Cubiculum – Aelia Paulina

  • Ein einziges Zimmer genügte Paulina natürlich nicht. Nein, sie beanspruchte drei für sich! Zwischen ihnen musste es weite Durchgänge geben, damit sie von einem Raum in den nächsten gehen konnte, ohne ihr 'Reich' dafür verlassen zu müssen. Denn sich immer zurecht machen lassen, nur um vom Schlafzimmer zum Ankleidezimmer zu gelangen, dass wäre eine unerträgliche Zumutung gewesen. Aber darauf zu verzichten? Was, wenn sie ungeschminkt und mit offenem Haar einem Klienten ihres Mannes Lucianus begegnen würde? Nein, dass ging nicht.
    Und deshalb hatte sie nun drei Zimmer, mit eigenen Durchgängen.
    Im ersten konnte sie Gäste und Lieferanten empfangen, kleine Gesellschaften halten oder im Kreise ihrer Sklavinnen den Tag verbringen, wenn ihr nicht nach Gesellschaft war. Rostrot war der Grundton, mit denen die Wände des Zimmers bemalt waren.
    Das blaue Zimmer war ihr Schlafgemach und es schloss an das erste an.
    Das dritte Zimmer war das besagte Umkleidezimmer und der größte der drei Räume. Es hatte ockerfarbene Wände, weil Paulina von einem schmeichlerischen Syrer gehört hatte, dass ihr Typ bei dieser Farbe am besten zur Geltung käme. Der Syrer hatte ihr auch ein Horoskop erstellt, dass ihr Reichtum, Einfluss und gesellschaftliche Bedeutung voraussagte. Paulina zweifelte keinen Augenblick daran, dass dieser Mann sich auf seine Sache verstand. Er war Gold wert! Also ließ sie das Zimmer in Ocker streichen.
    Drei hohe Bronzespiegel gab es hier, die so aufgestellt waren, dass sich Paulina bei jeder Tageszeit im besten Licht bewundern konnte. Außer am frühen Morgen, denn da schlief sie ohnehin noch. Schönheit braucht ihren Schlaf – dass war ihr Motto.

  • Da hatten Paulina und ihre Sklavinnen wohl etwas überhört. Das hatte seinen Grund, denn soeben trat etwas ein, was bereits lange erwartet wurde, aber dennoch für helle Aufregung sorgte.
    Dann wurde die Tür für ihren Ehemann doch noch geöffnet.


    “Ja, ich bin hier.“, antwortete sie durch die offene Tür.


    Schweiß stand ihr auf der Stirn.


    “Aber ich... AU!“


    Erschrocken fasste sie sich an den von der Schwangerschaft geschwollenen Bauch.


    “Ich glaube...“
    Sie atmete gepresst aus.
    “Ich glaube es wird Zeit das du die Amme kommen lässt. Es geht los!“

  • Nun, da wollte man mal seine Gattin einmal um etwas bitten und was war... man bekam selbst Anweisungen..... doch diesmal war der grund ein eher erfreulicher..... also rief ich gleich nach dem Sklaven, der die Amme herbeischaffen sollte.....

  • “Marcus? Bist du da?“


    Inzwischen hatten die Sklavinnen Paulina auf ihr Nachlager gebettet. Dort lag sie nun auf der Seite. Zuerst hatte sie es auf dem Rücken liegend versucht, doch das fühlte sich falsch an. Noch immer war sie atemlos, jetzt aber schmerzfrei. Doch die Schmerzen würden wiederkommen, dass wusste sie und sie fürchtete sich davor, obwohl man ihr gesagt hatte, dass wäre alles vollkommen normal.

  • "äh.." welche Antwort war nun die Richtige, vielleicht wäre es besser gewesen, nicht da zu sein, doch die Götter hatten es wohl anders beschlossen "... ja, meine Liebe, ich bin hier!" antwortete ich demnach wahrheitsgemäß

  • “Das ist gut.“, sagte sie leise keuchend.


    Aber nach einer Pause kamen die Wehen wieder und von da an in immer kürzeren Abständen.
    Inzwischen war die obstetrix – die Hebamme – eingetroffen. Es war eine alte Vettel mit grauem Haar, rotwangigem Gesicht und fleischigen Händen. Bei unzähligen Geburten war sie schon dabei gewesen und sie scheute sich nicht, sofort das Kommando zu übernehmen. Paulina war ganz mit sich selbst beschäftigt und ließ sie gewähren.


    Als die Pausen zwischen den Wehen kaum noch zum Durchatmen reichten und Paulina anfing, die Schmerzen in die Welt hinaus zu schreien, schickte die Amme den werdenen Vater Lucianus vor die Tür. Das sei nun Frauensache, sagte sie ihm, und das er hier nichts tun könne.

  • So tat ich, wie mir geheissen, ohne jegliche Widerworte, denn in Wirklichkeit war es mir so ohnehin lieber.


    Dennoch, die Zeit sollte schnell vergehen, denn ich wollte wissen, ob mir ein Sohn als Erbe geboren werden würde....

  • Paulinas Wimmern und Jammern riss nun nicht mehr ab und war auch durch die geschlossene Tür deutlich zu hören.
    Sie stöhnte, klagte, fluchte und flehte.
    War das schon der Höhepunkt?
    Nein.
    Wer es noch nicht weiß, dem sei gesagt: das gebärende Vieh schweigt zwar, aber der Mensch schreit wie ein Tier. Mit Tränen, Schweiß, Blut und Schmerz kommen wir zur Welt.
    Paulina heulte und brüllte, gellend und verzweifelt.


