten?


    "Du weißt, dass meine Familie diese Ehre nicht verdient hat..."

  • Meridius schwieg. Dann nach ein paar Augenblicken des Schweigens trat er näher auf Lucidus zu.


    "Die Türe meiner Casa steht für Dich immer offen. Das war so und das wird immer so bleiben und das weißt Du auch. Und auch in meiner Familie würde ich niemanden lieber sehen, als Dich. Doch tu mir den Gefallen und denke darüber nach, lass Dir Zeit mit Deiner Entscheidung. Und gib DEINER Familie eine Chance..."

  • "Glaub mir, ich hatte Zeit genug, die Entscheidung traf ich nicht leichtfertig.
    Meine Familie ist tot, eine andere Familie hat die Geschicke der Gens Tiberia übernommen. Ich weiß es klingt überheblich, aber damit ziehe ich einen Schlußstrich und läute gleichzeitig eine neue Ära der Tiberier ein. Ein Abgang meinerseits wird abgesehen von der von mir so ersehnten Ruhe auch das Unterbinden jegliches Mißtrauen in der Gens mit sich ziehen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß dieser Schritt der bestmögliche für beide Seiten ist.


    Angesichts dessen... habe ich also dein Einverständnis.. Pater?"

  • "Du hast es!"


    Meridius hörte sich selbst die Worte sprechen. Irgendwie würde er wohl eine Weile brauchen, bis er wirklich realisiert hätte, was hier geschah...


    Dann fasste er sich wieder und blickte Lucidus an.


    "Gibt es sonst noch irgendwelche Anweisungen, Proconsul? Was muss ich wissen, bevor Messalina das Kommando übernimmt?"

  • "Ich danke dir, nun kann ich nach Rom reisen und dem Imperator Rechenschaft ablegen.


    Ich habe keine Anweisungen mehr für dich, kehre zurück in dein Lager und überbringe Messalina die Botschaft ihrer Ernennung"


    Ich zögerte noch einen Moment...


    "Eine Frage noch.. Tiberius Maximus, er dient jetzt doch unter dir? Hält er sich also ebenfalls in Numantia auf? Wenn dem so ist, dann werde ich dich bei deiner Rückkehr ins Lager. Eine Unterredung bin ich dem Pater der Tiberier schuldig."

  • Meridius schüttelte den Kopf.


    "Ich weiß nicht, ob er schon im Lager, oder überhaupt schon in Hispania ist. Ich habe ihn noch nicht getroffen. Wenn Du folglich also nach Numantia reisen würdest, so wäre das ein Versuch, der auch umsonst sein könnte..."

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