    Dann wurde es still. War da ein Wimmern, dass eines Neugeborenen?


    Die Ruhe war nur von kurzer Dauer.
    Jäh setzte Paulinas Geschrei wieder ein.
    Aber es dauerte nicht lange an.
    Dann wurde es wieder still und die Stille blieb.


    War es das? War es vorüber?
    Zäh wie eingetrockneter mulsum zerrann die Zeit.


    Dann wurde die Tür geöffnet. Die Amme kam heraus.


    “Komm!“, sagte sie zu Lucianus, mehr nicht.

  • Da lag sie; erschöpft und verschwitzt, aber lächelnd.
    Im Arm hielt sie ein Neugeborenes. Es war sehr klein, rothäutig und verschrumpelt, mit einem dunklen Haarflaum auf dem Köpfchen. Mit seiner winzigen Hand umklammerte es Paulinas kleinen Finger.
    Neben ihr und doch irgendwie ein bisschen Abseits, lag noch ein zweite Kind, ebenso klein, rot und schrumpelig, aber mit weniger Haar.




    Statt Paulina sprach aber wieder die alte Amme: “Es sind Zwillinge!“, stellte sie fest und wirkte dabei ein wenig erbost.
    “Ich habe es erst gemerkt, als nach dem ersten noch ein zweites kam.“
    Und das schien die Frau in ihrer Berufsehre zu kränken. Sie sah Paulina an, als wäre die dafür verantwortlich.


    “Ein Mädchen und ein Junge. Sie sind sehr klein.“




    Paulina lächelte noch immer. Schwach sagte sie: “Dein Sohn, Marcus!“
    Dabei strich sie dem Kind in ihrem Arm über den kleinen, erstaunlich eiförmigen Kopf.

  • Stolz und Überraschung wechselten einander ab, dieser Moment war wohl einzigartig im Leben eines Mannes. Nicht genug, dass ich einen Stammhalter geschenkt bekam, so war mir auch noch das Glück beschieden eine Tochter zu bekommen.


    Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte, die Kinder waren so klein und schienen so zerbrechlich und dennoch wollte ich unbedingt meinen Sohn auf den Arm nehmen....

  • Das er das tat, war auch Paulina sehr wichtig. Denn in dem er das Kind auf den Arm nahm, erkannte er es nach römischem Brauch als das seine an.


    “Bring ihm seinen Sohn!“, befahl sie einem der Dienstmädchen.


    Diese nahm das Neugeborene behutsam auf und brachte es zu Lucianus.


    “Nimm ihn in den Arm, Marcus.“, forderte ihn Paulina auf. “Und gib ihm einen Namen.“

  • Ich nahm den Sohn.... in den Arm und ihn als dein Meinen an.....
    Doch ein Name.... so schnell..... das war nun nicht leicht....


    Doch plötzlich schoss es mir ein...


    "Lucius.... Lucius Vinicius Massa...... so soll er heissen.... was meinst du Paulina?"

  • Seltsam, Paulina erinnerte das cognomen im ersten Augenblick an einen lusitanischen Wagenlenker. Aber sie war noch zu schwach um Widerstand zu leisten und angesichts des Glücks war es ihr wohl auch nicht so wichtig.
    Also nickte sie und sagte: “Ja, so soll er heißen.“




    Missbilligend beobachtete die Amme die Szene.
    “Und das Mädchen?“, fragte sie barsch.

  • Paulina sah zu dem zweiten Kind an ihrer Seite. Es war ein trauriger, fast mitleidiger Blick.
    Sie wusste, dass Schicksal ihrer Tochter war besiegelt. Das Leben des Kindes war geweiht. Es war schon lange vor diesem Tag der Göttin versprochen worden. Paulina selbst hatte Iuno ihr zweites Kind versprochen, damals, bevor sie schwanger geworden war. Viele Kinder starben und ihre Tochter würde auch bald nach ihrer Geburt sterben, für das Leben ihres Bruders. Paulina hatte gewusst, dass sie Zwillinge bekommen würde. Anders als die Amme hatte sie es gewusst, war fest davon überzeugt gewesen, denn sie hatte einen Pakt mit der Göttin Iuno geschlossen.


    “Pietas.“, sagte sie mit belegter Stimme.
    “Sie soll Vinicia Pietas heißen.“

  • Es war nicht so, dass mich die Tochter nicht interessierte, nein, sie war natürlich auch mein Kind, aber die Freude über einen Sohn liess mich ein bisschen darauf vergessen, welch Glück ich sonst noch geschenkt bekommen hatte.....


    "Wenn es dein Wunsch ist, Paulina, soll es so sein!"

  • Die nächste Geburt konnte als gelungen abgehakt werden. Schwangerschaften waren gefährlich, und nicht selten verlor bei der Geburt die Mutter oder das Kind oder sogar beide ihr Leben. Hier jedoch war alles in Ordnung, die Wöchnerin sollte sich in Ruhe erholen können.


    Doch warum die Tochter das Leben aushauchen sollte für das Leben ihres Bruders, das entzog sich dem Verständnis der Göttin. Bei besagtem Pakt, an den sich Iuno auch gut erinnerte (sie erinnerte sich selbstverständlich an alles, aber an diese Bitte besonders), war Iuno natürlich davon ausgegangen, daß die Tochter Priesterin werden sollte... Und in diesem Moment ahnte sie etwas...


    "PLUTO! Hast du hier wieder deine Griffel im Spiel?"

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